Reviewantworten:

Lady Dragonfire
He, meine Drachenverwandte - du warst aber diesmal schnell mit deiner Review. Nein, natürlich war das noch nicht das Ende, wobei alles zu Ende zu sein scheint. In K8 hatte ich viele Charaktere zur Verfügung. Diesmal beschränkt sich die Geschichte wieder auf wenige und im Grunde liest sich das letzte Kapitel mehr wie ein ganz langer Epilog... einfach "ausklingend", aber natürlich dann miteinem Ende, wovon ich hoffe, dass es dir gefällt. :-)

Tanja
Danke für dein 'Futter'. Früher hätte ich auch nicht gedacht, dass Reaktionen, also hier Reviews so derartig wichtig sind für jemanden, der Geschichten schreibt. Es schmeichelt einfach und man hat einen unheimlichen Ansporn weiterzumachen! Alena muss leider erkennen, dass alles nur ein Traum war. Sei nicht zu böse mit der Königin, sie handelte natürlich nur zum Wohle ihres Volkes, aber es war gemein, da hast du recht :-) Ich hoffe ganz viel, dass dir das letzte Abenteuer von Alena gefallen wird und natürlich auch das Ende. Und da ich damals, als du so nett mit der Fanflagge gewunken hast, noch keinen Namen für Alenas Freundin hatte und deiner als einziger hier real klingt, wurde dies zu einem Dankeschön an dich. Oh... falls es dir nicht gefällt, dann darfst du mich nochmals raug nennen, aber sonst eher nicht, denn das heißt nämlich 'Dämon' :-) Ich bin doch ein gaaaaaanz lieber Drache... auf Sindarin übrigens edhelamlug genannt.

Nyella
Oh je - dein PC spielt dir aber schon ganz böse Streiche. Es tut mir natürlich am meisten leid, denn ausführliche Reviews sind Gold wert für mich und ich freue mich immer besonders über deine, denn du warst meine Leserin der ersten Stunde! DU hast mir die erste Review in meinem Leben geschrieben! (wie kann man sowas je vergelten?) Wie du am besten weißt, muss ich immer noch an meinem Stil arbeiten, probiere da sicher noch weiter Dinge aus, aber ich möchte es auf alle Fälle in Zukunft besser machen. Danke, dass du dir die Mühe gemacht hast und die Review später sogar noch vervollständigt hast. Ich gebe zu, das Ende von K8 war wirklich sehr tragisch und vielleicht hätte ich euch bezüglich des Titels mehr warnen sollen. Besonderen Dank will ich dir diesmal unterbreiten, weil du soviele Szenen von K8 ausführlich reviewt hast und sogar zitiert hast. Das empfinde ich immer als besondere Ehre und es ergibt ein wunderbares Feedback. Ich mochte die Szenen im Elbenlager auch besonders gerne und je mehr ich schrieb, desto mehr würde mir über die irischen Elben einfallen. Aber das liest dann wohl kaum noch wer ;-) Lass dich jetzt mal über das Ende überraschen. ...aber wie kann Ryan sie suchen, wenn doch alles nur ein Traum war?

sundayshine
Huch - du hast dich wirklich mit einer sehr langen Review revanchiert und das freut mich. Ich hoffe, dich gibt es noch unter den Lesern, denn leider hatte ich erst so spät Zeit für das letzte Kapitel. Auch du beschreibst die einzelnen Szene, die dich beim Lesen bewegt hat sehr genau und vielleicht kannst du dir gar nicht vorstellen, wie sehr das der Schreiberseele schmeichelt :-) Ein hannon le geht dafür an dich und möge dir die Sonntagssonne immer scheinen :-) Ich verneige mich für dein Lob meines sindarinischen Beschwörungsspruchs. Glaub' mir, es war nicht einfach, da auch was zu finden, dass Sinn macht und sich reimt. Ob diese Beschwörung nun echt war, oder doch nur ein Teil von Alenas Traum - unterhalb findest du fast alle Antworten darauf. Ich habe zu danken - für deine Review!

Mehagles
Hallo Mehagles, es hat mich wirklich außerordentlich gefreut, dass du noch zu meiner Geschichte gefunden hast. (durchs Zimmer hüpf) Leider hatte ich gerade jetzt so eine lange Pause einlegen müssen und ich hoffe, du willst noch den Schluss erfahren :-) Danke dir auch für das Lob meines Schreibsstils. Oh ja - zu Beginn war er wirklich nicht so toll und darum freut es mich, dass du dich durch die ersten Kapiteln "gebissen" hast. Ich will auf alle Fälle noch mehr daran arbeiten. Es freut mich, dass dir der Inhalt und die Idee gefallen - ich hoffe, du magst auch das Ende und lässt es mich wieder wissen!

darklayka
Hallo liebe Layka, deine Review ist so derartig emotional, sie hat mir ein absolutes Dauergrinsen auf die Lippen gezaubert und ich bin heute, wo ich sie nochmals lese, noch genauso überwältigt. Ich gebe zu, ich mag das dramatische Schreiben, aber ich mag es auch romantisch und warum nicht beides verbinden? Wobei... Drama ist nicht Tragedy ;-) Alenas Eltern leben nicht in Australien, sondern auch in Irland. Dein Fazit ist sehr, sehr schmeicheln und ich hoffe, ich kann die gleiche Energiefür weitere Geschichten hier aufbringen. (ich glaub' schon :-) Ich schüttle immer noch den Kopf über deine Worte - wow... danke für das Lob meiner spannenden Szenen - ich gestehe, ich wusste nicht, auf was ich mich da einlassen würde, als ich beschloss, eine Geschichte zu schreiben, aber die spannenden Szenen, die liebe ich auch sehr! Und den Herzschmerz - ja! Danke... danke für deine Worte! Ich hoffe, du magst das Ende, denn ich habe es mittlerweile nicht mehr nur für mich, sondern für euch alle, meine Leser, geschrieben.

Enessa
:-) Fütterungszeit - das ist echt lieb! Ne, echt, find' ich nett, zumal du ja wirklich wenig Zeit hast und es freut mich, dass dir immer noch diese Geschichte gefällt. Huch... ich wollte euch wirklich nicht zum Heulen bringen! Oh ja - glaube mir, ich lasse diese Geschichte nur mit sehr schwerem Herzen los, könnte wohl noch 100te Seiten schreiben, aber ich glaube, dass würde die Leser vergraulen ;-) Ich hoffe, dir gefällt auch das letzte Kapitel und kannst wieder mit Alena mitfühlen, was du mir immer so eindrucksvoll geschrieben hast. Danke für deine Treue und jetzt kann ich endlich mein Versprechen einlösen und selbst wieder lesen (und reviewn)! Eine zeitlang, denn dann beginnen ich sicher bald wieder etwas zu schreiben ;-)

Anor
Zitate finde ich immer als etwas sehr Besonderes. Es bedeutet viel, wenn einem Leser etwas 'ins Auge springt' und er es dann nochmals 'hervorholt'. Es freut mich, dass du wirklich immer noch hier mitliest und auch reviewst. Jetzt ist es soweit und das Ende ist nah. Ob es ein Happy End sein wird...?

seniwallenstein
Dir danke ich für dein Feedback per Mail.Du hast einmal geschrieben, dass du eine hoffnungslose Romantikerin bist und so bin ich gespannt, wie dir das Ende gefällt. Ich hoffe auf ein "Wiederlesen" und ich werde jetzt auch sicher meine Versprechen einlösen!


Review Antworten zu Kapitel 9 findet ihr gleich am Anschluss des Kapitels.


Erklärung zu Kapitel 9:
Alena erkennt schmerzlichst, dass alles nur ein Traum war. Bald zieht sie sich immer mehr zurück, will die Realität nicht akzeptieren und verzögert dadurch ihre Genesung um viele Wochen und will danach auch nicht mehr zurück in den Wald, in dem Wald wo alles begann, was nie begonnen hatte...

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NUR EIN TRAUM

Kapitel 9: Das Flüstern der Bäume
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War alles nur ein Traum? Nur ein Traum?, hallte es in Alena.

„NEIN!"

Sie spürte wie sie fiel... haltlos fiel sie... immer tiefer... das Zimmer und die darin befindlichen Menschen begannen sich zu verzerren, unwirklich zu werden. Tränen liefen über ihre Wangen, heiße, bittere Tränen der Wahrheit und Alena spürte, wie sich alles in ihr aufzulösen schien.

„Nein", wimmerte sie leise.

Ihre Mutter lief nach draußen um den Arzt zu holen und Tanja starrte sie entsetzt an.

„Alena! Was ist mit dir?"

Sie fasste ihre Freundin an den Händen, doch diese schluchzte weiter, hemmungslos und mit einem leisen, erstickenden Schrei aus den Tiefen ihrer Seele, drehte sich Alena trotz aller Schmerzen auf die Seite, krümmte sich zusammen und vergrub ihr Gesicht zwischen den Händen.

„Das kann nicht sein...", stammelte sie, wie weit entfernt weiter. Immer wieder und wieder.

Entsetzt versuchte Tanja ihre Freundin zu beruhigen und wieder auf sich aufmerksam zu machen, doch Alena schien wie in einer eigenen Welt gefangen.

Der Arzt betrat das Zimmer und nach einigen Augenblicken rief er nach der Schwester, die sofort herbeieilte. Kontrollierte Hektik brach aus und die benachbarte Patientin verfolgte mit verstohlenen Blicken das Drama, dass sich noch weiter im Raum abspielte.

Nach einiger Zeit schien das verabreichte Mittel ihre Wirkung zu zeigen, denn Alena hörte auf am ganzen Körper zu Zittern und starrte nur mehr mit halb geöffneten Augen auf die Türe, die in dezentem olivgrün gestrichen war.

Wie verloren stand Tanja neben ihrem Bett, unfähig auch nur annähernd zu verstehen, was hier passiert war und warum Alena so reagierte. Flüsternd fragte sie die eben wiederkehrende Mutter von Alena: „Was hat der Arzt gesagt? Hat dies alles der Sturz ausgelöst?"

Alenas Mutter konnte kaum antworten, so aufgelöst war sie.

„Ja, er sagte, dass so ein Unfall die verschiedensten Reaktionen bei Menschen auslösen kann. Eine davon ist Angst und dies scheint bei Alena wohl zuzutreffen. Wir können nur abwarten, wie es ihr weiter geht."

°

Alena durchlebte die nächsten Tage wie in einem Alptraum. Ihre Tränen schienen kaum zu trocknen, immer wieder verfiel sie in Gedanken an Ryan, an die Elben und alles rund um die zwanzig Tage, die sie so real erlebt hatte.

Ihre Familie und Freunde waren in großer Sorge, doch Alena verweigerte immer stärker jedes Gefühl in ihr. Sie merkte, wie sie innerlich zu zerbrechen schien und bald hatte sie keine Tränen mehr, lag nur mehr lethargisch in ihrem Krankenbett, ließ jede Untersuchung und Therapie über sich ergehen, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Die Ärzte sprachen davon, dass sie sich weigere wieder gesund zu werden und sie so nur ihren Aufenthalt hier hinauszögern würde.

Eines Morgens begann Alena abermals an der vor ihr ausgebreiteten, bitteren Wahrheit zu zweifeln und wollte die Geschichte Punkt für Punkt erörtern. Wo waren Beweise zu finden? Sie dachte an die Meldungen an ihre Verwaltung, die sie per E-Mail abgesendet hatte. Tanja, die nun ihre Stellvertreterin war, hatte ihr jedoch erzählt, dass nie eine E-Mail von ihr in diesem Zeitraum dort angekommen war und der Blitz hätte an ihrem Unfalltag in das Häuschen mit dem Generator eingeschlagen und nun waren alle angeschlossenen Geräte im Haus kaputt. Natürlich war auch die Festplatte des PCs davon betroffen und die Daten mit den abgesendeten E-Mails verloren. Ihr Handy, wo der Anruf zu ihren Eltern vermerkt gewesen wäre, war auch verloren. Das lag irgendwo an der Stelle, wo sie die Orks angriffen hatten und damals von den Elben gerettet wurden.

Verdammt! Ich kann mir das doch nicht alles eingebildet haben!, dachte Alena verzweifelt.

Die Angriffe... ihre Verwundung! Doch auch auf ihrem Oberarm war keine Wunde zu sehen.

„Steltael!", murmelte Alena laut.

„Was haben Sie gesagt?", fragte ihre neugierige Zimmergenossin, die nur allzu interessiert die Geschehnisse der letzten Tage mitverfolgt hatte.

Alena drehte sich auf die andere Seite und ignorierte sie.

Steltael versprach ihr sich zu melden, sobald sie wieder einen festen Wohnsitz hatte. Sie wollte nach Schottland, wegen der Erforschung der Gargoyles.

Tanja, dachte Alena‚ Tanja muss mir helfen!

Sie müsste zum Haus von Steltael gehen, oder notfalls zum Haus des ‚Elbenfinders' fahren, wenn Alena sich auch nicht sicher war, ob er damals überhaupt noch lebend aus dem Wald rausgekommen war, so ängstlich, wie er sich aufgeführt hatte. Alena bemerkte ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen. Fast erschrocken darüber hielt sie inne.

Was denke ich da eigentlich? Ich drehe noch durch! Es kann nicht stattgefunden haben! Es war nur ein Traum!

Kurz spürte sie wieder diese lähmende Angst in sich aufsteigen... sie kroch wie eine unsichtbare drückende Kraft in ihr hoch und erinnerte sie an die letzen Augenblicke mit Ryan. Als sie ihn das letzte Mal sah, rief er ihr zu sie sollte fliehen und er selbst hatte auch Angst. Waren es die Worte der Königin? Hatte sie einen Zauber ausgesprochen? Was war geschehen? Hätte sie der Sternenmond nicht vor so einem Zauber schützen sollen, wie Ryan mehrmals erwähnte? Doch den hatte sie anscheinend beim Sturz verloren. Und da war noch etwas. Normalerweise kam mindestens einmal die Woche ein Wärter des Nationalparks bei ihr vorbei. Sie wussten, dass es bei Alena immer guten Kaffee gab. Sollte es möglich sein, dass in diesen zwanzig Tagen kein einziger bei ihr vorbeigeschaut oder angerufen hatte?

Aber an welchen ‚zwanzig' Tagen?, schallt sie sich selbst.

Das Datum ihres Unfalls bewies, dass sie es nicht erlebt haben konnte. Diese Tage lagen noch vor ihr, in der Zukunft. Aber was war mit Peters Tod? Warum wusste sie von Peters Tod? Vielleicht hatte sie bereits eine so freundschaftliche Beziehung zu ihm aufgebaut, dass sie seinen Tod unbewusst wahrgenommen hatte? Solche Fälle gab es immer wieder. Es musste also stimmen... es war nur ein Traum gewesen. Aber warum ein Elb? Sie mochte die Geschichten, liebte es in dem Sagenbuch zu lesen, aber sie hatte noch nie den Wunsch gehabt, real einem Elben zu begegnen, zumal sie ja nur Fabelwesen waren... Alena drehte sich vorsichtig zur Seite und schloss die Augen.

... wenn Tag und Nacht sich einen..., hatte damals Ryan zu ihr gesagt, ...dann würden sie sich wieder treffen. Aber... wann genau ist das?

Die Krankenschwester betrat mit einer Infusionsflasche das Zimmer und riss sie aus den leidigen Gedanken. Sie sprach fröhlich auf Alena ein und bemerkte sogleich ihren diesmal aufmerksamer wirkenden Blick. Doch Alena reagierte nicht sonderlich auf deren Bemühungen, wollte sich viel lieber der in ihr aufkommenden Müdigkeit ergeben.

Schlafen... das hält mich vom Denken ab, dachte sie und blickte nochmals kurz auf die Infusionsflasche, die ihr rhythmisch tropfend Medizin verabreichte.

Du musst wieder gesund werden, bemerkte Alena zu sich selbst, ehe sie wieder die Augen schloss und in eine heilsame Traumwelt glitt.

°

Fast vier Wochen war Alena nun schon im Spital. Körperlich ging es ihr immer besser, wenn auch die Ärzte mit ihrem Genesungsverlauf alles andere als zufrieden waren.

„Sie arbeiten gegen uns", beschuldigten sie die Therapeuten immer wieder und Alena konnte diesen Satz nicht mehr hören.

In den letzten Wochen war sie verschlossener den je geworden, konnte mit keinem darüber sprechen, was sie alles bewegte, was sie in ihrem Inneren erlebt hatte und verkroch sich immer mehr in ihrer selbstgezimmerten Höhle.

Selbst Tanja drang nur ab und zu ihr, durch diese unsichtbare Barriere, hindurch und in einem schwachen Moment, bat Alena sie um etwas mehr als Seltsames. Sie sollte am Rande des Nationalparks nach einer Wahrsagerin namens Steltael forschen. Tanja blockte im ersten Moment ab, denn sie befürchtete, dass sich ihre Freundin immer mehr in etwas hineindrängte, wo sie ohne professionelle Hilfe nicht mehr heraus finden würde.

Alena erzählte nichts mehr von Ryan oder von ihrer Version von Peters Tod. Sie hätte es als unsinnigen Traum darstellen können, wenn sie es erzählt hätte, aber ihr Innerstes sträubte sich dagegen, auch nur den kleinsten Moment davon weiter preiszugeben. Vielleicht wollte sie nicht für verrückt erklärt werden, oder wollte die Worte nicht hören, dass es so etwas nicht gäbe, dass es keine Elben gab. Sie wollte diese Momente beschützen, wollte die schönen immer wieder erleben, sie in ihr Gedächtnis zurückrufen und neue Kraft daraus schöpfen. Schön langsam begann sie in manch' positiverer Stunde es als etwas Besonders zu betrachten, so etwas in ihrem Unterbewusstsein erlebt haben zu dürfen. Es war ‚ihr' Ryan, den ihr von dort niemand wegnehmen konnte. Niemand.

Es dauerte einige Zeit bis Tanja sie wieder besuchte, denn die Anreise von der Forschungsstation war ziemlich lange und sie musste sich immer einen Tag frei nehmen. Letztes Mal erzählte sie ihr von dem neuen Tierarzt, Peters Nachfolger. Auf diesen hatte Tanja ziemlich eindeutig ein Auge geworfen, wenn man ihre Schilderungen aufmerksam verfolgte. Als sie ihr damals von ihm weiter vorschwärmte, von seinen wunderbaren blauen Augen und blonden Haaren, stürzte dies Alena in noch größere Traurigkeit. Sie war Tanja so ein Glück vergönnt, aber für einen kurzen Moment, für einen kleinen Sekundenbruchteil hoffte sie, dass sie ihr nun erzählen würde, dass er Ryan hieß und nach ihr suchte. Doch dem war nicht so, denn...

„... es war ja nur ein Traum", flüsterte Alena zum Fenster gewandt, ohne die Bäume im angrenzenden Park dort draußen wahrzunehmen.

Tanja war mit Nachrichten über Steltaels Haus zu Alena gekommen und wie sie es befürchtet hatte, wohnte dort niemand mehr. Angesichts ihrer Schilderung, dass dort sicher schon lange niemand mehr gelebt hätte, versank Alena nur noch tiefer in ihrer selbst gezimmerten Einsamkeit. Die Existenz des ‚Elbenfinders' wurde jedoch von Tanjas Bruder bestätigt, der bei der Polizei arbeitete und ihr noch mitteilte, dass er ein ziemlich übler Bursche sei und bereits mehrmals wegen Urkunden- und Passfälschungen im Knast gesessen hatte. Sie sollte sich besser von dem Kerl fernhalten. Tanja bedrängte sie immer mehr, warum sie denn diese Leute suchte und warum sie ihr nicht mehr über all das erzählen wollte.

Anschließend an Tanjas Besuch erfuhr Alena noch von den Ärzten, dass sie auf eine mindestens vierwöchige Kur in eine Klinik an der Küste geschickt werden würde. Es wurde ihr dringendst geraten, den Aufenthalt anzunehmen und angesichts ihres labilen psychischen Zustandes bis sechs Wochen auszudehnen.

Wie ein Häufchen Elend saß sie danach in ihrem Bett und wollte im Grunde nur mehr nach Hause. Aber wo war ihr zu Hause? Sie wollte nicht mehr in den Wald, also musste sie zurück in die Stadt, in ihre kleine Wohnung. Es würde dann Mitte oder gar Ende August sein, bis sie zurückkehren konnte. Sie starrte auf die regennassen Fensterscheiben und dachte, dass sogar das Wetter genau ihrem derzeitigen Inneren entsprach.

°

Leicht glitzernd hob sich der große See von der steilen Wand im Norden ab und im sanften Rhythmus tanzend flogen zarte Libellen knapp über der glatten Oberfläche entlang und die letzten Sonnenstrahlen des Tages brachen sich vielfach im funkelndem Licht ihres unter ihnen glänzenden Spiegelbildes. Unendliche Stille breitete sich bedächtig über diese sonst voller Leben sprühende Stätte aus und begann damit langsam der Dämmerung der Nacht entgegenzutreten.

Kaum wahrnehmbar zeichnete sich eine Bewegung am Ufer entlang. Jemand streifte dort lautlos umher und bog danach weiter zu den südlichen Baumreihen ein. Prächtig funkelnd schimmerte alsbald der Vollmond vom weit entfernten Firmament und durch dieses silbrigbläuliche Licht wurde die Nacht für kurze Zeit zu einer Schwester des Tages. Man erkannte Dinge, die in gewöhnlichen Nächten im Verborgenen blieben.

Zuerst schwach, dann immer intensiver, blitzte ein bläuliches Licht im Gras unter den hohen Bäumen auf. Bedachtsam griffen schlanke Finger nach der Quelle des zarten Schimmers, hoben den silbernen Halbmond, in dem ein funkelnder Stern ruhte, auf und ließen ihn für kurze Zeit in der Hand verharren. Der Schutz, den dieses Geschmeide vollbringen sollte, konnte nicht wirksam gewesen sein, denn die Trägerin verlor ihn, als sie ihn dringend gebraucht hätte. Langsam verblassten danach die Bewegungen zwischen den sommerlichen Grashalmen und den Bäumen, und eine endlos wirkende Stille legte sich wieder über diese Vollmondnacht rund um den großen Waldsee.

°

Voller Freude sprang Giant vor ihr und Dheas am Waldrand entlang. Sie waren bereits nach einigen Stunden wieder auf dem Rückweg und Tanja genoss jeden Moment. Im Grunde kostete sie jeden Tag aus, an dem sie diese herrliche Station führen durfte. Einerseits trauerte sie um die Abwesenheit ihrer besten Freundin und Studienkollegin, andererseits hatte sie natürlich dadurch auch den großen Ehrgeiz ihre Arbeit so gut wie möglich weiterzuführen, bis sie endlich zurückkehren und sie wieder übernehmen konnte.

Ein unbeschreiblich sanftes Rauschen ging durch die Baumkronen der hohen Eichen, als sie bei der Hausauffahrt einbog und wie immer, erschaudern ließ. Das abendliche Sonnenlicht tauchte das satte Sommergrün in beinah goldenen Glanz und der Duft des frisch angetrockneten Heus auf der Koppel, umspielte kitzelnd ihre Nase. Tief holte sie Luft und konnte sich für den Sommer keinen schöneren Platz auf dieser Welt vorstellen.

Beim Abreiben von Dheas' schweißnassem Fell mit Stroh, schweiften Ihre Gedanken dahin und sie verlor sich, wie so oft in dieser herrlich ruhigen Einsamkeit, in einen wunderbaren Tagtraum.

So gedankenverloren arbeitend bemerkte sie erst im nächsten Moment, dass Giant verschwunden war. Dheas schnaubte aufgeregt und blickte mit einem intensiven Ohrenspiel aus dem halboffen stehenden Stalltor. Draußen hörte Tanja Giant laut bellen, etwas sehr seltenes bei dem Windhund. Kam etwa Besuch? Sie ließ das Stroh fallen und öffnete vorsichtig einen Torflügel.

Im blendenden, abendlichen Gegenlicht, dass durch die westlich, lichter stehenden Bäume drang, sah sie in der Ferne die Silhouette eines Mannes, auf den Giant voller Aufregung empor sprang. Er konnte sich ihm gerade noch erwähren und lachte laut mit dem großen Hund.

Tanja grinste. Ihre Tagträume schienen sich tatsächlich zu erfüllen. Seine blonden Haare verrieten ihr, dass es Erin sein musste, der neue Tierarzt, der dieses Gebiet mit dem Nationalpark übernommen hatte, sie bereits ein paar Mal sehr charmant angetroffen hatte und Giant gleich sympathisch war.

Sie wollte ihm schon entgegenlaufen, als sie jäh innehielt. Das konnte nicht Erin sein. Seine herumtollenden Bewegungen mit Giant waren so geschmeidig, fast katzenhaft und er war auch größer als der neue Tierarzt. Jetzt, aus dem Gegenlicht getreten, erkannte sie lange blonde Haare, die zu einem Schweif nach hinten zusammengebunden waren. Er trug eine eher ungewöhnliche Art von Kleidung, wie ein eng anliegendes, tailliertes langes Hemd, wirkte sein dunkelgrünes Oberteil.

Ein Fremder!, durchfuhr es sie, hier mitten im Park?

Seit Peters ungeklärtem Verschwinden, waren alle im Park etwas nervös, was das Eindringen von Fremden in die Schutzzonen betraf. Sie wollte schon aus dem dunklen Schutz der Stalltüre hervortreten, als sie abermals die Ungewöhnlichkeit des Mannes verharren ließ. Er sprach mit Giant in einer fremden Sprache, hockte sich nun hinunter zu ihm auf den Boden und dieser nahm dies sofort als Spielaufforderung auf und schmiss ihn nun entgültig um.

Plötzlich wurde Tanja grob zur Seite gedrängt. Dheas sprengte neben ihr hinaus und die Tore flogen dabei krachend auseinander. Schrill wieherte der Hengst auf und hielt erst kurz vor dem Fremden.

Tanja drückte sich in die Dunkelheit des Stalls zurück, wo er sie nicht erkennen konnte und machte unwillkürlich den Mund vor Staunen auf. Der Hengst legte seinen mächtigen Kopf auf die Schulter des Mannes und brummelte leise, während dieser mit fremdklingenden Worten zu ihm sprach, ihm danach an Kopf und Hals entlang strich und Dheas immer noch keine Regung zeigte.

Wer ist das?, schoss es durch ihre Gedanken, dem Dheas so derartig gehorcht?

Plötzlich drehte er sich um und blickte geradewegs zu ihr in den Stall. Sie erschrak etwas, denn sie war sich hier im Schatten vor einer Entdeckung sicher gewesen. Aber sie musste ihn ohnedies vom Gelände verweisen. Er war eindeutig keiner der Nationalparkangestellten und wie ein Waldarbeiter sah er auch nicht aus. Eigentlich wollte sie ihm gleich mit einer Zurechtweisung entgegen gehen, aber als sie aus ihrem Schatten trat und sich ihm immer mehr näherte, verflog dieses Vorhaben wie von Zauberhand. Da war etwas an ihm, sie konnte es nicht beschreiben, etwas unheimlich Ruhiges umgab ihn und er machte einen sehr edlen, sehr schönen Eindruck. Vollkommen ruhig und hoch aufgerichtet stand er vor ihr, blickte sie aus den intensivsten und klarsten blauen Augen an, die Tanja jemals gesehen hatte.

„Hallo", brachte sie dann nur hervor.

Mit einem leichten Nicken grüßte der um mindestens zwei Kopf größere Fremde zurück. Tanja fand wieder ihre weitere Sprache.

„Was machen sie hier? Sie dürften hier nicht herumlaufen und schon gar nicht zu dieser späten Tageszeit."

Ein leichtes Stirnkrausen verriet seine Verwirrung darüber.

„Ist Alena im Haus?", fragte er sie direkt, ohne Umschweife und seine Stimme klang sehr sanft und die Aussprache verriet einen ungewöhnlichen Akzent.

„Alena?", fragte Tanja verwundert, nun wirklich überrascht und ihrerseits verwirrt. „Nein, sie ist nicht hier. Aber... woher kennen Sie Alena?"

Sie war sehr überrascht, denn ihre Freundin erzählte ihr sonst absolut immer alles und besonders, wenn es um Männer ging.

„Wann kommt sie wieder und... wie geht es ihr?", waren seine nächsten Fragen.

Er schien ihre vorherige völlig zu ignorieren und dies machte Tanja, die mit einem gesunden Misstrauen behaftet war, nun etwas stutzig. Alena konnte nun wirklich keine ungewollten Störungen gebrauchen, auch wenn sie zugeben musste, dass man diesen vor ihr stehenden Mann wohl unter normalen Umständen kaum als ‚Störung' bezeichnen würde, eher als einen wahr gewordenen Traum.

Unwillkürlich glitt ihr Blick über seinen schlanken Körper und sie murmelte dabei, nun leicht abgelenkt: „Sie erholt sich immer noch von ihrem Unfall und leider weiß ich nicht genau, wann sie wieder zurück kommen kann."

Sein zurückgebundenes Haar verlieh ihm eine gewisse geheimnisvolle Strenge.

„Vielleicht im Herbst?", fügte Tanja noch hinzu.

Sie dachte, dass es keine Rolle spielen würde, dies zu verraten. Ihr Blick blieb wieder in seinen ozeanblauen Augen hängen, über die nun jedoch ein leichter Anflug von Enttäuschung huschte.

„Erst im Herbst...", wiederholte er leise, mehr zu sich selbst.

Giant strich mit dem Kopf über sein Bein und winselte leicht. Die Hand des Fremden tätschelte ihn sogleich liebevoll.

„Ist sie weit von hier weg?"

Tanja nickte mit dem Kopf, war aber nicht gewillt, Alenas tatsächlichen Aufenthalt zu verraten.

„Sie ist in einer Klinik am Meer, auf Erholung. Aber... wer sind sie überhaupt?", fragte sie nun mit etwas strengerem Ton.

Sogleich konnte sie seine Enttäuschung deutlich erkennen und mit einem leisen Seufzen bemerkte er: „Das ist weit weg und ich muss heute wieder... fort."

Nach einer kleinen Pause kramte er etwas aus seiner Tasche und hielt ihr danach ein kleines, rauledernes Bündel hin.

„Würden Sie dies bitte Alena geben, wenn sie wieder kommt?"

Da er auch seinen Namen nicht sagen wollte, war Tanja nun leicht verärgert und zögerte, aber der ehrliche Ausdruck in seinen Augen, stimmte sie sofort wieder um.

„Gut, ich werde es ihr geben, aber würden sie mir verraten wer sie sind? Woher soll sie denn wissen, von wem das Geschenk stammt?"

Sanft legte er es in ihre aufgehaltene Hand.

„Sie wird es nicht wissen, denn sie erinnert sich nicht mehr an mich. Darum haben Namen keine Bedeutung mehr."

Mit dieser Aussage drehte er sich abrupt um und ging zielstrebig zum bereits dunklen Waldrand. Giant lief an seiner Seite mit und Dheas blickte ihnen mit erhobenem Kopf nach. Tanja erwachte aus ihrer verwirrten Erstarrung etwas zu spät.

„He! Warten Sie! Ich kann ihr das nicht einfach geben, ohne zu wissen, wer Sie sind und wie sie darauf reagieren wird!"

Doch er war schon verschwunden, schneller als sie ihm nachblicken konnte und sie sah weder ein Auto, noch ein Pferd. War er etwa zu Fuß gekommen? Tanja schüttelte verwirrt den Kopf.

„Ach, was bin ich dumm", schimpfte sie sich.

Hätte sie ihn doch gleich ins Haus gebeten, als er über Alena zu sprechen begann, denn eigentlich hätte sie ihn gerne näher kennen gelernt. Wo läuft einem heutzutage denn schon so ein so gut aussehender, geheimnisvoller Mann über den Weg und noch dazu hier im einsamen Wald? Tanja drehte sich abermals in die Richtung, in die er verschwunden war.

„Giant!", rief sie in den Wald.

„Verflixt!"

Jetzt war der Hund auch noch weg.

Etwas bedrückt und durcheinander, aber mit dem Wissen, dass Giant bis jetzt immer wieder zurückkommen war, ging sie zu Dheas und führte ihn in die Koppel. Nicht, dass ihr der Hengst auch noch davonlief. Das fehlte gerade noch, dass sie solche Nachrichten zu Alena tragen musste.

Sie befühlte das lederne Bündel in ihrer Hand. Eigentlich war sie sehr neugierig, aber es wäre nicht recht, wenn sie das Band abgemacht und nach dem Inhalt gesehen hätte. Nein, dass durfte sie nicht tun. Sie würde jedoch auf alle Fälle vorher mit dem Arzt sprechen, ob für Alena solche geheimnisvollen Dinge derzeit gut waren. Die ganze Sache mit dem Fremden war einfach komisch und bei Alenas instabilen Zustand hieß es äußerst vorsichtig zu sein. Nächste Woche hatte sie zwei Tage frei und konnte endlich Alena besuchen. Erin versprach ihr nach den Tieren zu sehen. Tanja richtete sich bereits die ganzen Sachen her, die sie von Alena telefonisch in Auftrag zum Mitnehmen bekommen hatte. Es handelte sich vorwiegend um Bücher, neben ein paar benötigten Kleidungsstücken.

Im Haus legte sie das lederne Bündel zu diesen Dingen auf die Couch. Die Fahrt zur Klinik dauerte knapp fünf Stunden, aber sie freute sich schon sehr auf das Wiedersehen mit ihrer Freundin.

°

Das tosende Meer schlug rhythmisch an die nahe Küste und Möwen empfingen schreiend hoch am Himmel den angebrochenen Morgen.

Alena schlug langsam die Augen auf. Sie hatte diese Nacht einen Traum. Sie hatte von Ryan geträumt. Wie er sie küsste, so wie damals, beim Sonnenaufgang, sie streichelte, sie berührte, sie hemmungslos begehrte.

Sie gingen am Ufer des großen Sees entlang, alleine, in einer Mondscheinnacht und stiegen in das dunkle Wasser. Sanfte Wellen durchwirbelten die silbrige Mondsichel auf der Oberfläche, als sie hindurchglitten und danach am nahen Ufer rasteten. Die kühle Luft der Nacht drang nicht zu ihr vor. Sie fühlte nur seine Nähe, seine Wärme, hier, zwischen den Waldbäumen stehend ergab sie sich seinen Berührungen, seinen zart flüsternden Worten, die sie immer wieder zwischen den ungestümen Küssen erschaudern und sie mit den eigenen Händen seinen Körper erforschen ließen.

Die noch nasse Haut fühlte sich glatt und kühl an und mit ihren Augen fuhr sie über die Konturen seiner im Mondschein nur schemenhaft erkennbaren Gestalt. Katzenhaft spannte sich jeder Muskel, als er sich langsam über sie beugte. Sie seufzte leise. Seine Hand glitt nun über ihre Hüften, bahnten sich den Weg über den Bauch weiter nach oben. In der Luft lag sein Duft nach wildem Honigklee, für sie so betörend wie am Anfang und durch seine fordernden Berührungen wand sie sich wie ein hilfloses Wesen, dem Zauber ergebend den er in ihr wachrief. Noch nie hatte sie eine solche Sehnsucht für einen Mann verspürt.

Er hielt inne, blickte tief in ihre Augen und sie bemerkte ihren schnelleren Atem. Zart hauchte er über ihre nasse Haut, neckte sie damit an empfindlichen Stellen und spielte mit ihren Sinnen bis sie vor Erregung zitterte und sich fordernd an ihn presste. Unter sanftem Druck befreite er sich und seine Lippen erforschten ihr Gesicht, ihren empfindsamen Hals und begaben sich auf eine Reise zu den tiefsten Abgründen ihrer Sinneslust.

Unzählbare Tränen liefen Alena nun wieder über ihre Wangen. Dies war damals niemals geschehen, aber auch so war es nur ein weiterer Traum von ihrem Ryan, der nie mehr in ihr Leben trat.

Sie starrte gedankenverloren zur Decke hoch. Dann fiel ihr ein, dass heute Tanja zu Besuch kam. Mit scheinbar bleiernen Knochen stieg sie aus dem Bett und schleppte sich ins Bad.

°

Tanja eilte voller Freude zu Alenas Zimmer. Im Gebäude war es sehr hell und viele Pflanzen mit Wasserbrunnen zierten die breiten Gänge. Auf den Stufen zur Klinik hatte sie zuvor noch Alenas Mutter getroffen, die ihr den leider immer noch sehr depressiven Zustand ihrer Tochter schilderte. Tanja erzählte ihr vom Besuch und Geschenk des eigenartigen Fremden und das sie mit den Ärzten vorher noch darüber sprechen wollte.

Ihre Mutter winkte jedoch so heftig ab, dass sie sich vornahm, es Alena zu einem späteren Zeitpunkt zu sagen. Sie wollte auf keinen Fall riskieren, dass sie sich noch schlechter fühlte. Noch dazu hatte sie das Bündel vor der Abreise nicht gefunden. Anscheinend war es irgendwo bei der Couch bei den vorbereiteten Dingen für Alena hinuntergerutscht und sie wollte nicht noch länger danach suchen. Sie hatte schon zuviel Zeit verloren um wäre noch später weggekommen.

Sie fand Alena im Bett und offensichtlich hatte sie zuvor geweint, denn ihre Augen waren leicht gerötet. Tanja fiel es schwer, ihre Freude aufrecht zu erhalten, aber sie erzählte ihrer Freundin viel über Dheas, Giant und Joy und über die Fortschritte bei der Arbeit. Für kurze Zeit ließ sich Alena sogar in fachliche Diskussionen ein, schien aber dann rasch wieder in eine sehr verlorene, traurige Stimmung zu verfallen. Nichts konnte sie umstimmen, aber Tanja gab nicht auf und würde sie Morgen zu einem langen Spaziergang am Strand überreden. Sie nahm sich fest vor, ihre Freundin nicht im Stich zu lassen und für sie da zu sein, egal, wie lange es dauern würde.

°

Ruhe... diese hatte sie sich in den letzten Wochen ihres Kuraufenthalts am dringendsten gewünscht. Eben hatte ihre Mutter sie hier abgesetzt und Alena ließ sich erschöpft auf die Couch fallen und blickte durch das Wohnzimmer.

Eine dicke Staubschicht hatte sich über alle Möbel gelegt. Fast zwei Jahre war sie nicht mehr hier gewesen. Das Leben in der Stadt war ihr fremd geworden und sie wünschte sich wieder in den Wald. Doch konnte sie nicht mehr zurück. Noch nicht.

Alena nahm den Stapel Post, der sich in den letzten Tagen angesammelt hatte und nicht mehr zu ihr mitgebracht wurde. Unter unwichtigen Dingen fiel ihre Aufmerksamkeit auf einen Brief aus Brasília. Hastig öffnete sie den Umschlag und überflog die Zeilen. Sie hatte an die von ihr im Frühjahr gestellte Bewerbung nicht mehr gedacht. Damals wollte sie sich ständig neu orientieren und jetzt wurde ihr die Stelle mit Anfang Januar bestätigt. Bereits als Kind träumte sie vom südamerikanischen Regenwald und ihre Zeit im ‚Oakwood' wäre ohnedies mit Jahresende ausgelaufen.

Alena seufzte tief. Wollte sie diesen Schritt jetzt überhaupt noch antreten? Wollte sie denn nicht eher einfach nur Ruhe um alles vergessen zu können?

Der Brief glitt ihr aus den Händen und fiel raschelnd zu Boden. Langsam kroch die Stille der Wohnung beklemmend in ihr hoch. Vielleicht war Ruhe doch nicht das Beste um zu vergessen.

Tanja rief sie fast täglich an und berichtete ihr über den Wald und ihre Tiere und natürlich über Erin, ihrem Schwarm.

Zwei Wochen später gab Alena endlich dem Drängen nach und willigte zu einem einwöchigen Besuch bei ihr auf der Station ein.

Sie war sehr nervös, als sie den Koffer und die zusammen gefalteten Umzugskartons in das Auto packte. Doch in ihr wuchs die Entschlossenheit, nun neu anzufangen.

°

„Lass mich alleine reiten", flehte Alena nun schon zum zehnten Mal. „Ich muss das alleine machen, ich muss... Abschied nehmen. Versteh' mich doch, Tatjana! Ich bin wirklich wieder gesund, du hast es doch selbst von den Ärzten gehört."

Tanjas Gegenargumente hielten nicht mehr stand und im Grunde konnte sie Alena ohnedies nichts verbieten, denn immer wenn sie sie ‚Tatjana' nannte, war es ihr vollkommen ernst. Im Gegensatz zu ihr, liebte Alena diesen langen Namen, der ihre russische Herkunft präsentierte und ‚schöne Prinzessin' bedeutete.

Aber ihr zu helfen, war das Einzige das Tanja derzeit vermochte. Sie hatte einfach kein gutes Gefühl dabei, Alena alleine mit Dheas und noch dazu so weit hinaus, reiten zu lassen. Aber alle Vernunft half bei ihrer Freundin nichts. Sie kannte sie schon lange genug.

„Okay", murmelte Tanja und räumte weiter Alenas Bücher in die mitgebrachten Umzugskartons, wobei sie diese hier aus Zorn fast schon etwas zu heftig hineinschmiss.

„He, nicht so wild! Das sind alles besondere Bücher!", rief Alena entsetzt auf und hob ein über den Kartonrand hinuntergefallenes Buch vom Boden auf.

Sie strich liebevoll mit der Hand über den Einband. Es war ihr geliebtes Sagenbuch und sie legte es vorsichtig auf den nebenstehenden Tisch.

„Entschuldige", kam es von Tanja beschämt, „das wollte ich nicht. Du bringst mich mit diesem Wunsch einfach komplett aus der Fassung. Aber dann geh jetzt, damit du zumindest vor der Dunkelheit wieder zurück bist, sonst sterbe ich hier vor Angst!"

Das ließ sich Alena nicht zweimal sagen und schon war sie draußen bei Dheas.

Es war ungewohnt, nach so langer Zeit Sattel und Zaumzeug hervorzuholen und für einen Ausritt herzurichten, aber alles war ihr wiederum vertraut. Dheas Brummeln, das leise Schnattern der Gänse, die vor der Türe zur Koppel noch die spätsommerlichen Gräser abweideten, Maggy, die draußen mit Giant herumtollte und der herrliche Duft des Heus vom Stall. Alles war so ‚wie immer' und doch nicht ganz. Etwas fehlte, jemand fehlte, aber von ihm würde sie heute entgültig Abschied nehmen.

Der Weg zum See erschien ihr nach einiger Zeit sehr beschwerlich. Zwar hatte sie vor Wochen mit einem gezielten Konditionstraining begonnen, aber Reiten stand dort leider nicht am Programm. So spürte sie bereits bald ihre Sitzknochen und stieg ab um eine Weile neben Dheas und Giant am Waldweg entlang zu gehen. Unwillkürlich ließ sie die Zügel des Hengstes los und merkte dies erst nach einiger Zeit, doch Dheas ging weiter brav an ihrer Seite.

Das wäre früher fast unmöglich gewesen, dachte Alena und freute sich darüber. Sie hatte anscheinend jetzt nach dem Unfall doch neuen Mut mit ihrem Hengst gefasst.

Die hohen Kieferbäume des letzten längeren Waldstückes vor dem See starrten immer noch mächtig auf sie herunter, und andachtsvoll durchschritt sie jedes Mal diesen Abschnitt. Der weiche, nadelbedeckte Boden dämpfte hier jeden Fußtritt, selbst Dheas' schienen fast vollkommen geschluckt zu werden und das laute Klopfen der Buntspechte und der zu dieser Jahreszeit vordringlich herbstliche Zirpgesang der Kohlmeisen schallte laut über ihren Köpfen entlang.

Es musste bereits weit nach Mittag sein, als Alena ihre Unfallstelle erreichte. Wild pochte ihr Herz, als sie kurz stehen blieb und sich hier umblickte. Alles wirkte friedlich und ruhig und Alena konnte nicht mehr sagen, an was sie sich genau erinnerte. Unwillkürlich suchte sie nach dem Sternenmond im halbhohen Gras, gedachte dabei Dinge, die nie geschehen waren und so ging sie bald weiter in Richtung des Sees, ließ damit symbolisch das Vergangene hinter sich.

Die aufsteigende Feuchtigkeit des noch wärmeren Gewässers brachte an der Oberfläche leichten Nebel hervor und die ohnedies heute trübe Sonne blickte noch ergrauter zwischen den Baumspitzen hindurch. Das einstige Funkeln des Sees war zu einem matten Schimmern verblichen und Nebelschleier krochen auf der Oberfläche entlang. Der leise, kaum wahrnehmbare Wind kräuselte sich in deren Ausläufern und in Eintracht mit der bereits beginnenden herbstlichen Ruhe legte sich etwas Mystisches über den großen Waldsee.

Erste, vereinzelte Blätter fielen von den Bäumen, segelten grazil zu Boden und Alena hob eines von den am Ufer stehenden Schwarzerlen auf. Rau und zerbrechlich fühlte sich das braune Blatt zwischen ihren Finger an und am Seerand stehend ließ sie es wieder aus ihrer Hand gleiten und beobachtete dessen Schweben bis es sanft auf der Wasseroberfläche landete.

„Ich fange von vorne an", wisperte sie zum See gerichtet. „Mögen meine Träume eines Tages Sinn ergeben und nur mehr Frieden in mein Herz bringen."

Ein plötzlich sanfter Windhauch umfing das Blatt und trieb es wie ein Segelboot weiter auf den See hinaus. Sie stand am Rande einer schmalen Stelle des Sees und verfolgte gespannt diesem Schauspiel. Jäh frischte der Wind auf, vertrieb die Nebelschwaden, ergriff das Blatt und ließ es in der Luft tanzen. Alena hob den Kopf zu dem nun anschwellenden, wildem Rauschen der Tannen vom anderen, steilen Seeufer. Es war ihr, als würde sie ein Flüstern inmitten der Stimmen der Natur vernehmen, leise, aber ohne jeglichen Rhythmus drang es zu ihr hinunter.

Es war nur ein flüchtiger Moment, denn im nächsten Augenblick verlor der Wind an seiner Kraft. Ihr Blick fiel wieder auf das Blatt, dass wie mit Zauberhand am jenseits gelegenen Uferrand nieder schwebte und dort liegen blieb.

Der Wind verflog so rasch, wie er gekommen war und die ersten Nebelfetzen begannen wieder den See zu überfluten.

Das andere Ufer, durchfuhr es Alena, dort, wo die Elben zeitweise lebten und sie mit ihnen das Sommersternenfest gefeiert hatte.

Mit großen Augen starrte sie auf die, nun nebelüberzogene, Wasseroberfläche. Dieser ungewöhnliche Wind, der das Blatt genau an das andere Ufer getragen hatte, zusammen mit dem vorhin eigenartigen, flüsternden Rauschen der Tannen, jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Sollte sie darin ein Zeichen erkennen, eine Nachricht? Hatte ihr Ryan nicht immer von Dingen erzählt, die kaum fassbar, kaum begreifbar für ihre Denkweise waren? Was wäre, wenn...? Sie schloss ihre Augen.

„Nein, ich fange von vorne an", flüsterte sie, nun wieder zu den Schwarzerlen um sie herum gerichtet und danach zu den Tannen des anderen Ufers blickend.

„Wenn es ihn wirklich gab, dann gebt ihn mir zurück, aber wenn nicht, dann lasst mich in Ruhe!"

Die letzten Worte schrie sie fast, wandte sich danach entschlossen zu Dheas und Giant, die sie beide nebeneinander stehend aus großen treuen Augen anstarrten.

„Wir gehen heim", sagte sie entschlossen.

°

Kühl und windig stellte sich der erste Herbsttag dieses Jahres vor und Alena zog die Weste enger um ihren Körper, als sie nach dem Mittagessen in den Stall eilte. Die frische Luft der letzten Woche war ihr hier gut bekommen und sie spürte wieder ihre alte Abenteuerlust in ihr rückkehren. Alles war wie am Anfang. Dheas wieherte ihr entgegen und Giant war an ihrer Seite. Ein herrliches Gefühl.

Trotzdem, die Veränderung, für die sie sich in ihrem Leben nun entschlossen hatte, würde einen Abschied von diesen beiden treuen Freunden bedeuten. Gleich heute beim Nachmittagskaffe wollte sie Tanja alles über den nächsten Schritt in ihrem Leben erzählen. Es war die Chance für einen Neuanfang, den sie jetzt so dringend brauchte.

„Du... du gehst nach Brasilien?"

Tanja verschluckte sich fast an ihrem Stück selbstgebackenen Apfelkuchen.

Alena grinste und sie stotterte weiter.

„Aber... aber ich dachte, ein Dauerjob wäre für dich nichts! Du wolltest doch nie länger als zwei Jahre an einem Projekt arbeiten. Warum dieser Sinneswandel?"

Sie blickte ihre Freundin mit großen Augen an und erkannte sie nicht wieder.

„Ich habe mich im Frühjahr dort als Assistentin beworben und habe bei meiner Rückkehr nun ein Angebot bekommen. Jedoch würde man mich für mindestens fünf Jahre brauchen und bietet mir eine Option auf eine uneingeschränkte Dienstdauer. Und... es war immer schon mein Traum im südamerikanischen Regenwald zu forschen. Ich wolle immer schon in den Westen, vielmehr als in die östlichen Regenwälder."

„Ja, das weiß ich", erinnerte sich Tanja, „aber, es würde auch bedeuten, dass wir uns fast nicht mehr sehen können. Wahrscheinlich nur einmal im Jahr!"

Alenas Lächeln wurde verschmilzt.

„Ich kann mir meinen Assistenten frei wählen. Hast du Lust?", fragte sie Tanja spontan, die nur mit den Augen blinzelte.

Das kam alles so überraschend für sie. Doch dann schüttelte sie den Kopf.

„Nein. Ich kann hier nicht weg. Wer würde denn für Dheas und Giant sorgen? Und wer würde sich denn den attraktiven neuen Tierarzt angeln, wenn nicht ich? Ich kann ihn doch nicht bei dieser Meute von jungen Dingern, die sonst hier noch leben, einfach so ungeschützt zurücklassen?"

Ein sehr schelmisches Grinsen breitete sich auf Tanjas schlankem Gesicht aus.

„Du bist mir eine", stimmte Alena in ihr Lächeln ein, bevor sie sehr erst wurde.

„Dheas und Giant. Es wird mir das Herz brechen, ich weiß es genau. Bei dir sind sie jedoch in den besten Händen und sie mögen dich sehr. Aber kannst du mich verstehen, dass ich es tun muss?"

„Ja, ich verstehe es. So eine Chance wird einem nicht alle Tage geboten und du würdest es für immer bereuen, wenn du sie nicht annehmen würdest."

Alena blickte in das Gesicht ihrer Freundin. Sie verstand ihre Gründe, aber den wahren Grund konnte sie ihr immer noch nicht verraten. Dann holte sie schnell ihre Tasche und überreichte Tanja ein Buch.

„Das muss ich jetzt schnell lernen. Brasilianisches Portugiesisch. Es ist gar nicht so einfach und unterscheidet sich doch vom europäischen."

Tanja blätterte etwas darin herum.

„Oh! Die Grammatik hört sich nicht ganz einfach an. Kannst du schon etwas sprechen? Warte mal", Tanja stellte sich wie eine Lehrerin vor Alena auf, „etwas ganz einfaches. Was heißt ‚Mein Name ist Alena'?"

Sie blickte grinsend in die Augen ihrer Freundin, doch diese sagte kein Wort, reagierte nicht einmal sonderlich darauf.

„Nicht? Also. Das heißt ‚Meu nome é Alena'."

Nach einer Weile erstarb Tanjas Lächeln, denn Alena sah sie traurig und fast wie abwesend an.

„Alena eneth nîn", flüsterte sie, für Tanja unverständlich.

„Was sagst du? Nein, dass stimmt nicht ‚Meu nome é Alena'. Komm, sprich es nach."

Alena winkte ab.

„Nein. Lass uns etwas anderes machen. Hilfst du noch beim Packen?"

„Selbstverständlich", antwortete Tanja und fasste ihre Freundin am Arm, „geht es dir gut?", fügte sie noch hinzu.

Alena dachte kurz nach, sagte dann: „Ja, es geht mir jeden Tag besser."

°

Nach einigen Stunden der Packerei wirkte das kleine Haus bereits ziemlich leergeräumt und neben der Türe stapelten sich die ersten vollen Umzugkartons.

„Das darf es ja wirklich nicht geben. Du gehst fort und ich übernehme hier deine wunderbare Stelle, das Haus, deine Tiere und diesen herrlichen Wald", jammerte Tanja, während sie einen weiteren Karton auf die anderen stapelte.

„Und den neuen Tierarzt. Den übernimmst du doch auch", scherzte Alena und es tat so gut, wieder fröhlich zu sein.

Keck richtete sich Tanja vor ihr auf.

„Wirst schon sehen. Den schnapp ich mir! Da wird dich noch der Neid fressen und du wirst auf deinen Lianen herumschwingen und es ziemlich bereuen das gute alte Irland verlassen zu haben!"

Alena lächelte.

„Ja, aber bei mir wird es immer schön warm sein und speziell im Winter werde ich es nicht so sehr vermissen. Aber ich bleibe ja nicht für immer dort. Ich werde sicher danach noch weiter ziehen. Vielleicht ergibt sich ja auch einmal eine Chance für die Galapagos?"

„Das glaubst du ja jetzt selbst nicht mehr. Soviel Glück kann man nicht in einem Leben haben. Zuerst den Regenwald, dann DIE Biologeninsel schlechthin. Aber ich wäre es dir vergönnt, nur, da würde ich auf alle Fälle hin mitkommen."

„Wer weiß, was das Leben noch bringt?"

Alena blickte lächelnd durch das große Wohnzimmer.

„Haben wir noch etwas vergessen? Ich kontrolliere am Besten auch nochmals die Küche."

„Okay. Und ich das Wohnzimmer", murmelte Tanja, die sich freute, dass Alena wieder mehr lächelte.

„Hier ist noch ein Buch am Tisch liegengeblieben. Dein Sagenbuch."

„Ah! Das will ich unbedingt nach Südamerika mitnehmen. Ein Stück Heimat sozusagen", rief Alena aus der Küche.

Tanja hob es hoch, doch es rutschte ihr aus der Hand.

„Verflixt", rief sie aus.

Mit dem Rücken nach oben lag es nun aufgeschlagen am Boden. Zum Glück waren die Ecken heil geblieben, denn sie wusste, dass Alena dieses Buch sehr liebte. Beim Hochheben fiel ein weißes Blatt Papier heraus. Tanja nahm es in die Hand und musterte es interessiert. Ein paar sonderbare Zeichen und ein Wort waren darauf zu lesen.

„Was ist denn ein ‚tengwar', Alena? Ich dachte, ich kenne alle Fabelwesen bei uns."

Klirrend fiel ein Teller auf den Boden der Küche. Tanja lief sofort zu Alena, die nur starr dastand und ihr mit großen Augen entgegenblickte.

„Wo hast du das gelesen?", flüsterte sie, ohne sich zu bewegen.

Tanja überreichte ihr den Zettel und Alena nahm ihn mit zitternden Fingern und hielt die Luft an. Es war das Blatt auf dem Ryan den Namen seiner Sprache geschrieben hatte, damals, als sie ihn bei sich aufgenommen hatte und sie im Internet nach seiner Herkunft forschen wollte. Die elbischen Buchstaben waren ebenfalls noch deutlich zu erkennen.

„Es... war also doch kein Traum. Ryan gibt es wirklich!"

Sie begann am ganzen Körper zu zittern und spürte, wie diese Tatsache sprichwörtlich in sie einschlug. Schluchzend griff sie nach dem Stuhl neben ihr, setzte sich, bevor sie fast zu Boden gegangen wäre.

„Alena!", rief Tanja und war gleich an ihrer Seite, „von was redest du?"

Alenas Herz raste und sie konnte kaum sprechen.

„Von... Ryan... von meinem Ryan!"

„Welcher Ryan?"

Tanja fasste Alena bei den Händen und bemerkte ihr Zittern und hörte weiter ihren fast flüsternden, erklärenden Worten zu.

„Den Ryan, den ich vor dem Unfall hier im Wald verletzt gefunden hatte und dann einige Zeit mit ihm zusammen hier verbrachte und sich dann alles als Traum herausgestellt hatte, und..."

Tanja sah ihre Freundin nur verständnislos an.

„Aber dies hier hatte er geschrieben, vor meinen Augen. Es ist der Name seiner Sprache. Verstehst du? Es gibt ihn wirklich!"

Tanja stand ruckartig auf und stotterte: „Oh, du meine Güte... da fällt mir etwas ein, Alena. Es war ein Mann hier, während du weg warst. Ein Fremder, der mit einem auffälligen Akzent gesprochen hatte."

Alena holte tief Luft und Tanja sprach beschämt weiter.

„Er wollte mir seinen Namen nicht verraten und da die Situation so komisch war und ich dich vor allem beschützen wollte und... auch dann deine Mutter meinte, wir sollten dich jetzt nicht mit so etwas belasten..."

Alena stand ebenfalls auf und unterbrach sie.

„Wie sah er aus? Beschreib ihn mir!"

Tanja blickte nachdenklich zum Fenster zur Auffahrt hinaus, wo sie ihn damals angetroffen hatte.

„Groß, schlank, blondes, langes Haar und... und die wundervollsten blauen Augen, in die ich jemals geblickt habe."

Alena schluchzte und setzte sich nochmals nieder.

„Das war Ryan!", brach sie unter aufkeimenden Tränen hervor und spürte, wie sich ihre Gefühle in ihr überschlugen und hemmungslos liefen weitere Tränen über ihre Wangen.

„Tanja, weißt du was das bedeutet? Es gibt ihn wirklich, es war kein Traum!"

Tanja fühlte sich jetzt sehr elend, weil sie Alena von dem Besuch erst jetzt erzählte, sah jedoch auch diese immense Hoffnung in Alenas Augen aufblitzen und fügte noch hinzu: „Warte. Er hat mir etwas hier gelassen für dich. Ich... könnte mich jetzt ohrfeigen, dass ich es dir damals nicht gleich mitgebracht habe und jetzt hatte ich es komplett vergessen."

Und mit einem sehr entschuldigenden Blick fügte sie noch hinzu: „Ich muss es nur noch suchen."

Alena folgte ihr mit jedem Schritt ins Wohnzimmer. Dort durchsuchte Tanja die Couch, fuhr mit den Händen in die gepolsterten Zwischenräume und schrie bald danach freudig auf.

„Hier ist es. Es ist tatsächlich dort hinunter gerutscht, wie ich vermutete hatte."

Tanja legte Alena ein braunes, ledernes Bündel in die Hand. Immer noch liefen ihr die Tränen an den Wangen hinab, immer noch raste ihr Herz und sie atmete schneller. Langsam entfernte sie das Lederband, fuhr mit den Fingern in die schmale Öffnung und fühlte etwas Kleines, Kaltes. Vorsichtig zog sie den silbernen Sternenmond heraus und fuhr mit der Hand an den Mund.

„Der Sternenmond. Oh, Tanja!"

Sie ließ sich in die Arme ihrer Freundin fallen und weinte hemmungslos.

„Ich verstehe das Ganze zwar immer noch nicht ganz, aber ich erinnere mich, ihm gesagt zu haben, dass du im Herbst wieder hier sein wirst. Er fragte damals auch noch, wo du seihst und als ich ihm von der Küste erzählte, meinte er noch, dass es weit weg sei und er nun fort müsste."

Alena blickte tränenüberströmt zu ihr auf und Tanja erzählte weiter: „Ich hatte das Gefühl, er wusste nun, was er wissen wollte und kommt im Herbst sicher wieder um dich zu finden."

„Ich muss zu ihm, ich muss ihn finden, denn vielleicht kommt er ja nicht mehr!"

Sie zitterte am ganzen Körper. Tanjas Miene wurde ernst.

„Er erwähnte noch, dass du dich sicher nicht mehr an ihn erinnern würdest und darum Namen keine Bedeutung hätten."

„Das heißt, er wird nicht mehr kommen, er denkt, ich hätte auch alles vergessen, so wie ihr alle hier oder wie auch immer das geschehen ist. Aber warum ist dieses Blatt Papier nicht verschwunden? Vielleicht, weil er es geschrieben hatte, oder es bereits so früh geschrieben wurde?", fragte Alena, fast mehr zu sich selbst.

Tanja schüttelte den Kopf.

„Du verwirrst mich immer mehr, aber ich befürchte jetzt auch, dass er nicht mehr kommen würde. Wo kam er denn überhaupt her?"

Alena hörte ihr gar nicht mehr zu, sondern murmelte gedankenverloren weiter. Ihre Tränen waren getrocknet, nun wollte sie ihn einfach nur mehr finden. Sie blickte in Tanjas verwirrtes Gesicht.

„'Wenn Tag und Nacht sich einen', sagte Ryan mir damals beim Abschied, bevor wir getrennt wurden. Aber ich konnte ihn nicht mehr nach der Bedeutung fragen. Wann ist das?"

Tanja warf die Arme in die Höhe.

„Du fragst Sachen. Vielleicht meinte er die Dämmerung? Da vereinen sich Tag und Nacht."

„Nein, dass wäre zu früh gewesen, denn das würde dann den nächsten Tag bedeuten. Es müsste einige Wochen oder gar Monate später sein."

„Dann kann es sich nur auf die Länge von Tag und Nacht beziehen. Zu Mittsommer haben wir den längsten Tag und die kürzeste Nacht und zu Winterbeginn ist es genau umgekehrt, und..."

„... zu Herbstbeginn gleichen sich die Zeiten von Tag und Nacht! Sie ‚einen' sich!", unterbrach sie Alena. Sie schoss in die Höhe.

„Heute! Tanja, das ist heute! Ich muss zum See!"

Tanja hielt Alena gerade noch an ihrem Arm fest.

„Warte! Jetzt mal langsam, wo kommt er überhaupt her, ich mein, er ist kein Ire mit seinem Akzent und was meintest du vorhin, dass er verletzt war und ihr zusammen wart? Er wirkte irgendwie so anders, als ein normaler Mann!"

Sie sah einen Hauch von Skepsis über Tanjas Gesicht huschen. Grinsend griff sie nach dem Sagenbuch, blätterte darin und legte es mit einer geöffneten Seite in Tanjas Hände. Grinsend fügte sie hinzu: „Hier lies, dann weißt du wer er ist... oder ‚was' er ist und glaube mir, es stimmt, aber verrate es niemanden."

Sie wandte sich zum gehen, sagte jedoch noch: „Aber es würde dir ohnedies niemand glauben."

Dann lief sie so schnell es ging zur Türe hinaus.

Tanja betrachte die Seite, die ein weißes Pferd zeigte, dessen Fell metallisch schimmerte und nebenstehend war ein großer, schlanker Mann abgebildet, mit langem, blonden Haar und in grünes Gewand, mit einem dunklen Umhang gekleidet. Unterhalb stand ein Text mit folgendem Wortlaut.

Elben, Wesen des Lichts und der Sterne, auch das ‚stille Volk' genannt, leben noch heute tief in den Wäldern Irlands versteckt, im Einklang mit der Natur und können die Pflanzen nach ihrem Belieben formen. Keinem Menschen gönnen sie einen Blick auf sich, doch manch einer berichtet von den wundervollen Klängen ihrer Musik, welche sie bei den zahlreichen Festen vorbringen, aber gesehen haben sie nur wenige.

°

Dicht über Dheas wild wallende Mähne gebückt, jagte sie mit ihm und Giant an der Seite in Richtung Norden. Keine Zeit mehr hatte sie sich für Sattel und Zaumzeug genommen, sondern war wie eine Elbe einfach auf ihn gesprungen und bat ihn, so schnell zu laufen, wie er nur konnte.

Immer wieder musste sie tiefhängenden Ästen ausweichen und dem Hengst eine langsamere Gangart gönnen. Beide Tiere spürten ihre große Nervosität und sie selbst konnte sich kaum halten. Tränen liefen ihr über die Wangen und sie zitterte vor Angst, dass sie ihn nicht finden würde und er vielleicht nun wirklich für immer verschwunden war. Doch spürte sie den Sternenmond an ihrer Brust und hatte das sichere Gefühl ihn zumindest einmal noch zu treffen. Mehr forderte sie von ihrem Schicksal nicht ein. Nochmals spornte sie Dheas zu einem schnelleren Galopp an.

„Bitte, lauf schneller, Dheas. Einmal noch, für mich!"

Schnaubend wurde der Hengst tatsächlich schneller.

Nachdem die Stecke am Waldrand entlang passiert war, tauchten sie nun in dichtere, bewachsene Wege ein. Die bereits tiefer stehende Sonne ließ hier lange Schatten entstehen, aber zum Glück war ihr der Weg genau bekannt.

Nach einer Stunde langten sie endlich bei den hohen Kieferbäumen an, doch der See lag noch ein weiteres Stück entfernt. Dheas brauchte ungedingt eine Pause, selbst Giant hechelte schon heftig. An dieser Stelle drang noch weniger Licht in den Wald und der geräuschdämpfende Boden verlieh diesem, nun düster wirkenden, Ort etwas Unheimliches.

Alena gedachte plötzlich der Orkangriffe, die nun ebenfalls wieder in reale Formen annahmen. Unwillkürlich strich ihr Blick nervös an den Baumreihen entlang und in der Ferne sah sie etwas Weißes, Helles. Es bewegte sich auf sie zu. Alena stoppte Dheas, umklammerte seine Mähne und ließ sich heruntergleiten.

Bald erkannte sie ein Pferd und weiter näherkommend dessen metallenen Glanz. Sie konnte keinen Reiter auf ihm erkennen, doch war es eindeutig Ryans Hengst.

„Ellesûl", flüsterte sie aufgeregt und blickte dem Hengst erwartungsvoll entgegen.

Plötzlich war ihr, als spüre sie etwas hinter ihr, eine fühlbare Wärme, als würde sie jemand sanft berühren. Sie drehte sich um... und dann sah sie ihn.

Er stand in greifbarer Nähe hinter ihr, lächelte sanft und blickte sie erwartungsvoll an. Alena lief los und sank in seine Arme, die sich sofort um sie schlossen.

„Ich... ich...", stotterte Alena unter Tränen, doch sie war der Worte unfähig, konnte nicht weitersprechen.

Wortlos drückte er sie noch fester an sich. Er würde sie nie mehr loslassen, sie nie mehr gehen lassen. Nie mehr, in seinem ganzen Leben. Tränen flossen über beide Gesichter und Alena blickte zu ihm hoch, strich sanft über seine nassen Wangen.

„Ryan", hauchte sie. „ich dachte, du warst nur ein Traum."

Ebenso, kaum des Sprechens fähig, flüsterte er: „Und ich war mir sicher dich... verloren zu haben."

Er drückte sie nochmals an sich, vergrub sein Gesicht in ihrem wallenden Haar. Sein herrlicher Duft nach wildem Honigklee umspielte ihre Sinne. Wie hatte sie ihn vermisst, ihren Elben. Mehr denn je spürte sie jetzt, wie sehr sich ihr Herz nach ihm verzehrte.

„Aber heute wäre ich zu dir gekommen, egal wie weit weg du gewesen wärest", flüsterte er weiter und blickte tief in ihre blauen Augen. „Nichts kann uns jetzt mehr trennen."

Die Gefühle gingen so tief, ließen beide Herzen wild schlagen und am Körper leicht erzitterten. Alena fragte zaghaft, ungewollt dieses Thema jetzt anzusprechen.

„Auch deine Leute nicht mehr?"

Ein Lächeln huschte über seine Lippen.

„Nein, denn sie haben es endlich akzeptiert, dass ich mich für ein Leben mit dir entschieden habe und sie freuen sich schon sehnsüchtig auf unsere Rückkehr. Du bist eingeladen mit mir in unserem Palast zu leben, solange wir das wollen. Dies kam schon seit ewigen Zeiten nicht mehr vor."

„Das würde ich gerne machen", strahlte Alena, „und auch ich würde dir so gerne die weiteren, schönen Dinge meiner Welt zeigen, aber... du kannst ja nie lange bei mir alleine leben", fügte sie noch zaghaft hinzu.

Ryan sah sie nachdenklich an und sprach leise weiter: „Weißt du noch, was ich zu dir beim Abschied sagte? Alles ist möglich, wenn man nur fest dran glaubt. Ich kann bei dir leben, denn ich habe eine Wahl getroffen und mich für dich entschieden. Für eine Weile müssen wir dieses Angebot meiner Leute wahrnehmen, denn bei uns Elben gibt es Regeln, die ich zu befolgen gedenke, bevor wir... den Bund eingehen."

Alena löste sich etwas von ihm und blickte ihn erstaunt an.

„Schau nicht so, meine kleine Irin", sagte er keck und strahle über das ganze Gesicht.

Sein Haar trug er heute offen, ohne jeglichen Zopf umrahmte es sein Gesicht und Alenas Haare wehten ebenso im sanften Wind, der durch die hohen Kieferbäume strich.

„Ich liebe dich, Alena und will nur mit dir zusammen sein."

Eine letzte Träne schlich sich nach diesen Worten über ihr Gesicht und sie legte ihre Hand auf sein Herz.

„Und ich liebe dich, Ryan... Ithildin, mein Elb, der nun ein weiteres Mal zu mir gefunden hat."

Abermals drückte er sie eng an sich und gemeinsam setzten sie sich auf den weichen Boden, ungewollt, diesen Ort so schnell wieder zu verlassen. Alena lehnte mit ihrem Kopf auf seiner Brust und er streichelte ihr Haar, hatte die Augen wie sie geschlossen und sie fühlten einfach nur die Nähe des anderen, vergaßen alles rund um sich.

„Kommst du danach mit mir mit? Nach Südamerika, in den Regenwald?", murmelte Alena nach einer Weile, ohne die Augen zu öffnen. „Ich habe dort eine neue Stelle angenommen und ich darf mir meinen Assistenten selbst auswählen und es wäre doch gelacht, wenn wir aus dir nicht einen perfekten Botanikassistenten machen könnten."

Lächelnd erklärte sie weiter: „Der ‚Elbenfinder' ist uns ohnedies noch mehr als einen Gefallen schuldig und was ich so alles über ihn erfahren habe, kann er uns mit einigen solchen Dingen aushelfen, die wir nun für dich unbedingt besorgen müssen."

Leicht verwirrt und überrascht blickte Ryan auf sie hinab.

„Wo liegt dieser Wald?"

„Er liegt im Westen, in einem fernen, grünen Land, weit über dem Meer, an herrlich weißen Stränden und einer rasch aufgehenden Sonne. Dort gibt es Wälder mit uralten Bäumen, die deine kühnsten Träume übertreffen und dein Herz vor Freude jauchzen lassen. Du wirst so viel Neues entdecken und ich bin mir sicher, dass dir dieses Leben gefallen wird."

Kurz überlegte er.

„In den Westen...", wiederholte Ryan andächtig. „Habe ich dir je erzählt, dass unsere Vorfahren immer davon sprachen in den Westen zu segeln? Dort gab es eine Insel, auf der nur Elben lebten. Es muss eine herrliche Zeit gewesen sein."

Er blickte sie auf eine Weise an, die sie so schmerzlichst vermisst hatte. Sie konnte von Anfang an in seinem Gesicht lesen, seine Gefühle erkennen und jetzt wirkte er wie ein 12-jähriger Junge, der die Welt zu entdecken begann.

Fast euphorisch sprach er weiter: „Gut. Lass uns in den Westen gehen. Hatte ich auch jemals erwähnt, dass ich den Westwind liebe? Er birgt die besten Geschichten in sich. Und ich werde das Meer wiedersehen, wo der Wind die großen Wellen an den Küsten empor wirft und die weißen Schaumkronen wie Funken hinweg versprüht und in ihm, sich die Möwen grazil schaukeln und bei Sonnenuntergang deren Schreie der Freiheit klangvoll verhallen."

Alena konnte nicht anders, als ihn nochmals in ihre Arme zu nehmen, immer wieder. Hier war er. Es war ihr Ryan, ihr Elb und nichts würde sie jemals mehr von ihm trennen können.

Dieser Augenblick sollte nie mehr enden, immer noch hielten sie sich fest umschlossen und rund um sie wehte schmeichelnd der letzte, warme Westwind... der Wind, der Erinnerungen mit sich trug, neue aufnahm, um sie an anderen Orten, zu anderen Zeiten wieder weiterzugeben. Leise trug er ein Flüstern zu Ryan, der kurz seinen Kopf hob und danach lächelte. Alena, in seine sanften Augen blickend fragte leise: „Was erzählen sie?"

Sein Lächeln verstärkte sich und er flüsterte: „A vanimar, vanimálion nostari." (Oh ihr Schönen, Eltern schöner Kinder.)

Alena zog eine Augenbraue hoch und Ryan fügte hinzu: „Sie sprechen nur unsere alte Sprache, die wir ihnen einst lehrten. Aber,... ich übersetze dir das später einmal."

Sein Grinsen wurde stärker, denn er wusste um ihre Neugierde, die sich jetzt deutlich in ihrem Gesicht abzeichnete und immer mehr in Ungeduld verwandelte.

Schnell erklärte er noch: „Sie geben uns ihre Art von Segen, so in gewisser Weise, könnte man das so nennen."

Noch immer verwirrt blickte sie in sein Gesicht, dass nun einen sehr schelmischen Ausdruck bekam, bevor sie in ozeanblauen Augen versank und nur mehr die darin gefangenen Sterne wahrnahm und am ganzen Körper erschauderte, als er ihre Lippen mit den seinen umschloss und sie zuerst sanft, dann immer fordernder, mit leidenschaftlichen Küssen bedeckte.

Die Sonne war längst hinter den Hügeln untergegangen und erste Nebelschwaden zogen durch den spätsommerlichen Wald. Eine unendliche Stille breitete sich rund um Alena und Ryan aus, als sie mit ihren Pferden und Giant Richtung Nordenosten losritten, bis in der Ferne ihre Silhouetten im Nebel verblassten und nur mehr der Wind und die Bäume ihre Geschichte bis in ewige Zeiten weiter trugen.

°

Viele Jahre nach diesen Sommertagen, in Irland...

... in dem Land wo Sagen, Mythen und Legenden noch lebendig sind...

„Ich muss jetzt los um die Nightjars zu zählen. Bis heute Abend, mein Schatz."

Tanja gab Erin noch schnell einen Kuss und öffnete die Türe der kleinen Forschungsstation im Oakwood Nationalpark. Schon kam ihr ihre kleine Tochter aufgeregt entgegen.

„Mama, Mama! Schau was ich gefunden habe!"

Sie legte ihrer Mutter ein sehr schäbig wirkendes, dickes Buch in die Hand und Tanja blätterte die letzten Seiten auf, las neugierig, die mit zittriger Handschrift verfassten Zeilen.

„...als ich nach vielen Jahren meiner Suche in den Nationalpark zurückkehrte, zu den mir bekannten Plätzen nochmals aufbrach, vernahm ich zum ersten Mal das leise Flüstern der Bäume, wie ein streichelnder Hauch des Windes drang es an mein Ohr, mir von Ryan erzählend, der sein elbisches Leben hinter sich ließ um mit Alena die Natur mit all ihrer Pracht in fernen westlichen Ländern zu erforschen... ein gemeinsam erfülltes Leben lang...


Das Flüstern verstrich, wie Nebel vom Wind aufgelöst, wurde es still um mich und mehr als je zuvor spürte ich meine Kräfte schwinden und die letzten Seiten würden hier bald mit meinen Gedanken und Erinnerungen gefüllt werden. Langsam umfing mich ein bläulichweißes Leuchten, berührte mich sanft auf meiner Haut und erfüllte mich mit einer längst vergessenen Wärme und dann sah ich in ihre Augen... die Elbe, mit dem ebenholzfarbenen Haar, die mich als Kind rettete... und neben ihr stand ihre Herrin und mit einem Lächeln deuteten sie mir, ihnen zu folgen... sie kamen um mich einzuladen, in ihren verborgenen Elbenpalast, jenseits der Menschen Fantasie, jenseits von Grenzen und Zeit, die in uns so schnell verging... und ich werde meine letzten Tage in Frieden verbringen, bei den Elben... bei dem sagenumwobenen ‚Volk der Sterne'..."

Gezeichnet: Caren Uamh, oder besser bekannt als ‚Steltael, die Hexe'

„Caitlin, Schatz, wo hast du das gefunden?"

Das Mädchen deutete auf die drei großen alten Eichen, die heute immer noch dort stehen und die jedem, der an ein bisschen Zauber glaubt, diese Geschichte in sein Herz zuflüstern...

E n d e
(c) 2005 by Elbendrache


Anmerkungen
A vanimar, vanimálion nostari - ist 'Quenya' für 'Oh ihr Schönen, Eltern schöner Kinder' und ein Zitat von Baumbart aus HdR III
Die Beschreibung des 'Westens' lieh' ich mir ebenso von HdR (ist ja eine FF ;-)

Dankesworte an meine Leser

Der Drache kommt leise aus der dunklen Höhle gekrochen, fühlt den frisch wehenden Winterwind auf seinen blauvioletten Schuppen und öffnet die mächtigen Schwingen um hinfort zu fliegen, vollbepackt mit den tiefgründigen Eindrücken und seiner Seele schmeichelnden Worten seiner lieben Leser, die er sicher nie mehr vergessen wird, denn sie haben ihn nicht nur ihre wertvolle Zeit geschenkt, sondern ihn auch mit ihren Reviews unheimlich beeindruckt und sehr stolz gemacht!

hannon le

euer Elbendrache

Elin sílathar aen bo vethed men lîn!

Farewell! I go to find the sun!


Review Antworten zu Kapitel 9
(werden hier laufend aktualisiert)

Tanja
Du, eine meiner Protagonistinnen des letzten Kapitels ;-) Habe dir einen netten Mann ausgesucht, immerhin einen tollen Tierarzt und eine süße kleine Tochter hast du auch bekommen und du darfst jetzt in dieser herrlichen Gegend wohnen bei den drei alten Eichen und... wer weiß, vielleicht siehst du mal das Einhorn, dass ja immer noch dort lebt? ;-) Du hast deine Tradition fortgesetzt und mal wieder als erste eine Review an den hungrigen Drachen abgesetzt. Du hast mich damit ziemlich verwöhnt und ich laufe Gefahr, dass auch bei den kommenden Geschichten zu erwarten (rotwerd). Nein - hier bei mir lesen ist freiwillig, mal klar. Deine Worte zu meinem Schreibstil bestätigen meinen Weg unheimlich toll und so finde ich auch sicher wieder den Ansport für eine weitere Geschichte. Und das meine Geschichte nun zu deinen totalen Favoriten zähl - wow... denn ich weiß sehr wohl, dass du viel liest und das ist eine große Auszeichnung. Auch ich danke für deine daraus entstandene Freundschaft und glaube mir, als ich vor einem halben Jahr den Entwurf für die Story aufgekritzelt habe, hätte ich nie gedacht, dass ich so wunderbare Leute treffen werde und sie sich von meinen Worten verzaubern lassen und einige habe ich näher kennen gelernt und du gehörst da ganz sicher dazu! Auch an dich geht der Dank, mich durch einige dunkle Stunden in meiner dunklen Drachenhöhle gebracht zu haben und nun scheint wieder die Sonne, wenn es auch die Wintersonne ist, so ist sie zur Zeit sehr, sehr kräftig. Ich schick' dir ein paar Strahlen zu dem Haus bei den drei großen Eichen ;-)

Nyella
Oh ja, ich bin nun satt :-) Zu danken habe ich, denn gerade Du... die mir die erste Review geschrieben hat und somit zu den Lesern der ersten Stunde zählst, verdienst hier den größten Dank von mir! Und es ist wunderbar, dass daraus eine richtige Freundschaft und Autorengemeinschaft wurde und mit Sicherheit noch lange weiterlebt - wohl sicher solange, wie wir uns im Tolkien'schen Universum aufhalten... (somit 'elbisch-lange')... hannon le dafür... He-he... habe ich es doch tatsächlich hingekriegt, dass dir (und wohl auch einigen anderen Lesern) das Ende bis fast zum Schluss nicht eindeutig klar war? (freut die Schreiberseele) :-) Auf Tragik stehe ich ja nicht so wirklich, denn das Leben ist schon tragisch genug, aber dramatisch mag' ich es, denn ‚Friede-Freude-Eierkuchen'-Geschichten mag' ich nicht mal bei Liebesgeschichten. Die sind so... 'durchschaubar'. Du lobst hier wieder mal grandios meine Szenen und es gefällt mir, dass du den Übergang gut fandest. Das mit dem Zettel :-) Jau! Das war von Anfang an geplant und schön, dass du dich da so hinreißen hast lassen. (irgendwie krieg ich auch schon wieder das Dauergrinsen nicht weg) Und dass DU natürlich DEN Satz erkennen würdest, war mir doch beim Schreiben schon klar und dann die Beschreibung des Westens... woher wusste ich nur wieder, dass du den erkennen würdest :-) Freut mich sehr und ich wollte einfach einen Hauch mehr HdR hineinzaubern. Der Epilog war mir zu kurz, aber ich wollte unbedingt einen Minieinblick in das weitere Geschehen bieten. Ich hätte natürlich noch total viel erklären können, aber dieses ausklingende Ende ist einfach am schönsten und genau meine Vorstellung.

darklaya
Mmmmhhh - danke für den Keks. Woher weißt du nur, dass Drachen gerne Kekse essen? (Schleckermaul ist) Oh wow... oh wow... deine emotionale Review - also da muss ich auch mal jetzt dich zitieren -oh du meine Güte- und im Dauergrinsen konkurriere ich locker mit dir! Wow... wow... wow... sogar jetzt, ein Tag danach, muss ich noch grinsen und hab' so ein Glänzen in den Augen :-) Ich war ja echt auf deine Reaktion gespannt, denn du hast dich von Kapitel zu Kapitel mehr in meine Geschichte gelesen und das ist unheimlich großartig schmeichelnd - es ist einfach Freude pur, die du da mit deiner Reaktion und deinen Worten an mich verschenkst! (passt so richtig zur Weihnachtsstimmung :-) Und dass du jetzt noch immer meinen Schreibstil lobst und meine Hingabe und die Zeit, ja... Zeit hat es wirklich benötigt, vor allem auch die Recherche, aber dadurch habe ich entdeckt, dass mir das immens Spaß macht und ich werde das bei jeder folgenden Geschichte so handhaben. Jedenfalls... ich... - okay - mir fehlen einfach die Worte! Es freut mich wahnsinnig, dass dir meine Elben gefallen haben, dass dir meine dramatisch-romantische Geschichte gefällt, dass dir der Schluss gefällt (und da sind wir uns doch einig, dass die beiden zusammenkommen mussten, oder? ;-) und... einfach alles. Wobei - ich danke auch dir, dass du da jedes Mal dir in der Schule da die Zeit abgekappt hast und sie gelesen hast und dann auch noch gereviewt hast ! D A N K E ! (den Keks jetzt mit dir teilt)
Erklärung: Ryans weiteres Leben: Ryan, oder Ithildin, ist ein peredhel, ein Halbelbe. In seiner Linie gab es einmal menschliche Vorfahren und seit dem an können alle Nachfahren frei wählen, ob sie weiterhin ein elbisches Leben oder eine Art von 'menschlichem' Leben führen wollen. Tolkien schreibt anhand des Beispiels von Elros (Bruder von Elrond, ebenfalls peredhel), der sich gegen das elbische Leben entschloss, dass er sich von Erlond nachher in nichts unterschied, außer, dass er sterblich wurde. D.h. die elbischen Fähigkeiten bleiben vorhanden. Arwen, als Tochter von Elrond, ist das berühmteste Beispiel, die es für Aragorn tat.
Bei meinen irischen Elben habe diese spirituelle Energie von den Elfensagen her genommen und dass sie krank werden, wenn sie länger von ihresgleichen getrennt sind. Dies kommt bei Tolkiens Elben übrigens nicht vor. Aber Ryan kann sich nur von dem spirituellen Einfluss entsagen, weil er als Halbelbe frei wählen kann.
In K8 habe ich Ithildin mit seinem Bruder Giliath darüber sprechen lassen, auch die Herrin machte bereits so Andeutungen und Steltael erzählte es damals Alena, aber ich gebe zu, es ist alles schon lange her und ich kann nicht verlangen, dass jeder die Geschichte von vorne an neu liest. Wäre es ein Buch, würde man es wohl in einigen Tagen lesen und nicht innerhalb eines halben Jahres. Darum danke für den Hinweis - ich habe eine klitzekleine Änderung in der Wiedersehensszene geschrieben, denn Alena konnte es im Grunde auch nicht wirklich wissen, nur erahnen. Genau das ist es, wo ich meine - ihr helft mir einfach sehr :-)