Disclaimer: Das Harry-Potter-Universum ist geistiges Eigentum von J.K.Rowling. Mit dieser Story wird kein Geld verdient.

Entschuldigung

Zurück im Gemeinschaftsraum, wollte sie eigentlich nur so bald wie möglich in ihr Bett. Es war schon spät, daher war es sehr leer. Als sie eintrat, erhob sich eine Gestalt von einem Sessel und kam auf sie zu.

„Colin!", rief sie erstaunt.

„Kann ich dich mal sprechen?"

Kurz war Ginny in der Versuchung, ‚Nein' zu sagen, schließlich hatte er sie nicht gerade freundlich behandelt. Dann allerdings siegte ihre Neugier und ihr Freundschaftsgeist und sie nickte. Er sah nicht mehr wütend aus, eher etwas verlegen, fand sie, und folgte ihm so zu den beliebtesten Sesseln beim großen Kaminfeuer.

„Ginny, ich… es tut mir Leid.". Colin schien nun noch verlegener, aber entschlossen, weiter zu sprechen.

„Ich hätte gestern nicht so ausrasten dürfen. Aber weißt du, es ging um Malfoy… ich hätte einfach nicht gedacht, dass er nett sein kann. Das war dumm. Du bist schließlich freiwillig zu ihm gegangen. Außerdem, du bist ja nicht blöde, du kannst sicher selbst entscheiden, wen du zu deinen Freunden zählen willst. Wäre er ein Todesser, hättest du das wohl erkannt. Es tut mir Leid, ich habe überreagiert."

Erstaunt sah Ginny ihren Freund an. Sie hatte es nicht zu hoffen gewagt, dass er es verstehen würde. Aber nun saß er da, entschuldigte sich für sein Verhalten und hoffte, sie würde ihm verzeihen. Glücklich sah sie ihn an.

„Natürlich verzeihe ich dir. Es ist gut, dass du es akzeptierst."

Jetzt lächelte auch ihr Gegenüber.

„Aber wenn ihr er dir jemals weh tut, dann sag mir Bescheid!"

Jetzt lachte Ginny befreit. Es tat so gut, sich wieder mit Colin zu verstehen.

„Es tut mir auch Leid, dass ich es so lange geheim gehalten habe. Ich an deiner Stelle wäre auch sauer gewesen, denke ich."

Beide lächelten sich wieder an. Dann wünschten sie sich noch gegenseitig eine gute Nacht und gingen in ihre jeweiligen Schlafräume um zu Bett zu gehen.

An diesem Abend lag Ginny glücklich im Bett. Mit Colin verstand sie sich wieder, auch Draco war nicht sauer auf sie… dann dachte sie über eine Bemerkung ihres Mitschülers nach: er hatte den Slytherin einen Freund von ihr genannt. Ja, das war er wohl. Es war seltsam, das zu denken, aber er stimmte. Und wie nett er sie heute getröstet hatte… mit einem letzten Gedanken an seine Umarmung schlief sie ein.

Auch Draco lag abends noch lange wach. Warum hatte er Ginny zu sich gezogen und sie getröstet? Das war doch sonst nicht sein Stil. Er ließ die Mädchen lieber heulen als sie zu trösten. Aber bei ihr war es etwas anderes gewesen. Er hatte ihre Tränen nicht ertragen. Das muss wohl dieses dumme Mitleid gewesen sein… ja, sie hatte ihn einfach überrascht, das war wohl der Grund für seine unerklärliche Reaktion. Mit einem befriedigten Gefühl, da er eine so passende Lösung gefunden hatte, schlief er ein. Ein nagendes Gefühl in seinem Bauch, dass ihm zeigte, dass es wohl anders war, dass er andere Gefühle hatte, ignorierte er.

Am nächsten Morgen wachte Ginny gut gelaunt auf. Die Nacht war erholsam gewesen und sie fühlte sich frisch für den bevorstehenden, anstrengenden Tag.

Beim Frühstück in der Großen Halle setzte sie sich zusammen mit Colin zu Harry, Ron und Hermine. Die beiden Jungs debattierten gerade über das bevorstehende Quidditch-Spiel Ravenclaw gegen Hufflepuff und erörterten die Chancen beider Mannschaften. Hermine dagegen betrachtete die beiden erfreut. Sie hatte sich gelangweilt, bis diese gekommen waren. Die drei begannen sofort ein Gespräch über den kommenden Schultag. Sie hatten alle heute Arithmantik, und begannen gerade sich über die Vor- und Nachzüge des sehr komplizierten Unterrichts auszulassen, als sich auch Ron und Harry in das Gespräch einschalteten. Sie waren anscheinend zu dem Entschluss gekommen, dass Hufflepuff nicht den Hauch einer Chance gegen Ravenclaw hatte. Nach einigem müßigem Geplauder, in dem die beiden Siebtklässler sich über einige Lehrer lustig machten, was Hermine mit bösem Blick bedachte, wandte sich Ron schließlich an Ginny:

„Wo warst du eigentlich gestern Abend? Ich hatte dich gesucht, Mama hat uns eine Eule mit einigen Keksen geschickte gehabt."

„Ich…", sagte sie und wurde puterrot. Colin blickte sie aufmunternd an. „Ich war bei einem Freund."

„Und bei wem? Von den Gryffindors hat dich nämlich niemand gesehen."

Falls dies überhaupt möglich war, wurde sie noch röter. Schließlich murmelte sie leise, da es eh keinen Sinn hatte, es geheim zu halten und sie keine Lust auf einen ähnlichen Streit wie mit Colin hatte:

„Ich war bei Malfoy.", sprachs und rannte aus der Großen Halle.

„WAS?", rief Ron ihr noch hinterher.

„Colin, habe ich mich eben verhört?", fragte der verdutzte Harry.

„Nein, hast du nicht. Sie war bei Malfoy. Sie geht schon eine Weile immer zu ihm und die beiden scheinen sich gut zu verstehen."

„Aber Malfoy ist ein Todesser, noch dazu ein Slytherin, er ist böse, grausam, falsch, ein hüpfendes Frettchen…", begann Ron verzweifelt aufzuzählen.

Allmählich wurde auch Colin wütend.

„Ginny meint, er sei anders. Vertraut ihr der Menschenkenntnis von ihr so wenig? Ich denke, sie ist alt genug, selbst zu entscheiden, was richtig und was falsch ist.". Mit diesen Worten ging auch Colin aus der Halle.

„Was ist denn jetzt kaputt?", fragte Ron. Auch Harry sah verdutzt drein. Hermine meinte:

„Tja, ich denke, deine Schwester beginnt erwachsen zu werden."

„Aber… MALFOY!"

„Vielleicht hat sie ja Recht und er ist gar nicht so schlimm. Ich meine, habt ihr euch je die Mühe gemacht, ihn näher kennen zu lernen?". Hermine mit ihrem Glauben an das Gute im Menschen sah das Ganze deutlich entspannter als ihre Freunde.

Schließlich stand Ron auf. „Ich muss das Ganze erst mal verdauen."

Wütend ging Ginny zu ihrer ersten Stunde. Wieso wollte sie nur niemand verstehen? Vor dem Raum traf sie auf Colin. Auch er sah etwas wütend aus. Sofort als sie kam, berichtete er ihr:

„Ich habe versucht, es den dreien zu erklären. Ich denke, sie brauchen einfach Zeit… ebenso wie ich."

Ginny sah ihren Freund dankbar an. Er half ihr wirklich immer.

Auch dieser Tag ging vorüber, und es wurde Abend. Wie jeden Tag wollte Ginny nun zu Draco gehen. Auf dem Weg zum Porträtloch stellte sich ihr jedoch Ron in den Weg. Sie hatte versucht, ihm den ganzen Tag aus dem Weg zu gehen. Ausgerechnet jetzt tauchte er auf!

„Wo willst du hin?"

„Lass mich durch."

„Wo gehst du hin?"

Kämpferisch reckte Ginny das Kinn nach vorne. Gut, wenn er es unbedingt so wollte.

„Ich gehe zu Draco."

„DRACO? Seit wann hat Malfoy einen Vornamen?"

„Ron, bitte, sei nicht kindisch."

„ICH und kindisch? Das scheinst wohl eher du zu sein. Was machst du überhaupt bei ihm? Er hat dich einfach nur eingewickelt. Was hat er dir gegeben? Was hat er dir angeboten, bevor er dich in sein Bett gelockt hat?"

Jetzt sah Ginny rot.

„Du spinnst jetzt wohl komplett!". Mit diesen Worten schubste sie ihn zur Seite und rannte aus dem Gemeinschaftsraum. Mit offenem Mund starrte Ron ihr hinterher. Hermine trat an seine Seite:

„Das war wirklich unter der Gürtellinie, Ron. Glaubst du wirklich, die beiden haben ein Verhältnis? Ich habe es dir doch gleich gesagt, dass du ihr nicht im Zorn gegenüber treten sollst!"

„Ach, halt den Mund.", murmelte Ron nur noch, dann ging er deprimiert in seinen Schlafraum. Warum waren Mädchen nur so kompliziert? Er hatte ihr doch nur helfen wollen…

Ginny währenddessen war wütend durch die Gänge gerannt. Was fiel ihrem älteren Bruder ein? Sie war doch kein Kind mehr! Und überhaupt, sie und Draco… bei diesem Gedanken schoss in ihr plötzlich die Erinnerung an den gestrigen Abend hoch. Daran, wie geborgen und warm sie sich in seiner Umarmung gefühlt hatte… ach, egal.

Schließlich stand sie vor der Tür des Schülersprechers. Immer noch etwas ärgerlich klopfte sie an.

Sofort wurde die Tür geöffnet. Ein Lächeln huschte auf Dracos Gesicht, als er sah, wer davor stand. Auch Ginny fühlte sich sofort besser.

„Hallo! Komm rein."

Sie trat ein und ging geradewegs auf das Bett zu, wo sie immer saß. Draco wunderte sich. Sonst war sie doch nicht so schweigsam? Tatsächlich redete sie fast die ganze Zeit ohne Punkt und Komma, aber heute? Es beunruhigte ihn etwas. Also versuchte er sich an etwas Smalltalk:

„Und… wie war dein Tag heute?". Er sah sofort, dass das die falsche Frage gewesen sein musste. Sie sah noch verstimmter aus.

„Ich hatte einen Streit mit Ron."

„Oh.", machte Draco. Er mochte den Weasley nicht. „Vergiss ihn."

„Er ist so blöd! Ständig will er über mein Leben bestimmen. Mann, ich bin 16! Und versucht mir vorzuschreiben, mit wem ich meine Zeit verbringen darf und mit wem nicht. Das ist so nervig. Und seine Unterstellungen sind ja wohl das höchste!". Ginny kochte vor Wut, wenn sie an das Gespräch früher am Abend zurück dachte. „Er hat mir vorgeworfen, dass wir ein Liebespaar seien!"

Perplex betrachtete Draco seine Gegenüber: „Wer, wir?"

„Na wir beide!", sagte sie und sah ihn an.

Der Slytherin hatte inzwischen sein Fassung wieder gewonnen und reagierte heftig:

„Was redet denn der für eine Scheiße? Was soll das, wir und ein Liebespaar. Wir passen nicht zusammen, und überhaupt. Was sollte ich mit DIR als Freundin? Ein Malfoy und ein Weasley, das geht nicht. Ich würde mich doch nicht so weit herab lassen. Außerdem, du bist aus Gryffindor. Nein, ich würde doch nichts mit dir anfangen, das ist ja wohl der größte Witz des Jahrhunderts! Als ob ich mich in dich verlieben würde!". Während er sich so in Rage geredet hatte, bemerkte er nicht, wie ihn Ginny immer unglüubiger anstarrte. Er war immer noch das arrogante Arsch wie immer. Plötzlich merkte sie, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten. Seine Sätze verletzten sie. Sie verletzten sie so sehr, wie sie es nicht für möglich gehalten hätte. Plötzlich ging ihr ein Licht auf: sie hatte so heftig reagiert, weil sie Angst hatte, dass jemand ihre wirklichen Gefühle entdecken würde. Ihre wirklichen Gefühle… sie, Ginny, hatte sich in Draco verliebt. Er sah das anscheinend total anders. Nach seiner Schimpftirade fragte sie mit leiser Stimme:

„Wäre es wirklich so schlimm, wenn wir ein Paar wären?". Dabei glitzerten schon verdächtig viele Tränen in ihren Augen.

Draco antwortete prompt: „Natürlich wäre es das!"

Schmerzlich sah Ginny ihn an. Ihr Blick rührte ihn zutiefst. Dann drehte sie sich um und ging aus dem Zimmer. Die Tränen strömten ihr nur so über das Gesicht. Noch nie hatte sie sich so verletzt gefühlt. Als die Tür hinter ihr zufiel, schien Draco aus einer Art Trance zu erwachen. Warum nur fühlte er sich auf einmal so schlecht? Warum hatte er das Gefühl, gerade einen sehr großen Fehler gemacht zu haben? Ohne dass er es verhindern konnte, schossen auch ihm die Tränen in die Augen. Wütend wischte er sie ab. Was sollte das? Er würde doch nicht wegen einem Weasley heulen? Schon gar nicht wegen ihr, mit ihrem roten Haar, der meist unbekümmerten Art, ihrem Lächeln… verdammt. Was hatte er nur gesagt? Jetzt war es zu spät, es zurück zu nehmen. Beim Versuch, seine eigenen Gefühle zu leugnen hatte er ihre verletzt…