2. Die Fahrt im Ritter

Heiße Tränen rannten ihre Wagen hinunter als sie ihren schweren Koffer die Straße entlang schleppte. In dieses Haus würde sie nie, nie wieder zurückgehen! Vermutlich würde der Zwischenfall mit Tante Magda das Ende ihrer Hogwarts-Karriere sein, aber vielleicht konnte sie ja Hagrid helfen. So wäre sie immer noch ein Teil von Hogwarts, dem einzigen Ort, den sie „Zuhause" nennen konnte.

Erschöpft ließ sie sich auf ein Mauerchen am Magnolienring sinken. Sie weinte immer noch, aber langsam gesellte sich zu ihrer Verzweiflung auch noch Panik hinzu. Es war Mitten in der Nacht. Sie war allein, ohne Muggelgeld irgendwo am Magnolienring. Sie hatte keine Ahnung wo sie hin sollte.

Plötzlich hatte sie das Gefühl beobachtete zu werden. Zitternd hob sie den Zauberstab. Etwas war dort, hinter ihr, zwischen Garage und Haus. „Lumos", flüsterte sie. An der Spitze ihres Zauberstabs erschien ein blendendes Licht. Harriet leuchtete zitternd in die Richtung.

Harriet erkannte zwei leuchtende aufgerissene Augen, und die mächtigen Umrisse eines riesigen Wesens. Mit einem erschrockenen Schrei sprang sie zurück, fiel über ihren Koffer und landete am Hinterteil. Ihren Zauberstab verlor sie auch, als sie die Hand ausstreckte um den Sturz abzufangen. Sie hob ihn wieder hoch und um in den Durchgang zischen Garage und Haus zu leuchte. Ein ohrenbetäubender Knall hielt sie davon ab.

Ein riesiger purpurfarbener Bus hielt quietschend auf der Straße hinter ihr an. Goldenen Lettern auf der Windschutzscheibe verkündeten, dass es sich um den Fahrenden Ritter handelte. Harriet verdeckte ihre Narbe mit Haar (immerhin wollte sie nicht, dass Morgen im Tagesprophet stand: Harriet Potter verwirrt am Straßenrand gefunden).

Jemand sprang aus dem Gefährt. „Willkommen im Fahrenden Ritter, dem Nottransport für gestrandete Hexen und Zauberer. Strecken Sie einfach die Zauberstabhand aus, steigen Sie ein und wir fahren Sie, wohin Sie wollen. Mein Name ist Stan Shunpike und ich bin heute Abend Ihr Schaff-"

Stan Shunpike verstummte mitten im Wort. Er hatte Harriet am Boden entdeckt. Stan war ein Junge von vielleicht neunzehn Jahren, mit abstehenden Ohren und Pickeln. „Was machst du denn da unten?", erkundigte er sich eindeutig besorgt.

„Bin gestolpert", brummte Harriet unwillig und rappelte sich auf. „Hast du geweint?" „Nein." Diesmal war die Antwort scharf. Sie leuchtete in den Durchgang. Das Wesen war verschwunden „Was suchste denn?", erkundigte sich Stan. „Da war ein riesiges schwarzes Vieh. Ein Hund, oder so was ähnliches", meinte Harriet unsicher.

Stan sah sie skeptisch an. „Wie heißt'n du?", fragte er vorsichtig. „Lavender...Lavender Creevey. Hilfst du mir mit den Gepäck?" Stan nahm ihren Koffer. „Bist auf der Flucht, Lavender?" „Höchstens auf der von zu Hause...Wie viel nach London?"

„Elf Sickel, aber für dreizehn kriegst du heiße Schokolade und für fünfzehn eine Flasche warmes Wasser und eine Zahnbürste in der Farbe deiner Wahl." Wie großzügig. Harriet drückte ihm das Geld in die Hand.

Im Bus gab es keine Sitze nur Betten. Stan teilte Harriet eines zu. Dann stellte er ihr den Fahrer des Bus', Ernie Prang vor. Mit einem gewaltigen Knall, sauste der Bus los und Harriet wünschte sich ins Jenseits.

Ernie (Stan nannte ihn Ern') fuhr wie ein Wahnsinniger (oder so wie Ron Autos flog). Harriet krallte sich an ihren Bett zu und betete zu überleben. „Magst keine hohen Geschwindigkeiten, was Lavender?", spottete Stan, der sich über ihr offensichtliches Unwohlsein zu amüsieren schien. Harriet streckte ihm die Zunge raus und versuchte zu schlafen- ohne Erfolg.

Stan führte sich unterdessen die neuste Ausgabe des Tagespropheten zu Gemüte. Auf der Titelseite war ein Foto von einem Mann mit eingesunkenem Gesicht und langen verfilzten Haar zu sehen. Irgendetwas an ihm kam Harriet merkwürdig bekannt vor.

„Der Mann da! Wer ist das?", erkundigte sie sich. Stan warf ihr einen Blick zu als hätte sie soeben zugegen noch nie von Lord Voldemort gehört zu haben. „Sirius Black natürlich. Wo hast du eigentlich gesteckt. Er ist ausgebrochen."

Das konnte nicht sein! Es konnte nicht derselbe Mann sein! Vor ihrem geistigen Auge tauchte ein anderes Bild auf. Das eines jungen hübschen schwarzhaarigen lächelnden Mannes, auf dem Hochzeitsfoto ihrer Eltern. Sirius Black, der Freund ihrer Eltern, über den Hagrid nicht hatte sprechen wollen.

Harriet riss Stan die Zeitung aus der Hand und studierte den Artikel: „Black immer noch auf freiem Fuß".

Sirius Black war aus Askaban ausgebrochen (Der einzige dem das je gelungen war). Cornelius Fudge, der Zaubereiminister, versicherte, dass alles getan wurde um ihn zu fassen Er hatte auch den Premierminister der Muggel von der Krise unterrichtet, da Black angeblich besonders verrückt und gefährlich war. Vor zwölf Jahren hatte er angeblich mit einem einzigen Fluch dreizehn Menschen getötet.

Harriet starrte in die überschattenden Augen von Sirius Black, die so wenig mit den strahlenden Augen auf seinen Jugendbildnissen zu tun hatten. Das kann doch nicht wahr sein! Er war doch ein Freund meiner Eltern!

Ganz langsam fragte sie: „Hat er wirklich diese dreizehn Menschen umgebracht? Mit einem Fluch?" „Jep. Und das auch noch vor Zeugen am helllichten Tag. Gab'n ziemliche Aufruhr, nicht wahr Ern?", erklärte Stan. Ernie gab ein zustimmendes Geräusch von sich. Harriet blinzelte. „Warum?"

„Weil er verrückt is nehm ich an. Black war ein großer Anhänger von Du-weißt-schon-wem. Es heißt er stand ihm sehr nahe. Und als die kleine Harriet Potter-" (Harriet strich sich über die Haare) „-mit Du-weißt-schon-wem Schluss gemacht hat, wurden alle seine Anhänger aufgespürt. Und da ihr sie wussten, dass alles vorbei war, gaben sie klein bei. Aber nicht Sirius Black. Hat wohl gedacht er würde der zweite Mann sein, wenn Du-weit-schon-wer eines Tages die Macht übernommen hat. Jedenfalls haben sie Black mitten auf einer Straße voller Muggel eingekreist und Black hat seinen Zauberstab gezogen und die halbe Straße in die Luft gejagt. Einen Zauberer hat er dabei auch erwischt und ein Dutzend Muggel, die im Weg waren. Furchtbar, nicht? Und weißt du was Black dann getan hat? Er hat gelacht. Hat einfach dagestanden und gelacht. Und als die Verstärkung aus dem Zaubereiministerium ankam, hat er sich seelenruhig abführen lassen und hat sich die ganze Zeit geschüttet vor Lachen. Isser nicht verrückt, Ern?"

„Wenn er's nich war, als er nach Askaban kam, dann isser's spätestnes jetzt", sagte Ernie langsam, „Würd mich in die Luft jagen bevor ich da einen Fuß hineinsetze." Harriet hörte nicht mehr zu, sondern vergrub ihr Gesicht in ihrem Bett. Jetzt würde sie sicherlich Alpträume habe.

Glücklicherweise hörten Stan und Ernie auf über Sirius Black zu reden. Vermutlich bemerkten sie, dass das Thema Harriet nicht gut bekam.

Beim Tropfenden Kessel setzten sie Harriet ab. Zu ihrer Überraschung erwartete sie Minister Fudge dort. „Ah, da bist du ja, Harriet." („Ich hab's doch gewusst! Ern'! Ern'! Rat mal, wer Lavender ist, Ern! 's ist Harriet Potter!", begeisterte sich Stan). Fudge führte Harriet in ein Hinterzimmer und sie befürchtete zu wissen was kommen würde.

„Ich bin Cornelius Fudge, Harriet. Der Zaubereiminister." „Ich weiß. Ich...äh...kenne Sie von Fotos, Herr Minister." (Sie konnte Fudge ja schlecht erzählen, dass sie ihn unter den Unsichtbarkeitsumhang ihres Vaters in Hagrids Hütte gesehen hatte).

Fudge lächelte sie ermutigend an, und war erstaunlich freundlich. Harriets Sicherheit schien ihm viel wichtiger zu sein, als der Zwischenfall mit Tante Magda. Harriet erfuhr, dass die Sache bereinigt worden war, und Tante Magda sich nicht mehr an den Zwischenfall würde erinnern können. Onkel Vernon und Tante Petunia waren bereit ihr zu verzeihen, und sie nächsten Sommer wieder aufzunehmen, wenn sie das ganze Schuljahr über in Hogwarts bleiben würde.

„Moment mal. Soll das bedeuten, ich muss Hogwarts nicht verlassen?", erkundigte sie sich unsicher. „Aber wie kommst du denn auf diese Idee!" Harriet zögerte. „Nun ja, es ist uns doch verboten in den Sommerferien zu zaubern, auch wenn das mit Tante Magda keine Absicht war. Letztes Jahr erhielt ich schon eine Verwarnung, bloß weil ein Hauself in meinen Haus gezaubert hat", erklärte sie.

„Oh das. War ein bedauerliches Missverständnis. Und wie du selbst gesagt hast, es war keine Absicht. Wie schicken doch niemanden nach Askaban nur weil er seine Tante aufbläst!" Harriet starrte Fudge misstrauisch an. Okay, sie war Harriet Potter, aber hatte der Minister nichts Besseres zu tun als sich mit einer Minderjährigen abzugeben, die ihre Tante aufgeblasen hatte? Und wieso hatte er ausgerechnet vor dem Tropfenden Kessel auf sie gewartet? Und wieso verdammt war er so freundlich zu ihr?

„Zimmer elf ist frei, Harriet. Ich bin sicher du wirst dich wohl fühlen. Ach eins noch, ich möchte nicht, dass du dich im London der Muggel herum treibst, ja? Bleib in der Winkelgasse. Und sei jedem Abend zurück bevor es dunkel wird. Tom wird ein Auge auf dich haben", schloss der Minister.

Langsam wurde es echt merkwürdig. „Minister, hat das alle irgendetwas mit Sirius Black zu tun? Glauben Sie er könnte in London sein?", erkundigte sie sich vorsichtig. Fudge wurde so bleich, dass Harriet fast ein wenig erschrak.

„Nein! Nein!", versicherte er ihr, „Wir wollen dich nur nicht noch mal verlieren, dass ist alles. Ich muss jetzt gehen, hab noch viel zu tun. Es war nett dich kennen gelernt zu haben, Harriet." Fudge schüttelte ihr die Hand und ging.

Später meinte Harriet müde an Hedwig gewandt: „Diese Nacht war echt merkwürdig."

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