Merry Scary Movie

Der Gabentisch war reich gedeckt, der Baum geschmückt und vor dem kleinen Häuschen lag eine dicke Schneedecke. Drinnen war es gemütlich warm und klassische Weihnachtslieder drangen aus den Lautsprechern der Stereoanlage. Der Kamin wärmte die drei Insassen der Wohnung, die gerade von der Schneelandschaft wieder nach Hause gekommen waren. Sie hatten sich durch den Schnee gekämpft und hatten gewonnen. Meistens zumindest, ein paar Mal hatte sie es auch auf den Po gehauen, wodurch ihre Kleidung nun vollkommen durchnässt war. Sie verschwanden nacheinander im Bad und zogen sich um, etwas gemütlicheres und wärmeres an.

In dicke Pullis gehüllt setzten sie sich auf die Couch und starrten den Weihnachtsbaum an, den sie am vorigen Tag gemeinsam geschmückt hatten.

„Machen wir jetzt die Bescherung?"

Scream saß hibbelig am Ende des Sofas, das dem Baum am nächsten stand und geiferte die Päckchen an. Er hatte schon den ganzen Tag nicht stillsitzen können und stetig wieder nachgehakt, wann es endlich zur Bescherung kommen würde. Hentai-chan und Uke-Dingens hatten ihn ein aufs andere Mal wieder vertröstet und ihn sogar dazu gezwungen, mit ihnen den Weihnachtsspaziergang zu absolvieren, den sie sonst immer nur zu Zweit erledigt hatten. Da sie ihn geflissentlich ignorierten, war ihnen gar nicht aufgefallen, dass sie dieses Mal eine Person mehr gewesen waren.

„Nein, die Bescherung kommt erst nach dem Essen! Das haben wir dir doch schon tausendmal erklärt, Scream."

Uke-Dingens bemühte sich, in einem ruhigen Ton zu antworten. Das war nicht so einfach, denn über den Tag verteilt hatte sich eine ziemliche Wut aufgebaut. Sie hatten Scream nicht eingeladen und wieder war er hereingeplatzt. Dabei hatten Hentai-chan und Uke-Dingens eigentlich vorgehabt, sich einen kuscheligen Abend zu machen – allein.

Scream hatte ihnen einen Strich durch diese Rechnung gemacht und sich alleine damit schon zu Knecht Ruprecht degradiert. Er war an diesem Heiligabend der Bösewicht. Nur schien er das selbst nicht einmal zu bemerken. Er benahm sich wie es ein kleines Kind an Weihnachten tat, ungeachtet der Tatsache, dass er das Erwachsenenalter schon erreicht hatte.

Scream setzte sich auf den Boden vor dem Weihnachtsbaum und zog die Geschenke mit den Augen aus. Hentai-chan seufzte genervt auf und schaltete den Fernseher ein, worauf er eine Kopfnuss von Uke-Dingens sein eigen nennen konnte.

Die Stimmung verschlechterte sich immer mehr und alleine Scream merkte nicht, dass er der Auslöser war.

„Na schön, lasst uns die Dinger auspacken, das hält man ja nicht aus!"

Hentai-chan sprang auf und riss das erste Päckchen auf, ohne nachzusehen, ob es überhaupt für ihn bestimmt war. Wahrscheinlich war es allerdings, denn für Scream hatten er und Uke-Dingens nur ein Geschenk geholt, das sie auch so verpackt hatten, dass man es sofort erkennen konnte. Es war eigentlich nur in zerrissenes, gewöhnliches Papier gewickelt. Ein wenig Toilettenpapier war auch darunter, aber so gut verdeckt, dass man es nicht merkte. Zumindest nicht sofort.

Hentai-chan packte also sein Geschenk aus, warf achtlos das Geschenkpapier hinter sich und schnappte sich das nächste. Scream brauchte einen Moment, bis er die Situation erfasst hatte, begann dann aber auch, nach seinem Geschenk zu suchen. Er nahm jedes Päckchen in die Hand, als allerletztes das, was tatsächlich für ihn war. Etwas entmutigt saß er da und starrte es an.

„Los, es ist deines, nun pack es schon aus.", meinte Uke-Dingens sanft und legte ihm eine Hand auf die Schulter.

„Oder schaffst du das nicht alleine?", gab Hentai-chan herausfordernd von sich.

„Geht schon! Hetzt mich nicht so."

„Du als Serienkiller müsstest doch eigentlich schnell sein?"

„Hentai-chan ärgert mich!"

„Ist schon gut, Scream."

Uke-Dingens bedachte Hentai-chan mit einem strafenden Blick, setzte sich neben Scream und half ihm beim Auspacken. Hentai-chan wurde keines Blickes mehr gewürdigt, was dessen Selbstbewusstsein einen deutlichen Kratzer verpasste. Er ließ es sich aber nicht anmerken und packte seine restlichen Pakete aus. Spätestens wenn er Uke-Dingens sein Geschenk überreichte, da war er sich sicher, würde dessen schlechte Laune wie weggeblasen sein. Er hoffte nur, das Scream nicht vorhatte, bei ihnen zu übernachten. Sonst musste er eines der Geschenke ausfallen lassen, was er auf keinen Fall wollte. Heute sollte es eine besondere und besonders schöne Nacht werden, das hatte er sich schon seit Wochen so vorgestellt, immer und immer wieder. Nun war Scream da und machte ihm wahrscheinlich seinen schönen Plan zunichte. Nicht, dass er grundsätzlich etwas gegen den irren Serienkiller gehabt hätte... er mochte ihn ganz einfach nicht.

„Seid ihr jetzt bald fertig? Ich hab Hunger!", nörgelte Hentai-chan. Uke-Dingens war Scream beim Auspacken sehr nahe gekommen und Hentai-chan zeigte seine Eifersucht offen und ehrlich. Wozu auch verstecken, dachte er. Es war das Fest der Liebe und die Person, die er so sehr liebte, machte mit einem Geisteskranken herum!

„Sei doch nicht so, Hentai-chan. Na schön, dann essen wir jetzt. Kommst du, Screamy?"

„SCREAMY?"

„Schrei nicht so!"

Scream hielt sich die Ohren zu und marschierte Richtung Esstisch, um sich hinzusetzen. Er erwischte zielsicher Hentai-chans Ehrenplatz. Hentai-chan nahm sich zusammen, um nicht zu explodieren. Immer wieder zählte er bis zehn und rief sich ins Gedächtnis, das Weihnachten war und es ihm nichts bringen würde, jetzt einen Wutanfall zu bekommen. Uke-Dingens hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und zog ihn mit sanftem Nachdruck an einen anderen Sitzplatz. Widerwillig setzte er sich hin. Scream verstand die Situation immer noch nicht, und lud sich freudig Reis auf seinen Teller.

Uke-Dingens setzte sich neben Hentai-chan, nahm ihm das Messer aus der Hand und füllte seinen Teller auf.

„Reg dich nicht so auf, das ist schlecht fürs Herz."

„Herz? Seit wann habe ich eines?"

„Schon gut."

Scream lachte herzhaft, schien sich gar nicht einkriegen zu können. In Hentai-chan wallte erneut die Wut auf.

„Was ist daran so lustig?"

„Entschuldigt bitte, aber..."

Uke-Dingens zog skeptisch eine Augenbraue hoch und er und Hentai-chan warteten geduldig, bis Scream wieder soweit zu Atem gekommen war, um sprechen zu können.

„Aber es ist so niedlich, wie ihr miteinander umgeht. Das muss wahre Liebe sein!"

Die beiden liefen karmesinrot an und starrten auf ihre gefüllten Teller, auf denen der Reis vor sich hindampfte.

„Jetzt lasst uns endlich essen, das wird doch kalt!", wechselte Scream ohne Weiteres das Thema. Hentai-chan und Uke-Dingens nickten leicht und nahmen das Besteck in die Hände, wobei sie sich kurz an den Armen berührten. Sie lächelten sich an, noch immer mit einem leichten Rotschimmer auf den Wangen.

„Fröhliche Weihnachten."