Date: 16. Dezember
Author: Yamato
Category: Genfic
Characters/Pairing: Barty Crouch (junior und senior), Mrs. Crouch, Albus Dumbledore, einige Minister und Ministeriumsangestellte, ein Überraschungsgast, Winky und Anna, die Hauselfen.
Rating: G
Genre: General
Disclaimer: Die Charaktere gehören JKR. Préah Crouch basiert zusätzlich auf der Fanfiction "Préah" von Kate McLeod. Ihr findet sie hier: http/mitglied.lycos.de/galenturiel/preah.htm
A/N: Yama wollte schon immer mal wissen, wie die Sache mit Barty Crouch damals wirklich abgelaufen ist und darum hat er jetzt einfach ganz frech seine eigene Version der Dinge entworfen.

Diese Geschichte kann für sich allein stehen, sie ist aber auch eine Szene aus dem 14. Kapitel von Amicus Draconis (wo sie natürlich erst nach dem Adventskalender erscheinen wird.)


... als ein Wunschtraum, der in Erfüllung geht

Ministry of Magic, December 21st, 1981

"Guten Abend, Amos, treten Sie doch näher. Vielen Dank für die Plätzchen, Aislinn, einer unserer Hauselfen wird sie Ihnen gleich abnehmen und zum Buffet rüberbringen. Cornelius – ich hatte noch gar keine Gelegenheit Ihnen zu Ihrer Beförderung zu gratulieren, Claudia, Sie sind sicher sehr stolz auf Ihren Mann. Arthur, Molly – oh danke, aber das wäre doch gar nicht nötig gewesen. Albus, Sie sind tatsächlich gekommen."

Die Augen der alten Ministerin leuchteten vor Freude auf, als sie Albus Dumbledore ihre faltige Hand hinstreckte. Sie hatte nicht mehr wirklich mit seinem Kommen gerechnet, es war ja allgemein bekannt, dass Dumbledore sich von den gesellschaftlichen Zusammenkünften des Ministeriums eher fernzuhalten pflegte.

"Nun, Millicent, ich dachte, da wir in den letzten Jahren so wenig Gelegenheit zum Feiern hatten..." Mit einer galanten Verbeugung ergriff Albus ihre Hand und berührte sie mit den Lippen. "Außerdem, wer könnte bei solch köstlichen Weihnachtsleckereien schon 'nein' sagen?" Er zwinkerte ihr zu, und wandte sich dann zu Claudia Fudge, um klammheimlich eines ihrer Plätzchen zu naschen. "Dumbledore, Sie sind ein Schelm."

"Frank, wie schön dass Sie kommen konnten." Millicent Bagnold wandte sich ihren nächsten Gästen zu. "Und Alice – Sie sehen wie immer bezaubernd aus. Ist Augusta denn gar nicht mitgekommen?"

"Keine Sorge, Mutter geht es gut." Frank Longbottom hatte den besorgten Ausdruck im Gesicht der Ministerin richtig interpretiert. "Sie lässt sich entschuldigen. Sie hatte dieses Wochenende den Kleinen und hat die Weihnachtsfeier einfach als Entschuldigung genommen ihn noch einen Tag länger zu behalten."

"Warum überrascht mich das nicht?" scherzte die Ministerin. "Augusta ist ganz vernarrt in den Jungen, grüßen Sie sie bitte von mir. Genießen Sie die Feier."

Sie warf einen Blick in Richtung der Fahrstühle, doch wie es schien, hatte sie erst die Hälfte der Schlange hinter sich gebracht. So sehr es sie auch freute, dass ihre Gäste so zahlreich erschienen waren, im Moment sehnte sie sich nach nichts mehr als einem gemütlichen Lehnstuhl und einer Tasse heißem Tee.

Das Atrium glänzte in festlichem Licht. Hunderte goldener Kerzen strahlten von den prächtigen Kronleuchtern an der pfauenblauen Decke. Da blau und golden hier die vorherrschenden Farben waren, hatte man hauptsächlich auf das traditionelle Rot-Grün verzichtet, und in Blau-Gold-Silber dekoriert. Funkelnde Weihnachtsgirlanden und silbrige Lamettaregen zierten die Decke, wanden sich um die Kronleuchter und die duftigen Zweige der Tannenbäume. Tanzende Lichter, schimmernde Kugeln, schwebende Glitzersterne – bei all ihrer Pracht wirkte die Eingangshalle des Ministeriums doch ein wenig überladen. Als ob es nicht hell und leuchtend und strahlend genug sein könne.

Die Ministerin senkte den Blick. Ihre Welt hatte zu lange im Dunkel leben müssen.

"Bartemius, was für eine Freude. Und Préah, Sie haben uns einen Ihrer leckeren Kuchen mitgebracht." Ihr Blick glitt an der jungen Frau vorbei zu der braunäugigen Hauselfe, auf deren winzigen Ärmchen sich ein riesiger Weihnachtskuchen auftürmte. "Und Ihnen, Barty, wie gefällt Ihnen Ihr Praktikum? Wenn Sie Fragen haben, können Sie sich jederzeit an mein Büro wenden, das wissen Sie."

"Danke, ich komme zurecht." Barty junior warf einen nervösen Seitenblick zu seinem Vater, dessen Gesichtszüge sich bei dem Wort Praktikum unwillkürlich verhärtet hatten. Vater hatte ihm nie verziehen, dass er es nicht geschafft hatte, gleich nach seinem Schulabschluss ins Trainingsprogramm für Aurori aufgenommen zu werden. Dieses so genannte Praktikum beim Ministerium war lediglich eine Übergangslösung, bis es ihm gelungen war das passende Hintertürchen zu finden. Oder zu öffnen.

"Winky, würdest du bitte den Kuchen zum Buffet stellen?" wandte Préah sich mit einem freundlichen Lächeln an die Hauselfe. "Danach brauchen wir dich erstmal nicht mehr. Du darfst nach Hause zurückkehren, oder hier mit den Hauselfen verkehren, ganz wie es dir beliebt."

"Wie Sie wünschen, Mistress Préah," quiekte Winky. Sie wollte sich schon abwenden, als Barty senior sie noch einmal zurückrief. "Ist die Bibliothek schon abgestaubt?"

"Liebling, das hat doch morgen noch Zeit." Préah legte eine Hand auf den Arm ihres Ehemannes. "Winky hat so wenig Gelegenheit Zeit mit anderen Hauselfen zu verbringen."

"Préah." Barty vergewisserte sich, dass die Ministerin außer Hörweite war, bevor er weitersprach. "Die Hauselfen hier sind alle mit der Weihnachtsfeier beschäftigt. Und ich sehe wirklich nicht ein, warum ich die Arbeitskraft meiner Hauselfe so einfach ans Ministerium verleihen sollte, wenn es in meinem eigenen Haushalt genug zu tun gibt."

Bei dem Ausdruck 'meinem Haushalt' glitt ein schelmisches Lächeln über Préah's Gesicht und sie hob zweifelnd die Augenbrauen. Barty stieß einen Seufzer aus und hob abwehrend die Hände. "Ganz wie du meinst, Liebes. Winky, tu was die Mistress dir aufgetragen hat."

"Wie Sie wünschen, Master Barty," quiekte Winky.

"Préah, wie schön dich zu treffen. Was macht die Arbeit, Barty?"

Während seine Eltern sofort vom nächsten Menschenauflauf in Beschlag genommen wurden, schnappte sich Barty junior ein Glas Perlenchampagner und schlenderte gelangweilt in Richtung Buffet. Vater würde ihn nicht vermissen, ganz im Gegenteil, er würde froh sein, sich nicht mit ihm beschäftigen zu müssen. Seit der Katastrophe mit dem Abschlusszeugnis hatten sie kaum das Nötigste miteinander geredet.

Manchmal fragte er sich wie Mutter die ganze Situation ertrug. Zwar hatte sie ein echtes Talent dafür, zwischen Vater und ihm zu vermitteln, und bisher hatte sie auch immer mit unendlicher Geduld dafür gesorgt, dass der Familienfrieden gewahrt blieb. Aber konnte ein Mensch ewig den Puffer für andere spielen? Würde das wackelige Gleichgewicht ihrer kleinen Familie nicht irgendwann zerbrechen?

"... und in der Grand Lodge Alpina herrscht wieder mal dicke Luft, wie man hört. Nun, Genaues konnte ich nicht erfahren, hab' ja nicht viel mit den Züricher Gnomen und ihren Machenschaften zu tun. Aber ich gehe jede Wette ein, dass der finanzielle Einbruch irgendwie mit dem Fall von ... na ja, du weißt, wen ich meine zusammenhängt." Amos Diggory wandte den Kopf nach links und rechts, und als er feststellte, dass sie nicht beobachtet wurden, streckte er die Hand nach einem Plätzchen aus.

"Nichts da." Frank Longbottom haute ihm auf die Finger.

Diggory sah ihn empört an, doch Longbottom lachte nur. "Als Auror muss ich schließlich Recht und Gesetz wahren, oder etwa nicht?"

Ein wenig ernster fügte er hinzu: "Vermisst du's nicht manchmal? Ich meine, sich mit Goblins und Hauselfen herumzuärgern, das kann's doch nicht gewesen sein."

Barty wusste genau, wovon die beiden sprachen. Frank Longbottom war einer der Aurori, die für Vater arbeiteten, und Amos Diggory war bis vor etwa einem Jahr sein Partner gewesen. Er hatte den aufstrebenden jungen Gryffindor unter seine Fittiche genommen, als dieser frisch von Hogwarts in die Ausbildung kam, hatte ihn trainiert, und ihn auf den Kampf mit den Schwarzmagiern vorbereitet. Dank seiner Hilfe hatte Longbottom die Ausbildung als einer der Besten abgeschlossen, gemeinsam mit Alice Clearwater, die jetzt seine Frau war.

Und dann hatte Diggory die Aurori ganz plötzlich verlassen, und stattdessen einen Schreibtischjob in der Abteilung für Magische Geschöpfe angenommen. Wie hatte Vater sich doch darüber aufgeregt. 'Er wirft seine Karriere weg, dieser Narr,' hatte er geflucht. 'Diese Hufflepuffs sind doch alle gleich, nicht einen Funken Ehrgeiz.'

An diesem Tag war Barty einmal mehr darüber froh gewesen, dass der Auswahlshut ihn nach Gryffindor gesteckt hatte.

"Ich bin zufrieden mit meinem Job, Frank," gab Diggory zurück und es klang aufrichtig. "Ich weiß, dass es die richtige Entscheidung war."

Barty horchte auf. Vater hatte nie erwähnt aus welchen Gründen Diggory die Aurori verlassen hatte, und der Junge fragte sich, was einen Mann dazu bringen konnte, seine Karriere derart in den Wind zu schießen. Barty selbst hätte alles darum gegeben bei den Aurori aufgenommen zu werden, damit Vater nur endlich stolz auf ihn sein konnte.

"Du weißt, dass Aislinn es nicht länger ertragen konnte. Diese ständige Furcht, diese Angst, mich zu verlieren. Zu viele Aurori haben im letzten Krieg ihr Leben lassen müssen, ebenso wie die Mitglieder von Dumbledore's Orden. Und was noch schlimmer war, die Todesser haben ihre Familien angegriffen. Du weißt, was den McKinnons passiert ist, den Prewetts, den Potters. Glaubst du, ich wollte eines Nachts nach Hause kommen, und meine Frau und meine beiden kleinen Söhne ... aber bitte sprechen wir nicht von solch dunklen Dingen, es ist Weihnachten. Du solltest nur eines wissen, alter Freund, das Wichtigste im Leben, das Allerwichtigste ist deine Familie. Alles andere ist nur zweitrangig."

Frank Longbottom nickte langsam. "Ja, damit hast du Recht, aber genau das ist der Grund, warum ich überhaupt Auror geworden bin. Meine Eltern haben mir beigebracht, dass ich die Menschen, die ich liebe beschützen muss. Ich möchte nicht, dass meine Kinder in einer Welt aufwachsen müssen, die von Todessern regiert wird."

Barty stand wie erstarrt. Ein Mann, der seiner Familie wegen die Karriere aufgab? Kein Wunder, dass Vater sich darüber lustig machte. Ein weiterer Mann, der seinen Beruf nur deshalb gewählt hatte, um seine Lieben zu schützen? Auch das würde Vater nicht verstehen. Ihm ging es doch nur um seinen beruflichen Erfolg. Noch eine Beförderung, noch mehr Einfluss, noch mehr Macht...

Warum konnte Vater nicht ein wenig von Longbottom's Edelmut und Diggory's Opferbereitschaft besitzen?

Nein! Nein, so etwas durfte er gar nicht erst denken. 'Dein Vater liebt dich,' versicherte Mutter ihm immer wieder, 'dein Vater liebt dich. Er kann es nur nicht so zeigen.'

Nein, es war ganz sicher nicht Vater's Schuld. Es war nur seine eigene. Was hatte er denn bisher getan, um Vater's Liebe zu verdienen? Er hatte doch immer wieder nur versagt. Anstatt Vater mit Stolz zu erfüllen, hatte er ihm nichts als Enttäuschungen bereitet. Wie sollte man einen solchen Sohn lieben können? Wie denn?

Das unangenehme Klirren von Metall auf Glas rang ihm in den Ohren. Ministerin Bagnold hatte mit der Fassung ihres Zauberstabes gegen ihr Glas geschlagen, um sich Ruhe zu verschaffen.

"Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde," begann die Ministerin ihre Rede. "Es ist mir eine große Ehre, Sie heute Abend auf unserer Weihnachtsfeier willkommen heißen zu dürfen. Da wir uns alle auf ein ausgezeichnetes Weihnachtsbuffet freuen, möchte ich mich kurz fassen und nicht viele Worte machen. Einige Dinge jedoch gibt es, die ich sagen möchte: nämlich, dass die schreckliche Zeit des Krieges jetzt zu Ende ist, und wir uns gemeinsam auf eine neue Ära des Friedens zubewegen. Und in diesem Sinne möchte ich Ihnen eine Entscheidung mitteilen, über die ich lange nachgedacht habe und welche ich jetzt für den richtigen Schritt halte: Ich werde als Ministerin für Zauberei zurücktreten."

Ein leises Raunen durchfuhr die Menge, doch Millicent Bagnold sah keine Überraschung auf den Gesichtern der Menschen. Sie hatten mit dieser Entscheidung gerechnet. Unter normalen Umständen wäre die alte Dame vielleicht schon ein, zwei Jahre früher in ihre wohlverdiente Rente gegangen, doch solange sich die Zaubererwelt in einer solchen Krise befand, war dies undenkbar gewesen. Doch nun war die Krise vorbei und sie konnte in Würde abtreten.

"Ich bin die Ministerin des Krieges gewesen," fuhr sie fort, "ich habe viele harte Entscheidungen treffen müssen, und erst die Zeit wird zeigen, ob ich richtig gehandelt habe. Doch nun will ich ein deutliches Zeichen des Friedens setzen. Als meine letzte Amtshandlung erkläre ich hiermit den Zusatzartikel 17 außer Kraft gesetzt. Es besteht nicht länger die Notwendigkeit für unsere Aurori Hexen und Zauberer ohne Anklage festzuhalten oder gar von solch schrecklichen Methoden wie den Unverzeihlichen Flüchen Gebrauch zu machen."

Diese alte Füchsin! Barty Crouch senior umklammerte sein Glas so fest, dass er fürchtete, es zu zerbrechen. Da musste sie ihm doch kurz bevor sie das Zepter an ihn weiterreichte, noch einen Stein in den Weg legen. Natürlich konnte er ihre Entscheidung wieder rückgängig machen, wenn er erst Minister geworden war, doch ohne einen Krieg und einen Dunklen Lord im Hintergrund würde es äußerst schwer werden, eine Rechtfertigung für solche Sondervollmachten zu finden.

Trotzdem, er würde einen Weg finden. Mit etwas Glück und der richtigen Propaganda ließen sich die Leute schon überzeugen.

Etwas anderes bereitete ihm im Moment viel größere Sorgen. Warum war Albus Dumbledore zu dieser Weihnachtsfeier erschienen? War dies etwa ein Zeichen, dass sich Dumbledore wieder für die Vorgänge im Ministerium interessierte, ja vielleicht sogar erwog, sich für den Posten des Ministers zur Verfügung zu stellen?

Bisher hatte Dumbledore es immer abgelehnt, sich zur Wahl zu stellen, auch wenn viele ihn dazu gedrängt hatten. Er wollte seinen Posten als Schulleiter von Hogwarts nicht aufgeben. Aber vielleicht hatte er seine Meinung inzwischen geändert. Macht war verführerisch. Mochte der alte Kauz ruhig den Bescheidenen spielen, ihn, Bartemius Crouch konnte er damit nicht täuschen. Er erkannte einen Puppenspieler, wenn er ihn sah.

"... alle notwendigen Papiere liegen bereits unterzeichnet in meinem Büro. Am ersten Tag des neuen Jahres werden die Kandidaten für den Ministerposten bekannt gegeben."

Die Kandidaten? Also doch. Ein bitteres Lächeln umspielte Barty Crouch's Lippen. Albus Dumbledore würde also wirklich gegen ihn antreten. Nun, dann konnte er sich warm anziehen. Er, Bartemius Crouch würde sich ganz sicher nicht von einem Posten vertreiben lassen, den er für sich selbst vorgesehen hatte.

"Minister Crouch," flüsterte eine Stimme in sein Ohr. Er wandte den Kopf zur Seite, und sah, dass seine Sekretärin neben ihn getreten war. "Sie haben einen Gegenkandidaten."

Sie machte eine Pause, um ihren Worten Gewicht zu verleihen, und Crouch spitzte die Ohren. Das Nützliche an Bertha Jorkins war, dass sie immer über den neuesten Klatsch informiert war, Geheimnisse an den unmöglichsten Stellen ausbuddelte, und eine Nase für Informationen hatte, um die jeder Spion sie beneiden konnte. Leider brachte sie auch ihre Nachteile mit; sie konnte nichts, aber auch gar nichts für sich behalten Und ihre Klatschgeschichten erwiesen sich auch nicht immer als zutreffend.

"Es ist Fudge." Bertha's Stimme klang sehr selbstzufrieden. "Der Minister der Abteilung für magische Katastrophen."

"Bertha, ich weiß wer Cornelius Fudge ist." Crouch's Augen suchten seinen potentiellen Gegner in der Menge, welche bereits angeregte Flüstergespräche führte und immer wieder zum Buffet hinüberschielte. Niemand schien mehr wirklich die Geduld für die langwierige und weitschweifende Rede der Ministerin aufbringen zu können. Auch Fudge war in eine Unterhaltung mit seiner Sekretärin vertieft, deren breites krötenartiges Grinsen so gar nicht zu ihrer mädchenhaften Haarschleife passen mochte. Crouch's Blick wanderte weiter und fiel stattdessen auf seinen Sohn, welcher gedankenverloren am Buffettisch lehnte und mit glasigen Augen in die Ferne starrte.

"Des Weiteren möchte ich bekannt geben, dass in der Abteilung für magische Spiele und Sportarten..."

Einen Augenblick lang fühlte der junge Crouch den Blick seines Vaters auf sich ruhen, doch er wagte es nicht, sich umzuwenden und diesen zu erwidern. Was würde es ihm helfen, ein weiteres Mal die Verachtung zu spüren, die Vater für ihn empfand? Er musste endlich eine Möglichkeit finden ... oh verdammt, warum hatte es nur mit den Aurori nicht geklappt? Seine Noten waren doch in Ordnung gewesen. Er hätte nur...

Als donnernder Applaus endlich das Ende der Rede ankündigte, und die Menge ihrer Ministerin falschen und ehrlichen Beifall spendete, schob sich Barty durch die Menschenmassen hindurch, bis er vor dem Brunnen der Magischen Bruderschaft stand. Stumm und gleichgültig erhoben sich die prächtigen goldenen Figuren über das Wasser, ihr eingefrorenes Grinsen wirkte grotesk, beinahe bedrohlich, als sie auf ihn hernieder blickten. Die Augen der Hexe und des Zauberers waren hohl und leer, die bewundernden Blicke des Goblins und des Kentauren eine Maske der Falschheit, ja selbst der unterwürfige Ausdruck auf dem Gesicht des Hauselfen hatte etwas Verschlagenes an sich.

Barty Crouch hatte schon vor langer Zeit aufgehört an die Macht der Wünsche zu glauben. Aber sie lebten jetzt in einem neuen Zeitalter, einem Zeitalter, in dem man wieder hoffen und träumen durfte. Und Weihnachten war nicht mehr fern.

Er nahm eine goldene Münze und ließ sie hinab ins funkelnde Wasser fallen. "Ich wünsche mir ... ich wünsche mir eine neue Chance. Eine Möglichkeit um Vater zu beweisen, dass ich kein Versager bin. Ich wünsche mir, dass mein Vater endlich stolz auf mich sein kann."

Seine Augen folgten immer noch den ringförmigen Bewegungen des Wassers, als ihm die seltsame Stille auffiel, welche sich über die Eingangshalle gesenkt hatte. Der Applaus der Menge war so plötzlich verstummt, als habe man ihn wie eine Kerzenflamme gelöscht.

Er hob den Kopf und sah, dass alle Gesichter in dieselbe Richtung blickten.

Die Türen des mittleren Fahrstuhls hatten sich zur Seite geschoben um den Blick auf eine einzelne Gestalt freizugeben. Im ersten Moment konnte er nur ihre Silhouette gegen das strahlende Licht erkennen, doch einen Augenblick später schlossen sich die Türen wieder hinter ihr und sie wurde sichtbar.

Eine junge Frau, schlank und hochgewachsen, und mit solch blasser Haut, dass ihr zartes elfenbeinweißes Abendkleid dagegen dunkel erschien. Ihr blondes Haar war am Hinterkopf zu einem kunstvollen Knoten verschlungen, bis auf ein paar einzelne federartig schwingende Locken im Nacken und an den Schläfen. Ein kostbar bestickter Winterumhang umrahmte ihre schmale Gestalt, dessen weißer Pelzbesatz sich sanft um ihren Hals schmiegte.

Zweifellos wirkte ihre schlichte, geschmackvolle Aufmachung in dem mit Glitzer und Glanz überladenem Raum noch eine Spur eleganter.

Geflüster und Gemurmel brach aus, als sie näher trat, Gesichter musterten sie mit Neugier, Mitgefühl, oder unverhohlener Feindseligkeit. Überraschung, Unglauben, Kopfschütteln, und Bertha Jorkin's Worte waren wieder einmal laut genug, dass sie zischend im Raum widerhallten: "Was will die denn hier?"

Einige wandten ihre Blicke der Ministerin zu, um ihre Reaktion abzuwarten, doch sie schien selbst noch zu fassungslos, um zu wissen, was sie tun sollte. Andere dagegen schienen eifrig zu überlegen, ob sie nicht einfach auf die Besucherin zugehen und sie begrüßen sollten, doch niemand wagte es.

Diese ganze verlogene Bande...

Plötzlich spürte Barty einen seltsamen Anflug von Ärger. Noch vor wenigen Wochen waren einige dieser Leute wie Schmeißfliegen um diese junge Frau herumgeschwirrt, hatten sie mit Komplimenten und Schmeichelreden überschüttet und sich daraus einen Vorteil erhofft. Doch jetzt, da ihr Mann in Azkaban gefangen saß und unter dem Verdacht stand, ein Todesser zu sein, hatten sie sich von ihr abgewandt. Es war ihnen vollkommen gleichgültig ob er schuldig oder unschuldig war, sie wussten nur, dass Bartemius Crouch, Minister der Abteilung für Magisches Recht und Gesetz, es sich in den Kopf gesetzt hatte, diesen Mann zu verurteilen. Und Bartemius Crouch in die Quere zu kommen war nicht nur sehr unklug, sondern auch gefährlich.

Nein, er durfte so nicht über Vater denken. Er durfte das nicht.

Was würde Mutter sagen, wenn sie von diesen schrecklichen Gedanken wüsste?

"Narcissa, was für eine Überraschung!" Mit energischen Schritten trat Albus Dumbledore auf die Besucherin zu und reichte ihr die Hand. "Wie mir scheint, hat mit Ihrem Besuch heute Abend niemand mehr gerechnet. Bitte legen Sie doch ab." Er half ihr aus dem Winterumhang und brachte diesen, nachdem keine der zuständigen Hauselfen erschien, selbst zur Garderobe.

"Ich danke Ihnen, Professor." Narcissa Malfoy's Stimme klang kühl und gefasst, und doch verriet ein leichtes Zittern ihre Nervosität. Jetzt, da Dumbledore das Eis gebrochen hatte, traten auch weitere Gäste auf sie zu und begrüßten sie. Auch die Ministerin schien sich wieder gefangen zu haben, und machte ihr ihre Aufwartung, auffällig-unauffällig flankiert von Longbottom und Diggory. Barty warf einen Blick zu seinem Vater hinüber, dieser beobachtete die ganze Szenerie mit steinernem Blick und vor Wut aufgerissenen Augen.

"Elf, stell' den Weihnachtspudding zum Buffet."

Etwas in Richtung Boden quiekte ein "Ja, Mistress!" zur Antwort. Durch die Menge hatte Barty gar nicht sehen können, dass neben Mrs. Malfoy eine Hauselfe stand.

"Verzeihen Sie, Mrs. Malfoy..." Ein junger Auror, dessen Blick fahrig zwischen Vater und der jungen Frau hin und her wanderte, (als wisse er nicht, vor wem er sich mehr fürchten sollte) räusperte sich verlegen. "Wir ... uhm ... würden gern einen Blick auf den Pudding werfen, wenn Sie ... uhm ... nichts dagegen haben. Vorschrift, verstehen Sie?"

"Sicher, wenn Sie nichts Besseres zu tun haben." Narcissa Malfoy hob die Augenbrauen und plötzlich verspürte Barty das dringende Bedürfnis, die Schale mit dem Pudding zu nehmen und diesen schnurstracks ins Gesicht des Aurors zu befördern. Zum ersten Mal in seinem Leben war er gar nicht traurig darüber, nicht in den Kreis der Aurori aufgenommen worden zu sein. Bisher hatte er die Aurori als tapfere Helden gesehen, aber dies hier war einfach nur peinlich.

"Wir ... uhm ... würden auch gern einen Blick in ihre Handtasche und auf sonstige mitgebrachte Gegenstände werfen," fügte ein weiterer Auror hinzu und zog seinen Zauberstab. "Bitte legen Sie Ihren Schmuck ab, und übergeben Sie ihn uns zur Kontrolle. Sie werden selbstverständlich alles unbeschadet zurückerhalten."

Das reichte jetzt aber endgültig. Natürlich führten diese Jungen nur Befehle aus, aber wenn der Job eines Aurors darin bestand, Menschen in der Öffentlichkeit zu demütigen, so war Barty sich nicht mehr sicher, dass dies wirklich ein erstrebenswerter Beruf war. Ohne lange nachzudenken, drängte er sich durch die Menge auf die schöne junge Frau und ihre beiden Peiniger zu.

"Wohin so eilig, mein Junge?" Vater trat ihm in den Weg, sein Gesicht zeigte ein ungehaltenes Stirnrunzeln.

"Ist das wirklich notwendig, Vater?" Barty erschrak über die Wut in seiner Stimme, er konnte sich nicht erinnern, dass er es jemals gewagt hatte, seinen Vater so anzufahren. "Wie kannst du sie nur so demütigen?"

"Sei still und misch dich nicht in Angelegenheiten von denen du nichts verstehst." Eine eisige Kälte hatte von der Stimme seines Vaters Besitz ergriffen. "Ein naives Kind wie du weiß nichts von den Machenschaften der Todesser. Du lässt dich von Aussehen und schönen Schein täuschen, aber diese Frau ist eine hinterhältige Giftschlange, und du hast nicht die geringste Ahnung, wozu sie fähig ist."

"Liebling, bitte." Mutter trat neben Vater und legte eine Hand auf seine Schulter. Ihr unsäglich feines Gespür für Schwierigkeiten musste sie gerade zum rechten Zeitpunkt hergeführt haben. "Wir sind auf einer Weihnachtsfeier."

"Das ist mir bewusst, Préah, und ich habe wirklich Besseres zu tun, als mich mit diesem Versager herumzuärgern." Vater warf Barty einen letzten verächtlichen Blick zu und wandte sich ab, um mit schnellen Schritten davon zu marschieren, in Richtung seines Rivalen Albus Dumbledore. Dieser war inzwischen von der Garderobe zurückgekehrt, und hatte sich von Narcissa's Pudding genommen, ohne sich auch nur im Geringsten um die beiden jungen Aurori zu kümmern, welche jetzt wie begossene Pudel dastanden, die Zauberstäbe noch in den Händen.

Bertha Jorkins beäugte ihn entsetzt als erwarte sie, er würde im nächsten Moment tot umfallen, doch das schien Dumbledore nicht den Appetit zu verderben.

"Barty, du weißt, dass Vater es nicht so meint." Auch Mutter's liebevolle Worte schienen heute Abend nicht besonders viel Trost spenden zu können. "Du weißt, unter welch furchtbarem Druck er steht und wie schwer seine Arbeit ist. Da rutscht einem leicht etwas heraus, das man später bereut."

"Ja, natürlich weiß ich das, Mutter. Bitte entschuldige mich, ich muss mich nur ein wenig frisch machen."

Zum Glück war der Vorraum der Toilette leer. Barty ließ ein wenig Wasser über seine Hände laufen und betrachtete gedankenverloren sein Spiegelbild, ohne es wirklich zu sehen. Was sollte er sich auch ansehen? Barty, den Versager?

Er ballte die Hände zu Fäusten und lehnte den Kopf an das kühle Glas. Das war ja wieder mal prima gelaufen heute. Als ob er nicht schon genug Probleme hätte. Wieder einmal hatte er es geschafft, alles nur noch schlimmer ..."

"Mr. Bartemius Crouch, Sir?"

Er wandte sich um, als er die piepsige Stimme hörte, konnte aber im ersten Moment niemanden erkennen. Erst als er den Blick senkte, sah er eine kleine Hauselfe hinter sich stehen, die ängstlich zu ihm hochblickte. Wie alle Hauselfen war sie glatzköpfig, doch eine einzelne grüne Haarsträhne fiel über ihr Gesicht, als sie sich vor ihm verneigte. Mit einer schnellen Bewegung strich sie diese hinter eines ihrer spitzen Ohren zurück.

"Anna soll Mr. Bartemius Crouch diesen Brief geben," quiekte die Elfe. "Ist sehr sehr wichtig, und sehr sehr geheim. Mr. Bartemius Crouch soll mit niemand drüber sprechen."

"Ich denke wohl eher, du meinst meinen Vater." Verwirrt nahm Barty den Umschlag und betrachtete ihn. Außer dem Namen Bartemius Crouch stand nichts darauf, kein Absender, keine Adresse. Wahrscheinlich hatte die Elfe ihn mit seinem Vater verwechselt, schließlich trugen sie beide denselben Namen.

"Anna weiß nicht. Anna weiß nur, Mr. Bartemius Crouch Brief geben. Anna hat ihren Auftrag erfüllt. Anna geht jetzt." Mit einem leisen Plopp verschwand die Hauselfe wieder.

Es gab nur eine Möglichkeit, die Wahrheit herauszufinden. Kurzentschlossen riss Barty den Umschlag auf.

Mr. Crouch,

es wäre mein sicherer Tod Ihnen meinen Namen zu verraten, doch ich habe eine wichtige Information für Sie. Heute Nacht planen einige Todesser den Auror Frank Longbottom in seinem Haus zu überfallen, sobald er von der Weihnachtsfeier im Ministerium zurückkehrt. Geben Sie diese Information an niemanden weiter, auch nicht an Ihre eigenen Aurori, sonst sind die Todesser sofort gewarnt. Seien Sie vorsichtig, es befinden sich Spione unter ihren Leuten. Aber Sie müssen diesen Angriff auf jeden Fall verhindern, das Schicksal der Magischen Welt steht auf dem Spiel.

Ein Freund

Ein Angriff? Auf Longbottom? Noch heute Nacht? Beinahe wäre Barty das Pergament aus den zitternden Händen geglitten. Er musste sofort Vater Bescheid geben, es gab jetzt keinen Zweifel mehr, dass der Brief an ihn gerichtet war. Vater würde wissen, was zu tun war. Er würde...

Was, wenn er ihm gar nicht glaubte? Wenn er das Ganze nur für einen albernen Scherz hielt, oder einen Versuch, sich wichtig zu machen?

Das Schicksal der Magischen Welt steht auf dem Spiel. Die Worte hallten tief in seinem Geist wider, was wenn es zu spät sein würde? Was hatten die Todesser mit Longbottom vor?

Ein Gedanke wurde in ihm wach. Zunächst war es nur eine flüchtige Idee, doch allmählich nahm sie Gestalt an. Langsam aber unaufhörlich wurde ihm klar, dass er die Dinge diesmal selbst in die Hand nehmen musste. Er konnte nicht immer wie ein kleines Kind zu seinem Vater rennen und ihn um Hilfe bitten.

Dies war seine Chance. Seine Möglichkeit um zu zeigen, dass er kein Versager war. Seine Möglichkeit um zu beweisen, dass er seinen Platz bei den Aurori verdient hatte. Der Moment, auf den er sein ganzes Leben lang gewartet hatte.

Sein Wunsch war endlich in Erfüllung gegangen. Vater würde stolz auf ihn sein.