Disclaimer: Das Harry-Potter-Universum ist geistiges Eigentum von J.K.Rowling. Mit dieser Story wird kein Geld verdient.

Streit

Das bezaubernde Lächeln umspielte weiter ihren Mund. Dann sagte sie mit sehr weiblicher Stimme, die Draco ein Gefühl des Vertrauens einflößte:

„Ich habe auf dich gewartet."

In diesem Moment erwachte der Slytherin. Das Bett war zerwühlt und sein Kopf schmerzte. In Nächten wie dieser war er froh, als Schulsprecher über ein eigenes Zimmer verfügen zu können. So bekam niemand mit, wie durcheinander er war. Was hatte dieser Traum zu bedeuten?

Nachdem er eine Weile ruhelos dagelegen hatte, übermannte ihn doch wieder die Müdigkeit. Jetzt war sein Schlaf traumlos und fest.

Am nächsten Morgen erwachte Draco mit einem dumpfen Gefühl im Magen. Schlagartig fiel ihm wieder der Traum der letzten Nacht ein. Aber er war immer noch zu keinem Ergebnis kommen, was dieser Traum zu bedeuten hatte. So ließ er schließlich alle Gedanken dazu fallen und bereitete sich auf einen neuen anstrengenden Tag auf Hogwarts vor. Zumindest hatte er ja den Abend auf den er sich freuen konnte… unwillig schüttelte der junge Mann den Kopf – warum dachte er nur immer wieder an sie?

Zur gleichen Zeit erwachte auch Ginny. Ebenso wie der Slytherin hatte sie nicht gut geschlafen und war nun noch müde und gereizt. Der Streit mit Colin hatte ihr zugesetzt. Frustriert begann sie, sich für den Tag anzukleiden. Dann ging sie zum Frühstück hinunter in die Große Halle.

Dort wählte sie einen Platz bei Harry, Ron und Hermine. Lustlos schaufelte sie den Haferbrei in sich hinein.

„Ginny?", fragte Hermine.

„Was?"

„Ist etwas passiert?"

Ginny seufzte. Vor ihrer großen Freundin konnte sie es sowieso nicht lange verheimlich „Colin und ich haben uns gestritten."

„Das kommt in den besten Familien vor!", meldete sich da ein kauender Harry zu Wort. Entnervt blickte Ginny ihn an:

„Wir sind nicht zusammen!"

„Nicht?". Erstaunt schluckte Harry hinunter. „Aber… wo warst du denn dann abends in den letzten Wochen?"

„Jetzt fangt ihr nicht auch noch damit an!", klagte Ginny und rannte aus der Großen Halle.

Das blieb natürlich nicht verborgen. Besonders ein blonder Slytherin bemerkte es mit Besorgnis.

Den Rest des Tages versuchte Ginny allen aus dem Weg zu gehen. Was wirklich nicht einfach war, denn schließlich hatte sie fast jedes Fach mit Colin und auch Harry, Hermine und Ron liefen ihr öfter über den Weg als sie es hoffte.

In Zaubertränke schließlich hielt sie es nicht mehr aus. Sie flüsterte Colin zu: „Können wir heute Abend miteinander reden?". Zu ihrer großen Erleichterung nickte Colin. Allerdings sah er immer noch sehr verkniffen aus.

Nach der Stunde beeilte sie sich, aus dem Raum und zu Arithmantik zu kommen. Snape hatte jedoch sehr spät Schluss gemacht, da sie alle nach dem Brauen und Abfüllen des Zaubertrankes sauber machen mussten.

Als die Schüler schließlich gehen durften, standen vor der Tür schon einige Siebtklässler aus Slytherin, die hier ihre nächste Stunde hatten. Natürlich begannen sie sofort, sich über die Gryffindors und Hufflepuffs lustig zu machen. Nur Draco blieb auffallend still. Er stand am Rand der Gruppe. Als Ginny an ihm vorbei kam, zischte er ihr zu:

„Was war heute Morgen los?"

Als sie darauf nicht antwortete, meinte er: „Komm heute Abend."

Bevor sie es sich überlegen konnte, nickte Ginny schon und rannte dann weiter in den Arithmantik-Unterrichtsraum.

Erst später fiel ihr siedend heiß ein, dass sie ja am Abend eigentlich mit Colin hatte sprechen wollen. Was sollte sie nun tun? Nicht mit Colin zu sprechen hieße, dass sie wohl die letzte Chance für ihre Freundschaft vertan hatte, was sie nicht wollte. Nicht zu Draco zu gehen, hieße… einfach nur einen Abend nicht zu ihm zu gehen, sagte sie sich fest. Überhaupt, was nahm sich dieser arrogante Kerl heraus, ihr einfach einen Befehl zu erteilen, dass sie kommen sollte? Nein, sie musste heute Abend mit Colin sprechen.

Das beunruhigende Gefühl, welches sich in ihrem Bauch nach dieser Entscheidung breit machte, ignorierte sie.

„Wollen wir einen Spaziergang machen? Hier ist es ziemlich voll.", fragte Ginny ihren Mitschüler am Abend im Gemeinschaftsraum. Dieser nickte. Also holten sich beide ihren Umhang, denn draußen war es bereits sehr kalt, und gingen hinunter.

Erleichtert nahm Ginny die kalte, erfrischende Luft draußen war. Das Schweigen zwischen ihr und ihrem besten Freund lastete schwer auf ihr. Aber auch Colin schien mit der Situation so nicht glücklich zu sein. Einmal bemerkte sie, wie er zu ihr hinüber schielte.

„Es tut mir Leid, dass ich dir gestern nicht die Wahrheit gesagt habe.", brach sie schließlich das Schweigen.

Colin nickte. „Es ist hart, von jemandem angelogen zu werden, wenn man eigentlich denkt, diese Person vertraut einem.". Dabei sah er ihr in die Augen und bemerkte trotz der Dunkelheit, dass dort Tränen glitzerten.

„Ich denke, es muss einen wichtigen Grund gehabt haben, dass du es mir nicht gesagt hast. Daher versuche ich, dir zu verzeihen."

„Oh Colin!". Mit einem Schluchzen fiel sie ihm um den Hals. „Du bist wirklich der beste Freund dieser Welt!"

Keiner der beiden bemerkte eine Gestalt mit blondem Haar, welche die Szene beobachtet hatte, und dann schnell zurück zum Schloss zu rennen, fast zu fliehen.

Etwas nervös tätschelte der junge Gryffindor ihren Rücken. Was mussten Mädchen auch immer so gefühlvoll sein? Ginny bemerkte das und ließ ihn errötend los.

„Du bist wirklich ein wahrer Freund. Aber du hast Recht, ich sollte dich nicht anlügen. Ich werde es nicht wieder machen. Aber…". Sie stockte. Warum sollte sie ihm eigentlich nicht erzählen, wo sie gewesen war? Er hatte Recht. Sie konnte ihm vertrauen.

„Ich war an den Abenden nicht in der Bibliothek, das weißt du ja selbst. Ähm…". Jetzt, wo sie angefangen hatte, schien das Ganze viel schwieriger zu sein. Stockend berichtete sie weiter:

„Du weißt doch, dass ich einen Abend zu Dra… Malfoy gegangen bin?"

Ihr Gegenüber nickte.

„Nun, dort habe ich gesehen, dass er Gitarre spielt. Du weißt ja, wie ich es selbst liebe, auf meiner Gitarre zu spielen. Weißt du, ich habe mich einfach gefreut, jemanden gefunden zu haben, dem es so geht wie mir! Und außerdem habe ich bemerkt, dass… er gar nicht so schlimm ist, wie er immer tut. Man kann sich wirklich gut mit ihm unterhalten."

Total erstaunt und wütend sah Colin seine Freundin an:

„Gitarre spielen? Soll ich das glauben? Aber vielleicht hast du ja Recht, schließlich hast du versprochen nicht zu lügen. Aber… meinst du wirklich, ‚unterhalten' ist das was ein Malfoy will?"

„Bitte, sprich nicht so. Er kann wirklich nett sein…"

„Ja, Ginny. Er kann. Aber er ist es nicht."

„Zu mir ist er nett", murmelte Ginny.

„Ach? Wie das wohl kommt? Und, hat er dich schon gebeten, dich auszuziehen?"

„COLIN!". Wütend und weinend blickte Ginny ihren ehemals besten Freund an. Wieso wollte er es nicht verstehen? Aber auch Colin sah kurz betroffen aus. Er wusste, dass er zu weit gegangen war. Das war deutlich unter der Gürtellinie gewesen. Dennoch war er immer noch wütend.

„Geh doch zu deinem Malfoy, um dich auszuweinen. Oder heißt er etwa schon Draco? Mich interessieren deine Tränen nicht!", sagte er, drehte sich um und rannte zurück zum Schloss.

Traurig machte sich auch Ginny auf den Weg. Es war spät, sie musste bald in ihrem Schlafraum sein.

Dort ging sie sofort zu Bett. Sie wollte mit niemandem mehr reden, einfach nur schlafen.

In dieser Nacht hatte Ginny einen merkwürdigen Traum. Sie saß in einem ihr unbekannten Zimmer und spielte auf einer Gitarre. Auf Dracos Gitarre, wie sie bald feststellte. Plötzlich ging die Tür auf. Niemand stand davor. Sie sah nur in einen leeren Flur hinaus. Das Mädchen erschauerte und erwachte dann.

Am nächsten Morgen grübelte Ginny immer noch über ihren ungewöhnlichen Traum nach. Natürlich wusste sie, dass nicht alle Träume eine Bedeutung haben, aber dieser hier war ihr wichtig erschienen. Wahrsagen hatte sie allerdings nicht belegt, daher wusste sie auch nichts von Traumdeutung. Harry und Ron konnte sie da nicht fragen, die hassten dieses Fach, ebenso Hermine. Der Einzige, der ihr helfen konnte, war… Colin. Sie biss sich auf die Lippen. Verdammt, sie hatten gestern diesen Streit gehabt. Wieder traten ihr Tränen in die Augen, welche sie sofort unwillig wegwischte. Das nützte ja auch nichts!

So verging der Tag. Er war ereignislos, außer dass Colin sie zu ignorieren schien. Schön, wenn er so dachte… langsam wurde Ginny sauer. War sie nicht alt genug, um selbst zu entscheiden, mit wem sie ihre Zeit verbrachte, ohne gleich von ihren Freunden dafür schief angeschaut zu werden?

Abends dann, nachdem sie ihre Hausaufgaben gemacht hatte, ging sie zu Draco. Den ganzen Tag hatte sie unbewusst dem entgegen gefiebert. Was sie jetzt wirklich brauchte, war der Slytherin, mit welchem sie über ihr Hobby sprechen konnte.

Wie so oft in den letzten Wochen klopfte sie an die Tür. Ein kalt dreinblickender blonder Slytherin öffnete ihr.

„Was willst du, Weasley?"

Erschrocken sah Ginny ihn an.

„Was ist denn mit dir los?"

„Was sollte schon los sein? Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich mich freiwillig mit einem Wiesel abgebe. Hau ab!"

Die Gryffindor starrte ihn mit offenem Mund an. Was war denn in den gefahren? Er wollte ihr die Tür vor der Nase zuknallen, aber das würde sie nicht zulassen. Schnell, wie bei ihrem ersten Besuch, stellte sie einen Fuß in die Tür.

„Oh nein, so nicht.", sagte sie und drängt sich in den Raum, die Tür hinter sich zuschmeißend.

„Du sagst mir jetzt sofort, was in dich gefahren ist! Sind denn jetzt alle verrückt geworden?". Mit funkelnden Augen sah sie ihren Gegenüber an. Der musste schlucken, bevor er so kalt wie möglich, und doch mit einem leichten Zittern in der Stimme antwortete:

„Ach, jetzt kommst du wieder angekrochen? Nachdem du gestern gar nicht wolltest. Weißt du, wenn du dich mit deinen Lovern triffst, und keine Zeit mehr für mich hast, kannst du mir das auch sagen!"

Ginny starrte ihn an.

„LOVERN?"

Jetzt blickte Malfoy etwas verlegen, hatte sich jedoch sofort wieder gefasst.

„Ich habe gestern Abend einen Spaziergang gemacht und euch gesehen, wie ihr euch in den Armen lagt. Deswegen warst du also nicht gekommen. Einen Malfoy versetzt man nicht!". Er sah sie jetzt hochmütig an.

„Sind denn jetzt alle verrückt geworden?", wiederholte sie, „Colin ist mein bester Freund, ich käme nie auf die Idee, in ihm mehr zu sehen, und schon gar keinen Lover! Und dir hat's ja wohl das Hirn weggepustet, ich dachte deine arrogante Phase wäre vorbei? Zu deiner Information: es tut mir Leid, dass ich gestern nicht kommen konnte, ich musste mit Colin reden, er war mir sauer. Wenn DU es ohne Freunde aushälst, schön und gut, aber ich ganz sicher nicht!"

Mit jedem ihrer Worte wurde Ginny wütender. Schließlich schossen ihr die Tränen in die Augen, und sie drehte sich schnell um und wollte gehen. Draco packte sie am Arm, und drehte sie wieder zu sich um. Das Gryffindor-Mädchen schluchzte immer noch und murmelte:

„Und er ist mir immer noch sauer…". Draco hatte es trotzdem gehört. Er empfand eine Riesenwut auf diesen Jungen, der Ginny zum Weinen brachte. Aber auch er selbst schämte sich; unglaublich, ein Malfoy, der sich schämt! Er konnte die Tränen des Mädchens nicht länger mit ansehen. Sie tat ihm Leid. Vorsichtig zog er sie näher zu sich heran. Sie ließ es geschehen. Dann legte er einen Arm um sie, und drückte sie somit ganz an sich heran. Sie erschien erst etwas überrascht, vergrub aber dann ihren Kopf an seiner Schulter und wurde etwas ruhiger. Sie war so klein und zerbrechlich! Malfoy bemerkte, dass er mehr als einen Kopf größer war als sie. Das Mädchen schluchzte immer noch. Er wollte, dass sie aufhörte, dass es ihr wieder gut ging. Mit einer Zärtlichkeit, die nicht mal er selbst sich zugetraut hatte, streichelte Draco über ihre roten Haare. Ginny nahm seinen Geruch war. Er war etwas herb, ziemlich männlich, aber dennoch sehr angenehm… So blieben sie eine Weile stehen, unfähig, etwas zu sagen.

Schließlich löste Ginny sich sanft aus der Umarmung. Schluchzen tat sie nun nicht mehr, aber ihr Gesicht war immer noch rot. Ob das nur von dem Weinen kam, vermochte sie selbst nicht zu sagen. Beide hatten nun ein Gefühl des Verlusts. Draco sehnte sich danach, sie sofort wieder in den Arm zu nehmen und auch Ginny fühlte sich seltsam einsam.

Etwas verwirrt, sahen sich die beiden an. Draco hatte jedoch schnell seinen unbeteiligten Gesichtsausdruck wieder gefunden. So meinte Ginny schließlich:

„Ich gehe jetzt besser. Es ist spät."

„Ja.", erwiderte Draco einsilbig.

„Ich… danke fürs trösten. Gute Nacht, Draco!"

Sie war schon fast aus dem Zimmer heraus, da sagte der Slytherin noch etwas:

„Gute Nacht, Ginny."