Stille Nacht, heilige Nacht...?

Dita saß auf dem höchsten Punkt des Tokio Towers und starrte in den Nachthimmel, der heute keinerlei Wolken zeigte. Jima stand neben ihm und betrachtete ihn, was Dita sichtlich nervös machte. Er mochte es nicht, wenn man ihn anstarrte und am allerwenigsten mochte er es, wenn Jima derjenige war, der starrte.

Dita seufzte, stand auf und knuffte Jima in die Seite. Er sah ihn vorwurfsvoll an und verschränkte die Arme vor der Brust. Er sah aus, wie einer der wütenden Gartenzwerge aus den Schrebergärten der älteren Herren und Damen.

„Hör auf mich so anzustarren. Oder hab ich eine Spinne auf dem Kopf?"

„Nein, aber ein Blatt im Haar..." Er lächelte Dita sanft an und entfernte das Blatt. Dita schmollte weiter.

„Wir haben Winter, in weniger als einer Woche ist Weihnachten... woher soll das Blatt gekommen sein?"

Jima zuckte mit den Schultern, legte die Arme um Ditas Körper und zog ihn näher zu sich heran. Dita überlegte sich einen Moment lang, ob er sich wehren sollte, doch er ließ es bleiben und lehnt sich an Jimas Brust.

„Werden wir auch Weihnachten feiern, Dita?", fragte er leise, denn er war sich inzwischen nicht sicher, ob Dita überhaupt noch wach war. Er lag mit geschlossenen Augen in Jimas Armen, sein Atem ging ruhig und er wirkte so unschuldig, wie er es im wachen Zustand selten tat.

„Mhm... ich weiß nicht. Wir sind doch nur Computer. Wir haben keine Gefühle und dieses Fest scheint mir allein deswegen zu existieren."

Jima nickte. Diese Antworte hatte er sich schon gedacht, aber er hatte sich auch schon vorgenommen, dass er das nicht so stehen lassen würde. Es war das Feste der Liebe und Liebe war ein Gefühl. Zumindest bezeichneten es die Menschen so. Doch im Grunde, was waren Gefühle schon? Für Jima war Dita wichtiger als alles Andere. Genau so ging es den Menschen, wenn sie liebten. Also, warum kein Weihnachten feiern?

Er hatte sich auch schon etwas ausgedacht, damit Dita einfach mit ihm feiern musste.

„Gut, wenn du nicht willst, ich zwinge dich nicht.", meinte er, wobei er höflich lächelte. Vielleicht auch etwas zu höflich, denn Dita verzog störrisch das Gesicht und schrie ihm, als er wegflog, noch hinterher, dass er wirklich auf gar keinen Fall Weihnachten feiern wollte. Erst recht nicht mit Jima!

Diesen interessierte das allerdings gar nicht. Er wusste, was zutun war und er war sich sicher, dass seine Idee funktionieren würde. Dita war zwar meistens schlecht gelaunt und geradezu bösartig, aber im Grunde hatte der Persocon ein gutes Herz. Er zeigte es eben nicht, was zwar äußerst schade war, ihn aber auch noch umso reizvoller machte.

Am Vortag von Heiligabend (ja, genau – der 23. Dezember) war Jima schon frühmorgens hellwach, wenn man denn einen PC so nennen konnte, da diese nicht mal schliefen.

Er war sich noch sicherer, als an den Tagen zuvor, dass es ein ganz wundervoller Abend werden würde und, auf was er sich am allermeisten freute, er Ditas Lächeln heute sehen

würde!

Jima hatte alles genau durchgeplant. Er würde ihn einfach mitnehmen und ihm sagen, es hätte einen wichtigen Vorfall gegeben, den sie klären müssten, genau das würde er Dita sagen und er wusste, dass er darauf anspringen würde.

Jima musste auch gar nicht lange suchen, um Dita zu finden. Der war nämlich wieder an seinem Lieblingsplatz, der Spitze des Tokio Towers, von der aus er stets die Menschen und Lichter beobachtete.

Jima tippte ihn vorsichtig an, um ihn nicht zu erschrecken. Das allerdings schien gar nicht nötig gewesen zu sein, denn Dita drehte sich für die gemurmelte Begrüßung nicht mal um. Anscheinend hatte er ihn schon längst bemerkt gehabt.

„Was ist, Jima? Du weißt doch, ich hab keine Lust zum Feiern."

„Ja ich weiß, aber es ist..."

Dita stand auf und schüttelte den Kopf um Jima zu deuten, dass er nichts sagen sollte.

„Aber wir könnten ja trotzdem heute Abend, einfach nur so, zusammen sein?" Man merkte, dass es ihm peinlich war, das auszusprechen, denn er stotterte, was er sonst nie tat, ausgenommen seine Schaltkreise waren nicht intakt.

„Ja, das könnten wir durchaus... aber nicht hier."

Dita sah auf, mit einem gemischten Gefühl. Einerseits glücklich, dass Jima ihn nicht damit aufzog, andererseits verwirrt, wo die Reise hingehen würde. Aber er vertraute Jima und folgte ihm. Sie flogen weit, ließen Tokio sogar hinter sich zurück. Erst nach einer guten halben Stunde landeten sie.

„Wo sind wir hier?", fragte Dita vorsichtig nach. Sie wollte ja nicht, dass Jima dachte, dass er ihm nicht vertraute.

„Hm, oh... nirgends. Komm jetzt." Jima griff nach seiner Hand und führte Dita in eine Hütte, die ein nur ein paar Meter von ihnen entfernt war, aber schlecht zu sehen, da es schon so dunkel war. Im inneren der Hütte schaltete er das Licht an und Dita entfuhr ein Aufschrei. Der ganze Raum war geschmückt und ein riesiger Christbaum stand in der Mitte. Er sah geschockt zu Jima, der ihn weiter in die Raum hineinschob.

„Und ob wir heute feiern werden!"