Bissel unter Zeitdruck ;-)

chapter 4: der coup

Alan Epps wurde rapid aus dem Tiefschlaf gerissen. Die unwirklichen Schleier seiner Träume wichen der harten Realität, als er sich erschrocken aufrichtete und glaubte zu fühlen, wie ihm das Herz aus der Brust zu springen suchte.

Die Dunkelheit der Nacht verwirrte ihn, aber instinktiv schwang er die Beine aus dem Bett und lief blind und ohne nachzudenken zu seiner Schlafzimmertür.

Wen er davor fand überraschte ihn nicht, aber dass Don ihn so unsanft und bei Nacht weckte, sagte ihm, dass etwas passiert war.

Seine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit und er starrte in das hellwache erschrockene Gesicht seines älteren Sohnes. Don musste die Treppe herauf gerannt sein, denn er atmete schnell und heftig. Seine dunklen Augen sprangen hin und her und es schien, als wollte er ihm etwas sagen, doch er brachte kein Wort heraus.

„Don, was ist los?" fragte er und packte seinen Sohn bei den Schultern.

Don schüttelte fassungslos den Kopf.

„Dad…"

Alan fühlte, wie ihm das Herz schwer wurde und Angst in ihm hoch stieg. Normalerweise brachte Don nichts aus der Fassung, einfach gar nichts. Ihn so verwirrt zu sehen, brach ihm beinahe das Herz.

„Dad… sie haben Charlie gefunden!"

Oo

„Das ist Wahnsinn, Mann!" zischte Grant durch die Zähne.

Die Stirn des großen und muskelbepackten Mannes glänzte vor Schweiß. Nicht dass er gerade körperlich sehr aktiv war, aber das Adrenalin ließ ihn schwitzen. Grant war kein Mann, den man besonders intelligent nennen würde. Doch war er mit einem starken Körperbau gesegnet und konnte sich seine Brötchen auf andere, meistens nicht legale Art und Weise verdienen. Im Moment presste er sich gerade in den Schatten einer Wand und versuchte, sich möglichst unauffällig zu verhalten. Der Mann, zu dem er gesprochen hatte, war um einiges kleiner und auch schmaler gebaut, stand vor ihm und spähte mit einem Spiegel um die Ecke.

„Sei still, du Esel, oder willst du uns etwa die ganze Zentrale auf den Hals hetzen?" flüsterte er und nahm innerhalb von drei Sekunden alle Informationen über den weiteren Verlauf des Ganges auf. „Wir sind da. Die Kameras befinden sich rechts und links über der Tür. Kannst sie ausschalten, Tom."

„Wird gemacht Trevor," bestätigte eine weitere Gestalt im Schatten, die auf dem Boden saß, mit einem Laptop auf den Knien.

Tom hackte auf den Tasten herum, die sanft unter seinen langen und wendigen Fingern nachgaben. Innerhalb von Sekunden hatte er beide Kameras deaktiviert und initiierte das Ablenkungsmanöver.

Sofort gingen irgendwo in einem der unteren Stockwerke die Alarmanlagen an. Natürlich war hier nichts zu hören, doch die beiden Wachmänner, die aus dem Gang heraus stürmten und sich in die andere Richtung wandten, als die in der die kleine Gruppe sich aufhielt, sagte ihnen, dass der Feueralarm losgegangen war.

Trevor zeigte Tom „Daumen-hoch", sichtlich zufrieden mit dem Ergebnis. Das würde ein Coup werden! Der größte, den sie bis dato begangen hatten.

„Siehst du? So einfach geht das," grinste Tom die Gestalt an, die zusammengekauert neben ihm saß. Seine weißen Zähne glänzten im fahlen Licht des heute Nacht hoch stehenden Mondes, der zu den Fenstern im Gang herein schien.

Die Gestalt erwiderte nichts. Der fünfte im Bunde war wie fast alle anderen auch, bewaffnet und kniete neben Tom und dem anderen Mann. Er zielte mit der MP auf ihn und mit einer knappen Kopfbewegung gab er ihm zu verstehen, dass er aufstehen solle. Als sich der Bewaffnete aufrichtete, war zu erkennen, dass er ungeheuer groß war. Nicht ganz so stämmig wie Greg, aber mindestens noch einen Kopf größer.

„Wird das heut noch was?" zischte Trevor und der große Typ stieß die sitzende Figur an.

Als diese ohne große Begeisterung aufstand, schien das silberne Mondlicht auf das dunkle gelockte Haar. Der Mann nahm sich geradezu winzig gegen seinen Bedroher aus.

Zusammen bewegte sich die fünfköpfige Gruppe unscheinbar und leise den Gang entlang. An der Türe blieben sie stehen, sie war aus massivem Stahl.

Toms Augen blitzten.

„Dann wollen wir doch mal sehen, ob unser Genie uns da nicht zu viel versprochen hat," grinste er und schloss ein Gerät an das Türschloss an.

Er schaltete es an und ein kleiner Schirm darauf erwachte zum Leben. Hunderte von Zahlenketten schwirrten darauf vorbei, Codes, die sie an ihr Ziel bringen würden. Die Sekunden verstrichen, wertvolle Zeit. Als nichts passierte, sah sich Trevor ärgerlich um.

„Was ist los? Wird das noch was heute?" schnauzte er Tom an, der sich davon nicht aus der Ruhe bringen ließ.

Und tatsächlich dauerte es keine weiteren zehn Sekunden und die Tür glitt lautlos und einladend vor ihnen auf.

„Nur nicht hetzen," flüsterte Tom locker und zuckte mit den Schultern.

Trevor aber schien nicht erfreut. Sie mussten den Zeitplan ganz genau einhalten. Die Wachleute würden schon bald zurück sein. Er wies die anderen an, hinein zu gehen und warf noch einen letzten missachtenden Blick auf das Notausgangsschild, welches den Zweck der Türe kennzeichnete. Das war ja beinahe zu leicht…

Die Gruppe kam schnell voran, lief an den vielen verglasen und unverglasten Büros vorbei. Niemand war hier, dessen hatte sich Trevor genauestens versichert. Er wollte schließlich nicht in eine Meute von FBI-Agenten laufen und sich selbst ans Messer liefern.

Dieser Coup war nicht wie die anderen, bei denen er bis jetzt dabei gewesen war. Er war bedeutungsvoller, aufregender. Aber auch risikoreicher.

Sie schlichen unbemerkt durch Gänge und Räume.