4. Die Zugfahrt
Am nächsten Morgen fuhren alle gemeinsam zum Bahnhof. Während Percy seiner Freundin Penelope Clearwater (die übrigens sehr nett war) sein Schulsprecherabzeichen zeigte, suchten sich Harriet, Hermine, Ron und Ginny ein Abteil.
Sie fanden zwar kein freies, aber dafür eines, in dem nur ein einzelner Mann schlief. Er trug einen schäbigen Umhang und sah irgendwie krank aus. Obwohl noch recht jung, war sein Haar bereits von grauen Strähnen durchzogen. Außerdem kam er Harriet irgendwie bekannt vor. (Es wurde langsam aber sicher lästig, dauernd Leute zu sehen, die ihr bekannt vor kamen, sie aber nicht zuordnen konnte).
„Wer, glaubt ihr, ist das?", zischte Ron leise als sie eintraten. „Professor R. J. Lupin", erklärte Hermine ohne zu zögern. Ron sah sie befremdet an. „Woher weißt du das schon wieder?" Hermine deutete gelassen auf die Gepäckablage. „Steht auf seinem Koffer", meinte sie.
„Lupin, Lupin...Der Name kommt mir irgendwie bekannt vor", überlegte Harriet. Dann fiel es ihr ein. Sie kniete sich vor den Mann hin und musterte sein Gesicht. Ja, er hatte eindeutig Ähnlichkeit mit einem deutlich jüngeren Mann auf Fotos in ihrem Album. Nach Sirius Black, noch ein Geist der Vergangenheit, ein Freund ihrer Eltern, der plötzlich auftauchte. Und wo haben die bitte bisher gesteckt? Ist dieses Schuljahr auch unter den Titel „Alte Freunde von Harriets Eltern tauchen auf" bekannt?
„Kennst du ihn?", erkundigte sich Hermine. „Nein, aber meine Eltern kannten ihn. Ich hab Fotos von ihm in meinem Album", erklärte Harriet und nahm neben Lupin Platz. Hermine, Ginny und Ron setzte sich auf die gegenüberliegende Bank. Harriet überlegte kurz ob sie ihnen von Sirius Black und den Verdacht des Ministeriums erzählen sollte, entschied sich aber dann dagegen. Immerhin war sie sich ja sicher, dass Black nicht hinter ihr her war.
Fast die gesamte Fahrt über schlief Professor R. J. Lupin seelenruhig neben ihren Gesprächen und ließ sich auch von ihren Gesprächen nicht stören. Das Thema Hogsmeade unterband Harriet schnell wieder, da sie sowieso nicht mit in das Dorf gehen konnte und nicht daran erinnert werden wollte. Stattdessen erzählten Ron und Ginny von Ägypten, Hermine von ihren Ferien und Harriet berichtete noch einmal, wie sie ihre Tante aufgeblasen hatte.
Dann machte der Zug plötzlich eine Notbremsung. Und dann wurde es stockdunkel. Ginny gab einen erschrockenen Schrei von sich. „Was ist los?", erkundigte sich Ron, der vorher zum Fenster gegangen war. „Autsch! Ron, das war mein Fuß!"
„Sorry, Hermine! Ginny bist du das?"
„Nein, das bin ich. Und wenn deine Hand, da nicht sofort wegnimmst Ronald Weasley geht es dir schlecht."
„Oh, Gott. Tut mir so leid! Heh, da draußen ist was!"
Etwas oder jemand stürzte in ihr Abteil, und knallte auf den Boden. „Hallo, Neville", sagte Harriet ruhig. „Harry? Was ist eigentlich los?" „Keine Ahnung. Aber du solltest..." Neville hatte sich an ihr festgeklammert um aufzukommen und zog sie nun mit sich auf den Boden.
„Das grenzt ja schon fast an sexuelle Belästigung!"
„Tut mir leid, Harry! Ich steh auf und helf dir hoch!"
„Autsch! Diesmal war es mein Fuß!"
„Tut mir leid, Ginny!"
„Ruhe!", befahl plötzlich eine heißere Stimme. Schweigen kehrte ein.
Professor Lupin war wohl endlich aufgewacht. Ein Knistern ertönte und er leuchtete einen nach dem anderen ins Gesicht (Auch Neville und Harriet, die noch immer am Boden saßen). Er selbst sah argwöhnisch und wachsam aus. „Setzt euch hin und bleibt sitzen", befahl er Neville und Harriet setzten sich auf die Bank. Dann glitt die Türe auf noch bevor Professor Lupin sie erreicht hatte.
Im Eingang stand eine vermummte Gestalt, die direkt aus dem „Herren der Ringe" entsprungen hätte sein können. Das Gesicht war vollkommen vermummt, doch eine schleimige tot wirkende Hand lugt unter den Umhang hervor, aber nur kurz. Dann holte diese unheimliche Imitation eines Nazgul rasselnd Luft und es schien fast so als würde sie mehr als nur Luft einatmen. Dann wurde Harriet schwarz vor Augen. Sie hörte einen spitzen weiblichen Schrei und befürchtete, für wenige Sekunden, selbst geschrieen zu haben. Dann holten sie Hermines harte Ohrfeigen in die Realität zurück.
„W-was?", murmelte sie sogar in ihren eigenen Ohren unverständlich. „Geht's wieder?", erkundigte sich Ron besorgt. „Weiß nicht. Hat jemand die Nummer von dem Laster notiert, der mich niedergefahren hat?" Keiner lachte. Harriet war speiübel. Ron und Hermine hievten sie auf die Bank. Professor Lupin reichte ihr ein Stück Schokolade. „Iss. Dann geht's dir besser."
Harriet nahm die Schokolade aß aber nichts davon. (Sonst hätte sie sich vermutlich auf der Stelle übergeben). Ihr fiel auf, dass sie Lichter wieder an waren und sie alle (also Hermine, Ron, Ginny, Neville und Professor Lupin) besorgt ansahen. Lupin verteilte auch an die anderen Schokolade. „Was war das für ein...Wesen, Professor?", erkundigte sich Harriet bei dem Mann. „Ein Dementor", erwiderte Professor Lupin düster, „Ein Dementor aus Askaban. Iss die Schokolade. Das hilft. Entschuldigt mich, ich muss kurz mit den Zugführer sprechen." Dann war er auch schon wieder verschwunden.
Harriet starrte auf die Schokolade in ihren Händen. Sie hörte nur mit einem Ohr zu als ihr die anderen erzählten wie Professor Lupin den Dementor heldenhaft vertrieben hatte. Sie war offenkundig als Einzige ohnmächtig geworden. Allerdings sah auch Ginny ziemlich schrecklich aus. Hermine ging zu dem jüngeren Mädchen um es zu trösten.
„Ich hab die Schokolade nicht vergiftet, glaub mir." Professor Lupin war zurück. Harriet schenkte ihm die Andeutung eines Lächelns und aß die Schokolade. Sie half tatsächlich.
Zehn Minuten später erreichten sie Hogwarts. „Alles in Ordnung, Harriet?", erkundigte sich Lupin besorgt und sie nickte nur schwach. Auch für Hagrid hatte sie nur ein schwaches Nicken über. „Potter! He, Potter!" Draco Malfoy drängte sich durch die Schülermaßen zu ihr durch. Er hat's irgendwie erfahren und will sicher spotten. Draco Malfoy schien nur dann glücklich zu sein, wenn er sich über Harriet lustig machen konnte. Obwohl er damit letztes Jahr nachdem sie ihn geschlagen hatte, aufgehört hatte. „Ist es wahr? Bist du tatsächlich in Ohmmacht gefallen, Potter?", erkundigte er sich.
„Zieh Leine, Malfoy!", bellte Ron. „Klappe, Weasley! Mit dir spreche ich nicht! Es ist also wahr", fuhr Malfoy schnell fort. Leiser meinte er: „Geht's dir gut?" Harriet starrte ihn an als hätte er soeben den Mond vom Himmel geholt. Hatte sich Draco Malfoy eben tatsächlich erkundigt, ob es ihr gut ging? Ihr, Harriet Potter? Für die er meistens nicht mehr als ein bissiges Kommentar über hatte.
„Potter! Granger! Ich will Sie beide sprechen!" Professor McGonagalls laute Stimme rettete Harriet vor einer Antwort. Sie und Hermine folgten ihrem Hausvorstand in ihr Büro. Dort bestand McGonagall drauf, dass Harriet vom Madame Pomfrey untersucht wurde. Danach hatte sie noch etwas mit Hermine zu besprechen. „Worum ging's denn?", erkundigte sich Harriet auf den Weg zur Großen Halle. „Ach, nur um meinen Stundenplan", meinte Hermine wegwerfend.
Die beiden Mädchen hatte die Halle gerade erst erreicht als Dumbledore schon mit seiner Rede begann. Ihr Inhalt gefiel Harriet gar nicht. „Ihr wisst inzwischen, dass unsere Schule gegenwärtig einige der Dementoren von Askaban beherbergt, die im Auftrag des Zauberministeriums hier sind. Sie sind an allen Eingängen zum Gelände postiert, und ich muss euch klar sagen, dass niemand ohne Erlaubnis die Schule verlassen darf, während sie hier sind. Dementoren dürfen nicht mit Tricks oder Verkleidungen zum Narre gehalten werden – nicht einmal mit Tarnumhängen. Es liegt nicht in der Natur eines Dementors, Bitten oder Ausreden zu verstehen. Ich mahne daher jeden Einzelnen von euch: Gebt ihnen keinen Grund euch Leid zuzufügen."
Harriet hatte die Dementoren schon vor dieser kleinen Rede nicht besonders gut leiden können, doch nun wären ihr echte Nazguls eindeutig lieber gewesen. Professor Dumbledore erklärte, dass Professor Remus Lupin in diesem Jahr Verteidigung gegen die Dunklen Künste und Hagrid Pflege magischer Geschöpfe unterrichten würde. („Wer sonst würde uns ein beißendes Buch auf die Liste setzten!").
Harriet war schon wieder dabei sich zu beruhigen als sie den Blick sah den Professor Snape Professor Lupin zuwarf. Dieser erschreckte sie und machte sie zugleich betroffen. Es war allgemein bekannt, dass sich Professor Snape schon seit Jahren um den Job des Lehrers für Verteidigung gegen die Dunklen Künste bewarb und regelmäßig abgelehnt wurde. Doch das rechtfertigte nicht den hasserfüllten Blick mit dem er den neuen Lehrer ansah. Letztes Jahr hatte Snape Harriet erklärt, es wäre gut seine Feinde nicht zu hassen, überhaupt nicht zu hassen. Er tat es allerdings offenbar selbst. Harriet fragte sich, was der arme Professor Lupin wohl getan haben mochte um sich Snapes Hass zu zuziehen.
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