Tür 16

Angelina wachte früh am nächsten Morgen, nach einem eher unruhige Schlaf, auf. Sie hatte es nicht geschafft diesen Kuss aus ihren Gedanken zu vertreiben. Es hatte sich wieder und wieder abgespielt.

Sie gähnte als sie sich aus dem Bett erhob und ihren Bademantel über den Schlafanzug zog. Aber bevor sie auf die Tür zugehen konnte um zum Badezimmer zu laufen fiel ihr das Fenster ins Auge.

Oder eher etwas außerhalb des Fensters: Alles war mit Schnee bedeckt. Und die Flocken fielen noch immer leise auf die Erde. Ein riesiges Lächeln fand seinen Weg auf Angelinas Gesicht.

Sie hastete aus ihrem Raum in das Zimmer von Samuel und Emily. Die Geschwister waren noch immer im Tiefschlaf als Angelina ihre Vorhänge öffnete.

"Hey, wacht auf ihr beiden und seht mal aus dem Fenster." Sprach sie und grinste noch immer breit über das ganze Gesicht.

Emily öffnete ihre Augen langsam und gähnte. Aber sobald sie aus dem Fenster blickte grinste sie genauso weit wie Angelina. Sie setzte sich in ihrem Bett auf und schüttelte Samuels Schulter.

"Sam, Sam wach auf! Es hat geschneit! Alles ist weiß! Sam, wach auf, du musst das sehen!" Und sie sprang aus dem Bett und rannte zum Fenster um die Schneeflocken zum schon ganz weißen Grund fallen zu sehen.

"Wow!" hörte sie die Stimme ihres Bruders hinter ihr als er sich neben sie gesellte.

"Können wir raus?" fragte Samuel Angelina und als sie nickte wollte er schon aus dem Raum rennen.

"Hey." Rief Angelina ihn zurück. Samuel stoppte an der Tür und drehte sich um.

"Ich meinte nicht sofort! Ich meinte nachdem ihr im Badezimmer wart und euch gewaschen habt und eure Zähne geputzt habt, nachdem wir Frühstück haben und
vor allem: NACHDEM du deine Kleidung gewechselt hast. Ich glaube nicht dass ein Schlafanzug dich da draußen warm halten wird."

Samuel nickte und eilte ins Badezimmer.


Nachdem Frühstück konnten die Kinder nicht mehr drinnen gehalten werden und Angelina half ihnen ihre Schals, Handschuhe, Mützen und Jacken anzuziehen, bevor sie sich selbst genauso kleidete.

"Kommst du mit uns?" fragte sie Montague als sie mit Samuel und Emily nach draußen lief.

"Warum sollte ich?"

"Weil der erste Schnee gefallen ist!" sagte Angelina nüchtern.

"So? Es ist weiß, es ist kalt und es ist nichts anderes als Wasser! Ich habe nie jemanden gesehen der aus Regen reagiert wie du auf Schnee!"

Angelina rollte ihre Augen über seine 'Logik'.

"Sag mal Montague, wurdest du so geboren oder wurdest du erst später in dein Leben zu Mr. Scrooge?"

"Nicht jeder braucht solchen Unsinn wie Weihnachten und 'Spaß im Schnee' Johnson. Geh ruhig raus und spiel Weihnachtself. Hab Spaß, und denk dran deine Stiefel abzuputzen bevor du wieder rein kommst!"

Angelina schüttelte ihren Kopf als sie zusah wie er nach oben ging.

Das Ärgerlichste daran war diese komische Enttäuschung die sie spürte als sie mit Samuel und Emily Schneemänner baute. Es fühlte sich an, als würde etwas fehlen als sie den Geschwistern zusah, die so viel Spaß hatten. Sie lachten zusammen und waren fröhlich.

Es erinnerte sie an den Tag an dem sie Kekse gebacken hatten. 'Ich hätte nicht glauben sollen, dass es ihn ändern würde.' Dachte Angelina und schimpfte sich selbst dafür aus, zu wollen dass er sich änderte. Immerhin war es nicht mehr lange und die Kinder würde zurück ins Waisenhaus gehen müssen. Und sie waren nicht erfolgreich gewesen bei der Aufgabe die man ihnen gegeben hatte.

Sie wünschte sie könnte es ändern. Sie wünschte sie könnte eine Familie für Samuel und Emily finden. Leute die sie lieben würden. Jemand der sie so akzeptierten wie sie waren. Und nicht versuchen sie zu ändern, so wie Miss Robert es anscheinend getan hatte.

Diese Frau hatte schon genug Schaden in ihren Herzen angerichtet. Und Angelina fürchtete den Tag an dem sie die Kinder dorthin zurückgeben musste. Sie konnte schon sehen wie Emily wieder stumm sein würde. Sehen wie Samuel Bücher nur sehnsüchtig ansehen würde anstatt sie zu lesen. Oder seiner Schwester selber Geschichten erzählen. Geschichten von weit entfernten Orten, von Helden und Monstern.

Ihr Herz schmerzte als sie zusah wie die beiden ihren vierten Schneemann bauten. 'Eine Schneefamilie' wie Emily es erklärt hatte.

Sie fühlte wie sich ihre Nackenhaare aufstellten und drehte sich um. Nichts. Sie war sicher gewesen dass sie jemand beobachtet hatte. Sie wollte sich schon wieder wegdrehen als sie eine Bewegung hinter einem Fenster im oberen Stock sah. Und als sie sich schließlich umdrehte musste sie an ein Paar tief grüner Augen denken und wünschte sich wieder dass sie alles ändern könnte.