Tür 14
"Küsst euch besser."
"Ist der verzaubert?", fragte Angelina, kannte schon die Antwort.
"Was denkst du?", antwortete ihre Mutter und lächelte sie weiterhin an. Das war die Antwort, die beide gefürchtet hatten. Ein verzauberter Mistelzweig ließ einen nicht gehen, bevor man sich geküsst hatte.
Angelina schluckte, bevor ihre Augen Montagues begegneten. Je eher sie sich küssten, desto eher konnten sie zurück zu den Keksen – harmlos, solange keine Mistelzweige in der Nähe waren.
Montague beugte seinen Kopf langsam zu ihr und Angelina lehnte sich ihm entgegen. Als ihre Lippen sich trafen, war Angelina überrascht, wie weich der Kuss war. Seine Lippen berührten ihre zärtlich, als hätte er Angst, sie würde ihn beißen. Sie konnte sein Rasierwasser riechen, zumindest musste es das sein, niemand konnte ohne Cologne so gut riechen.
Ihre Augen schlossen sich flatternd, als er seinen Kopf etwas zur Seite legte und seine Zunge über ihre geschlossenen Lippen glitt. Sie wusste nicht, was ihn dazu brachte, oder was sie dazu brachte ihre Lippen sofort zu öffnen und seine Zunge mit der eigenen zu begrüßen.
Sie könnte schwören, sie hätte ein Seufzen gehört, nicht sicher ob von ihr oder von Montague, aber es war ihr egal. Der Kuss ließ sie nach mehr verlangen und ohne es zu merken, bewegte sich ihre Hand zu seiner Brust und hoch zu seiner Schulter, um sich näher an ihn zu lehnen, als ihr Kuss sich vertiefte.
Beide gingen völlig in dem Kuss auf, deshalb bemerkte keiner das Lächeln auf Leilas Gesicht, oder wie Samuel seine Augen bedeckte, damit er den widerlichen Kuss nicht sehen musste. Er würde nie verstehend, was Erwachsene daran so toll fanden. Emily war nicht sicher, was sie davon denken sollte. Aber sie konnte nicht anders als zu hoffen. Was, das wusste sie nicht genau, aber sie hoffte es.
Langsam löste sich Angelina aus dem Kuss, die Augen noch halb geschlossen, als sie zu Montagues Gesicht hochblickte. Ihr war nie aufgefallen wie grün seine Augen waren, oder wie viele Gefühle er damit zeigte. Seine Lippen sahen so weich und einladend aus und sie wollte gerade ihre Hand heben, um sie zu berühren, als sie Samuel hörte.
"Seid ihr jetzt fertig?", fragte er und lugte durch seine Finger, offensichtlich erleichtert, dass es vorbei war.
Angelina trat schnell zurück und räusperte sich. Ihre Augen blickten überall hin, nur nicht zu ihm. Merlin, was für einen Spruch hatten ihre Eltern auf diesen Mistelzweig gelegt? Wenn es sie tatsächlich den Kuss mit Montague genießen ließ, musste es ein starker sein.
Sie war froh, dass ihre Mutter nichts über den Kuss sagte und sie still weiter an den Keksen arbeiteten. Aber immer mal wieder konnte Angelina sich nicht zurückhalten, sich über die Lippen zu lecken. Sie konnte ihn noch immer schmecken. Selbst am Teig zu naschen half nicht.
Leila lächelte für den Rest des Nachmittags. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so gute Laune gehabt hatte. Natürlich hatte sie sich um ihre Tochter gesorgt, als Angelina ihr erzählt hatte, dass sie die Wochen vor Weihnachten mit einem Mann und zwei Kindern verbrachte. Und es musste ja der Mann sein, der ihre ganze Schulzeit über ihr Feind gewesen war.
Aber jetzt machte sie sich keine Sorgen mehr. Sie fragte sich nur, wie lange ihre Tochter brauchen würde, das Offensichtliche zu bemerken.
Der Nachmittag ging schnell vorbei und bald trugen Emily und Samuel jeder eine Kiste voller Weihnachtskekse in ihren Händen, während Angelina sich von ihren Eltern verabschiedete. Während Montague ihren Vater verabschiedete, umarmte Leila ihre Tochter fest. Und kurz bevor Angelina durch die Tür verschwand, flüsterte ihre Mutter ihr etwas ins Ohr.
"Es lag kein einziger Zauber auf dem Mistelzweig. Ich dachte, das solltest du vielleicht wissen." Und sie winkte und lächelte als sie neben ihrem Mann stand und ihnen nachsah. Angelina noch immer verschreckt über das was ihr gerade gesagt worden war.
