Bia: Du hast schon ganz Recht damit, dass Snapes Mutter ziemlich klar bei Verstand war. Was dabei rauskommt – lies es nach! Danke für die Treue.

Und noch einmal ein Appell an alle anderen Leser. Reviews verschönern mir den Tag und ich brauche sie einfach, weil ich hoffe, mich noch zu verbessern. Danke!

Kapitel 35

Blut

Die Sonne fand ihren blutroten Weg hinter den Horizont und Alexa wartete. Das verfallene Haus, etwas abseits eines kleinen Dorfes in Surrey, war von einem verwilderten Garten umgeben, in dem an diesem Abend die Vögel sangen und große, farbenprächtige Libellen ihre Runden drehten. Kniehohes Gras bewegte sich im leichten Wind, der vom nahenden Herbst sprach und wehte Alexa ihr zerrauftes Haar ins Gesicht, da sie unwillig beiseite strich. Die Falle war gestellt, alles war vorbereitet und Alexa fühlte sich schrecklich. In den Momenten, in denen sie Ascylpa Snape in Azkaban die Augen gesehen hatte, war es für sie kein Problem gewesen, sich vorzustellen, die Frau umzubringen, doch je mehr Zeit verstrich und je dunkler es wurde, desto nervöser und unentschlossener wurde Alexa.

Als die ersten Sterne zu sehen waren, war sie fest entschlossen, nach Hogwarts zu apparieren und dort Hilfe zu holen. Dort würde man aus Ascylpa schon herausbekommen, wo ihr Sohn war – oder? Doch Alexa war auch bewusst, dass jede Minute, die vertan wurde, eine Minute mehr sein würde, die Severus Snape unter Lord Voldemort zu leiden hatte. Bei dem Gedanken an das, was sie erwartete, wenn sie ihrem Plan folgte, wurde es Alexa kalt. Sie hatte keine Angst vor dem, was sie erwartete, sie hatte Angst vor sich selbst, vor den Dingen, zu denen sie vielleicht fähig sein würde. In ihr nagten Zweifel, die auch nicht vergingen, als sich plötzlich leise Schritte hinter der Hausecke näherten. Alexa riss ihren Zauberstab hervor und ihr Körper spannte sich an, doch es war tatsächlich Ascylpa, die erschien, und nicht etwa eine Gruppe Todesser, bereit, Alexa zu enttarnen und zu töten.

Ascylpa trug eine schwarze Robe, hinter deren wallenden Stoffbahnen ihr Körper noch ausgemergelter wirkte als in Azkaban. Doch in ihren Augen loderte ein Feuer, das neben dem Wahnsinn auch Triumph beinhaltete. Als sie bemerkte, dass Alexa ihren Zauberstab gezogen hatte, zuckte ein Lächeln über ihr zerfurchtes Gesicht.

„Na, na, das wird nicht nötig sein, mein Kleines", sagte sie freundlich und trat auf Alexa zu, die den Drang verspürte, rückwärts zu springen. Es war etwas in Ascylpas Blick, das sie nervös machte und bewirkte, dass sie sich klein und abscheulich fühlte. Bei dem Gedanken, dass Severus seine Kindheit bei dieser Frau verbracht hatte, fühlte sie jedoch, wie Wut, genährt durch ihre eigenen Erfahrungen, die Furcht zu vertreiben begann. Sie zwang sich zu einem Lächeln, das leicht verzerrt wirkte und sagte leise:

„Man kann nie vorsichtig genug sein, Mutter, das weißt Du auch."

Ascylpas lächelte, ein feines, böses Lächeln, dann hob sie ihren Zauberstab, bis er auf Alexa wies.

„Sehr richtig. Und deswegen will ich wissen, wer Du wirklich bist, meine Süße, denn meine Tochter bist Du nicht. Accio Zauberstab!"

Der Schock, den diese Worte in Alexa auslösten, brachte sie fast ins Schwanken, als ihre Knie begannen, unkontrolliert zu zittern, zum Glück verborgen von ihrem Mantel. Ihr Zauberstab flog aus ihrer Hand und landete in Ascylpas Klaue. Alexas Mund wurde trocken und sie musste sich zusammenreißen, um überhaupt eine Antwort hervorzubringen, denn sie wusste, dass sie keine andere Möglichkeit hatte, als sich herauszureden oder Ascylpa so lange abzulenken, bis sie sie überwältigen konnte. Ihr Blick huschte herum und versuchte festzustellen, ob Snapes Mutter alleine gekommen war, doch in dem großen, wilden Garten war nichts zu sehen.

„Ich –weiß nicht, was Du meinst, Mutter. Erkennst Du nicht Dein Gesicht in meinem wieder? Deine Augen?" Sie hob die Hände als Zeichen, dass sie nichts im Schilde führte und räusperte ihre Stimme frei. „Leg den Zauberstab weg. Von mir hast Du nichts zu befürchten."

Doch Ascylpa machte keine Anstalten, ihre Position aufzugeben. Sie schüttelte nur den Kopf und ihr dunkles Haar fiel ihr in das scharf geschnittene Gesicht, warf schwankende Schatten darauf.

„Dein Gesicht mag vielleicht dem meinen ähnlich sehen, doch es ist falsch. Wärst Du meine Tochter, wärst Du auf der Seite des Lords, so, wie ich Dich erzogen habe. Und Du wärst nicht klammheimlich nach Azkaban geschlichen wie eine Ratte, sondern hättest mich längst herausgeholt. Zu lange habe ich gedacht, dass der Lord mein kleines Mädchen vielleicht doch verschont hat, doch nun sehe ich den Beweis, dass es nicht so ist!" Ascylpa redete in Wut und Wahn, Speichel flog aus ihrem Mund, in dem sie abgebrochene Zähne offenbarte. Alexa wusste nicht, was Snapes Mutter als Nächstes tun würde, ob sie mit Argumenten zu besänftigen war und wählte den einzigen Ausweg, den sie für sich sah. Sie duckte sich und sprang vor, um Ascylpa zu Boden zu reißen. Doch die alte Frau war schneller, als Alexa gedacht hatte und sprang zur Seite, zur selben Zeit einen Zauberspruch rufend. „Crucio!"

Alexa fiel zu Boden, riss sich Hände und Knie auf, doch noch viel schmerzhafter als diese Wunden war die ihren Körper fast innerlich zerreißende Pein, die der marternde Spruch in ihr hervorrief. Sie hörte einen wimmernden Schrei, der nur von ihr selbst stammen konnte und krümmte sich auf der steinigen Erde, jeder Wahrnehmung außer des Schmerzes beraubt, atemlos um Erlösung und Widerstand ringend, der ihr nicht gelingen wollte. Als das Reißen in ihr ein wenig nach und wieder einen klaren Gedanken zuließ, spürte sie unter ihren aufgerissenen Fingerkuppen einen großen Stein und reagierte, obwohl jeder Muskel und jeder Knochen in ihr protestierten. Sie rollte sich herum und warf den Brocken mit aller Kraft, die ihr noch blieb. Und sie traf. Der Stein traf Ascylpa an der Schläfe und ließ sie zurücktaumeln. Blut schoss aus einer Platzwunde über der Augenbraue und vernebelte ihre Sicht.

Ihre Chance nutzend, quälte sich Alexa hoch und sprang vorwärts, um Ascylpas zu Fall zu bringen. Dieses Mal gelang es ihr, doch bei dem Aufprall wurden sie beide ins Gras geschleudert und mit ihnen die Zauberstäbe, die zwischen den hoch gewachsenen Halmen verschwanden. Ascylpa kreischte und wehrte sich wie besessen, zäh und kräftig nach der Zeit im Gefängnis und fuhr Alexa mit den Fingernägeln durchs Gesicht, blutige Striemen hinterlassend. Nun lief auch ihr Blut in die Augen und den kleinen Moment der Unachtsamkeit nutzte Ascylpa, um sich auf sie zu rollen und zu beginnen, ihre Klauen um Alexas Hals zu schließen und kräftig zuzudrücken. Röchelnd versuchte sie, die alte Frau abzuwerfen, doch schon tanzen farbige Sterne vor ihrem Sichtfeld und Dunkelheit wogte heran. In einer letzten verzweifelten Hoffnung ließ sie die Hände fahren, die bislang versucht hatten, Ascylpa fortzudrücken und tastete nach dem Stein, der noch irgendwo liegen musste. Als sie ihn fand, zögerte sie nicht lange, ergriff ihn und riss ihn empor - riss ihn empor und schlug zu, erst einmal, dann immer wieder, voller Wut und Verzweiflung, bis sie spürte, wie der Griff um ihren Hals erschlaffte und Blut auf ihr Gesicht tropfte. Da begriff sie, was sie getan hatte und verfolgte schreckensstarr, wie Ascylpa mit zertrümmertem Gesicht langsam von ihr herunterrutschte und ins Gras fiel.

Stille folgte. Alexa lag schwer atmend auf dem Rücken und blickte in den dunklen Himmel und versuchte zu ergründen, was geschehen war und warum es ihr nicht Leid tat. Sie wagte es nicht, zu dem bewegungslosen Körper neben ihr zu sehen, der selbst tot noch Gehässigkeit auszustrahlen schien. Oder war das nur ein Produkt ihrer überschäumenden Phantasie? Ihr Atem und ihr Körper zitterten noch immer, als sie sich schließlich aufrappelte, um ihren Zauberstab zu suchen. Doch als sie wieder stand und sich umsah, sah sie, dass sie nicht mehr allein war. Weiße Masken und schwarze Roben zeugten davon, dass Alexa gefunden hatte, was sie suchte – oder vielmehr, dass man sie gefunden hatte.