17. Vier Freunde
„Peter Pettigrew ist tot! Er hat ihn umgebracht!" Harriet deutete auf Black und wischte sich zugleich Tränen aus den Augen. „Das wollte ich", flüsterte Black, „Aber ich hab es nicht geschafft."
„Alle dachten, Sirius hätte Peter umgebracht", sagte Lupin, „Ich selbst habe das zwölf Jahre lang geglaubt – Peter hat Sirius in die Enge getrieben und Sirius hat ihn getötet. Doch die Karte des Rumtreibers lügt nie. Das hier ist unser alter Freund Peter."
„Leute, ich verschwinde", sagte Ron und wollte mit Krätze abhauen. Lupin deutete mit dem Zauberstab auf Krätze. „Ihr könnt gehen, aber Peter bleibt hier", erklärte er ernst. „Das ist nicht Peter, sondern Krätze!" Ron drückte die Ratte demonstrativ an seine Brust.
„Hören Sie", versuchte es nun Hermine, „Ich weiß wir sind jenseits von logischer Argumentation, aber..." Sie sah Lupin abschätzend an. „Es wäre bekannt gewesen, wenn Peter Pettigrew ein Animagnus gewesen wäre. Professor McGonagall hat uns erzählt, dass es ein Verzeichnis gibt, in dem alle Animagni eingetragen sind. In diesem Jahrhundert gab es nur sieben Animagni. Peter Pettigrew ist nicht darunter."
„Sirius Black ist in dieser Liste doch auch nicht verzeichnet", meinte Harriet tonlos, „Was nützt sie dann eigentlich?" Hermine sah sie groß an. „Ihr habt beide recht. Das Ministerium wusste nicht, dass es drei unverzeichnete Animagni in Hogwarts gab", erwiderte Lupin, „Weil sie nämlich in Geheimen zu Animagni wurden, und zwar deswegen weil ich ein Werwolf bin."
Schweigen folgte. Harriet ging dazu über ihren Kopf erneut im Himmelbett zu vergraben und zu schluchzen. Lupin war offensichtlich wahnsinnig. Genauso wie Black. Es knarrte laut. Harriet fuhr hoch, und auch die anderen Vier starrten in Richtung Türe, diese war von alleine aufgegangen. Lupin ging auf den Korridor hinaus und kam zurück. „Keiner da."
„Hier spukt es!", entfuhr es Ron. „Keineswegs. In der Heulenden Hütte hat es noch nie gespukt...das Schreien und Heulen, das die Leute im Dorf hörten, stammte von mir", meinte Lupin und sah misstrauisch auf die Tür. Irgendwo in Harriets Hinterkopf tauchte der Gedanke auf, dass sie etwas sehr wichtiges vergessen hatte. Aber sie wusste nicht was, oder warum ihr das ausgerechnet jetzt einfiel.
Lupin sah wieder in Richtung Harriet, Hermine und Ron. Dabei trafen sich seiner und Harriets Blick. Kein Wahnsinn flackerte in seinen Augen, sondern nur Besorgnis und Offenheit. „Ich will euch alles erzählen. Ich glaube, das schulde ich dir, Harry. Nichts davon wäre geschehen, wenn ich nicht ein Werwolf wäre." Harriet fand, dass er plötzlich alt und müde aussah. Sie wandte den Blick ab, ließ sich von Hermine beruhigend wiegen und hörte zu wie Lupin von längenst vergangenen Tagen erzählte.
„Als ich gebissen wurde, war ich noch ein kleiner Junge. Meine Eltern versuchten alles, doch damals gab es noch keine Heilung. Der Wolfsbanntrank, den Professor Snape für mich braut ist eine neue Entdeckung. Er hilft mir meinen Verstand zu behalten. Davor jedoch wurde ich einmal im Monat zu einem Ungeheuer. Es schien unmöglich für mich jemals nach Hogwarts zu kommen. Doch dann wurde Dumbledore Schulleiter. Er hatte Verständnis. Solange man Vorkehrungen träfe, gäbe es keinen Grund warum ich nicht zur Schule kommen könnte. Die peitschende Weide wurde gepflanzt, weil ich nach Hogwarts kam. Dieses Haus, der Tunnel, der hierher führt, das wurde alles für mich gebaut. Einmal im Monat hab ich mich aus dem Schloss geschmuggelt, hierher geschlichen und wurde hier zum Wolf. Der Baum sollte verhindern, dass mir jemand durch den Tunnel folgte, wenn ich gefährlich war."
Warum reden Bösewichte eigentlich immer soviel? Tom hat das auch getan. Aber vielleicht ist Lupin gar kein...
Ron und Hermine lauschten den Worten ihres Lehrers gebannt und auch Sirius Black hörte interessiert zu, als hätte er die Geschichte noch nie zuvor gehört. Krätze quiekte ängstlich, und Harriet wurde klar, dass sie wirklich zuhörte.
„Meine Verwandlungen zu jener Zeit waren...fürchterlich. Es ist sehr schmerzhaft sich in einen Werwolf zu verwandeln. Da ich keine Menschen beißen konnte, biss und kratze ich mich selbst. Die Dorfbewohner hörten meinen Heulen und Schreien und glaubten, es würde hier spuken. Dumbledore schürte diese Gerüchte."
Lupin legte eine Pause ein. Er warf Black einen kurzen Blick zu. „Doch zum ersten Mal in meinen Leben hatte ich Freunde. Drei um genau zu sein. Drei großartige Freunde. Sirius Black, Peter Pettigrew und natürlich deinen Vater, Harry, James Potter."
„Moony, Tatze, Wurmschwanz und Krone", murmelte Harriet. „Genau. Meinen Freunden entging die Tatsache, dass ich einmal im Monat verschwand natürlich nicht. Und irgendwann gingen mir die Ausreden aus. Ich wollte nicht, dass sie die Wahrheit erkannten, denn ich befürchtete sie würden mich dann verlassen. Doch sie fanden die Wahrheit heraus. Und sie ließen mich nicht im Stich. Im Gegenteil, sie taten etwas für mich, das meine Verwandlung nicht nur erträglicher machte, sondern zur schönsten Zeit meines Lebens. Sie wurden Animagni."
„Dad auch?", erkundigte sich Harriet, ohne nachzudenken. „Ja, er auch. Sie brauchten fast drei Jahre um herauszufinden, wie man es anstellte. Aber dein Vater und Sirius waren die klügsten Schüler auf Hogwarts und das war gut so, denn die Verwandlung in einen Animagnus kann fürchterlich schief gehen. Deswegen behält das Ministerium sie auch so genau im Auge. Peter hätte es ohne die Hilfe von James und Sirius nicht geschafft. Sie sagten mir nicht, was sie vorhatten, sie taten es in Geheimen für den Fall, dass es schief gehen würde. Doch dann, in unserem fünften gemeinsamen Jahr auf Hogwarts schafften sie es. Tiere sind in der Gegenwart von Werwölfen nicht gefährdet. Jeden Monat schlichen sie in James Tarnumhang aus dem Schloss. Sie verwandelten sich. Peter, der Kleinste, konnte unter der Peitschenden Weide durchschlüpfen und den Knoten berühren, der sie erstarren lässt. Dann kamen sie zu mir ins Haus. Unter ihren Einfluss war ich weniger gefährlich. Ich war zwar immer noch ein Wolf, doch wenn ich mit ihnen zusammen war, fühlte ich mich eher wie ein Mensch. Bald verließen wir die Heulende Hütte und streiften über das Schlossgelände. Sirius und James waren große Tiere, die einen Werwolf mühelos in Schach halten konnten, Ich glaube nicht, dass je ein Schüler mehr über das Schloss und die Länderein herausgefunden hat als wir. Deswegen schrieben wir die Karte des Rumtreibers."
Ihr Vater schien in seiner Schulzeit ja alles andere als ein Engel gewesen zu sein. Ein guter Freund, aber nicht sehr verantwortungsvoll. Irgendwie entsprach das nicht dem Bild, das sie von ihm hatte. Doch dann dachte sie an die freche Antwort zu Professor Snape, und sie konnte es schon eher glauben. Gegen ihren Willen stahl sich die Andeutung eines Lächelns auf ihr Gesicht.
„Das war doch sicher sehr gefährlich! Mit einem Werwolf in der Dunkelheit herumlaufen!", empörte sich Hermine. Lupin nickte langsam. „Ja, du hast Recht. Aber wir waren jung und sorglos. Wir dachten unser Scharfsinn könnte uns vor allem bewahren. Natürlich wurde es manchmal brenzlig. Einige Male hätte ich fast jemanden verletzt. Und dann eines Tages...Nun, euch ist sicher aufgefallen, dass Professor Snape nicht gerade mein bester Freund ist."
Das war eine Untertreibung. „Der Grund dafür ist ein Streich den Sirius ihm gespielt hat, der ihn fast das Leben gekostet hätte." „Geschah ihm recht", krächzte Black, „Hat rumgeschnüffelt und wollte herausfinden, was wir vorhatten...er wollte doch nur, dass wir von der Schule fliegen..." Harriet hatte fast auf ihn vergessen. Jetzt starrte sie ihn an, doch er wich ihrem Blick aus.
„Snape war sehr erpicht darauf zu erfahren, wohin ich jeden Monat verschwand. Wir waren im selben Jahrgang und, nun ja, hatten so unsere Probleme miteinander. Vor allem er und James. Er war wohl neidisch...Jedenfalls hatte Snape mich an diesem Abend übers Gelände gehen sehen. Sirius hielt es für eine –ähm- lustige Idee, Snape zu sagen, er müsse nur den Knoten an der Weide mit einem langen Stecken berühren und dann könne mir folgen. Natürlich hat Snape es ausprobiert...Zum Glück ist dein Vater, als er erfahren hat, was Sirius getan hat, sofort los und schleifte Snape mit sich mit zurück, doch zuvor erhaschte dieser noch einen Blick auf mein Werwolf-Ich. Dumbledore hat ihm verboten es irgendjemanden zu sagen, doch er wusste es..."
„Wusste Dumbledore vom Animagnus-Zauber?", erkundigte sich Hermine neugierig. „Nein, bis zum heutigen Tage hat er keine Ahnung. Er hätte sie von der Schule weisen müssen. Sie hatten immerhin ein wichtiges Gesetz gebrochen."
„Und Professor Snape hasst Sie, weil er denkt Sie hätten von dem Scherz gewusst, ja?", vergewisserte sich Hermine. „So ist es", sagte eine kalte Stimme an der Wand hinter Lupin. Severus Snape riss sich den Tarnumhang vom Leibe. Sein Zauberstab deutete auf Lupin. Jetzt weiß ich was ich vergessen habe. Den Tarnumhang!
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