12. Der geheimnisvolle Spiegel

„Netter Flug neulich, Potter. Es muss ja wirklich verdammt schwer sein sich während eines Quidditch-Spiels am Besen zu halten", spottete Malfoy bei der nächsten Gelegenheit. Harriet funkelte ihn an. „War leichter als gegen uns zu gewinnen, wie es aussieht", erwiderte sie.

Malfoy schnaubte. „Wenn ich mitgespielt hätte, dann hätten wir gewonnen", behauptete er, „Ich hätte mit dir den Boden aufgewischt." Harriet verdrehte die Augen und achtete nicht mehr auf Malfoy. Sie war froh, dass sie ihn wenigstens in den Weihnachtsferien nicht ertragen musste, da er zu seiner Familie fuhr.

Leider war er nicht der einzige. Harriet fand zu ihren Schrecken heraus, dass sowohl Hermine, als auch Lavender und Parvati über Weihnachten Hogwarts verließen. Ron und seine Brüder blieben zwar, aber das bedeutete trotzdem, dass Harriet ganz allein in ihrem Zimmer schlafen würde, und eigentlich auch ziemlich allein im Mädchenturm. Eine Aussicht, die ihr gar nicht gefiel. (Nicht, dass sie Angst hätte, sie war nur...beunruhigt).

Dass Snape tatsächlich versucht haben sollte sie zu ermorden konnte Harriet von Tag zu Tag weniger glauben. Seit ihrem Gespräch nach Halloween war er nämlich erstaunlich nett zu Harriet (was in seinen Fall bedeute, er verzichtete darauf ihr Punkte abzuziehen und sie bloß zu stellen, und verlagerte das stattdessen auf den armen Neville, und gab ihr nur schlechte Noten auf die Tränke.). Einmal im Dezember lobte er sie sogar für einen Trank, was Harriet so sehr erschreckte, dass sie sich tatsächlich fragte, ob er nicht nur so nett zu ihr war, weil er sie vielleicht doch heimlich hinterrücks ermorden wollte. Aber den Gedanken verwarf sie schnell wieder.

Dann waren die Weihnachtsferien da, und Hermine verabschiedete sich: „Passt auf euch ihr beiden, und stellt nichts an während ich weg bin", befahl sie. Harriet nickte und beobachtete sorgenvoll wie Lavender und Parvati ihre Koffer hinter sich her zogen. (Nein, sie hatte keine Angst im Dunkeln, allein, im verlassenen Mädchenturm von Gryffindor zu bleiben.)

Am ersten Abend wachte sie mitten in der Nacht auf. Sie hatte ein Geräusch gehört. „Hedwig, bist du das?" Dann fiel ihr ein, dass ihre Eule sowie alle andere n auch in der Eulerei war, und Eulen Geräusche von sich gaben, die allerdings ganz anders klangen, als das was sie zuvor gehört hatte. Harriet schluckte, drückte Schir Kahn an sich, nahm ihre Decke und ihren Zauberstab und machte sich auf den Weg in den Gryffindor-Gemeinschaftsraum, wo sie es sich auf dem Sofa bequem machte und einschlief.

Am nächsten Morgen wurde sie durch Percy geweckt. „Harriet, hast du etwa hier geschlafen?", fragte er entsetzt. „Nein! Ich meine ja, aber ich hab..." Harriet sah sich suchend um. „Quidditch im Wandel der Zeit" lag in der Nähe herum. „...gelesen. Seamus hat mir sein Buch geborgt, und ich bin dabei wohl eingeschlafen. Es war nicht beabsichtigt oder so", erklärte sie schnell. „So?" Percy sah sie misstrauisch an. Harriet hoffte, dass er die Ausrede schluckte, sie wollte nämlich vermeiden, dass die Weasleys auf die Idee kämen sie hätte Angst alleine im Mädchenturm zu schlafen.

Das, musste sie sich allerdings bald eingestehen, war aber der Fall. Sie verbrachte jede Nacht im Gemeinschaftsraum, auch den Heiligen Abend. Zuvor hatten den die Lehrer mit den verbliebenen Schülern gefeiert, aber Harriet hatte hauptsächlich viel gegessen und Rons Angebot ihr Zaubererschach beizubringen abgelehnt. (Sie hasste Schach). Der Höhepunkt des Abends war mit an zusehen, wie Hagrid (in leicht angeheiterten Zustand) Professor McGonagall küsste und Professor Quirrell Professor Flitwick versehentlich einen Schlag verpasste.

Am nächsten Morgen weckte Ron sie auf. Mist, er hat mich ertappt. „Da konnte wohl jemand seine Geschenke kaum abwarten", meinte er, und Harriet atmete auf. Dann erinnerte sie sich: Geschenke!

Hagrid hatte Harriet eine Flöte geschenkt, die ein wenig nach einer Eule klang. Onkel Vernon und Tante Petunia hatten ihr eine bereits gebrauchte Bürste geschickt. (Wie nett von ihnen, dachte Harriet). Rons Mutter hatte ihr netter Weise einen Pullover gestrickt und geschickt, was Harriet sehr süß fand. (Sie schrieb Misses Weasley auch gleich einen Dankesbrief). Hermine hatte ihr Schoko-Frösche (die enthielten als Beilage Karten von berühmten Hexen und Zauberern) geschenkt und von Lavender und Parvati hatte sie einen Terminplaner mit Hogwartsplan bekommen („Damit du dich endlich nicht mehr ständig verirrst", stand am Zettel). Ron hatte sich offenbar viel Mühe gegeben und ihr ein Buch über berühmte Hexen – und Zauberer besorgt. (Harriet fühlte sich ganz schlecht, als sie daran dachte wie viel das wohl gekostet hatte). Aber ein Geschenk war noch über.

„Von wem das wohl ist?", wunderte sich Harriet, „Das steht kein Name drauf." Es war ein Umhang und ein Zettel war dabei. „Dein Vater hat das in meiner Obhut zurückgelassen bevor er starb. Es ist an der Zeit, dass du ihn erhältst. Setze ihn gut ein. Fröhliche Weihnachten."

Harriet blinzelte verwundert und legte den Umhang um. Das nächste was sie mitbekam war Rons erschrockener Schrei. „Harry! Dein Körper!" Was hat der denn jetzt für Anfälle? Dann sah sie, dass ihr Körper tatsächlich verschwunden war. „Das ist ein Tarnumhang!", erkannte Harriet staunend und zog ihn wieder aus. Wer ihn ihr wohl geschickt hatte?

Ron bestand darauf Fred und George mit dem Umhang zu erschrecken, und es gelang ihm tatsächlich Harriet zu überreden. Sie überraschten die Brüder im Gang vor dem Festsaal, was zu einer ziemlich komischen Szene führte. Allerdings schrieen die Zwillinge ein wenig zu laut vor Schreck. Snape kam besorgt angerannt (Konnte es wirklich sein, dass er besorgt war?) und fragte wütend: „Was ist los?"

Harriet enttarnte sich und Ron und meinte zerknirscht: „Tut mir leid, Professor. Wir wollten nur mein Weihnachtsgeschenk ausprobieren..." Snape musterte sie und den Umhang kalt und zog sie zur Seite. „Dieser Umhang, Potter, ist kein Kinderspielzeug. Ich kann mich doch darauf verlassen, dass Sie ihn nicht für irgendwelche Streiche oder andere Dummheiten einsetzten werden, oder?", vergewisserte sich der Tränkemeister. Harriet sah ihn treuherzig an. „Natürlich, Professor", versprach sie und meinte es in diesem Moment sogar ernst. Snape schien zufrieden und Ron zog eine Grimasse kaum, dass er weg war. „So ein Spielverderber", meinte er und Harriet nickte.

An diesem Tag wurde mit einem großen Büffet gefeiert, und Harriet aß soviel, dass ihr schlecht wurde und sie sich schwor nie wieder in ihrem Leben auch nur einen Bissen zu essen. Sie konnte vor lauter Übelkeit nicht schlafen, und dann hörte sie auch noch merkwürdige Geräusche. Sie ähnelten denen der ersten Nacht, waren diesmal aber im Schloss, das war sich Harriet sicher. Sie drückte den Umhang ihres Vaters an sich und dachte nach. Natürlich war sie beunruhigt, aber was wenn das merkwürdige Geräusch nur Professor Dumbledores Schnarchen war? Das wäre ihr doch zu peinlich.

Also legte sie ihren Umhang um und schlich davon (Und wunderte sich, wie schnell sie ihr Versprechen gegenüber Professor Snape gebrochen hatte). Sie nahm nur ihren Zauberstab und den Hogwartsplan mit.

Harriet folgte dem Geräusch, was gar nicht so leicht war. Professor Snape würde das hier sicherlich der Kategorie „andere Dummheiten" zuordnen, und er hätte recht.

Nach dem sie schier endlos herumgeirrt war, hörte sie ein anderes Geräusch, eines was fast wie ein Schnarchen klang. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich hier im rechten Flügel des verbotenen Flurs bin. Toll, echt toll. Sie folgte den Schnarchgeräuschen, öffnete eine Tür und schrie auf. In den Raum lag ein riesiges dreiköpfiges Wesen, das sofort auffuhr als es den Schrei hörte. Harriet stolperte zurück, unterdrückte einen weiteren Schrei, warf die Tür zu und rannte was das Zeug hielt. Sie wusste nicht wohin und es war ihr auch egal. Dumbledore hatte also nicht übertrieben, als er von einem gewaltsamen Tod gesprochen hatte!

Als sie endlich zu rennen aufhörte war sie schon wieder in einem Raum indem sie nicht sein sollte. Allerdings befand sich hier kein Monster, sondern nur ein Spiegel. Harriet legte ihren Umhang ab und ging näher heran. Den Spiegel zierte eine Innschrift: Erised stra ehrub oyt ube cafru oyt on wohsi.

Harriet blickte in den Spiegel und sah zu ihrem erstaunen nicht ihr eigenes Spiegelbild, sondern zwei Gestalten. Eine sehr schöne Frau mit dunkelrotem Haar und strahlend grünen Augen, die sie anlächelte und zugleich weinte. Neben ihr stand ein großer dünner Mann, der diese umarmte. Sein Haar war so schwarz und widerspenstig wie Harriets und er trug eine Brille, hinter Harriet ihre eigenen Augen anfunkelten. („Du siehst deiner Mutter ziemlich ähnlich, aber die Augen und die Haare, die sind die von deinem Vater", hatte Hagrid gesagt).

Harriet ging noch näher heran. Sie zitterte. „Mami? Daddy? Seid ihr das?", hauchte sie kraftlos. Ein Lächeln war die einzige Antwort.

Harriet wusste nicht wie lange sie da stand und einfach nur schmerzerfüllt in den Spiegel starrte. Ihre Eltern winkten ihr zu und lächelten sie an, als könnten sie sie wirklich sehen. Harriet wusste nicht, wann sie zu weinen begonnen hatte, oder wie spät es war. Ihr war alles egal. Sie war bei ihren Eltern. Jetzt.

Dann trat plötzlich jemand hinter sie. „Hier steckst du also", meinte eine Stimme. Harriet fuhr herum und starrte Dumbledore an. „Sir! Sir, da sind meine Eltern! Aber, das sind sie nicht wirklich, nicht wahr? Sie können nicht wirklich da sein", sagte sie mit brüchiger Stimme.

Dumbledore sah sie mitleidig an. „Dies ist der Spiegel of Erised. Er zeigt uns unseren größten Wunsch, der am tiefsten in unseren Herzen verborgen ist", erklärte er. „Ich verstehe..." Harriet starrte ihre Eltern an. „Er wird von hier weg geschafft werden, Harriet. Und ich würde dich bitten nicht nach im zu suchen. Er ist gefährlich. Viele Menschen haben ihr Leben verbraucht indem sie einfach nur davor standen und hineinstarrten. Manche wurden verrückt, nicht wissend ob das was sie sahen wahr oder überhaupt möglich ist. Das Leben besteht nicht nur aus Träumen allein, Harriet, vergiss das nicht", fuhr Dumbledore fort, „Und nun solltest du zu deinen Freunden zurückkehren. Der junge Mr. Weasley macht sich schon Sorgen."

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