2. Im Zoo
Auf der Fahrt zum Zoo ließ Onkel Vernon sich ausführlich über Motorräder aus, und all jene die ohne Rücksicht auf Verluste auf ihnen durch die Straßen donnerten.
„Letzte Nacht habe ich von einem fliegenden Motorrad geträumt", bemerkte Harriet unschuldig. Onkel Vernon hätte vor Scheck fast einen Unfall gebaut. „MOTORRÄDER FLIEGEN NICHT!", brüllte er sie an. Harriet blinzelte. Manchmal reagierten ihr Onkel und ihre Tante sehr merkwürdig auf eigentlich harmlose Dinge.
„Okay. Es war ja auch nur ein Traum. Die Nacht davor war es ein sprechender Hotdog. Und bevor du etwas sagst: Ich weiß, Hotdogs können nicht sprechen", entgegnete Harriet langsam. „Du treibst mich in den Wahnsinn, Mädchen", murmelte Onkel Vernon als er weiterfuhr. Harriet seufzte. Sie beschloss ihre Träume in Zukunft besser für sich zu behalten.
Zusammen mit Dudley, seinen Eltern und seinen Freund Piers (der leider fast genauso unausstehlich war wie Dudley, und Harriet behandelte als wäre sie eine Sklavin der Familie) wanderte Harriet von Käfig zu Käfig.
Harriet beobachtet traurig einen schwarzen Panther, der die ganze Zeit in seinen Käfig auf und ab wanderte. Armes Tier, ich weiß wie du dich fühlst. „Los komm schon, Kleine. Wir sehen uns jetzt die Schlangen an", meinte Piers grinsend. Falls es sein Ziel war Harriet damit zu erschrecken hatte er keinen Erfolg. „Gut. Ich finde Schlangen faszinierend", erwiderte Harriet und spazierte davon. Das war zwar nicht ganz wahr, aber auch nicht ganz gelogen. Sie hatte nichts gegen Schlangen, wollte aber auch nicht gerade allein mit einer in einem leeren Raum sein.
Bei den Schlangen angekommen war Dudley besonders fasziniert von einer besonders großen Boa, die friedlich vor sich hindöste. Natürlich musste Onkel Vernon sie so lange ärgern bis sie reagierte. Danach konnte er ihr allerdings keine Reaktion mehr abgewinnen.
Harriet starrte die Schlange seufzend an. „Solche Idioten, was?", murmelte sie. Plötzlich bewegte sich die Schlange Harriets Herz blieb fast stehen. Sie sah sich langsam um. Keiner nahm Notiz von ihr. „Äh, hi. Das kommt öfter vor was?" Die Schlange sah in Richtung Dudley und Onkel Vernon und nickte. Gut, das war jetzt wirklich unheimlich (obwohl Harriet schon viel unheimlichere Dinge gesehen hatte – Onkel Vernon nackt, darüber würde sie niemals hinwegkommen). „Woher kommst du denn?", führte Harriet ihr Gespräch mit der Schlange fort. Diese deutete auf ein Schild neben den Glaskäfig. Boa Constrictor, Brazil.
„Ich war noch nie in Brasilien. Ist es nett dort?", fragte Harriet und kam sich dabei ziemlich blöd vor. Die Schlange deutete noch einmal auf das Schild, woraufhin sich Harriet richtig dumm fühlte. Die arme Schlange war in Gefangenschaft geboren worden. „Also, warst du auch niemals dort." Die Schlange schüttelte bestätigend den Kopf. „DUDLEY! MR: DURSLEY! SEHT EUCH DIESE SCHLANGE AN! IHR WERDET NICHT GLAUBEN WAS SIE TUT!" Harriet sprang vor Schreck ein paar Meter zurück, was auch die Boa tat. Dudley und Piers pressten sich neugierig an die Scheibe.
Das nächste was Harriet wusste war, dass die Scheibe mit einem Mal verschwunden war, Dudley und Piers in dem Käfig lagen und die Boa davon schlängelte. Vor Harriet hielt sie noch einmal an und zischte (wenn Harriet es nicht gehört hätte, würde sie es nicht glauben): „Brasilien, ich komme. Danke, Amiga." Dann schlängelte sie entgültig davon.
Onkel Vernons Blick sprach Bände. Und dann musste das Plappermaul Piers (hätte ihn die Schlange doch nur verschlungen!) , nachdem er und Dudley von einem sehr verwirrten Zoowächter gerettet worden waren, auch noch sagen: „Harriet hat mir ihr gesprochen. Das hast du doch Harriet, oder etwa nicht?"
Leugnen war zwecklos.
„Onkel Vernon, ich schwöre dir..."
„Du schwörst immer!"
„Aber wie sollte ich denn..."
„Diesmal bist du wirklich zu weit gegangen."
„Willst du etwa andeuten, dass ich das Glas zum Verschwinden gebracht habe!"
Das war ein Fehler gewesen.
„HARRIET POTTER; ICH WERDE DICH IN EINE SCHULE FÜR SCHWER ERZIEHBARE JUGENDLICHE EINWEISEN LASSEN; DORT WERDEN SIE DIR SCHON BENEHMEN BEIBRINGEN!"
Solche Drohungen waren Harriet nicht neu. Wirklich nicht. Sie scherten sie kein bisschen. Onkel Vernon könnte eine solche Einweisung ja kaum mit den Worten „Meine Nichte hat das Glas eines Schlangenkäfigs zum verschwinden gebracht" begründen.
Am Abend lag sie auf ihren Bett und dachte über die Welt nach, und darüber warum sie mit Schlangen reden konnte und Gläser zum Verschwinden bringen konnte.
Sie konnte sich an ihre Eltern nicht erinnern, aber sie wusste, dass sie irgendwie anders gewesen waren. Das schloss sie aus dem Verhalten ihrer Tante und ihres Onkels. Vielleicht war sie ja auch anders. Aber inwiefern?
Ihre Verwandten konnte sie ja schlecht fragen (Die oberste Regel im Hause der Dursleys lautete: Stell keine Fragen. Gleich danach kam: Mach keine komische Sachen. Und: Lass Harriet nie alleine, sie könnte das Haus in die Luft sprengen).
In Gedanken versunken schlief sie ein.
Reviews?
