Date: 14. Dezember
Author: kslchen
Category: Short Story
Character: Harry
Genre: General
Rating: G
Disclaimer: Harry und die Dursleys sonst gehört J.K. Rowling. Mir gehören lediglich die Idee und die Story.
Weihnachtswünsche
„I wish me a merry christmas, I wish me a merry christmas. I wish me a merry christmas and a happier new year." Die Stimme war schwach, zitterte ein wenig. Es klang nach einem Kind, verloren, vergessen vielleicht, aber auf jeden Fall einsam. „Fröhliche Weihnachten, Harry", wünschte sich eben dieses Kind gerade und blies den Kerzenstummel aus, den es in der Hand hielt. Augenblicklich wurde es stockfinster, doch der kleine Junge, er mochte vielleicht sechs Jahre alt sein, vielleicht auch sieben, kümmerte sich nicht darum. Vor der Dunkelheit hatte er sich nie gefürchtet, auch wenn es in seinem Alter normal war, eben das zu tun. Harry Potter war nie ein normales Kind gewesen.
Jetzt langte er quer durch den ‚Schrank unter der Treppe', wie seine Behausung im Allgemeinen bezeichnet wurde, und drückte den Lichtschalter. Dass er sich dabei den Kopf an eben der Glühbirne stieß, die nun ein dämmriges Licht verbreitete, schien ihn ebenso wenig zu stören, wie Dunkelheit es tat. Er freute sich viel zu sehr auf seine Geschenke. Nicht, dass er richtige Geschenke bekommen würde, aber Harry hatte schon früh herausgefunden, wie er Weihnachten doch zu einem schönen Erlebnis machen konnte. Er schenkte sich ganz einfach selbst etwas!
Natürlich waren es keine besonderen Geschenke und so schönes Geschenkpapier wie Tante Petunia hatte er auch nicht, ganz zu schweigen mal von Geschenkband, aber daraus machte Harry sich ohnehin nicht viel. Das Einzige, was vielleicht ein bisschen schade war, war die Tatsache, dass er alle Geschenke schon kannte. Überraschung stellte sich da recht selten ein. Aber, so hatte Harry beschlossen, er konnte ja wenigsten so tun, als wären es schöne Geschenke, eingepackt in buntem Papier mit goldenen Schleifen, geschenkt von lieben Eltern und als wäre er überrascht über den Inhalt.
Und genau das tat Harry. Er tat so, als hätte er ein ganz normales Weihnachten und kein einsames, gefeiert in einem Schrank, mit einem einzigen Kerzenstummel, den er, in Ermangelung eines Streichholzes, nicht einmal ein weiteres Mal würde anzünden können, einem heimlich abgebrochenen Tannenzweig, an dem die Reste einer zerbrochenen Christbaumkugel hingen, die er aus dem Müll gefischt hatte, als Tante Petunia gerade nicht da gewesen war. Immerhin hatte er ja auch noch seine Geschenke! Eifrig machte sich Harry daran, sie auszupacken und freute sich beinahe so sehr darüber, als wären es die Geschenke, von denen er träumte.
Da war eine kaputte Action-Figur von Dudley, auf die Onkel Vernon sich draufgesetzt hatte. Dort ein alter Topflappen von Tante Petunia mit großen roten und grünen Karos und einem Brandloch in der Mitte. Daneben lag ein hübscher Stein, den Harry auf einem Spaziergang gefunden hatte und eine ausgerissene Seite aus einer Zeitschrift, auf der lauter bunte Bilder abgebildet waren. Ein Weihnachtsmann war darauf, Elfen, ein Schlitten, viele Geschenke und lachende Kinder. Eine bunte Glasscherbe hatte Harry auch aufgetrieben und nicht zu vergessen den nur halb aufgeblasenen Gummiball. Orange war der, mit lilafarbenen Tupfen und wenn man gut aufpasste, konnte man sogar noch ein bisschen damit spielen.
Das Geschenk der Dursleys hob Harry sich bis zum Schluss auf. Es war das einzige, das in richtiges, echtes Geschenkpapier eingewickelt war. Die anderen waren nur notdürftig in die vorgestrige Zeitung eingeschlagen worden. Aber dieses Geschenk, das hatte Papier, mit Tannenzweigen und Rentieren drauf. Natürlich, es war bereits kaputt und an einigen Stellen hatten Klebestreifen die Farbe abgemacht, aber es war immerhin Geschenkpapier. Und darin befand sich eine Krawatte! Eine eigene Krawatte, nur für Harry! Sicher, er hatte sie schon oft an Onkel Vernon gesehen und er wusste natürlich auch, dass die Krawatte völlig altmodisch und ziemlich lächerlich war, aber, wie so vieles, störte Harry auch dies nicht.
Jetzt faltete der kleine Junge das Geschenkpapier vorsichtig zusammen und legte es neben die fein säuberlich aufgereihten Geschenke. Der Blick, mit dem er seine Schätze betrachtete, war voller Stolz und Freude. Als wären es wirklich Schätze und nicht nur wertlose, kaputte oder alte Dinge. Aber vielleicht waren sie das auch wirklich. Vielleicht waren es Schätze. Harry zumindest war sich da ganz sicher. Ein letzter Blick auf seine Geschenke, dann löschte Harry das Licht, legte sich hin und schlief ein, ein kaum sichtbares Lächeln auf seinem schmalen Kindergesicht. Und wer weiß, vielleicht bekam er ja zumindest im Traum das, was er jedes Jahr ganz oben auf seinen Wunschzettel schrieb. Eine Familie.
