16. Der Hund
Plötzlich war es eiskalt geworden. Harriet fiel am Rande auf, dass ihre Knie zitterten.
Ein wildes Heulen war zu hören. „Hagrid", flüsterte Harriet. „Wir können jetzt nicht zu ihm", erklärte Ron bleich, „Wenn sie uns erwischen, wird alles noch viel schlimmer für ihn..."Hermine atmete flach und unregelmäßig. Harriet wurde schlecht und sie übergab sich in die nächste Hecke. „Gehen wir", meinte Ron mit klappernden Zähnen.
Sie kamen allerdings nicht weit. Krätze versuchte sich wie ein Wahnsinniger aus Rons Griff zu befreien und bald stellte sich der Grund dafür heraus. „Krummbein!" Hermine stöhnte. „Nein, Krummbein, hau ab!" Krummbein dachte nicht daran auf seine Besitzerin zu hören. „Krätze – nein!" Krätze entglitt Rons Fingern und hechtete davon. Ron befreite sich aus dem Tarnumhang und stürzte dem Tier hinterher.
Harriet seufzte. „Und hier sind wir wieder bei der neuesten Episode von All die dummen Dinge, die wir niemals tun wollten, aber dank Ronald Weasley tun mussten", meinte sie niedergeschlagen. Sie sah Hermine an. Die zuckte die Schultern. Also, rannten sie Ron hinterher, den Tarnumhang unter den Arm geklemmt. Sie wären fast über Ron gestolpert.
Er lag am Bode, Krätze wieder fest im Griff. „Ron- komm zurück unter den Tarnumhang – die kommen sicher hier vorbei auf dem Weg zum Schloss", keuchte Hermine. Harriet richtete den Umhang her, doch sie kam nicht weit. Etwas riesiges Schwarzes sprang zwischen die Mädchen und Ron. Es war der Hund. Harriet war starr vor Schreck.
Ron war inzwischen aufgesprungen, doch das störte den Hund nicht sonderlich. Er stürzte sich auf den rothaarigen Jungen, biss ihn in die Hand und zerrte ihn mit sich fort, als gäbe es nichts Leichteres. Harriet erwachte aus ihrer Erstarrung und stolperte gefolgt von Hermine dem Hund hinterher – und wäre fast von der peitschenden Weide erschlagen worden. Sie hatten Krätze bis zu der wilden Trauerweide verfolgt, ohne es zu bemerken. Der Hund zog Ron in eine große Erdspalte zischen den Wurzeln des Baumes.
„Harry, wir müssen Hilfe holen", meinte Hermine, die blutete, weil sie die peitschende Weide erwischt hatte. Harriet sah sie zweifelnd an. „Bis wir zurück beim Schloss sind, kann der Hund Ron schon vollkommen aufgefressen haben", widersprach sie. „Aber wir können nicht zum Loch. Die Weide erschlägt uns!" Das stimmte allerdings.
Krummbein kam heran, setzte sich vor den Mädchen hin und sah sie fragend an. „Ich lass nicht zu, dass Ron was zustößt", meinte Harriet, „Wenn ich mich verletze, bitteschön." Sie wollte auf das Loch zustürmen, wäre aber fast erschlagen worden, so auch Hermine hinter ihr. Hermine schrie spitz. Krummbein sauste an ihnen vorbei, und setzte unbeschadet die Vorderpfote auf einen Knoten am Baumstamm. Sofort hörte die Weide auf um sich zu schlagen. „Krummbein! Woher wusste er..?", wunderte sich Hermine. „Ist doch egal", meinte Harriet und folgte dem Kater auch schon in das Loch zwischen den Wurzeln.
Na toll, noch ein Geheimgang unter dem Gelände von Hogwarts. Jetzt wäre mir die Karte mehr als nützlich. Aber die hat immer noch Professor Lupin.
Sie folgten Krummbein durch den Tunnel, bis sie in ein staubiges altes Zimmer kletterten. „Harry, ich glaube, wir sind in der Heulenden Hütte", flüsterte Hermine und drängte sich näher an ihre Freundin. „Ah, dann seh ich sie also doch noch dieses Jahr", erwiderte Harriet, obwohl ihr gar nicht nach Witzen zu Mute war.
Sie folgten der Schleifspur im Staub, die Stufen hinauf. Oben gingen sie einen dunklen Korridor entlang. „Harry, ich hab Angst. Das riecht nach Falle", murmelte Hermine kaum hörbar. „Ich auch und ich weiß. Aber was bleibt uns über?"
Nur eine Türe war offen. Dort lag Krummbein auf einem prächtigen Himmelbett und schnurrte vor Wohlbefinden. Ron saß am Boden vor dem Bett, und hielt mit seinen Händen eines seiner Beine, das offenbar gebrochen war, umklammert. Er sah schrecklich aus. Hermine schien von seinem Anblick unheimlich erleichtert zu sein. Sofort stürzte sie auf ihn zu. Harriet folgte zögernd.
„Ron, geht's dir gut?", erkundigte sich Hermine besorgt. „Wo ist der Hund?", fragte Harriet misstrauisch. „Kein Hund", stieß Ron zwischen zusammengebissen Zähnen hervor, „Harry, das ist eine Falle! Hau ab!"
„Was?"
„Er ist der Hund...er ist ein Animagnus…"
Krachend fiel die Tür ins Schloss. Harriet wirbelte herum. Dort stand er. Aus tiefen dunklen Höhlen leuchteten seine Augen hervor, langes verflitztes schwarzes Haar reichte ihm bis zum Ellenbogen. Er war dünn wie ein Gerippe, und sah aus wie eine wandelnde Leiche. Aber es war Sirius Black.
Hermine hatte ihren Zauberstab gezogen, aber nicht schnell genug. Black richtete Rons Zauberstab auf sie: „Expelliarmus!" Jetzt hatte er auch Hermines Zauberstab. Harriet starrte den Mann nur an. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen.
„Ich wusste, dass du kommen würdest, um deinem Freund zu helfen", krächzte Black mit einer Stimme, die klang als hätte er sie schon lange nicht mehr benutzt, „Dein Vater hätte dasselbe für mich getan. Es war mutig von dir nicht erst einen Lehrer zu holen. Ich bin dir dankbar, das wir vieles leichter machen..."
Harriet stiegen die Tränen in die Augen. Hermine und Ron schoben sich vor sie. „Wenn Sie Harry töten wollen, dann müssen Sie uns auch töten!", verkündete Ron grimmig, obwohl er kaum auf den Beinen stehen konnte. Blacks Augen flackerten. „Leg dich hin", sagte er leise, „Dein Bein ist gebrochen." „Haben Sie mich nicht gehört!" Ron musste sich aber an Harriet festklammern um nicht umzufallen.
„Es wird heute Nacht nur einen Mord geben", sagte Black und grinste breit. „Plötzlich so großzügig? Pech für die armen Muggeln, dass Sie erst jetzt in dieser Stimmung sind, was?", zischte Harriet, ohne auf Hermines geflüsterte Warnung zu hören. Sie drängte sich an ihren Freunden vorbei. Tränenverschleiert starrte sie Black an.
„Dann können Sie mir vielleicht wenigstens ein Frage beantworten: Warum? Was hatten diese Muggeln, was hatte Pettigrew, was hatten meine Eltern Ihnen denn getan! Ging es um Macht? Um Geld? Um Anerkennung? Hatte es irgendetwas mit diesen blöden Blutwahnsinn zu tun, den ich immer noch nicht verstehe! Warum haben Sie meine Eltern verraten! Sie waren ihr Freund! Warum haben Sie sie umgebracht! Was hat Voldmort Ihnen gegeben!"
Sie war immer näher an Black herangetreten, der sie nur erstaunt und sprachlos ansah. „Harry, ich..." „Nennen Sie mich nicht so, Sie haben nicht das Recht mich so zu nennen!" Sie wusste selbst nicht was sie ritt, als sie Black plötzlich heftig in seine Männlichkeit trat, was diesen dazu brachte zusammen zu sinken und die Zauberstäbe von Ron und Hermine fallen zu lassen. „Sie, Scheißkerl!"
Harriet zielte mit ihrem Zauberstab auf dem am Boden liegenden Black. „Ich will sofort eine Antwort! WARUM! Verdammt noch mal, sagen Sie es mir, oder ich weiß nicht was ich tue...!" Krummbein sprang schützend auf Sirius Blacks Brust. „Verschwinde da, du blödes verräterisches Vieh!"
Sie hörte Poltern. Sie hob den Zauberstab. „Expelliarmus!" Harriet verlor ihren Zauberstab. Verblüfft wirbelte sie herum und starrte Remus Lupin an, als würde sie ihn zum ersten Mal sehen. Nein, das kann nicht sein!
Lupin trat neben sie und starrte Black an. „Wo ist er, Sirius?", fragte der Lehrer. Black deutete mit ausdruckslosem Gesicht auf Ron. Jetzt verstand Harriet gar nichts mehr. „Professor, was...?" Lupin ignorierte sie. „Aber dann..", murmelte er und starrte Black nachdenklich an, „Warum hat er sich nie offenbart? Außer...außer er war es...wenn ihr getauscht habt...ohne es mir zu sagen?"
Black nickte ganz langsam, die Augen auf Lupins Gesicht fixiert. „Professor, bitte..." Bitte reden Sie mit mir! Was geht hier vor! Lupin ließ seinen Zauberstab sinken und starrte Black weiterhin unverwandt an. Dann sprang er los, zog Black hoch, sodass Krummbein zu Boden fiel und umarmte ihn heftig. Das war zuviel für Harriet. Etwas zerbrach in ihr. Ihr wurde speiübel.
„Neeeiiin!" Es klang wie der Schrei eines sterbenden Tiers, aber es kam von ihr selbst. „Sie nicht auch noch!" Lupin löste sich von Black und starrte Harriet an. „Harry, ich..." Harriet hörte ihn nicht, sie wankte zum Himmelbett und sank weinend darauf nieder, sie konnte nicht mehr.
„Oh, Harry!" Hermine rannte zu ihr und nahm sie in die Arme. „Ich hasse Sie beide. Machen Sie doch was Sie wollen!", heulte Harriet, „Ich hab Ihnen vertraut! Und jetzt haben Sie mich auch noch verraten! Professor Snape hatte Recht! Sie waren die ganze Zeit auf seiner Seite!"
„Jemand der ein Geheimnis hat, hat wohl auch noch ein anderes!", setzte Hermine giftig hinzu, „Sie haben ihm geholfen ins Schloss zu kommen, Sie wollen Harry auch tot sehen! Wir haben Sie gedeckt, Ihr Geheimnis nicht verraten! Ron, er ist ein Werwolf!" „WAS!", entsetzte sich Ron, „Und ihr wusstet das, beide, und habt mir nichts gesagt!"
Stille trat ein. Nur Harriets Schluchzen war zu hören. Unter ihren Tränenschleier sah sie wie Black Lupin ansah mit einem merkwürdigen Ausdruck in seinem Gesicht. Es war unmöglich zu sagen, was er von all dem hielt.
Lupin brach die Stille. „Nicht ganz so gut wie sonst, Hermine. Ja, ich bin ein Werwolf. Aber ich habe Sirius nicht geholfen ins Schloss zu kommen und will Harry ganz gewiss nicht tot sehen. Ich war bis jetzt nicht auf Sirius' Seite, wie ihr es nennt", erklärte er ruhig.
Hermine wiegt die schluchzende Harriet, „Ich will euch alles erklären, wenn ihr mich lasst. Harry?" „Gehen Sie weg und nehmen Sie ihren alten Kumpel gleich mit!", schluchzte diese nur, „Ich will nichts hören!" Sirius Black sank hinter Lupin zu Boden und lehnte sich gegen die Wand als hätte er keine Kraft mehr über. „Ich dachte, du wolltest wissen, warum", wandte Lupin sanft ein, „Ich hab es dich schreien gehört."
„Ich hab's mir anders überlegt!" „Hören Sie auf sie zu quälen!", fuhr Hermine dazwischen, „Sie leidet bereits genug." „Ich kann's mir schon denken: Es ist nichts persönliches. Ich kann dich sogar gut leiden. Das hat Tom Riddle auch gesagt, und dann hat er Basilisken befohlen mich zu fressen. Sein älteres Ich hat Mom auch nur umgebracht, weil sie ihm im Weg war. Er war hinter mir her. Warum auch immer. Ich wünschte, er hätte auch mich umgebracht", heulte Harriet weiter.
Lupin gab Ron und Hermine ihre Zauberstäbe zurück, und Harriets legte er neben sie. „Ich will nur, dass du mir zuhörst. Wirst du das tun, Harry? ...Gut, wie du weißt, hab ich die Karte kassiert, und du weißt auch, dass ich sie gemeinsam mit Sirius hier, deinem Vater und Peter Pettigrew hergestellt habe, also weiß wie sie funktioniert. Ich zog sie heute zu Rate, weil ich wusste, ihr drei würdet Hagrid besuchen wollen, bevor der Hippogreif hingerichtet wird. Und damit hatte ich ja auch Recht. Ich wollte nur sicher gehen, dass euch nichts passiert. Wie auch immer, ich sah euch Hagrids Hütte betreten. Zwanzig Minuten später seid ihr zurückgekehrt, doch ihr wart zu Viert."
„Quatsch", meinte Ron nur, „Wir waren zu dritt." „Ich wollte meinen Augen nicht trauen", fuhr Lupin fort, „Ich dachte mit der Karte müsste etwas nicht stimmen. Wie konnte er bei euch sein!" „Aber, es war keiner bei uns", protestierte Hermine.
Lupin ging nicht auf ihren Einwurf ein. „Und dann sah ich einen neuen Punkt, der sich rasch auf euch zu bewegte, es war Sirius Black. Ich sah wie er mit euch zusammenstieß, und zwei von euch unter die Peitschende Weide zerrte."
„Einen!" Ron war sehr zornig. Harriet fuhr aus Hermines Armen auf. „Das ist absurd. Sie können nur Krätze meinen, und Krätze ist eine ganz gewöhnliche Ratte!" „Nein. Kann ich deine Ratte einmal sehen?"
Zögernd und ohne Krätze los zu lassen, zerrte Ron das Tier aus seinem Sack. Krummbein fauchte. Lupin musterte Krätze genau. Er ist verrückt! Genau wie Black. Harriet begann wieder zu weinen. „Was! Was ist denn mit meiner Ratte!" Ron drückte Krätze angsterfüllt an seine Brust.
„Das ist keine Ratte", krächzte Sirius Black. Lupin stimmte ihm zu. „Es ist ein Zauberer." „Ein Animagnus", fuhr Black fort, „mit Namen Peter Pettigrew."
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