Hast du danach Probleme einzuschlafen?" fragend blickte John mich an. Hatte ich das? Ich erinnerte mich nur zu gut an meine schlaflosen Nächte nach den ersten Aufträgen. Doch inzwischen ist Töten zur Routine geworden. Ich habe gelernt zu verdrängen, was für Aufträge ich erledige, für wen ich arbeite. Aber ist das die richtige Art damit umzugehen? Es fällt leichter die Wahrheit einfach nicht zu beachten, als sich der Realität zu stellen. Doch wenn ich abends im Bett liege, kommen die Erinnerungen zurück. Es läßt mich nicht kalt, dass ich einige Stunden zuvor noch vor jemandem stand, den Lauf der Pistole auf seine Brust gerichtet habe, bereit abzudrücken. Es berührt mich auch Tage danach noch, wie diese Person einfach dagestanden ist, hilflos, wissend, dass nicht mehr viele Augenblicke bleiben. Was geht in so einem Moment in einem Menschen vor? Empfindet er Reue, für das was er vielleicht getan hat? Traurigkeit, weil das Leben so kurz war und so vieles noch nicht erledigt werden konnte? Hass auf mich, die Mörderin? Oder kann man einfach nicht glauben, was da gerade passiert? Sucht man vielleicht auch fieberhaft nach einem Ausweg? Rennt das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen in diesen letzen Sekunden noch einmal an einem vorbei?

Und dann ertönt der Schuß, seine Gedanken schwinden, sein Herz setzt zum letzten Schlag an, er fällt zu Boden und ist tot.

Selbst wenn diese Person andere auf dem Gewissen hatte oder kriminellen Machenschaften nachgegangen ist, trotz allem ist sie ein Mensch. Ein Mensch mit Gefühlen, Wünschen und Träumen. Vielleicht habe ich sogar Unschuldige getötet...wer weiß schon, ob die Agentur immer korrekte Informationen erhält.

Manchmal denke ich nachts an die Menschen, die für meinen Lebensunterhalt sterben mussten. Ich frage mich, ob es gerecht ist, dass ihr ganzen Leben verwirkt ist, nur damit ich materielle Dinge anhäufen kann.

In meinen Träumen stelle ich mir oft vor, wie das Leben meiner Opfer verlaufen ist, was sie arbeiteten, ob sie Kinder hatten, wer ihre Freunde waren, was sie in den Monaten vor ihrem Tod beschäftigte. Und es ist schrecklich mit dem Wissen zu leben sie getötet zu haben.

Wie viele Verwandten werden zurückbleiben und um die Toten trauern?

Wie viele Freunde werden ewig damit leben müssen, dass all die schönen Jahre mit ihnen für immer verloren sind und nie zurückkehren werden?

Doch all diese Fragen, die mich in Momenten, wie dem jetzigen, beschäftigen werden unbeantwortet bleiben und ich werde weiter versuchen nicht daran zu denken, was ich alles getan habe. Es ist eine feige Art damit umzugehen, aber eine einfache.

Nein, habe ich nicht."