6. Gilderoy Lockhart

Harriet hatte Ron davon abgehalten zu viel von ihrem kleinen Abenteuer zu erzählen, allerdings wusste sie, dass er zumindest ein bisschen vor Neville, Seamus und Dean angegeben hatte. Sie selbst kommentierte es vor Parvati und Lavender trocken als: „Die größte Dummheit meines Lebens." Hermine teilte diese Ansicht im Übrigen komplett.

Am nächsten Morgen beim Frühstück kam Post für Ron. Errol, die Familieneule der Weasleys, brachte ihm einen Heuler. „Was bitte ist ein Heuler?", erkundigte sich Harriet interessiert. „Das wirst du gleich sehen", prophezeite Neville düster, „Mach ihn lieber auf, Ron. Ich hab mal einen ignoriert. Die Folgen waren schrecklich." Ron nickte langsam und öffnete zitternd den Briefumschlag,

Wenige Sekunden später verschluckte sich Harriet an ihrem Stück Brot als Mrs. Weasleys Stimme durch die ganze Halle donnerte: „DEN WAGEN ZU STEHLEN – ES HÄTTE MICH NICHT GEWUNDERT WENN SIE DICH RAUSGEWORFEN HÄTTEN; WART AB; BIS ICH DICH IN DIE FINGER KRIEGE; NATÜRLICH HAST DU NICHT DARAN GEDACHT WAS DEIN VATER UND ICH DURCHMACHEN MUSSTEN; ALS WIR SAHEN; DASS ER WEG WAR..."

(Ron versank mit purpurrotem Gesicht immer tiefer in seinen Stuhl, während Harriet versuchte nicht an dem Stück Brot zu ersticken, das in ihrem Hals steckte).

„...BRIEF VON DUMBLEDORE GESTERN ABEND; ICH DACHTE DEIN VATER WÜRDE VOR SCHAM STERBEN; NACH ALLEM WAS WIR FÜR DICH GETAN HABEN; DU UND HARRY IHR HÄTTET EUCH DEN HALS BRECHEN KÖNNEN..."

Harriet hustete zustimmend.

„...EINE UNGLAUBLICHE SCHANDE; DEIN VATER HAT EINE UNTERSUCHUNGSKOMMISION AUF DEM HALS UND WENN DU DIR NOCHEINMAL DEN KLEINSTEN FEHLTRITT ERLAUBST; HOLEN WIR DICH SOFORT NACH HAUSE:"

Totenstille herrschte im Saal. Der rote Umschlag, der den Heuler enthalten hatte, zerfiel zu Asche.

Harriet, Ron und Hermine tauschten Blicke aus. „Sagt bloß nichts", bat Ron nur. Und daran hielten sie sich auch.

Als erstes stand Kräuterkunde mit den Huffelpuffs bei Professor Sprout am Programm. Doch bevor der Unterricht noch anfangen konnte, kam Gilderoy Lockhart hereingeschneit. „Ich wollte kurz mit Harriet sprechen. Sie haben doch nichts dagegen, wenn sie ein paar Minuten später kommt, nicht wahr Professor Sprout?", verkündete er. Harriet sah Professor Sprout flehend an. Bitte sag, dass du was dagegen hast! Das letzte was sie jetzt wollte war eine Strafpredigt von Gilderoy Lockhart, denn darauf lief es allem Anschein nach hinaus.

Professor Sprout runzelte die Stirn und wollte gerade sagen, dass sie etwas dagegen hatte, aber Lockhart war schneller: „Wunderbar!" Mit diesen Worten zerrte er Harriet mit sich fort. „Nein! Halt! Der Unterricht!", protestierte das Mädchen schwach, aber Lockhart hörte nicht auf sie. „Harriet. Harriet. Harriet", begann Lockhart. (Harriet schwante erneut! Übles.)

„Als ich davon gehört habe – nun, natürlich war alles meine Schuld. Ich hätte mich ohrfeigen können", fuhr er fort. „Häh!" „Ich weiß nicht, ob ich mich jemals so erschrocken habe. Mit einem Wagen nach Hogwarts zu fliegen! Nun, natürlich wusste ich sofort warum Sie es getan haben. War eine ganz große Sache. Harriet. Harriet. Harriet. Hab Sie auf den Geschmack gebracht, was öffentliches Ansehen angeht, nicht wahr?"

Jetzt endlich verstand Harriet worauf der Mann hinaus wollte. Sie ergriff die Initiative (Irgendwie musste sie ihn ja schließlich aufhalten, sonst würde sie noch die ganze Stunde versäumen). „Geben Sie sich keine Schuld, Professor. Es war ganz allein meine Idee. Und ich habe meine Lektion gelernt. Wirklich. Fliege nicht mit Autos herum, sondern höchstens mit Motorrädern, und auch nur wenn du einen Führerschein hast. Und :Fang klein an mit deiner Karriere, wie mit dem Einkauf bei Flourish & Blotts. Sowie: Iss nichts, wenn du vorhast mit Ron Weasley zu fliegen. Ich muss jetzt zum Unterricht. Wir sehen uns. Ach, und übrigens: Sie haben ein tolles Lächeln."

Mit diesem Worten schlüpfte sie ins Gewächshaus ohne auf Lockharts Protest zu achten. Harriet schlüpfte zwischen Hermine und ein Huffelpuff Mädchen. „Du hast mit Lockhart gesprochen? Was hat er gesagt?", fragte das Huffelpuff Mädchen aufgeregt. „Dass ich nicht mit fliegenden Autos herumfliegen soll", erwiderte Harriet. „Oh, er ist ja soo verantwortungsvoll", schwärmte das andere Mädchen, „Ich bin übrigens Hannah Abbott."

„Harriet Potter." „Ja, ich weiß. Du bist fast so berühmt wie Gilderoy Lockhart." Harriet stöhnte innerlich. „Die Alraune bildet einen wesentlichen Bestandteil der meisten Gegengifte", erklärte Professor Sprout gerade und Harriet beschloss ihr zu zuhören. Immerhin hatte sie gestern bereits genug negative Eindrücke im Lehrkörper hinterlassen.

Nach zwei anstrengenden und aufregenden Stunden Alraunenzucht und Verwandlung bei Professor McGonagall (Rons Zauberstab war mehr oder minder nutzlos geworden, wie er feststellten musste, als sein Käfer statt die Form zu verändern unter Schwefelgeruch und Dampfschwaden verschwand.) stand Verteidigung gegen die Dunkeln Künste auf dem Programm. Lockhart, ausgerechnet.

Harriet stocherte lustlos in ihren Mittagessen herum. Plötzlich stand ein kleiner schüchterner Junge, mit einer Kamera in den Händen, vor ihr. „Hi, Harriet. Ich bin Colin Creevey. Ich bin auch in Gryffindor. Darf ich vielleicht ein Foto von dir machen?", piepste er. Harriet blinzelte. „Ein Foto?"

„Damit ich beweisen kann, dass ich dich getroffen habe. Ich weiß alles über dich. Wie du die Begegnung mit du-weißt-schon-wem überlebt hast und..." Harriet unterbrach ihn. „Es tut mir leid, Colin. Aber ich möchte nicht, dass du ein Foto von mir machst." „Bitte", flehte Colin, „Mein Vater ist Milchmann, er kann es nicht fassen. Ich mache so viele Fotos wie ich kann und schicke ihm dann alle. Einer deiner Freunde könnte doch eins machen wo wir beide gemeinsam drauf sind, und du könntest deinen Namen drauf schreiben." „Autogrammkarten! Jetzt verteilst du schon Autogrammkarten, Potter!"

Draco Malfoy stand direkt hinter Colin und sah Harriet auf einer Art und Weise an, die ihr gar nicht gefiel. „Nein, das tue ich ganz sicher nicht!", protestierte sie errötend, „Das habe ich Colin gerade erklärt!" „Du bist schon beinahe genau so schlimm wie Lockhart. Fliegende Autos. Autogrammkarten...", meinte Malfoy abfällig. Harriet seufzte. „Wie oft soll ich dir denn noch erklären, dass..." Weiter kam sie nicht, denn wie auf Stichwort erschien Gilderoy Lockhart. „Wer verteilt hier Autogramm-Karten? Dumme Frage, unsere Harriet natürlich!" Strahlend baute er sich vor Harriet und Colin auf. „Wie wär's mit einem Doppelportät?" Harriet vergrub ihren Kopf in der Tischplatte.

Am Ende des Tage war Harriet zu einigen Schlüsse über Gilderoy Lockhart gelangt:

1. Er sah gar nicht so gut aus, wie alle immer behaupteten. 2. Er hatte Lächeln zu einer Sportart entwickelt. 3. Er hatte Ohren wie ein Luchs. 4. Er konnte sich nicht normal anziehen. 5. Nahezu alle weiblichen Hexen verloren ihren Verstand in seiner Nähe. 6. Er hielt sich selbst für den Mittelpunkt des Universums (Sein „Einstimmungstest" hatte Fragen enthalten wie „Was ist Gilderoy Lockharts Lieblingsfarbe?" und „Wann hat Gilderoy Lockhart Geburtstag und was wäre das ideale Geschenk für ihn?". Und das Schlimmste: Hermine kannte sogar seinen geheimsten Wunsch und erreicht die volle Punktezahl!). 7. Er sprach am liebsten über sich selbst und seine Taten. 8. Er hatte keine Ahnung was er eigentlich tat (Was sich daran zeigte, dass er seinen Schülern in der ersten Stunde Wichteln präsentierte und sie aus ihrem Käfig ließ. Das Ganze endete damit, dass Harriet, Ron und Hermine sie einfangen mussten, während alle anderen, inklusive Lockhart, die Flucht ergriffen.) 9. Er war ein guter Autor, konnte sich aber nicht einmal gegen Wichtel durchsetzen und 10. Er ging Harriet fruchtbar auf die Nerven.

Hermine, Lavender und Parvati verteidigten ihn allerdings selbst noch nach der Wichtelaktion. „Er wollte doch nur, dass wir praktische Erfahrung sammeln!" „Aber er sieht doch so gut aus!" „Und sein Lächeln!" Harriet kam zu dem Schluss, dass ihnen nicht zu helfen war.

Dabei fielen ihr aus dem Stehgreif mindestens eine Hand voll Jungs und Männer ein die besser aussahen als Gilderoy Lockhart. Hugh Grant, zum Beispiel. Oliver Wood, der Kapitän ihrer Quidditch-Mannschaft. Und allen voran der süße Sucher vom Huffelpuff-Team, der wie Harriet herausgefunden hatte, Cedric Diggory hieß. Aber in ihrer Schwärmerei waren die jungen Hexen keinerlei Argumenten zuggängig. Am allerwenigsten Ginny (die auch nach Gryffindor gekommen war), die die Meinung sämtlicher Junghexen zusammenfasste: „Er ist eben einfach ein toller Kerl!" Gegen manche Dinge war eben kein Kraut gewachsen.

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