17. Die Wahrheit

Sie war, wie erwartet, nicht allein in dem Raum. Professor Quirrell war ebenfalls da. „Ich wusste, dass Sie es sind, und nicht Professor Snape!", triumphierte Harriet und funkelte ihren Lehrer in Verteidigung gegen die Dunklen Künste herausfordernd an.

„Ja, er scheint der Typ für so was zu sein nicht wahr", erwiderte Quirrell lachend, „Wer hingegen würden den armen stotternden P-Professor Q-Quirrell verdächtigen?"

Harriet funkelte ihn an. „Sie haben versucht mich umzubringen", warf sie ihm vor. Quirrell schnaubte. „Allerdings. Und es wäre mir auch gelungen wenn deine Freundin Miss Granger mich nicht umgerannt hätte als sie Severus Robe angezündet hat und somit meinen Augenkontakt unterbrochen hätte. Ich hätte es ja schon zuvor geschafft, wenn der gute Zaubertranklehrer nicht die ganze Zeit Gegenflüche gemurmelt hätte", meinte er abwertend.

Harriet wurde warm ums Herz. „Er hat versucht mich zu retten. Deswegen wollte er unbedingt beim nächsten Match den Schiedsrichter machen", erkannte sie erstaunt. „Ja, der arme Narr. Hat sich nur unbeliebt gemacht mit der Aktion. Ich konnte leider nichts tun, da Dumbledore auch zugesehen hat. Aber nun, habe ich ja endlich die Gelegenheit alles richtig zu stellen und es zu Ende zu bringen", meinte Quirrell kalt, „Du warst mir schon zu lange ein Dorn im Auge, Potter. Wenn du den Troll nicht aufgehalten hättest, hätte ich genug Zeit gehabt den Stein schon zu Halloween zu stehlen."

„Sie haben den Troll reingelassen", murmelte Harriet entsetzt. „Allerdings, und nun sei still. Ich muss diesen ganz speziellen Spiegel untersuchen", befahl Quirrell und erst jetzt erkannte Harriet, dass der Spiegel von Erised hinter Quirrell stand.

Harriet überlegte wie sie Quirrell weiterhin hinhalten könnte. „Ich habe Sie und Professor Snape im Wald gesehen. Es sah so aus als hätte er sie bedroht", sagte sie. „Ja. Er hat mich schon die ganze Zeit verdächtigt hinter dem Stein her zu sein. Er dachte wohl er könnte mir Angst einjagen. Dumm, immerhin habe ich Lord Voldemort auf meiner Seite", meinte Quirrell, während er noch immer den Spiegel untersuchte. „Ja, aber wieso den ausgerechnet Sie?", fragte Harriet.

Quirrell fuhr herum und funkelte sie an. „Warum denn nicht mich?", erkundigte er sich bedrohlich, „Ich bin bereit alles für ihn zu tun." „Aber wieso? Er ist böse! Er hat viele Menschen getötet! Einfach weil sie nicht seiner Meinung waren!" Quirrell lachte. „Du bist zu jung um das zu verstehen, Mädchen. Lord Voldemort hat mir gezeigt, dass es kein Gut und Böse gibt. Kein richtig und kein falsch. Nur Macht. Die, die Macht haben und die, die Macht wollen. Und seit dem diene ich ihm so gut ich kann."

Harriets Gedanken rasten. Sie beschloss sie auf ihr Gefühl zu verlassen. „Und trotzdem tut er Ihnen weh, nicht wahr?" erkundigte sie sich sanft. „Mein Meister vergibt Fehlschläge nicht so leicht. Als ich nicht in der Lage war den Stein aus Gringotts zu stehlen, bestrafte er mich und beschloss mir immer nahe zu sein. Auch jetzt ist er hier bei mir." (Was sollte denn das jetzt bedeuten?) „Und glaub ja nicht, ich wüsste nicht, dass du versuchst mich abzulenken. Es wird dir nicht gelingen...Wenn ich nur verstehen würde, wie dieser Spiegel funktioniert."

Plötzlich ertönte eine weitere schnarrende Stimme in dem Raum. Sie schien von Quirrell selbst zu kommen, doch nicht aus seinem Mund. „Benutze das Mädchen!"

Quirrell nickte und zerrte Harriet vor dem Spiegel. „Was siehst du?", verlangte er zu wissen. Harriet sah den Stein in ihrer Tasche. Und sie wusste, er war auch wirklich da. .„Ich sehe meine Eltern, sie winken mir zu", behauptete sie.

„Sie lügt!", urteilte die unheimliche Stimme, „Lass mich selbst mit ihr sprechen. Von Angesicht zu Angesicht."

„Meister, Ihr seid nicht stark genug", wandte Quirrell ein, doch die unheimliche Stimme wollte davon nichts hören. „Ich habe genug Kraft-... für das hier."

Harriet erzitterte. Sie hatte ein ganz mieses Gefühl. Umso mehr als Quirrell damit begann seinen Turban vom Kopf zu wickeln. Dann drehte er sich um.

Harriet schrie wie noch nie zuvor in ihren Leben. Quirrells Hinterkopf, war kein Hinterkopf sondern ein zweites Gesicht. Rote Augen starrten sie an, und sie wusste wessen Gesicht das war, niemand musste es ihr sagen.

„Harriet Potter", sagte das Gesicht, „Siehst du was aus mir geworden ist. Nur ein Schatten. Form kann ich nur noch annehmen wenn ich mit jemand anderen einen Körper teile, doch es gab immer welche die bereit waren mir ihren Körper und ihre Seele zur Verfügung stellen. Einhornblut hat mir Kraft gegeben, aber nicht genug. Mit dem Stein kann ich mir einen eigenen Körper erschaffen. Warum also nimmst du ihn nicht aus deiner Tasche und gibst in mir?"

Harriet hörte ihre eigene Stimme antworten und war erstaunt über ihren dünnen aber festen Klang: „Es tut mir leid, dass das aus Ihnen geworden ist. Aber den Stein kann ich Ihnen trotzdem nicht geben." Lord Voldemort ließ sich davon nicht beeindrucken. „Gib mir den Stein, Mädchen", verlangte, „Gib ihn mir oder stirb wie deine Eltern...unter Schmerzen und Leid."

Die Erwähnung ihrer Eltern versetzte Harriet einen schmerzhaften Stich. Langsam wurde ihr klar, dass Lord Voldemort in seiner derzeitigen Form nicht in der Lage war ihr etwas anzutun, sonst hätte er es schon längenst getan. Quirrell hingegen war sehr gut dazu in der Lage. Sie musste den Stein in Sicherheit bringen. Ohne zu überlegen rannte sie in Richtung Flammentor. „Halt sie auf!", donnerte Lord Voldemort. Harriet spürte wie Quirrell nach ihren Handgelenk griff und es aber kurz darauf wieder erschrocken losließ. Harriet fuhr herum und erkannte, dass seine Hand verbrannt war. Er starrte sie verwundert an, folgte aber dann Voldemorts erneutem Befehl: „Halt sie auf!" und griff wieder nach ihr.

Doch seine Hände, die ihre Handgelenkte umschlossen hielten wurden immer röter und verbrannter. „Lassen Sie los, Sie Trottel. Sehen Sie nicht was mit Ihnen passiert!", herrschte ihn Harriet an und versuchte sich aus seinen Griff zu befreien, was ihr auch gelang. „Töte sie", befahl Voldemort und Quirrell stürzte sich wieder auf Harriet. Obwohl er große Schmerzen haben mussten umfassten seine Hände ihren Hals und er schrie: „Gib mir den Stein!" „Nein!"

Harriet trat ihn zurück und sah wie er langsam aber sicher begann sich aufzulösen. „Oh nein", hauchte sie und Quirrell stürzte sich in blinder Wut auf sie. Sie tat das einzige was sie konnte, und versetzte ihm einen Schlag ins Gesicht, der seine verbrannten Spuren hinterließ. Er krallte sich trotzdem an ihr fest, ihr viel zu nahe und nicht auf den Rauch und die Röte, die überall erschien wo er ihrer Haut berührte achtend.

„Nein", wimmerte Harriet und sah wie ihr Lehrer von ihr abließ und unter Qualen zu Boden sank. Harriet kroch zu ihm. „Nicht...nicht sterben", bat sie und erinnerte sich gerade noch rechtzeitig, dass sie ihn nicht anfassen durfte, bevor ihr alles zuviel wurde und sie das Bewusstsein verlor.

Als sie wieder zu sich kam, war sie in der Krankenstation und Professor Dumbledore saß vor ihr. Harriet fuhr auf. „Der Stein! Lord Voldemort!", rief sie erschrocken und Dumbledore gab ein merkwürdige Geräusch, das fast wie ein Kichern klang von sich. „Ganz ruhig, Harriet. Er hat den Stein nicht bekommen. Er ist wieder fort. Vielleicht auf der Suche nach einem neuen Körper", meinte er ruhig. „Aber, er wird es wieder versuchen!" „Wohl kaum. Der Stein der Weisen wurde zerstört", erklärte Dumbledore ruhig.

Harriet blinzelte. „Wie lange war ich weg?", erkundigte sie sich. „Drei Tage." Das Quidditch-Match! Oliver tötet mich! Dann fiel ihr etwas anderes ein. „Ron? Und Hermine?" „Es geht ihnen gut." Harriet nickte erleichtert, aber nur kurz. „Und was ist mit Professor Quirrell? Ist er..." Sie konnte es nicht aussprechen.

„Lord Voldemort hat ihn zum sterben zurück gelassen", meinte Dumbledore bedauernd und Harriet nahm zur Kenntnis, dass er den Namen des dunklen Lords ohne zu zögern aussprach. „Ich hab ihn getötet", murmelte sie betrübt, „Ich war wie Säure, er konnte mich nicht anfassen." Dumbledore lehnte sich vor. „Harriet, weißt du warum Professor Quirrell das nicht konnte?"

Sie schüttelte den Kopf. „Vielleicht weil ich selbst auch irgendwas böses bin..." Sie schauderte. Dumbledore schüttelte entschieden den Kopf. „Deine Mutter starb um dein Leben zu retten, Harriet. Ihre Liebe zu dir hat einen Schutz hinterlassen, der von niemandem durchbrochen werden kann. Liebe hinterlässt ihre eigenen Narben. Die Liebe deiner Mutter beschützt dich auch jetzt noch, wo sie längenst von uns gegangen ist. Sie ist in deine Haut übergegangen. Quirrell, voll von Hass und Gier, besessen von Voldemort konnte dich aus gutem Grund nicht anfassen. Diese Gabe deiner Mutter ist nichts böses, Harriet. Sie ist ein Geschenk. Sie hat dich gerettet. Als ich kam, war alles schon so gut wie vorbei", erzählte er und musterte Harriet von oben bis unten.

Erst da fielen ihr die vielen Geschenke um ihr Krankenbett herum auf. „Geschenke von deinen Bewunderern", teile ihr Dumbledore mit, „Was zwischen dir und Professor Quirrell im Keller vorgefallen ist, ist ein absolutes Geheimnis. Das bedeutet die ganze Schule weiß davon."

Harriet schüttelte sich. Das war alles so viel und so verwirrend. Sie sah den Schulleiter an. „Sie haben mir den Unsichtbarkeitsumhang geschenkt, nicht wahr?" Er nickte. Langsam ergab alles einen Sinn. „Aber eines verstehe ich immer noch nicht, Sir. Wieso war der Stein der Weisen plötzlich in meiner Tasche. Wieso ist es Professor Quirrell nicht auf diese Art gelungen ihn zu finden?", erkundigte sie sich. „Ah, das war eine meiner besseren Ideen", meinte Dumbledore, „Weißt du es ist nämlich so, nur jemand der den Stein finden wollten – finden und nicht benutzen wohl gemerkt – würde in der Lage sein ihn zu finden. Andere würden nur sich selbst in den Spiegel den Stein benutzen sehen." Das hätte eigentlich ein anerkennendes „Irre" verdient gehabt, aber Harriet hatte eigentlich keine Lust dazu.

Etwas gab es noch, das sie beschäftigte. „Eine Frage hätte ich noch, Sir, wenn Sie gestatten. Sie müssen Sie nicht beantworten. Ich weiß nicht einmal ob Sie das können, aber es beschäftigt mich. Professor Snape..."

„Ja?"

„Am Anfang des Jahres hatte ich das Gefühl er würde mich hassen. Aber er hat mich beschützt und versucht mein Leben zu retten. Irgendwie werde ich nicht schlau aus ihm." Dumbledore lehnte sich zurück. „Ah ja. Nun, eigentlich sollte ich dir das nicht sagen, aber ich denke du solltest es wissen. Dein Vater und Professor Snape waren gemeinsam hier in Hogwarts. Und sie haben sich damals nicht sehr gut verstanden. Ähnlich wie du und der junge Mr. Malfoy, natürlich mit ein paar offensichtlichen Unterschieden. Und dann hat James, dein Vater, etwas getan, das Professor Snape ihm nicht vergeben konnte. Er hat ihm das Leben gerettet. Vielleicht ist das der Grund, warum Professor Snape dieses Jahr sein Möglichstes gegeben hat um dich zu beschützen. Er wollte seine Schuld James gegenüber zurückzahlen. Und wieder dazu übergehen ihn zu hassen." Harriet blinzelte erstaunt.

„Aber nun genug der Rederei. Ah, Bertie Bott's Jede Geschmacksrichtung Bohnen. In meiner Jugend hatte ich das Unglück eine zu erwischen, die nach Erspieen geschmeckt hat. Seitdem hab ich nie wieder eine gegessen." Mit diesen Worten angelte der Zaubere sich eine aus der offenen Packung neben Harriets Bett (irgendjemand, der sie besucht hatte, hatte wohl genascht). „Ah. Ohrenschmalz!", verkündete er nach dem er zu kauen begonnen hatte und ging davon. Harriet starrte ihm erstaunt nach. „Irre", befand sie, und war sich diesmal gar nicht sicher wen oder was sie damit eigentlich meinte.

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