A/N: Okay, bevor mich hier wirklich noch Splitterbomben erreichen, kommt hier das nächste Kapitel. Zwar kommt noch nicht Alles in Ordnung, aber zumindest schon mal ein nicht erheblicher Teil. Und Calista: Du musst mir echt mal Deine E-Mail-Addy angeben, sonst kann ich Dir nicht auf Deine Reviews antworten. Danke!

Schuld

Harry hörte den Schrei seiner Frau, als er schon fast die Treppenaufgänge zu den Schlaffsälen der Schüler erreicht hatten. Er hatte grade Remus begrüßt, der offenbar ebenso wenig wie er oder Professor Sprout mit einer weiteren Störung in diesen Abendstunden gerechnet hatte. Moony trug keine Krawatte mehr, das Hemd stand am Kragen ein Stückchen offen, die Hosenträger baumelten nutzlos an seiner Hüfte. Harry fragte sich eine Sekunde lang grinsend, ob Remus vielleicht bei etwas weit Prekärerem gestört worden war als er selbst.

Doch das Grinsen gefror ihm augenblicklich, als er Chos Schrei hörte. Er reagierte instinktiv – genauso wie sich völlig selbstverständlich seine Nackenhaare bei diesem leider viel zu vertrauten Geräusch aufstellten, pumpte sein Körper fast augenblicklich Unmengen von Adrenalin durch seine Adern, während er auf dem Absatz umkehrte und den Korridor wieder zurück rannte. Verschwommen nahm er weitere Schritte hinter sich wahr, doch er hatte keine Zeit, sich umzudrehen.

Als er um die Ecke zu den Wohnräumen der Lehrer bog, erfüllte das hässliche, knackende Geräusch von zersplitterndem Holz die Luft und er sah, wie der Körper seiner Frau mit unglaublicher Wucht gegen die gegenüber liegende Mauer knallte. Er schrie ihren Namen, während sie wie in Zeitlupe blutüberströmt zusammensackte. Es schien Ewigkeiten zu dauern, bis er sie erreicht hatte.

„Cho? CHO?" Er strich ihr die langen, dunklen Haare aus der Stirn. Hinter such hörte er, wie Remus und Professor Sprout ins Zimmer stürmten – gefolgt von einem schauriges Lachen, Flüche, die gegen Wände prallten – und dann beängstigende Stille. Er war viel zu beschäftigt damit, mit zitternden Händen nach dem Puls seiner Frau zu tasten oder auf ihren Atem zu lauschen, als dass es ihn großartig gekümmert hätte.

Als er Beides fand, schossen ihm vor Erleichterung die Tränen in die Augen. Neben ihm ging jemand in die Knie und aus Reflex riss Harry seinen Zauberstab hoch. Aber es war nur Sunny. Da sie ein wenig später aufgebrochen war, um bei der Wichtel-Bekämpfung zu helfen – erst musste sie sich wenigstens ein bisschen wieder herrichten, mit offener Bluse und zerwühltem Haar hätte sie zwischen ihren Kollegen reichlich eigenartig gewirkt – war sie auf den Tumult aufmerksam geworden und sofort hierher geeilt.

Beschwichtigend hob sie beide Hände, um Harry klar zu machen, dass sie keine Gefahr bedeutete. Es dauerte eine Sekunde, bis es zu ihm vordrang, doch dann senkte er den Zauberstab.

„Was ist mit den Kindern?" fragte Sandra alarmiert, als sie die zerschmetterte Tür bemerkte. Harry wurde noch blasser, sprang auf die Füße und stürzte in den Salon.

„Jamie? Amber?"

Leises Schluchzen drang an sein Ohr und er war fast sofort neben dem Kleiderschrank und schob ihn mit Remus´ Hilfe zur Seite. Am ganzen Körper zitternd blickte seine Tochter zu ihm auf.

„Daddy!"

Er zog sie hervor, in seine Arme und drückte sie fest an sich. "Gott sei Dank!" Seine Stimme schwankte so heftig vor unterdrückten Tränen, dass er kaum zu verstehen war. „Es tut mir Leid, Liebling. So Leid! Ich hätte auf Dich hören sollen, mein Schatz!"

„Das Monster hat Jamie! Daddy, er hat Jamie!" Harry schloss fest die Augen, während er seine Tochter noch enger an sich drückte und schwankend auf die Füße kam. „Es wird alles gut, Amber. Wir holen Jamie zurück."

Als er die Augen wieder öffnete, zuckte Remus unwillkürlich unter seinem Blick zurück. Er loderte wie grünes Feuer. „Wer?"

„Greyback", antwortete Remus ebenso kurz. Diesen Ausdruck in den Augen des jungen Mannes hatte er vor Jahren das letzte Mal gesehen. Kurz bevor er Voldemort getötet hatte.

„Er wird sterben." Es war eine schlichte Feststellung und Remus nickte nur. Heftige Schuldgefühle zerrissen ihn förmlich. Er hätte nach diesem Irren suchen müssen! Und nicht hier in Hogwarts herumsitzen und die schwelende Gefahr ignorieren, die dieser Irre bedeutete. Remus wusste doch nur zu gut, wozu Greyback fähig war. Wenn Jamie etwas geschah, wäre es allein seine Schuld!

Sein Blick zuckte zu Sandra hinüber, die grade dabei war, zusammen mit Professor Sprout die verletzte Cho auf eine magische Trage zu hieven. Wie hatte er es vergessen können? Wie hatte er vergessen können, wie gefährlich er war? Für seine Dummheit würde jetzt ein unschuldiges Kind büßen müssen. Und irgendwann vielleicht sogar sie – seine Sunny.

Das konnte er nicht zulassen! Niemals!


Cho wurde von Madam Pomfrey in den Krankenflügel geschafft und Harry war mehr als dankbar, als er hörte, dass Professor McGonnagal Mila benachrichtigt hatte. Sie und Sirius trafen nur Minuten später mit ihrer Tochter ein und während Mila sofort an Chos Krankenbett eilte und zusammen mit der älteren Krankenschwester begann Heilungsformeln zu murmeln, den geschundenen Körper mit Salben zu bestreichen und ihr Zaubertränke einzuflößen, ging Sirius zusammen mit Lily auf Harry zu, der immer noch an eine Wand gelehnt mit Amber auf dem Arm nur dastand und blicklos auf den Boden starrte. Man hatte versucht, ihm seine Tochter abzunehmen oder ihn wenigstens zum Hinsetzen zu bewegen, doch sowohl er wie auch Amber hatten nur stur mit dem Kopf geschüttelt.

Bei den Beiden angekommen zupfte Lily ihren Vater am Hosenbein und er hob sie hoch, ohne den Blick von Harry oder Amber zu wenden. Lily zögerte nicht. Sie zog ihren Vater mit in eine Umarmung, schlang einen Arm um Amber, den Anderen um Harry und drückte beide so fest sie konnte. Sirius tat es ihr nach und er konnte spüren, wie sein Patensohn den Kampf gegen die Tränen verlor. Seine Schultern begannen zu beben, während beide kleine Mädchen zwischen ihren Vätern ganz still hielten.

Nach etwa 5 Minuten kam Mila zu ihnen hinüber. Sirius hatte Harry doch dazu bewegen können, sich hinzusetzen und hatte ihm Amber abgenommen. Beide Männer sahen ihr gespannt entgegen.

„Deine Frau ist zäh, Harry", beschwichtigte sie ihn auch sofort. „Sie wird es schaffen. Genauso wie euer Baby."

Seine Schultern sackten erschöpft hinab und er zog sich mit einer müden Bewegung die Brille ab und rieb sich die Augen. „Gott sei Dank."

„Sie ist wach und hat nach Dir gefragt", fuhr Mila fort. „Und nach Jamie."

Wie geschlagen zuckte Harry zusammen, bevor er langsam den Kopf hob und die Frau vor sich ansah. „Bin ich Schuld?" fragte er leise.

Erschrocken schüttelte Mila den Kopf und auch Sirius sog zischend die Luft ein. „Natürlich nicht! Du hättest es nicht ahnen können", erklärte sein Pate überzeugt.

„Amber hat es mir gesagt. Ich hätte nicht weg gehen dürfen!"

Sein Blick war immer noch starr auf Mila gerichtet, als brauche er dringend ihre Absolution. Sie ließ sich vor ihm auf die Knie sinken und nahm sein Gesicht in beide Hände. „Amber ist 4 Jahre alt, Harry! Und selbst, wenn ihre seherischen Fähigkeiten bereits so stark ausgebildet sind, konntest Du es nicht ahnen! Keiner von uns konnte ahnen, dass Greyback so verrückt wäre, euch in Hogwarts anzugreifen. Du-bist-nicht-Schuld! Hörst Du mich?"

Nach langem Zögern nickte er langsam und Mila drückte ihm einen dicken Kuss auf die Wange. „Es wird alles gut werden. Wir holen Jamie zurück."

„Richtig."

Überrascht sahen alle auf und Remus an, der hinter ihnen aufgetaucht war und Harry nun ein winziges Lächeln schenkte. „Du bist an gar nichts Schuld. Geh´ zu Cho. Wir kümmern uns um alles Weitere. Greyback wird dafür bezahlen, Jamie auch nur berührt zu haben."

Harry nickte dankbar und stand auf. Mila nahm Sirius Amber ab, die auf seinem Schoß eingeschlafen war und sie nun verschlafen anblinzelte. Gemeinsam gingen sie hinüber zu Chos Bett, die sofort ihren Mann und ihre Tochter in die Arme schloss, ohne auf die Verbände an ihren Armen zu achten.

„Er ist es wirklich nicht Schuld", murmelte Remus wie zu sich selbst, während er diese rührende Szene beobachtete. Sirius nickte zustimmend und wollte etwas sagen, doch Remus fuhr unbeirrt fort „Denn Schuld bin nur ich."

„WAS?" donnerte Sirius und sah Moony an, als habe dieser völlig den Verstand verloren. Und seine Worte bestätigten diesen Blick. „Bist Du jetzt völlig übergeschnappt? Wie kommst Du auf diese völlig lächerliche, dumme, hirnrissige …"

Remus wandte sich wortlos von ihm ab und verließ den Krankenflügel. Padfood blieb nichts anderes übrig, als ihm hastig zu folgen.

„Was ist nur in Dich gefahren, Moony?"

„Ich sehe endlich wieder klar, Sirius", erklärte er ohne seinen Freund anzusehen oder irgendwie langsamer zu werden. „Jamies Entführung hat mich endlich wach gerüttelt. Ich kann mich nicht weiter in meine Träume flüchten. Anstatt diesen Irren zur Strecke zu bringen, habe ich es mir hier gemütlich gemacht und mir vorgemacht, ich könne das Alles hier wirklich haben."

Verständnislos runzelte Padfood die Stirn, während er versuchte mit Remus Schritt zu halten. „Was, ALLES?" So langsam klang er wirklich ungeduldig. Und er begann sich zu fragen, ob er vielleicht half seinen Freund einmal heftig gegen den Kopf zu schlagen. „Was faselst Du denn da?"

Abrupt blieb Remus stehen. „Alles! Liebe! Geborgenheit! Ich habe wirklich gedacht, ich könnte das Alles haben, Sirius! Ist das nicht lächerlich? Ich dachte, ich könne SUNNY haben!" Er versuchte, darüber zu lachen, aber der Laut blieb ihm in der Kehle stecken. Es war vorbei. Er konnte sich nicht länger belügen.

Die Sache mit dem Schlagen wurde derweilen mit jedem Wort dieses Dummkopfes für Sirius verlockender. „Ist das ´ne Nebenwirkung Deines Wolfsbanntrankes? Paranoia?"

Remus antwortete ihm nicht, sondern stapfte weiter, in Richtung des verwüsteten Salons der Potters. Dort angekommen begann er damit den gesamten Raum von vorn bis hinten umzukrempeln. Eine ganze Weile sah Sirius ihm dabei ratlos zu, mit sich kämpfend, wie er seinem Freund nur begreiflich machen könnte, dass es völliger Quatsch war, sich die Schuld an der Entführung zu geben. Sich die Schuld an IRGENDETWAS zu geben. Das tat er schon, seitdem er ihn kannte. Er hatte gehofft, dass es mit Sunny aufgehört hätte.

„Nach was genau suchst Du denn?" fragte Sirius schließlich mit erschöpfter, resignierter Stimme.

Remus hielt nicht einmal inne in seiner fast schon besessenen Suche. „Ich suche eine Fährte", erklärte er stattdessen kurz angebunden. Als er eine heruntergerissene Gardine zur Seite fegte, schien er gefunden zu haben, was er suchte. Er hob eine winzige Streichholzschachtel auf und drehte sie in den Fingern. „Greyback will, dass ich ihm folge. Und das werde ich tun."


Eine Stunde später waren sie aufbruchsbereit. Remus hüllte sich in seinen Reisemantel, Harry und Sirius neben sich. Er hatte geflucht, geredet und war, wie erwarte, auf taube Ohren gestoßen. Harry war zu sehr liebender Vater, als dass er sich bei dieser Mission an den Rand des Geschehens hätte verbannen lassen. Und Sirius war zu sehr … Sirius.

Nur bei einer Person war Remus wirklich hart geblieben.

Sandra.

Auch sie hatte gebeten, sie begleiten zu dürfen. Hatte ihn angeschrieen, als er es abgelehnt hatte. Einen Moment lang hatte er fast geglaubt sie würde ihn ohrfeigen. Und fast hatte er es gehofft. Doch letzten Endes hatte sie ihm nur einen mörderischen Blick zugeworfen, mit vor der Brust verschränkten Armen. Es hatte ihn fast umgebracht, diesen Ausdruck in ihren Augen zu sehen. Aber vermutlich war es besser, wenn sie bereits jetzt wütend auf ihn war – vielleicht machte es Alles leichter … Später.

Er hatte sich umgewandt und war aus dem Raum geflohen. Aus dem Schloss. Aus ihrem Leben.


Kommentar meine Beta-Leserin RemusBride (ich zittere jetzt schon …): Nicht grundlos, du ... du ... zuckersüßes, anbetungswürdigstes Wesen! Aber tu mir bitte, bitte einen Gefallen ja? Wenn Sunny damit fertig ist, mit unserem Wölfchen den Boden zu wischen, soll sie ihn auch von mir ganz fest in den Arm nehmen. So viel Schmerz ist doch kaum zu ertragen! °Schluchz°

Seufz! Immer diese ätzenden Lupin-Momente! Kennt jemand ein Mittel gegen übersteigerten Heldenmut? Wenn ja – schickt Remus mal ´ne Flasche davon! Der Mann macht mich fertig!