Tür 20
Der nächste Morgen wurde sehr still im Haus verbracht. Es war der dreiundzwanzigste Dezember, es war der letzte Tag, den sie zusammen verbringen würden. Morgen früh müssten die Kinder das Haus verlassen und würden zurück ins Waisenhaus gebracht werden.
Nun, am Nachmittag saß Angelina vor dem Weihnachtsbaum im Wohnzimmer, während Emily und Samuel wieder einmal eine Stunde allein in ihrem Zimmer verbrachten und etwas „geheimes" taten.
Sie hasste es, darüber nachzudenken, dass der Baum und der Rest der Dekoration am nächsten Tag zur gleichen Zeit verschwunden sein würde. Sie war sich sicher, das dies das erste war, was Montague tun würde, wenn er nach Hause kam: Alles abreißen, was sie angebracht hatten. Ihr Herz schmerzte bei dem Gedanken.
Sie erhob sich langsam von ihrem Platz auf dem Boden und ging zum Kamin. Da hingen drei Tannenzweige, jeder war mit roten und grünen Weihnachtssymbolen verziert. Sterne, Engel, einem kleinen Weihnachtsmann...
Sie nahm die drei Zweige in die Hand und seufzte. Wenigstens würden die Kinder auf diese Weise etwas haben, was sie an ihre gemeinsame Zeit erinnern würde.
Sie ging aus dem Wohnzimmer und wollte in ihres, um die Zweige beiseite zu legen, sodass sie sie nicht am nächsten Morgen vergaß.
"Dekorierst du um?" Sie zuckte zusammen, als sie Montagues Stimme vernahm, als sie durch die Halle ging.
"Nein." Sagte sie und drehte sich um, sah ihn die Treppe hinunter kommen.
"Ich wollte Emmy und Sam etwas geben, was sie an all das erinnern würde… Ich dachte, die Dekoration ist zu schön um sie einfach nur so komplett abzureißen. Ich dachte, es würde dich nicht stören, wenn ich einen Teil davon weggebe, wenn du es morgen sowieso abmachen würdest. Und weil wir ja ohnehin keine Familie für sie gefunden haben und wir kein Geschenk für sie haben und sie höchstwahrscheinlich auch nichts Nettes von der Leiterin des Waisenhauses bekommen werden..." Sie sagte dies in einem Atemzug wie ein Kind, welches man mit der Hand in der Keksdose erwischt hatte.
Montague hob seine Augenbrauen, sagte jedoch nichts zu ihrem Verhalten. Er sah auf die Zweige in ihrer Hand und runzelte seine Stirn.
"Als ich das letzte Mal nachgesehen hatte, waren aber nur zwei Kinder in diesem Haus."
"Also ich… Ich möchte auch etwas haben, um mich an die Kinder zu erinnern." Sagte Angelina in einem beinahe flüsternden Ton.
"Eigentlich…" Montague stoppte sie, als sie weiter durch den Raum in ihr Zimmer gehen wollte.
"Wegen diesem 'keine Geschenke'…" Anstatt seinen Satz zu beenden, bedeutete er ihr, ihm zu folgen. Sie gingen in die Bibliothek. Angelina sah ihn fragend an, als er zwei Bücher aus den Regalen nahm.
"Ich dachte mir, da du alles was mit Weihnachten zu tun hat ohne Magie machen willst, würdest du sie vielleicht gerne selbst einpacken. Ich habe allerdings kein Geschenkpapier, du wirst wahrscheinlich doch etwas Magie benutzen müssen…"
Angelina sah auf die beiden Bücher in ihren Händen. Sie kannte beide sehr gut. Eines war das erste Buch, welches ihre Mutter ihr vorgelesen hatte. Es war ebenfalls das Buch, aus dem sie Emily meistens vorgelesen hatte. Es war: 'Die magischen Märchen'.
Das andere Buch kannte sie vermutlich noch besser als das erste. Sie konnte sich nicht erinnern, wie oft sie dieses Buch in der Hand gehabt und gelesen hatte. Sie sah zu Montague auf, welcher ihre Reaktion sehr genau beobachtete.
"Wenn die Direktorin wirklich dem Jungen weiterhin erzählen will, dass Quidditch Unsinn ist, glaubt er das eines Tages doch wirklich!" sagte er und steckte seine Hände in seine Hosentaschen. Angelina lächelte und sah hinab auf die Kopie von 'Quidditch im Wandel der Zeiten' in ihren Händen.
"Er wird es lieben." Flüsterte sie. Montague nickte einmal und räusperte sich.
"Du bringst sie besser in dein Zimmer, bevor sie es noch sehen. Es würde die Überraschung ruinieren."
Jetzt war es an Angelina zu nicken und sie drehte sich um und ging in ihr Zimmer, nicht sicher, ob ihr Herz sich schwerer oder leichter anfühlte.
