Chapter IV
Changes - Dezember 1975

A starlit sky of black and silver is my core
My last goodbye makes you want me even more
For silver is my fame
Black is my name

Xandria – Black & Silver

Der erste Schnee des Winters fiel langsam vor meinen Augen zu Boden, gespenstige Stille durchzog die langen Korridore als ich gedankenversunken aus dem großen, eigenwillig dekorierten Fenster blickte, verborgen hinter einer grauen Ritterstatur in der dritten Etage Hogwarts. Meine Sehnsucht nach Einsamkeit, der Wunsch ungestört über vergangene Ereignisse zu grübeln und der simple Überdruss gegenüber dem kindischen Verhalten meiner Freunde hatte mich hierher flüchten lassen, in der Hoffnung Stunden diese Ruhe genießen zu können.

War es wirklich schon vier Jahre her, seitdem mich die Dunkelheit in ihren Armen gebar? Seitdem mich der Hut nach Slytherin schickte, ganz zur Freude meiner Eltern und meiner Schwester? Vier Jahre in denen ich mir den sorgsam behüteten Ruf einer Eiskönigin aufbaute und loyale Freunde in den reinblütigen Reihen fand. Vier Jahre fern von meiner einzigen Schwäche, der ich nie auch nur einen Blick gönnte, aus Angst den alten, dumpfen Schmerz zu spüren, der mittlerweile ein unbemerkter Teil meiner Seele geworden war. Vier Jahre voller Mysterien, Geheimnisse der Magie, amüsante Auseinandersetzungen mit anderen Schülern wie auch Lehrern und der Erkenntnis, dass man sich höchstens selbst besiegen konnte.

Wie schnell doch die Zeit verging! Wie naiv fürchtete ich mich bei der Einweihungszeremonie vor dem großen, braunen Hut, der mein Schicksal entscheiden und mich meiner Zukunft zuordnen sollte. Mit zitternden Händen aber sicherem Gang bewältigte ich damals den mir unendlich erscheinenden Weg zu diesem Kopfschmuck, dessen weise Worte mich bis heute verfolgten.
„Ich spüre eine Furcht in dir, nicht vor der Welt, nein auch nicht vor deiner Vergangenheit, sondern einzig und allein vor dir selbst. Mutig bist du, das steht außer Frage, Gryffindor wäre eine gute Wahl... aber nein, zu sehr ist deine Seele durch deine Gelüste gezeichnet... Ravenclaw könnte deine Neugier stillen, aber das Dunkel in deinem Herzen führt dich einzig und allein an einen Ort... Slytherin..."
Durch diese Meinung sowohl geschmeichelt als auch verwirrt, gelangte ich gelassen zu meinen neuen Hauskameraden, die mich zwar nicht voller Applaus, aber dennoch freundlich aufnahmen und schon bald zu spüren bekamen, dass man niemals mit einer Black scherzen sollte. Nur wenigen gewährte ich Zugang zu meinem Inneren, eine kleine Auswahl an Personen, nobel geboren, edel erzogen, arrogant aber loyal. Zusammen blieben wir unschlagbar, der Hauspokal der letzten vier Jahre gehörte einzig und allein unserem Haus, mochten sich einzelne Löwen noch so sehr anstrengen.

Das Verhältnis zu Narcissa besserte sich, nun wo wir einander ebenbürtig gegenüberstanden und durch das gemeinsame Band näher kennen lernten. Ich begann sie zu lieben, nicht auf die verzehrende Weise wie ich einst Sirius vergötterte oder das Wohlwollen meines Vaters suchte, nein ich liebte sie für ihre Naivität, ihre Fähigkeit Menschen um den Finger zu wickeln, ihr charmantes Wesen, einfach als meine Verwandte. Rivalitäten gab es kaum unter uns, gehörte jeder einem anderen Freundeskreis an, die friedlich kooperierten und einander unterstützten sofern die Ehre Slytherins in Gefahr schien.
In Gegenwart meiner Kameraden agierte ich distanziert aber nicht unfreundlich, scherzte dann und wann und erteilte an anderen Tagen eisig Befehle. Es dauerte nicht lange und die ach so beliebten Schüler kamen zu mir, um meine Gunst buhlend, galt die vornehme, zurückhaltende Art schon bald als dauerhafte Modeerscheinung und nicht wenige suchten den Anschluss an die Slytherins, die, die äußere Erscheinung diesbezüglich perfektionierten. Lediglich vier Gryffindors, die sogenannten Herumtreiber machten unserer Gruppe Konkurrenz, imponierten die Massen mit albernen, geschmacklosen Streichen, oftmals auf Kosten meiner Freunde, nutzten jede Möglichkeit um Unruhe zu stiften und die Schule ins Chaos zu stürzen.
Angeführt wurden sie von James Potter, einem rebellischen Sprössling einer einflussreichen Aurorenfamilie, der nie beigebracht bekam, was Anstand noch Manieren waren, dessen Lebensinhalt im sinnlosen Tyrannisieren seiner Umwelt bestand und den ich dennoch recht faszinierend fand. Natürlich ohne es jemals offen einzugestehen. Doch er amüsierte mich und es war unabstreitbar, dass er zu den beliebtesten Schülern Hogwarts gehörte. Leider wog meine Schmach über unsere erste Begegnung im Zug schwer und so versuchte ich ihn und seine Bande, inklusive meines ach so gehassten Cousins Sirius, die meiste Zeit zu ignorieren, denn auch wenn sie den Slytherins mit Streichen übel mitspielten, blieb ich vollkommen verschont.

Bevor ich aber weiter in meiner eigenen, kleinen Welt schwelgen konnte, unterbrach mich eine dunkle, rauchige Stimme mit gewohntem Sarkasmus.
„Ich wusste gar nicht, dass Hogwarts' Landschaft dermaßen interessant ist, dass du Minuten mit Starren verbringst!" Augenblicklich drehte ich mich zur Seite um in die schwarzen, verlorenen Augen meines Hauskameraden und engen Freundes Severus Snape zu blicken, der mich mit einem spöttischen Lächeln auf den dünnen Lippen amüsiert betrachtete.
„Gönn mir doch wenigstens ein kleines Hobby. Landschaftsarchitektur wird einmal mein absoluter Traumberuf!" erwiderte ich in einer ähnlichen Tonlage und verschränkte selbstbewusst die Arme vor der Brust, entgültig in die Realität zurückkommend.
„Was führt dich hierher?" fragte ich mit einem Hauch von Neugier in der Stimme, kam es nicht allzu oft vor, dass mit der schwarzhaarige Junge in einem Gang über den Weg lief, geschweige denn zu so einer später Stunde, nutzte Severus doch jede freie Minute im dem Schlammblut Evans gleich in der Bibliothek zu lernen, seinen Hunger nach Wissen zu stillen und seine Mitslytherins damit zu allerlei Häme anzuregen. Auf eine Antwort wartend, neigte ich mein Haupt um die blasse Gestalt genauer studieren zu können, sein ausgemergeltes Gesicht und die eisige Kälte, die ihn immer zu umgeben schien, gleichermaßen Schutz vor Feinden und Warnung an diejenigen, die sich wirklich trauten sich mit dem Jungen anzulegen. Nur wenigen zeigte er seine ruhigere, harmoniebedürftigere Seite und ich schätzte mich glücklich zu diesem elitären Kreis zu gehören.
„Rodolphus schickt mich, wie es aussieht, vermisst er deine Anwesendheit. Dein Cousin musste sich einmal mehr aufspielen und den Gemeinschaftsraum unter Wasser legen!" erklärte Snape unbeeindruckt, wenn auch mit dem leisen Anflug von Zorn in der Mimik, der mich sogleich lächeln ließ, gehörte Severus leider zu den bevorzugten Streichopfern der Gryffindor.
„Und was genau soll ich machen? Hausarbeit ist für die Elfen da!" entgegnete ich zurückhaltend, mir nicht wirklich bewusst seiend, weswegen Lestrange mich zurückorderte und dafür ausgerechnet meinen besten Freund entsandte. Sicherlich konnte ich die unzähligen Versuche, die meine Familie unternahm um mich mit diesem reichen, politisch gut situierten Erben einer großen Zaubererfamilie zu verkuppeln schon nicht mehr zählen, hatte sich insbesondere meine Mutter darauf fixiert uns beide zu verbinden, eine glorreiche Partnerschaft zweier reinblütiger Linien, ganz im Sinne meiner Erziehung, doch lehnte ich eine zu früh gefällte Entscheidung über meine Zukunft deutlich ab und machte dies meinen Eltern auch unverbindlich klar, durch die Distanz von Zuhause an Selbstbewusstsein gewonnen habend. Zumal ich nur bedingt Verständnis für das übermäßig arrogante Verhalten meines angeblichen Zukünftigen aufbrachte, trieb er mich mit seinen Andeutungen und Kommentaren regelmäßig dazu ihm den ein oder anderen Fluch an den Hals zu werfen, ein Talent, was nur wenige in meinem Umkreis besaßen und ich keinesfalls schätzte.
„Wahrscheinlich vermisst er dich einfach oder gibt seiner bekannten Eifersucht nach, du weißt, wie wenig, es mich tatsächlich interessiert!" erklang erneut die Stimme Severus' und ich nickte bedächtig, sollte ich der Aufforderung Folge leisten um nicht abermals in einen unsinnigen Streit mit Lestrange verwickelt zu werden. Es genügte, dass wir gelegentlich das Hauptgesprächsthema unseres Hauses waren, obgleich zu meinem Glück bisher kein Sterbenslaut nach draußen drang und ich mir beim Rest der Schule das Profil einer Eiskönigin bewahren konnte.

„Natürlich, ich komme sofort. Lass mich nur noch einen Augenblick durchatmen!" meinte ich resignierend und wandte den Blick wieder aus dem Fenster, bis ich hörte, wie sich mein Hauskamerad mit einem geflüsterten Gruß entschuldigte um zu seiner geliebten Bücherei zu eilen. Man konnte unsere Gespräche wohl nur bedingt als freundschaftlich bezeichnen und doch fühlte ich mich Snape näher als sonst einem meiner Bekannten, teilten wir das Verständnis uns aus den jeweiligen Leben herauszuhalten und nur dann mit Rat zur Seite zu stehen, wenn der andere einverstanden war, es regelrecht forderte. Zudem traktierte er mich nie mit überflüssigen Bemerkungen, aufgesetzten Witzen oder sonstigen Kindereien, die mir höchstens ein müdes Lächeln entlockten, selten eine größere Resonanz.

Nach weiteren Minuten der entspannenden Grübelei beschloss ich endgültig in den Gemeinschaftsraum zurückzukehren und setzte meine übliche Maske der Reserviertheit auf um mich auf kommende Ereignisse vorzubereiten. Gerade als sich meine Füße in Bewegung setzen wollten, umfasste eine große Hand meine Schulter und schob mich unsanft herum. Einen leisen Aufschrei nicht unterbinden könnend, griff ich automatisch nach meinem Zauberstab, hielt aber in der Bewegung inne um mit hochgezogenen Augenbrauen meinen Angreifer zu mustern. „Was willst du?" fauchte ich feindselig, fast zornig, darauf aus so schnell es ging zu verschwinden.
„Dich!" erwiderte die dunkel gekleidete Gestalt und ließ mir einen Schauer über den Rücken laufen, ungläubig den jungen Mann anstarrend. Ich musste mich verhört haben.

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Anm. des Autors: Yeah... Cliffhanger... na wer ist gemeint?