Und hier kommt auch noch ein 22.Kapitel…
Wünsche viel Spaß beim lesen und vor allem wegen jener Szene (nach dem lesen werdet ihr wohl wissen welche ich meine… ;)) einen kleinen Kommi.
Eure
kathi
Kapitel 22
Ich blinzelte und brauchte einen Moment, bis ich wusste, wo ich war. Bruchteile von Sekunden trug sich in mir der Streit aus, ob ich nun richtig aufwachen sollte
oder einfach versuchen wollte weiterzuschlafen. Éolind, meine treue
Freundin, beendete das, indem sie mir die Decke wegzog und
„Aufsteeeeehhhnnnn" brüllte. Stöhnend schlug ich die Augen auf und schaute
sie missmutig an. Wir teilten uns ein Zimmer, ebenso wie Feanor und Suilion
sich eins teilten und das tat mir im Moment sehr, sehr leid. Knurrend
setzte ich mich auf und rieb mir die Augen.
Wir wuschen uns nacheinander mit dem Wasser, das Brindorn uns hingestellt
hatte und gingen dann nach unten. Von den Jungs war nichts zu sehen. Aber
auf dem Tisch stand etwas zu essen: Früchte, Brot und Honig. Hungrig fielen
wir darüber her.
„Hey, da war doch was!", rief Éolind plötzlich.
„Hm?". Ich hatte Brot im Mund.
„Da draußen, im Hof!"
Sie sprang auf und ging zu der halboffenen Türe hinüber. Ich schluckte und
folgte ihr und lief beinahe gegen sie, da sie stocksteif im Türrahmen
stehen geblieben war.
Die Jungs waren doch schon wach, hatten allerdings ihr Frühstück nach
draußen verlegt.
Suilion saß auf den Steinstufen, mampfte und sah Feanor zu, der eine
Übungsschießscheibe entdeckt und seinen Bogen herausgeholt hatte.
Wir setzen uns zu Suilion und schauten ebenfalls dem dunkelhaarigen Elben
mit dem Kopftuch zu, wie er die Scheibe durchlöcherte. Er war wirklich gut.
„Oh, ich wusste nicht, dass er das so gut kann…", flüsterte Éo verwundert.
„Ich habe ihn noch nie bei einem anderen Sport als bei Quidditch gesehen…"
Ich fragte lieber nicht nach.
Er schien uns gar nicht bemerkt zu haben, sondern schoss nur immer wieder
absolut konzentriert ins Schwarze. Ein Pfeil nach dem anderen, ohne jemals auf zu blicken.
Plötzlich keimte ein Gedanke in mir auf, der mich irgendwie erschreckte.
Ich wandte mich ihr zu.
„Sag mal, ich wollte dich fragen ob… na ja… ob du und Feanor jemals…"
Sie grinste.
„Nein, wir sind nicht zusammen und waren es nie, keine Angst…" flüsterte
sie zurück und kicherte albern. Irgendwie schien sie das sehr amüsant zu
finden. „Falls es dich beruhigt: Er hat wirklich keine Freundin…"
„Wieso sollte mich das beruhigen?", zischte ich entrüstet zurück." Du
glaubst doch nicht etwa wirklich, dass ich…"
„Ach neeeeiiiinnnn… natürlich nicht…", wisperte sie und grinste.
Ich schnaubte nur. Das war doch albern…. Ich und Feanor… also wirklich…
Seltsam, wieso war ich dann plötzlich doch so erleichtert??? Ich hatte mich
doch weder mit Suilion noch mit Éolind so oft gestritten wie mit Feanor…
Ich betrachtete Feanor als eingebildeten, uneinschätzbaren,
zurückgebliebenen Machoelben. Ja, genau das war er!
Éo hatte sich längst wieder ihm zugewandt, doch schaute sie ihn plötzlich
ganz anders an. Als ob sie ihn abschätzen würde…und immer wieder warf sie
kurze, wie sie dachte unauffällige Blicke auf mich. Ich verzog nur das
Gesicht.
„Wisst ihr, ich finde, wir sollten heute noch zu Herrn Denethor, dem
Statthalter gehen und ihm Bericht erstatten Vor allem Feanor…", meldete
sich Suilion, der die ganze Zeit geschwiegen und uns nur als wir gekommen waren eines kurzen Blickes gewürdigt hatte, plötzlich von der Seite
„Ja, ich denke, da hast du Recht…"
Ich schreckte auf, als Feanor plötzlich hinter uns stand, seine Pfeile, die er aus der Zielscheibe gezogen hatte und den neuen Bogen in der Hand.
„Vor allem bin ich gespannt, ob es Neues von Faramir gibt."
Ich zuckte ein bisschen zurück, als ich den unbekannten Ernst in seinen Augen sah.
„Allerdings bezweifle ich, ob sie dich überhaupt erkennen werden. Ich nehme
an, dass du nicht mit Kopftuch und dreckigen Klamotten hier gelandet
bist…", bemerkte Suilion trocken.
„Ja, du hast Recht. Wir alle sollten uns ein bisschen zurecht machen, sonst
lassen die uns gar nicht erst rein…", seufzte ich. „Ich würde sagen, wir
schauen alle, was wir in der Beziehung an uns tun können und treffen uns
dann in einer halben Stunde wieder hier auf dem Hof…"
Nach dieser halben Stunde standen wir tatsächlich alle auf dem Hof bereit.
Éolind betrachtete uns kritisch. Jeder hatte seine Sachen gewaschen und
geflickt, mit dem was uns der Wirt zur Verfügung gestellt hatte.
„Na ja, ich denke, so könnte es schon gehen…", seufzte sie schließlich und
wir stiefelten los.
Feanor kannte den Weg. Die Wachen vor der Zitadelle hielten uns jedoch auf.
„Halt! Was ist euer Begehren, dass ihr Eintritt in diese Hallen verlangt?",
fragte ein grimmiger, in schwarz gekleideter Soldat und baute sich vor uns
auf. Alle wichen vorsichtig einen halben Meter zurück. Nur Feanor blieb ganz
gelassen stehen.
„Ich bin Eltaithir, Soldat Gondors. Vor einigen Wochen brach ich mit Herrn
Faramir und 18 anderen Gefährten von hier nach Ithilien auf. Ich bin
zurückgekehrt um dem Statthalter Bericht zu Erstatten."
Wir alle waren ziemlich erstaunt, wie er das so sagte. Er schien plötzlich
Gewachsen, ein weit gereister Elb, weitaus hochgewachsener und kampferfahrener als der Soldat, trotz seiner Jugend.
Auch die Wache riss die Augen auf.
„Eltaithir? Wahrlich, du bist es, mein Freund!"
Der Mann nahm den geflügelten Helm vom Kopf und Feanor alias Eltaithir
zuckte einen Moment zurück, dann jedoch breitete ein glückliches Lächeln sich auf
seinem Gesicht aus.
„O Beregond! Beregond von der Turmwache! Ich hatte wahrlich nicht mehr daran geglaubt, dich je wieder zutreffen. Doch nun bitte ich dich, mich und meine Freunde zum Statthalter
zu bringen!"
Ohne sich weiter um uns zu kümmern waren Feanor und Beregorn in den Palast
eingetreten, fröhlich über ihr letztes Treffen plaudernd.
„Und, sag, wie ist es dir ergangen? Ich hoffe, das Schwert Silmanâré hat
dir einen guten Dienst erwiesen!"
„Das hat es. Doch leider muss ich berichten, dass es mir in Minas Morgul, dieser verfluchten Stadt von stinkenden Orks abgenommen wurde…"
„Orks! Und was hat dich nur in diese Stadt getrieben…"
Wir gingen durch die Halle. Es war kühl hier drin und irgendwie wirkte
alles so düster und unsere Schritte hallten wider, sodass sich jeder
automatisch bemühte, leiser aufzutreten. Im sanften Dämmerlicht warfen unsere Gestalten lange Schatten und die schwarzen Steinsäulen schimmerten geheimnisvoll und alt. Es war, als wäre die Halle Überbleibsel einer längst vergangenen Hochkultur der Menschen.
Wir hatten die riesige Halle bald durchquert und blieben nun vor dem Thron
stehen. Doch der Thron war lehr. Nur auf einer Stufe stand ein hoher Stuhl
und auf dem saß ein Mann. Denethor, der Truchsess.
Der Mann auf dem Stuhl blickte schließlich auf. Ich fuhr zurück. Abschätzend taxirte er uns und ich erbebte unter dem kalten Blick seiner Eisgraunen Augen
Schließlich jedoch wandte er sich an Feanor, der ihn finster anstarrte.
„Eltaithir. Ja, ich erinnere mich an dich. Sag mir, was ist geschehen, dass
du so plötzlich und allein nach Minas Tirith zurückkehrst?"
Sein Blick strafte die freundlichen Worte Lügen.
Feanor straffte die Schultern und räusperte sich kurz, bevor er sprach.
„Wir wurden etwa nach zwei dritteln des Weges von Orks überfallen. Sie
warnen uns zahlenmäßig weit überlegen, doch wir siegten. Nur wenige von uns
überlebten jedoch und erreichten das Lager.
In der Nacht kam ein Mann, ein Späher, und erzählte von nahenden Haradrim.
Wir zogen aus. Die Haradrim hätten wir besiegt, doch Orks aus Minas Morgul
trafen ein. Wir konnten kaum etwas ausrichten. Mein Freund wurde neben mir
erschlagen und ich selbst wurde nach Minas Morgul verschleppt worden. Ich weiß nicht
was aus den anderen geworden ist.", endete er bitter und ich denke, ich war
nicht die einzige, die das leichte Zittern in seiner Stimme bemerkte.
„Wie bist du aus der Stadt entkommen?", bohrte Denethor nach und ich hasste
ihn in diesem Moment dafür. Sah er denn nicht, was das für Feanor
bedeutete? Verstand er es denn nicht, was er durchgemacht hatte?
Feanor, der bis dahin den Boden angestarrt hatte, hob den Kopf und sah dem
Statthalter ins Gesicht, sodass dieser unter dem hart gewordenen Blick der dunklen Augen leicht zurückzuckte.
„Nun gut, ich erzähle es euch, auch wenn ich nicht denke, dass ihr mir
Glauben schenkt. Sie folterten mich. Ich wurde auf einen Pfahl gebunden und
von den Orks ausgepeitscht. Doch kein Wort drang über meine Lippen. Und
dann- dann wurde es dunkel um mich. Als ich erwachte, war der Platz lehr,
die Orks verschwunden. Sie dachten, ich wäre gestorben. Der Boden war
dunkelrot gefärbt von meinem Blut. Ich schaffte es aus Minas Morgul
herauszuschlüpfen. So entkam ich.
Eine Weile wanderte ich durch die Lande östlich des Anduin. Dann kam ich
hier her und hier stehe ich nun um euch Bericht zu erstatten."
Seine zusammengeballten Hände zitterten.
Denethor fragte, entgegen meiner Erwartung, nicht weiter nach.
Er war auf seinem Stuhl etwas zusammengesunken. Schließlich jedoch schien r sich zusammen zu raufen und als er aufblickte, war das milde Lächeln auf sein Gesicht zurückgekehrt, doch seine Augen waren noch dunkler geworden als zuvor.
Er wandte sich uns zu.
„Ich weiß nicht, wer ihr seid, doch ich fühle, dass jeder von euch
ebenfalls eine lange Geschichte zu erzählen hat. Nein, im Augenblick werde
ich keinen von euch danach fragen. Doch kommt, esst heute mit mir, ich lade
euch ein…"
Ich wollte hier weg. Der Mensch war mir unangenehm und ich spürte,
dass es den anderen ebenfalls nicht wohl war. Also fasste ich mir ein Herz
und trat vor. „Verzeiht, wenn wir euer freilich großzügiges Angebot
abweisen. Doch wir alle sind müde und gleichzeitig müssen wir noch eine
Reise in unsere Heimat vorbereiten. Ich hoffe, ihr entschuldigt…"
Ich sah seine Augen eiskalt auflodern und ich wusste, ich hatte ihn gerade
beleidigt, indem ich seine Einladung abgewiesen hatte.
„Eine flinke Zunge hast du, Elbenkind…", antwortete er. Wieder schie die sanfte Stimme icht zu dem harten Blick zu passen. Ich glaubte ihm seine Wut in de Augen abzulesen. Zu gen hätte er uns noch weiter ausgefragt! „
Natürlich, ich verstehe das…Geht nur.", sagte er schließlich leise und wir wandten uns
erleichtert um.
„Doch Eltaithir! Vergesst nicht, dass ihr immer noch Soldat im Dienste
Gondors seid! Da ihr nicht ohne weiteres allein nach Ithilien zurückkehren
könnt, dient ihr ab jetzt in der Wache hier in Minas Tirith. Beregond hier
wird euch morgen früh einweisen. Und nun, lebt wohl."
Wir allen waren ruckartig stehen geblieben und Entsetzen breitete sich auf unseren
Gesichtern aus.
Feanor drehte noch den Kopf zurück. „Natürlich, Herr…", zischte er
mit zusammengebissenen Zähnen. Dann gingen wir schnellen Schrittes aus der
Halle.
Ich war froh, das Gebäude endlich hinter mir zu lassen. Dort herrschte eine unangenehm bedrückende Stille.
Kaum waren wir einige Mauerringe weiter unten, konnte Éo sich nicht mehr
beherrschen.
„Oh, dieses verdammt, dreckige Schwein! Wie kann er uns so etwas nur
antun??? Ohhhh…", kreischte sie, sodass einige Passanten uns verwundert
ansahen.
„Ihr dürft euch von mir nicht aufhalten lassen. Ihr müsst den Gefährten
helfen…", zischte Feanor mit geballten Fäusten und zusammengebissenen
Zähnen, als er versuchte, seine Wut zu unterdrücken.
„Ich bin an allem schuld. Ich habe ihn beleidigt, in dem ich seine
Einladung ablehnte…", murmelte ich verstört.
„Ja, bist du…", gab Suilion offen zu. Auch über sein gesicht hate sich ein besorter chatten gelegt.
„Und, was machen wir jetzt?", fragte ich, als wir wieder in Brindors
Innenhof saßen.
„Natürlich bleiben wir! Wir können doch nicht einfach zu dritt ausziehen
und Feanor hier allein zurücklassen…!", rief Éolind entrüstet, und sah mich an, als wäre allein der Gedanke, an irgendeine andere Möglichkeit völlig abwegig.
„Auf gar keinen Fall! Ihr müsst ohne mich losziehen! Ich lasse nicht zu,
dass ihr meinetwegen die Gefährten im Stich lässt!"
Éolind und Feanor fingen einen heftigen Streit an.
„Éolind, er hat Recht. Wir wurden von den Valar ges…", find ich an, doch
sie unterbrach mich mit wütend blitzenden Augen.
„Das ist mir absolut egal! Ich lasse nicht zu, dass wir uns schon wieder
trennen!"
Es war Suilion, der sich bis dahin enthalten hatte, der uns schließlich
trennte.
„Hört auf! Ihr habt alle irgendwie Recht!". Verblüfft starrten wir ihn an.
Eine sehr diplomatische Lösung, Respekt.
„Èolind hat Recht, indem sie sagt, dass es schlecht ist, dass wir uns schon
wieder verstreuen. Aber trotzdem musst du einsehen, dass wir Mittelerde
helfen müssen. Wir sind die einzige Hilfe, die die Valar geschickt haben,
versteh das doch. Wir müssen die Gefährten finden…"
Stille trat ein. Eine leise Träne quoll aus Éolinds Augenwinkeln.
„Ja, du hast Recht…", hauchte sie schließlich und warf sich gegen Suilion,
sodass der erschocken zusammenzuckte.
Ich und Feanor warfen uns vielsagende Blicke zu.
„Ähm, kommst du?", fragte ich ihn schließlich leise. „Ich muss noch… äh…
ein paar Besorgungen machen…"
ich hätte mich im nächsten Moment umbringen können.
Verdammt! Ich wollte mit ihm alleine sein. Wieso? Er interessierte mich
nicht. Nein. Überhaupt nicht! Wieso hatte ich das gesagt? Oh Gott, bitte
lass ihn nicht reagieren, lass ihn absagen…
Er sagt nicht ab. Es schien ihm sogar irgendwie willkommen zu sein…
„Äh klar. Ich muss mir auch noch ein paar Sachen... äh… besorgen…",
murmelte er und schaute gleichzeitig etwas verlegen.
Ich spürte, dass mein Gesicht die Farbe von roter Paprika angenommen hatte.
„Also dann…", sagte ich unsicher und ging aus dem Hof. Ich hörte seine
leisen Schritte hinter mir. Mir war heiß. Am liebsten wäre ich weit, weit
fortgerannt, wo niemand mich sehen konnte.
Es war eindeutig. Doch ich konnte das einfach nicht glauben. Das ging einfach nicht.
Nicht hier. Nicht er.
Ich warf einen Blick zurück. Er lief etwa einen Meter hinter mir und sah so
aus, als wüsste er nicht, ob er weiter so laufen sollte, umdrehen und
zurückgehen oder aufholen sollte um mit mir zu reden.
Ich ging etwas langsamer, sodass wir nebeneinander liefen.
„Äh… was brauchst du eigentlich?", fragte er schließlich zaghaft.
Puh, zum Glück hatte ich schon den ganzen Weg über diese Frage nachgedacht.
Ich stotterte trotzdem.
„Ei-einen Schleifstein für- für mein Schwert…"
„Aber es ist doch aus Mithril…", meinte er verwundert. Verdammt! Jetzt saß
ich in der Falle.
Es würde auch nichts helfen, die Unwissende zu spielen, was mir sofort klar
war, da Feanor wusste, dass ich mich recht gut mit Schwertern, vor allem
meinen, auskannte…
Mir fiel etwas anderes ein.
„Ähm… es geht eigentlich um meinen Dolch hier…", sagte ich zögernd und zog
Betreffenden aus der Tasche. Natürlich war er scharf wie ein Rasiermesser,
doch Feanor fragte zum Glück nicht weiter nach.
Nun war es mal an mir, ihn ein bisschen in die Enge zu treiben.
„Und, was brauchst du eigentlich?"
Leider hatte er sich eine bessere Antwort überlegt als ich.
„Wasserfeste Tinte, oder so was in der Richtung. Für meinen Arm…", sagte er
und zog schwach grinsend seinen Ärmel hoch, wobei sein, inzwischen bestimmt fünf
Zentimeter lang beschrifteter Oberarm entblößt wurde.
„Was, du machst das echt weiter?", rief ich erstaunt.
„Ja…"
Wir redeten eine Weile über belanglose Dinge, fanden schließlich auch einen
Schmied (ein dunkel gebräunter Mann im zweiten Mauerring, etwa vom Kaliber
eines Kleiderschrankes und der Intelligenz eines Rindes), der mir anstandslos einen kleinen Schleifstein verkaufte und fanden auf dem Markt eine Frau, die Tinte und andere
Schreibutensilien feil bot.
Es war gut, mit Feanor durch die Stadt zu laufen. Wir machten uns zusammen über die Leute lustig, die den beiden unbekannten Elben verwirrte Blicke zu warfen.
stritten uns immer mal über verschiedene Dinge, wie die Qualität meines
neuen Schleifsteins, auf den ich ziemlich stolz war (er behauptete
schließlich doch, dass es eigentlich völlig sinnlos war und ich gar keinen
brauchte…), waren dann jeder ein paar Minuten beleidigt und entschuldigten
uns wortreich beim andern, weil wir beide uns für den Streit schuldig
fühlten…
Wir waren langsam auf dem Rückweg, als mir eine neue Idee kam.
„Sag, was hältst du davon, wenn wir noch irgendwie einen trinken gehen? Da
drüben ist eine nette Kneipe…"
Natürlich hätten wir unseren Durst auch einfach wie immer bei Brindorn
löschen können, doch es war eben mal was anderes, außerdem wohl unser
letzter Tag.
Feanor stimmte lächelnd zu und so traten wir geschwind durch die schwere Holztür. Die Kneipe war überfüllt und laut und wir verzogen uns
in eine Ecke.
Lange Zeit verging, während wir uns immer wieder und wieder etwas zu trinken
bestellten. Das würzige Gebräu schmeckte uns und hinterließ einen scharfen Nachgeschmack im Mund und wir achteten nicht auf die Leute, die den beiden trinkenden Elben, die sich da in ihre Kneipe verirrt hatten, nachdenkliche, verwirrte oder manchmal auch ärgerliche Blicke zuwarfen.
„Weißt du, Feanor, eigentlich finde ich es auch ziemlich traurig, dass wir
dich morgen hier zurücklassen…", fing ich schließlich seufzend an und nahm
einen tiefen Schluck. Der Alkohol stieg mir langsam zu Kopf und verursachte ein wohliges Gefühl in mir. Seltsam, dachte ich in einem Moment Klarheit, ich konnte mich nicht erinnern, jemals zuvor betrunken gewesen zu sein.
Meine Umgebung schwanke leicht und mein Blick war verschwommen geworden. Wie durcheinen Schleier erkannte ich Eltaithir, der sich mit einer Hand am Krug festzuklammern schien und mit der anderen seinen Kopf auf den Tisch aufgestützt hatte.
„Klar, ich finde es auch nicht so toll, wie du vielleicht bemerkt hast.",
erwiderte er sarkastisch. Es war nicht so, dass er sich beim Bier zurückgehalten
hatte. Er nahm einen tiefen Schluck aus dem Holzkrug und ließ ihn dann mit einem lauten Krachen auf den Tisch knallen.
Ich stöhnte tief. Sein Sarkasmus regte mich auf und mir war schwindlig.
„Ernsthaft. Ist dir klar, dass wir uns vielleicht nie wieder sehen?"
Plötzlich wurde seine Miene betrübt und sein Blick fiel zu Boden. In meinem umnebelten Hirn tauchte urplötzlich der Gedanke auf, dass wir beide eigentlich den ganzen Abend versucht hatten, unseren Schmerz zu ertränken und dass das absolut fehlgeschlagen war.
„Ja, Idril, das ist mir klar. Weißt du, es klingt komisch, ich kenne ja
eigentlich Éo schon viel länger, aber irgendwie… ich hab es erst heute
Mittag erst richtig bemerkt…"
Er war leise geworden, doch das Schwanken seiner Stimme und die zusammen gekniffenen Augen zeugen davon, dass er völlig betrunken war. Doch was kümmerte das uns schon noch? War ich es nicht minder? Unser letzter Abend. Ich hob den Krug mit einem Ruck du lehrte ihn in wenigen Zügen bis auf den letzten Tropfen. Etwas daneben gegangenes Bier tropfte mir vom Kinn.
Ich nahm nichts mehr wahr, bis auf den schwankenden Elben vor mir. Mein Kopf brummte und ich vermochte keinen klaren Gedanken zu fassen. Wellen von ausufernden Emotionen überfluteten mich: Fröhlichkeit, Trauer, Schmerz, Freundschaft.
„El-eltaithir?" Meine krächzende Stimme drohte umzukippen. „D-du wirst uns doch nicht ver-vergessn oder?" Eine heiße Träne quoll aus meinem Augenwinkel und rann die Wange hinunter.
Er lachte rau auf, doch es klang unsicher.
„Natürlich nicht, du dummes Kind…" plötzlich beugte er sich über den Tisch und drückte mir einen festen Kuss auf die Lippen, ich fasste seinen Kopf und erwiderte seinen Kuss, ohne darüber nach zu denken, stürmisch und unkontrolliert. Er schmeckte nach Bier. Ich hatte die Augen geschlossen. In mir herrschte ein Wirbelsturm aus Gefühlen und Gedanken. Der letzte Abend, der letzte Abend… für wer weiß wie lange?
Wir kehrten erst früh am nächsten morgen zu Brindorn zurück. Wir beide waren aneinander gekuschelt in einer kleinen Kammer der Wirtstube aufgewacht, mit nur verschwommenen Erinnerungen und schrecklichem Kopfweh. Zum Glück hatten wir in unseren Taschen noch einige Münzen gefunden, sodass wir den Wirt hatten bezahlen können. Einander mühsam stützend waren wir ins grelle Sonnenlicht hinausgetreten und hatten irgendwie den Weg zu Bindorns Gasthaus zurückgefunden.
Èolind kam uns nun entgegen, das helle Haar wehte zerzaust hinter ihr her. Plötzlich schämte ich mich für die vergangene Nacht. Ich wusste nicht, was geschehen war. Ich konnte mich nur verschwommen an den Schankraum erinnern, den stürmischen Kuss. Was war danach geschehen? Irgendjemand hatte uns in diese Kammer gebracht, ich konnte mich noch dunkel an den leuchtenden runden Mond vor dem winzigen Fenster erinnern. Doch was hatten wir danach getan? Hatten wir etwa…? Ich wusste es nicht.
Schamesrot versuchte ich ihrem Blick auszuweichen.
„Wo zum Teufel habt ihr zwei gesteckt? Wir haben euch in der halben Stadt gesucht…"
Wir gingen ohne zu antworten an ihr vorbei durch die Tür und ließen uns in der Gaststube nebeneinander auf eine Bank neben Suilion, der an einer tasse Tee schlürfte und nun neugierig aufblickte, fallen. Ich
legte müde meinen Kopf auf Feanors Schulter und er hatte überhaupt nichts
dagegen einzuwenden.
Suilion grinste und warf Éolind einen viel sagenden Blick zu, von dem er
wohl dachte, ich hätte ihn nicht bemerkt, trotz meines brummenden Schädels.
Später saß ich mit Éolind auf dem Zimmer. Mein Kopf brummte immernoch.
Schließlich konnte sie sich nicht mehr zurückhalten.
„Und, was habt ihr gemacht?", fragte sie neugierig, ein schelmisches Grinsen auf dem Gesicht.
„Nun, wir waren in so einer heruntergekommenen Kneipe. Und dann haben wir
angefangen uns zu betrinken…"
„Ich habt euch betrunken?", fragte sie ungläubig. „Und ich dachte immer,
Harry würde Alkohol eigentlich nicht mögen…" ich zuckte ein wenig zusammen, als sie ihn wieder bei seinem alten Namen nannte. Mir war schon in den Vortagen aufgefallen, dass in ihr mehr Erinnerung an die alte Welt zurückgeblieben zu sein schien, als in uns anderen.
„Ich auch nicht, glaube ich. Aber du musst wissen, dass das Bier hier um
einiges besser ist, als das auf der Erde…"
„Jaja, schon gut. Und… äh… was ist dann passiert...?"
Ich lief ein wenig rot an, setzte mehrmals zum Sprechen an, brachte jedoch dann nur ein schwaches „ich erinnere mich kaum…" hervor.
Sie lächelte nur geheimnisvoll und sagte nichts. Wieder hatte ich das Gefühl, als würde sie mehr wissen, als ich ihr gesagt hatte und tiefer sehen als sie zeigte.
Es dauerte lange, bis wir unser Schweigen brachen.
„Und, wieso habt ihr dann eigentlich dort übernachtet? Ihr habt doch nicht
etwa…"
Ich grinste schwach.
„ich sagte doch, ich kann mich nicht erinnern…"
Ich schaute sie an. Und dann mussten wir beide plötzlich wie irre
Loskichern, etwas, das wir lange nicht getan hatten.
