Meine erste Numb3rs Story. Bin ein ziemlicher Newie, aber vertraue einfach darauf, dass ihr mir sagt, wenn euch ein Fehler auffällt? Über Revs freue ich mich immer ;-)

Missing

Chapter 1: unbemerkt

Es war ein verdammter Tag. Einer von denen, die einem die ganze Zeit nur auf den Wecker gehen, an denen man allen Menschen – und vor allem sich selbst – gereizt und unhöflich gegenüber tritt. An denen man sich selbst am wenigsten mag, aber dazu neigt, anderen die Schuld daran zu geben.

Es war nichts Neues, weder für Charlie, noch für ihren Vater, noch für Don selbst. Charlie hatte ihm dazu einmal eine Gleichung aufgespannt.

„Wenn man den Stressfaktor bedenkt und dazu noch auf der x-Achse die Frustration einbezieht, so kann man mit einer Abweichung von plus minus 3 Tagen sagen, dass sich deine Laune mit steigender Erfolglosigkeit und weniger Zeit zuhause in einer linearen Geraden verschlechtert und du es auch mit exponentiell wachsender Häufigkeit nach außen trägst."

Leider war das genau an einem jener Tage gewesen, die wie heute waren und Don hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, das zu verstehen, da er wie immer andere Sachen im Kopf hatte. Er liebte Charlie, aber manchmal waren auch die Nachteile, einen kleinen Bruder mit dem IQ von 180 zu haben, mehr als deutlich und trieben ihn beinahe zum Wahnsinn.

„Verdammt!"

Das Geld klimperte auf dem Boden und die Münzen rollten in alle Richtungen davon. Don trat auf einige und hinderte sie somit daran, sich noch weiter zu entfernen. Heute ging alles schief. Der Fall, an dem er arbeitete, ging schon seit Monaten nicht voran und heute Morgen hatte er sich deswegen lange und breit anhören dürfen, dass er schneller arbeiten müsse, um endlich Erfolge zu erzielen. Er wusste selbst dass ihnen die Zeit in dieser Entführungssache davon lief, doch egal wie sehr er sich bemühte, er kam dem Kidnapper nicht auf die Spur. Charlie hatte mehr als einmal den Aufenthaltsort des Entführers und seiner 10-jährigen Geisel ausfindig machen können, doch jedes Mal waren sie zu spät gekommen.

Die Zeit des Mädchens wurde knapp… Terry glaubte, dass sie nur noch bis zu Melindas Geburtstag Zeit hatten… er war in zwei Wochen.

Zudem lief auch sonst alles schief heute. Don war außergewöhnlich nervös und unter Spannung. Er wollte ja schneller arbeiten, aber es ging einfach nicht! Dauernd fielen ihm Ordner aus den Händen, deren Inhalt sich über Schreibtische und Fußboden ergoss und bei seinem Glück fiel dabei auch gleich noch eine Kaffeetasse um, deren Inhalt genau das selbe machte und somit alle Dokumente ruinierte.

Dass er das Geld hatte fallen lassen wunderte ihn keinesfalls, aber deprimierte nur noch mehr.

„Immer langsam," sagte ihm der Ladenbesitzer hinter der Kasse unnötigerweise, machte aber keine Anstalten, ihm zu helfen.

Don hatte nicht mehr als einen giftigen Blick für den dicken Mann übrig. Er sah Charlie noch genau dort stehen, wo er ihn zurück gelassen hatte – am Eingang des Ladens. Eine Münze war direkt vor seine Füße gerollt, aber er schien so sehr mit Block und Bleistift beschäftigt, dass er die Welt um sich herum nicht wahrnahm. Er starrte nur auf seine Berechnungen und seine Augen zuckten hin und her, als versuchte er, durch ein imaginäres Netz die Zusammenhänge zu verstehen.

Don stöhnte und bückte sich, um das Geld aufzuheben. Dabei blieb er natürlich an der Einkaufstüte hängen und beförderte sie direkt auf den Boden. Die Milchflasche darin zerbrach klirrend und ergoss sich nicht nur auf den ganzen anderen Inhalt, sondern auch auf seine Schuhe und die Säume der Hosen.

„Das kann doch nicht wahr sein!" dachte er bei sich und sog scharf die Luft ein, hielt sie für ein paar Sekunden an, um nicht total die Kontrolle zu verlieren.

„Kann ich ihnen helfen, Mr?" fragte der fette Mann an der Kasse, machte aber keine Anstalten, sich von seinem Stuhl zu erheben.

Don sah über die Schulter zu Charlie. Nicht einmal der Krach hatte ihn aus seiner Welt aus Zahlen und Formeln reißen können.

„Ich brauche einen Lappen, bitte," schaffte Don es zwischen den Zähnen hervor zu zischen.

Fast im Zeitlupentempo und mit einer Begeisterung, die einem zuschrie „Muss das denn jetzt sein", rappelte der Mann sich auf und schlich davon. Währenddessen sammelte Don wenigstens das Geld und die Lebensmittel ein, die noch zu genießen waren. Ja, der Ladenbesitzer ließ sich gar so viel Zeit, dass Don es schaffte, eine neue Flasche Milch zu holen. Dann wischte er die ganze Schweinerei unter den Augen des Mannes auf.

„Da haben sie was übersehen," sagte er herablassend und deutete auf etwas, das mehr wie ein alter Kaffeefleck aussah, als wie Milch und nicht von Don stammen konnte.

Aber der Special Agent hatte einfach keine Lust, sich mit ihm zu streiten und wischte es schnell weg. Er bezahlte und wandte sich ohne ein Wort zum Gehen ab.

„Kommst du?" brummte er Charlie an, der gerade heftig auf seinem Block herum kritzelte.

Er trat hinaus und direkt in eine Pfütze. Die Nässe durchdrang seinen Schuh und zog sich langsam aber beständig das Hosenbein hinauf. Don biss die Zähne zusammen und schnaubte. Nie wieder würde er in der Mittagspause Besorgungen machen. Lieber wollte er sich aus dem Automaten im Gang vor der Kaffeeküche ernähren.

Es hatte angefangen wie aus Eimern zu schütten und natürlich hatte er keinen Schirm dabei. Er sah sich um, ob Charlie einen dabei hatte. Dass er ihn nicht erblicken konnte, ließ neuerlichen Ärger in ihm aufsteigen. Er Trat wieder in das kleine Geschäft ein – nicht gerade zimperlich die Tür aufstoßend – und schubste Charlie, der ihn darauf verwirrt ansah.

„Kommst du endlich?" giftete er ihn an und stürmte aus dem Haus, ohne auf Antwort zu warten.

Unnötig zu erwähnen, dass er wieder in dieselbe Pfütze trat, nur diesmal mit dem anderen Bein. Er hörte seinen Bruder rufen, dass er warten solle, aber er hatte jetzt wirklich keine Geduld mehr und lief in seinem Tempo, das normalerweise viel zu schnell für Charlie war, weiter. Sein Bruder würde schon zurück finden, zumal sie gerade mal vier Straßen vom Präsidium weg waren.

Ohne sich ein weiteres Mal umzusehen, bog er die nächste Straße ein.

Bist du nicht etwas unfair? Sein Gewissen schaltete sich ein. Don stöhnte. Er war so was von schlecht gelaunt, das wusste er. Aber deswegen Charlie die Schuld zu geben, war nicht fair. Das Problem war eben nur, dass er absolut keine Lust hatte, das zuzugeben.

Aber er gab sich einen Ruck und blieb stehen, im strömenden Regen. Bald würde auch der Rest so nass sein, wie seine Füße, aber er wartete.

Dann schüttelte er den Kopf und drehte sich um. Charlie kam nicht.

„Was macht er denn jetzt schon wieder?" sagte er entnervt zu sich selbst und verdrehte die Augen.

Selbst Charlie konnte doch nicht so lange brauchen! Er lief die paar Meter zurück und sah in die Straße aus der er gekommen war. Ein paar Leute standen dort oder liefen teilnahmslos an dem Laden vorüber, aber Charlie konnte er nicht entdecken.

„Also wenn er jetzt noch im Laden ist, dann lass ich ihn auch da," murmelte er zu sich selbst und ging ohne Charlie.

Oo

„Hey, wo hast du deinen Bruder gelassen?" rief ihm David zu, als Don total durchnässt und mit der Tüte im Arm durch den Gang lief.

„Er trödelt wahrscheinlich. Ist total in etwas vertieft…"

„Hat er es schon?" fragte Terry aufgeregt, als sie vorbei kam und in Davids Büro wollte.

„Hat wer was?" grummelte Don.

Terry und David wechselten viel sagende Blicke aus und Don bemerkte, dass hier etwas vor sich ging, von dem er nichts wusste.

„Was soll Charlie haben?" es musste mit Charlie zu tun haben, mit wem sonst?

„Er meinte, er könne vielleicht berechnen, wo das übernächste Versteck des Entführers ist," klärte David ihn auf.

„Das übernächste?"

„Er glaubt, dass der Entführer schon wieder weiter gezogen ist, bis er das derzeitige Versteck herausfindet, also sagte er, er wolle sich auf das übernächste konzentrieren."

Don zog die Augenbrauen hoch.

„Warum hat er mir nichts davon gesagt?"

David zog die Schultern hoch, aber Terry schüttelte den Kopf.

„Weil du den ganzen Morgen schon rum rennst, wie ein Verrückter," stöhnte sie. „Immer wenn er dich davon in Kenntnis setzen wollte, warst du dabei, irgendwas aufzulesen, am fluchen oder hast ihn angeschrien, was er denn verdammt noch mal wolle."

Jetzt stimmte David ihr nickend zu.

„Sie hat Recht, das könnte ein Grund gewesen sein."

„Ich habe ihn nicht angeschrieen."

David lachte. Er kannte Don gut und arbeitete schon lange mit ihm zusammen.

„Don, sieh es ein. Du kannst ganz schön nerven, wenn du so drauf bist."

Don zeigte mit der freien Hand auf sich und formte wortlos mit den Lippen „Ich?".

David nickte. Terry nickte.

„Es nimmt dir keiner übel, weißt du. Aber manche gehen dir dann lieber aus dem Weg," sagte David weiter.

„Wie auch Charlie…" überlegte Don laut.

„Charlie ist der letzte, der versucht, dir aus dem Weg zu gehen, Mann. Im Grunde ist er dann der einzige, der deine Gesellschaft freiwillig sucht."

„Ist es so schlimm?" seufzte Don und versuchte sich an den Tag zu erinnern.

Er wusste, dass er nicht gerade Mr Niceguy gewesen war, aber dass man ihn dann so schrecklich empfand.

„Ich würde mir keine Gedanken mehr drum machen, aber vielleicht kannst du dich das nächste Mal etwas zurück nehmen."

Don ließ langsam die Luft entweichen und sah sich um. Charlie war noch immer nicht da.

„Ich werds versuchen," sagte er halbherzig und ging in sein Büro, um die Lebensmittel irgendwo zu verstauen.

Er setzte sich in seinen Stuhl und wiegte darin hin und her, überdachte den Tag. Die Besprechung heute Morgen hatte ihn ziemlich aus dem Konzept gebracht. Er musste unbedingt wieder zur Ruhe kommen, sonst würde er irgendwann noch Opfer seiner Arbeit sein. Er rieb sich mit den Händen über das noch feuchte Gesicht und atmete langsam ein und aus.

Er spürte, wie sich sein Puls langsam mal wieder beruhigte und die rasenden Gedanken zur Ruhe kamen. Nach ein paar Minuten fühlte er sich besser. Das übernächste Versteck… Damit war sicher etwas anzufangen…

Don sprang auf und stürmte aus seinem Büro, er musste sofort mit Charlie reden.

„Charlie!" rief er durch den Flur. „Charlie!" das zweite Mal war lauter und ungeduldiger.

Terry steckte den Kopf aus Davids Büro raus und sah in fragend an.

„Hast du Chalie gesehn?" fragte er sie, aber sie schüttelte nur den Kopf.