Tür 8
Angelina erwachte am nächsten Morgen von einem Sonnenstrahl, der durch die schweren Vorhänge direkt auf ihr Gesicht fiel. Sie öffnete die Augen und musste erst ein paar Mal blinzeln, um sich an das Licht im Raum zu gewöhnen. Sie musste herzhaft gähnen, als sie sich streckte, aber das Geräusch wurde schnell durch ein Keuchen ersetzt, als sie bemerkte, dass Montague auf einem Stuhl am Fenster saß.
„Was willst du hier?", fragte Angelina und funkelte ihn an. Montague hob nur die Augenbrauen und blickte im Raum herum, deutlich zeigend, dass dies immer noch sein Haus war.
„Sieh zu, dass du nach dem Frühstück fertig bist um aus zu gehen. Und sieh zu, dass auch die Kinder fertig sind." Mit diesen Worten stand er auf und ging zur Tür.
„Was? Hey, Montague, denkst du nicht, du könntest mir zumindest verraten was du vor hast?"
„Könnte ich, aber wo wäre da der Spaß?"
Zu sagen, dass Angelina überrascht war, als das Stadion vor ihnen erschien, wäre eine glatte Untertreibung gewesen. Sie blieb sofort stehen und wartete darauf, dass Montague ihr endlich erklärte was das Ganze hier sollte, aber er brauchte ein paar Momente um zu bemerken, dass weder Angelina, noch die Kinder, ihm weiter folgten.
„Was? Kommt ihr nun oder nicht?" fragte er über seine Schulter hinweg und wartete ungeduldig darauf, dass die drei ihm folgten.
„Was machen wir hier?" fragte Angelina endlich, als sie das Stadion betraten. Montague blickte einen Moment nach vorn, ins Nichts, bevor er seine Augen abwandte um ihren Blick zu erwidern.
„Die Welt retten!", antwortete er. Angelina wusste nicht, was sie darauf sagen sollte, doch zu ihrem Glück kam in diesem Moment ein Mann mittleren Alters auf sie zu.
„Ich weiß nicht was du vor hast Montague, aber ich kann sie nicht fliegen lassen", sagte der Mann und blickte zu Angelina.
„Mädchen, ich kann es durchaus nachvollziehen, dass du so schnell wie möglich wieder auf einem Besen sitzen möchtest, aber Greg wird mir den Kopf abreißen, wenn ich dich fliegen lassen sollte."
„Was?" antwortete Angelina total perplex, sich fragend, was ihr Trainer mit der ganzen Sache zu tun hatte.
„Nun, nach deinem Unfall letztes Jahr und nach dem der Arzt gesagt hat, dass du ein Jahr lang nicht fliegen darfst, hat Greg sichergestellt, dass jeder in der Liga darauf achtet, dass du dich auch dran hältst. Und ich werde nicht meinen Kopf für dich riskieren."
„Sie wird nicht fliegen!" versicherte Montague seinem Trainer.
„Ich brauche zwei Besen. Einen für mich und einen für den Jungen." Sagte er und machte eine Kopfbewegung in Richtung Samuel.
„Du willst ihm das Fliegen beibringen?" fragte Angelina, als der Trainer gegangen war um die Besen zu holen.
„Warum nicht? Irgendwann wird er es sowieso lernen müssen." Montague zuckte mit den Schultern.
„Komm mit!" Er sprach das erste Mal direkt mit Samuel, als ihnen die Besen gebracht wurden. Angelina und Emily gingen zu einer der Bänke und setzen sich, Emily auf Angelinas Schoss.
Eine Weile saßen sie schweigend da, und schauten zu, wie Montague Samuel die Grundzüge des Fliegens beibrachte. Als Samuel seine ersten Runden flog, folgten ihm Emilys Blicke voller Stolz.
„Er ist gut, nicht wahr?"
Angelina brauchte einen Moment um zu erkennen, dass es Emily war, die gesprochen hatte.
„Ja, ja er ist gut."
„Glaubst du er könnte eines Tages Quidditchspieler werden? Es ist sein größter Traum, weißt du? Unser Vater hat ihm immer davon erzählt. Er hat selber gespielt, als er in Hogwarts war. Er hatte Sam versprochen, dass er ihn irgendwann mit zu einem Spiel nimmt, wenn er älter ist. Aber das sind er und Mami gestorben, bevor er ihn mal mitgenommen hat. Und Miss Roberts mag kein Quidditch. Sie sagt es ist Unsinn und Zeitverschwendung. Und sie hat mir gesagt, dass ich zuviel rede. Deswegen habe ich damit aufgehört. Ich hör auch wieder auf, wenn du willst." Emily verstummte und drehte ihren Kopf um Angelina anzuschauen.
„Nein, ich möchte nicht, dass du aufhörst zu reden" antwortete Angelina sanft und strich mit ihren Fingern durch Emilys Haare. Emily lächelt die junge Frau an und drehte ihren Kopf zurück, um Samuel und Montague beim Fliegen zu zuschauen.
„Ich wette er wird heute Abend nicht aufhören darüber zu reden. Er wird deswegen so aufgeregt sein. Er ist sein Lieblingsspieler, weißt du? Er hat immer Zeitung gelesen um neuste Nachrichten über Quidditch zu erfahren…"
Später wäre Angelina nicht mehr in der Lage gewesen zu sagen wie lange Emily geredet hatte, oder worüber. Es schien als wollte sie gar nicht mehr aufhören. Aber es machte Angelina nichts aus. Sie saß einfach da und hörte dem Mädchen zu, das Geschichten über ihre Eltern oder das Waisenhaus erzählte. Als Emily wegen der Kälte anfing zu zittern, zog Angelina sie näher an sich ran und legte ihre Arme um das Mädchen. Emily schien die Wärme zu begrüßen und kuschelte sich näher an Angelina. Sie fühlte sich warm und geborgen und das, seit langer Zeit, von jemand anderem, als ihrem Bruder.
