LIBERTY WARS I) Die Rebellion

„Krieg ist ewig zwischen List und Argwohn, nur zwischen Glauben und Vertrauen ist Friede." (Schiller, Wallensteins Tod)

7) Schatten der Vergangenheit

„Ein bisschen weiter rechts", schrie Parvati durch die Halle.

Harry verdrehte die Augen und ließ den Weihnachtsbaum etwas weiter nach rechts an die Wand schweben.

„Warte", widersprach plötzlich Mandy. „Das ist zu weit, wieder etwas zurück."

Der Schwarzhaarige seufzte und befolgte die Anweisungen der Ravenclaw.

„Das passt so nicht", mischte sich daraufhin Lisa ein. „Ein bisschen weiter vor!"

Harry ließ den Baum in Lisas Richtung schweben.

„Nein, nein", protestierte Alijah. „Wenn er weiter vorne ist, muss er wieder weiter nach rechts!"

Hannah nickte. „Genau! Wieder nach rechts!"

Harry verdrehte die Augen und ließ den Baum dort nieder, wo er gerade schwebte. „Macht euren Mist doch allein!" Er funkelte die fünf jungen Frauen an. „Vor, zurück, links, recht, rauf, runter! Macht es doch einfach selber!" Er warf jedem noch einen wütenden Blick zu, bevor er die Halle verließ. Drei Wochen war es her, dass sie die Lehrer aus Hogwarts befreit hatten und inzwischen verstand sich Alijah mit den meisten ziemlich gut. Etwas zu gut, wie Harry manchmal dachte.

Es war der 23. Dezember und bei der letzten Versammlung war gemeinschaftlich beschlossen worden, ein großes Weihnachtsfest zu veranstalten.

Die fünf Zurückgebliebenen starten sich verwirrt an, bis Hannah anfing zu kichern. „Männer!"

Die anderen mussten mitlachen, bis Alijah sich entschlossen umdrehte. „Packen wir's an!" Sie ließ den Baum mit ihrem Zauberstab hochschweben und bewegte ihn ein bisschen, bevor sie ihn wieder runter ließ.

„Und?" fragte sie in die Runde.

„Super", bemerkte Mandy.

„Perfekt", staunte Hannah.

„Gut", nickte Alijah. „Was kommt jetzt?"

„Jetzt muss der Baum dekoriert werden", antwortete Parvati. „Kugeln, Lametta, Kerzen!"

Mit einem gekonnten Schwung ließ Alijah alles auf dem Gryffindor-Tisch erscheinen, neben dem der Baum stand.

„Harry ist doch nicht wirklich wütend, oder?" fragte Lisa, während sie eine Kugel an den Baum hoch schweben ließ.

Alijah lächelte. „Der kriegt sich schon wieder ein!"

Hannah nickte und grinste die Braunhaarige an. „Dir könnte er sowieso nicht lange sauer sein!" Die anderen kicherten.

„Wie meinst du das?" wollte Alijah verwundert wissen.

„Ach komm schon", meinte Mandy, während sie eine Kerze an dem Baum anbrachte. „Wir wissen doch alle, dass er auf dich steht! Und du bist auch ziemlich verknallt!"

„Das ist Quatsch", murmelte Alijah und wandte sich verlegen zur Dekoration am Tisch.

Hannah grinste. „Das ist es offensichtlich nicht! Du wirst rot!"

„Unsinn", widersprach Alijah. „Ich werde nicht rot. Ich werde nie rot!"

„Du wirst doch rot", beharrte Hannah. „Und zwar im Moment! Komm schon, es ist doch klar, dass du auf Harry stehst!"

Die Braunhaarige murmelte nur unverständliche Worte.

„Also ehrlich", meinte Lisa. „Ich weiß wirklich nicht, wo dein Problem ist! Ihr würdet echt super zusammenpassen!"

Mandy nickte. „Ihr seid euch wirklich ähnlich!"

„Also", hakte Hannah nach. „Wo ist das Problem?"

Alijah seufzte und gab nach. „Das Problem ist unsere Vergangenheit! Es gibt so vieles, das er nicht über mich weiß und ich bin mir sicher, dass er genauso Geheimnisse vor mir hat!"

„Dann red mit ihm", schlug Lisa vor. „Schaff es aus der Welt!"

Alijah schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht!"

„Wieso nicht", fragte Hannah verwundert nach.

Die Braunhaarige antwortete ihr nicht, sondern flüsterte nur so leise, dass es niemand hörte. „Weil es Dinge gibt, die zwischen uns niemals ausgesprochen werden dürfen!"

Harry stand derweil am Fenster des Gryffindor-Turms und sah hinaus in den Regen. Es war bereits dunkel, was das Gewitter draußen noch düsterer erscheinen ließ. Er dachte an Alijah. Sie wohnte weiterhin im Schlafsaal der Hufflepuffs und hatte sich dadurch auch mit Hannah angefreundet. Harry freute sich für sie, dass sie eine gute Freundin gefunden hatte.

„Harry?" Hermines Stimme holte den Schwarzhaarigen aus seinen Gedanken.

„Hey!" Er drehte sich zu ihr um und erkannte, dass der Raum ansonsten noch vollkommen leer war. „Alles in Ordnung? Wo ist Ron?"

Hermine zuckte mit den Schultern. „Er wollte mit Ginny reden! Ich glaube, es ist wegen Michael, aber ich wollte mich da nicht einmischen, da bin ich lieber gegangen!"

Harry nickte und setzte sich auf eines der roten Sofas, worauf sich Hermine neben ihm niederließ. „Alles okay?" fragte sie besorgt.

Der Gryffindor nickte nur. „Alles bestens! Ich mach mir nur ein paar Gedanken!"

„Über Alijah?"

Harry sah sie überrascht an. „Woher weißt du das?"

Hermine kicherte. „Ach komm schon, Harry! Es ist doch offensichtlich, dass ihr zwei aufeinander steht!"

Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. „Darum geht es nicht!"

Hermine runzelte die Stirn. „Willst du es bestreiten?"

Einen Moment überlegte Harry, ob er das nicht wirklich tun sollte, dann schüttelte er jedoch lächelnd den Kopf. „Nein, ich will es nicht bestreiten!"

„Wo ist dann das Problem? Ihr seid Freunde, ihr kennt euch ziemlich gut und es ist beinahe jedem klar, dass ihr ineinander verknallt seid!"

„Vielleicht", überlegte der Schwarzhaarige unsicher. „Aber es steht einfach noch so viel zwischen uns."

„Was denn?" fragte die Gryffindor interessiert.

Harry sah sie an. „Die Vergangenheit! Es gibt so viele Sachen, die ich nicht über sie weiß und auch ich habe so einiges vor ihr verheimlicht, was im letzten Jahr passiert ist!"

„Ach?" Hermine lächelte und meine sarkastisch: „Harry Potter verheimlicht etwas? Das ist ja ganz was Neues!"

Harry winkte ab. „Okay, ich hab's verstanden! Es ist nur einfach so, dass die Vergangenheit uns beide nicht völlig loslässt! Sie wird uns beide immer wieder einholen!"

Hermine nickte langsam. „Du solltest mit ihr reden!"

„Ich weiß", meinte Harry leise, als plötzlich die Tür des Raumes aufging und Ron herein spazierte.

„Hey", begrüßte er die beiden und wandte sich dann an Hermine. „Können wir gehen!"

„Klar", nickte Hermine und stand auf. „Wir wollen noch kurz in die Bibliothek", wandte sie sich an Harry. „Du solltest mit Alijah reden! Das Leben ist zu kurz, um solche Sache ungeklärt zu lassen!"

Harry musste lachen. „Weißt du, was komisch ist? Erst vor einem Monat hab ich das gleiche zu Susan gesagt!"

Hermine lächelte ihn an. „Vielleicht solltest du öfter deine eigenen Ratschläge beachten!" Sie zog den verwirrt drein schauenden Ron mit aus dem Gemeinschaftsraum und ließ einen nachdenklichen Harry zurück.

Zwei Stunden später betrat Harry den Großen Gemeinschaftsrau und sah Alijah zusammen mit Anthony bei einer Partie Schach sitzen. Harry musste grinsen. Die Braunhaarige war in Schach genauso schlecht wie er selbst, was sie jedoch nicht davon abhielt, immer wieder gegen die verschiedensten Leute anzutreten.

Als er näher trat, konnte er gerade noch Anthonys „Schachmatt" hören, bevor Alijahs überlegenes Grinsen in sich zusammenbrach.

„Verdammt", murmelte sie wütend, doch sowohl Harry als auch Anthony wussten, dass sie nicht wirklich sauer war. Als sie den Gryffindor bemerkte, lächelte sie ihn an. „Hey!"

„Hey", erwiderte auch Harry.

Anthony stattdessen stand auf. „Ich verzieh mich! Wollte schon vor fünf Minuten bei Lisa sein! Ciao, Leute!" Er beeilte sich, aus der Tür zu kommen und ließ Alijah und Harry allein in dem Gemeinschaftsraum zurück.

„Ich wollte ihn nicht vertreiben", murmelte der Schwarzhaarige, während er Anthony nachsah.

Alijah grinste. „Hast du nicht! Aber du hast ja gehört, dass er mit Lisa verabredet ist und wir beide wissen doch, dass sie Unpünktlichkeit hasst!"

Harry nickte lächelnd. „Und wir beide wissen auch, dass Anthony es nie schafft, irgendwo pünktlich zu sein!"

Alijah, die gerade dabei war, die Schachfiguren aufzuräumen, nickte. „Was ist los?" fragte sie dann.

„Was meinst du?"

„Wieso bist du hier?"

Harry setzte sich lächelnd auf ein Sofa. „Ich dachte, wir könnten mal wieder reden! Ist lange her, dass wir ein ernsthaftes Gespräch geführt haben!"

„Genau drei Wochen", bestätigte Alijah. „Aber du weißt, ich bin nicht gut in solchen Gesprächen!" Sie stand von ihrem Stuhl auf und ließ sich neben Harry fallen.

„Ich weiß", meinte der Gryffindor nachsichtig. „Aber es ist erst zehn Uhr abends! Wir haben Zeit!"

„Scheint, als hättest du schon ein Thema für uns!"

Harry nickte. „Vergangenheit!"

„Vergangenheit?"

„Vergangenheit!"

Alijah verdrehte die Augen. „Ich bin ja kein Experte, aber ein Gespräch läuft meiner Meinung nach anders!"

„Gut, dann erzähl mir von deiner Vergangenheit!"

„Du kennst meine Vergangenheit!"

Harry schüttelte den Kopf. „Da steht immer noch irgendetwas zwischen uns und ich will nicht, dass es so bleibt!"

„Da ist nichts", meinte Alijah ausweichend.

Der Gryffindor seufzte. „Ally, du erinnerst dich doch sicher noch an unser erstes Treffen, oder?"

Die Braunhaarige nickte.

„Was ich damals gesagt habe", fuhr Harry fort. „Das gilt jetzt immer noch!"

#-#-#-#-# FLASHBACK #-#-#-#-#

Angespannt hielt Harry seinen Zauberstab in der Hand und sah sich um. Die Trümmer des Zaubereiministeriums waren noch frisch, vor einer Woche erst war es zerstört worden.

„Manche Sachen lassen sich wohl nicht verhindern!"

Harry fuhr herum und sah auf dem letzten Rest einer Mauer eine junge Frau sitzen, ungefähr in seinem Alter, mit braunen langen Haaren. Sie war schwarz gekleidet, jedoch waren es keine Zaubererkleider.

„Alijah, nehme ich an", meinte Harry kühl und trat etwas näher ohne jedoch den Zauberstab sinken zu lassen.

„Das bin ich", bestätigte die Braunhaarige, als ihr Blick auf Harrys Hand fiel. „Du traust mir wohl immer noch nicht!"

„Wieso sollte ich!"

„Ich hatte Recht", schlug Alijah vor. „Ich habe dir gesagt, dass er das Ministerium zerstören will."

„Und das hat er auch geschafft", meinte Harry aufgebracht.

„Ja", gab die Braunhaarige zu. „Aber das hatte nicht ich zu verantworten!"

„Gibst du jetzt mit die Schuld?"

„Nein", widersprach Alijah. „Ich gebe niemandem die Schuld, weil ich nicht weiß, was passiert ist! Alles was ich weiß ist, dass ich dir in einem Brief mitgeteilt habe, was Voldemort vorhat und keiner es verhindert hat!"

Da im Moment keine Gefahr zu drohen schien, ließ Harry den Zauberstab vorsichtig sinken. „Ich hab Dumbledore erzählt, was passieren wird, obwohl ich eigentlich meine Zweifel hatte, dir zu glauben. Trotzdem habe ich behauptet, ich hätte davon geträumt, wie Voldemort den Angriff geplant hat. Aber ich fürchte, er hat es nicht ernst genommen!"

„Wieso sollte er zweifeln?"

„Voldemort hat mir schon einmal einen falschen Traum geschickt, um mich in eine Falle zu locken", entgegnete Harry. „Ich dachte eigentlich, du hättest davon gehört!"

Alijah schnaubte nur. „Denkst du, ich krieg alles mit? Ich bin froh, wenn die mich aus dem ganzen Mist raushalten!"

„Ich denke, du willst mir helfen?"

Die Braunhaarige zuckte mit den Schultern.

„Jetzt hör mal", sagte Harry schließlich ernst, hob seinen Zauberstab wieder und trat noch näher. „Das hier kann nur unter einer Bedingung funktionieren, und zwar, dass wir immer ehrlich zueinander sind. Keine Lügen, nichts als die Wahrheit! Verstanden?"

Alijah nickte. „Verstanden!"

#-#-#-#-# FLASHBACK ENDE #-#-#-#-#

„Ich hab mich immer daran gehalten", meinte Alijah trotzig.

„Das habe ich auch nie bezweifelt", entgegnete Harry ruhig.

„Natürlich hast du das", fuhr Alijah auf und sprang vom Sofa. „Du vertraust mir immer noch nicht und denkst, dass ich was gegen dich im Schilde führe!"

„Das ist Unsinn und das weißt du auch!"

„Ach ja? Ist es das?"

„Ja, das ist es!" Harry stand ebenfalls auf und sah Alijah in die Augen. „Ich weiß genau, auf welcher Seite du stehst!" Ein paar Sekunden bewegte sich keiner von ihnen, bis der Gryffindor sich wieder hinsetzte.

Alijah wandte sich um und schloss die Augen.

„Hey!" Harry stand wieder auf und fasst sie an der Schulter, um sie zum Umdrehen zu bewegen. Als sie sich schließlich zu ihm wandte, war er erstaunt über ihren Blick – tieftraurig, depressiv, verzweifelt.

„Potter, ich kann einfach nicht mit dir über die Vergangenheit reden", flüsterte sie so leise, dass Harry sie kaum verstand. „Es geht nicht!" Sie wandte sich um und lief aus dem Gemeinschaftsraum, während der Gryffindor ihr verwirrt hinterher sah.

„Was soll ich denn noch machen?" murmelte er beinahe unhörbar.

Als Harry am nächsten Morgen erwachte, war er alleine im Schlafsaal. Nach einem kurzen Blick auf die Uhr, wusste er auch warum, immerhin war es schon beinahe Mittag. Seufzend stand der Gryffindor auf, zog sich an und betrat immer noch müde den Gemeinschaftsraum, der jedoch ebenfalls leer war. Gähnend lief er weiter und gelangte schließlich in die Halle, wo er erst einmal mit offenem Mund stehen blieb.

Der Baum war inzwischen wunderbar festlich geschmückt, die Fenster der Halle waren mit weihnachtlichen Bildern verziert, ungefähr hundert Kerzen standen und flogen irgendwo herum, brannten jedoch noch nicht.

„Hey!" Hannah sprang auf den Schwarzhaarigen zu. „Ist das nicht toll? Und heute Abend wird es noch besser. Stell dir vor, dass alle diese Kerzen brennen, einschließlich denen am Weihnachtsbaum, das wird toll!"

Harry nickte nur und ließ sich von der Hufflepuff mit an ihren Tisch ziehen, an dem auch Parvati, Mandy, Dean und Alijah saßen.

„Morgen", meinte Harry allgemein in die Runde und ließ sich auf einem Stuhl nieder.

„Morgen", murmelte Alijah, ohne ihn anzusehen.

Hannah sah zwischen den beiden hin und her und bemerkte sofort die merkwürdige Stimmung. „Alles in Ordnung?" fragte sie vorsichtig.

„Sicher doch", erwiderte Alijah abwesend.

Harry schnaubte. „Was du halt so als Ordnung definierst!"

Ally hob den Kopf und starrte ihn an. „Was soll denn das jetzt werden?"

Auch der Gryffindor fixierte sie nun. „Ich sag doch nur wie es ist!"

„Das gibt's ja gar nicht!" Wütend stand Alijah vom Tisch auf. „Ich muss mich hier doch von dir nicht doof anmotzen lassen!"

„Ach, aber ich muss deine Launen immer ertragen, oder was?" Seine Stimme wurde lauter. Die Gespräche in der Halle ließen nach, immer mehr lauschten dem Streit.

„Du musst überhaupt nichts ertragen!"

„Doch", widersprach Harry stocksauer. „Ich muss ertragen, dass du schwerwiegende Geheimnisse vor mir hast!"

„Ja, aber das hat verdammt noch mal einen guten Grund!"

„Und der wäre?"

„Dass du mit der Wahrheit niemals klar kommen würdest", schrie Alijah den Schwarzhaarigen an. „Du würdest mich hassen!"

Stille.

Schließlich schüttelte Harry den Kopf. „Ich könnte dich nie hassen!"

„Doch könntest du", widersprach Alijah energisch. „Und das würdest du auch!" Mit schnellen Schritten verließ sie die Halle, während die anderen ihr hinterher starrten.

Harry hatte schnell etwas gegessen, um seinen Hunger zu stillen und befand sich nun auf dem Weg zum Astrologiezimmer, das ähnlich wie in Hogwarts eingerichtet war und zum Himmel hin offen war. Seit Alijah auf der Burg war, hatte Harry sie öfters hier oben gefunden. So verwunderte es ihn nicht, dass er die Braunhaarige auf dem Boden sitzend vorfand, als er die Tür öffnete.

„Hey", machte er vorsichtig auf sich aufmerksam.

Alijah, die ihre Arme um die Knie gelegt und ihren Kopf darin vergraben hatte, antwortete nicht.

Der Gryffindor seufzte und ließ sich neben ihr nieder. „Du weißt, ich könnte dich wirklich nie hassen", begann er unsicher und erhielt wieder keine Antwort. „Ich", fuhr er zögernd fort. „Ich mag dich wirklich sehr und das weißt du auch. Aber diese... diese Dinge müssen einfach geklärt werden! Ich will nicht, dass das ewig zwischen uns steht!"

„Das", schniefte Alijah. „Das will ich doch auch nicht!"

Harry sah sie erstaunt an, als die Braunhaarige den Kopf hob und ihn anblickte. Er hatte Alijah noch niemals weinen sehen und doch rannten jetzt Tränen über ihr Gesicht.

Sie grinste unsicher und drehte den Kopf weg. „Normalerweise heule ich nicht gleich wegen jedem Schwachsinn los!"

„Es ist okay", beruhigte Harry sie.

„Nein, ist es nicht!"

Beide schwiegen eine Weile, bis Harry wieder das Wort ergriff: „Sag mir, was los ist! Dann hast du es hinter dir! Was immer es ist, ich kann dir versprechen, dass ich dich nicht hassen werde!"

„Das solltest du nicht versprechen", murmelte Alijah, atmete tief durch und stand auf. Langsam trat sie zum einzigen Fenster und sah hinaus. „Weißt du, wir sind uns schon vor unserem eigentlich ersten Treffen begegnet!"

Harry runzelte die Stirn. „Ach ja?"

Alijah nickte. „In den Ferien nach deinem fünften Schuljahr! Als die Dursleys getötet wurden!"

„Was?" Der Gryffindor sah sie schockiert an. „Du warst dabei?"

Die Braunhaarige nickte langsam. „Das war ich."

Wieder runzelte Harry die Stirn, als er sich daran erinnerte. „Aber es waren nur drei Todesser zusammen mit Voldemort da. Zwei von ihnen waren Nott und Avery, das weiß ich. Und der dritte, den ich nicht kannte" er stockte und sah Alijah an. „der dritte hat Vernon getötet!"

Alijah senkte ihren Blick wieder. „Ich musste es tun", murmelte sie leise. „Er hat mich dazu gezwungen!"

Harry sah sie immer noch schockiert an und so fuhr sie fort: „Glaub mir, ich bereue zutiefst, was ich damals getan habe und ich wünschte, ich könnte es rückgängig machen!"

Der Schwarzhaarige schüttelte langsam den Kopf, stand auf und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.

Alijah starrte ihm hinterher, während sich wieder neue Tränen in ihren Augen sammelten: „Und jetzt hasst du mich doch!"

Für Harry war das Weihnachtsfest am Abend gelinde gesagt eine Katastrophe. Alijah war nicht wieder aufgetaucht und auf Hannahs Frage hin, wo sie sei, hatte er sie angelogen und behauptet, er habe keine Ahnung. Außerdem hatte er den ganzen Abend seinen Mitschülern gegenüber so tun müssen, als wäre er genauso glücklich und froh wie die anderen.

Jetzt saß er zusammen mit den Lehrern an deren Tisch und stocherte lustlos in dem Braten herum, den jeder bekommen hatte.

„Alles in Ordnung?" fragte ihn Lupin besorgt.

„Klar", murmelte Harry ohne aufzusehen.

„Du bist offensichtlich nicht in Weihnachtsstimmung", stellte der Verteidigungslehrer fest.

Der Gryffindor zuckte nur mit den Schultern. „Eigentlich nicht!"

„Willst du darüber reden?"

Wieder schüttelte Harry den Kopf.

Lupin und Dumbledore warfen sich einen Blick zu, schwiegen jedoch weiterhin. Plötzlich trat Hermine auf den Tisch zu.

„Was gibt's Hermine?" fragte Professor Sprout, die ihr am nächsten war, freundlich.

Hermine lächelte Harry an. „Die Mehrheit der Schüler würde gerne wieder eine von Harrys Reden hören!"

Dumbledore warf ihr einen erstaunten und gleichzeitig amüsierten Blick zu. „Meine Reden sind wohl nicht mehr gefragt, oder was?"

Die Gryffindor lächelte den Direktor an. „Was soll ich sagen, Professor? Harry hat uns alle begeistert!"

„Lass gut sein, Herm", mischte sich nun auch Harry ein. „Ich hab im Moment einfach keinen Kopf für irgendwelche Ansprachen!"

„Aber du schaffst es immer wieder, ihnen Mut zu machen!"

Der Gryffindor lächelte gequält. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich dafür im Moment der Richtige bin!"

„Bitte Harry", flehte Hermine weiter.

Der Schwarzhaarige verdrehte daraufhin die Augen, seufzte und stand auf. Im selben Augenblick, als er an das Podest trat wurde es ruhig in der Halle. Innerlich seufzte Harry ein weiteres Mal. Er hatte eigentlich keine Ahnung, was er sagen sollte.

„Wie ich hörte, haben sich einige von euch gewünscht, dass ich etwas sage", begann er schließlich zögernd. „Nun ja! Weihnachten ist und war schon immer das Fest der Familie! Ich weiß, dass sich jeder hier wünscht, bei seiner Familie zu sein. Und es gibt sicher nicht viel, das ich mehr will, als euch diesen Wunsch zu erfüllen! Und Ihr könnt mir glauben, dass ich Tag und Nacht daran arbeite, dass ich nichts unversucht lassen werde, um euch zurück zu euren Familien zu bringen!"

Er schaute kurz in die Runde und merkte, dass die meisten nachdenklich waren, vermutlich an ihre Eltern und Geschwister dachten. Dennoch bemerkte er auch, dass die Lehrer ihn verwundert ansahen. „Allerdings", fuhr er entschlossen fort. „können wir auch in der gegenwärtigen Situation Weihnachten feiern. Weil wir alle in den letzten drei Monaten zusammen gewachsen sind. Wir sind nicht mehr nur Mitschüler oder Freunde, wir sind eine Familie! Und ich bin verdammt stolz darauf, zu dieser Familie zu gehören! Zu dieser Familie, in der soviel Freundschaft, Vertrauen und Liebe steckt, wie es in einer solch großen Gemeinschaft kaum möglich ist."

Harry presste für ein paar Sekunden seine Lippen aufeinander, bevor er sich sammelte und fort fuhr. „Und ich hoffe, dass selbst wenn wir zu unseren wirklichen Familien zurückkehren, zu unseren Eltern und unseren Geschwistern, dass wir alle hier für immer eine große Familie bleiben, dass wir uns immer aufeinander verlassen können. Weil das das einzige ist, das uns niemals jemand nehmen kann: Unsere Freundschaft, unser Vertrauen und unsere Liebe!"

Harry trat einen Schritt von dem Podest zurück und erklärte somit die Rede für beendet, worauf sofort alle wie wild zu Klatschen anfingen. Der Gryffindor zwang sich zu einem Lächeln und verließ dann so schnell er konnte die Halle. Die Ansprache hatte ihn mehr aufgewühlt, als er geplant hatte. Was er jetzt brauchte war Ruhe.

Es war kurz vor Mitternacht, als Alijah durch die Gänge der Burg schlich. Sie lief seit fast einer Stunde herum, versuchte sich von dem Gespräch mit Harry zu erholen und fragte sich, was er jetzt dachte. Obwohl sie wusste, dass alle in dem Großen Gemeinschaftsraum waren und Weihnachten feierten, versuchte sie, so leise wie möglich zu sein, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.

Als sie am Ende eines Ganges ankam, hörte sie plötzlich ein Geräusch und hielt inne. Schnell orientierte sie sich und merkte, dass dieses Geräusch hinter einer Holztür genau vor ihr entstanden war.

Im selben Moment zersplitterte in dem Raum Glas. Zumindest dem Klang nach. Vorsichtig öffnete Alijah die Tür und erkannte, dass es sich um eine Toilette handelte. Sie ging einen Schritt in das Zimmer und erkannte in dem Moment Harry, der an der einzig freien Wand zu Boden gesunken war. Ihm gegenüber befanden sich Waschbecken mit Spiegeln, von denen einer zerbrochen war. Auf den Kacheln darunter konnte die Braunhaarige die Reste einer Flasche erkennen, die offensichtlich gegen die Glasscheibe geworfen worden war.

Alijah atmete tief durch und trat einen Schritt auf Harry zu. „Hey! Geht's dir gut?"

„Klar", lallte der Gryffindor und grinste sie an.

Alijah runzelte die Stirn. „Bist du betrunken?"

„Ja", lachte der Schwarzhaarige. „Ich hab ein bisschen was getrunken!"

Sie zog eine Augenbraue in die Höhe. „Das... ähm... freut mich für dich!" Sie setzte sich vorsichtig neben ihn. „Du hast doch nicht soviel getrunken, wegen dem was ich dir heute erzählt habe!"

„Nein", antwortete der Gryffindor, wobei seine Stimme bedenklich schwankte. „Ich hab die ganze Flasche getrunken, weil heute einfach ein scheiß Tag war!"

„Okay!" Alijah erhob sich wieder. „Ich denke, wir sollten lieber darüber reden, wenn du wieder nüchtern bist."

„Ich habe vorhin eine Rede gehalten", begann Harry auf einmal zu erzählen, hielt seinen Blick dabei jedoch starr auf die Wand ihm gegenüber gerichtet. Alijah blieb stehen und sah ihn erwartungsvoll an. „Ich habe geredet! Über Familie! Über Freundschaft! Über Vertrauen! Und über Liebe! Und weißt du, was mir dabei klar geworden ist?"

Die Braunhaarige schüttelte den Kopf. „Was ist dir klar geworden?"

„Dass ich keine Ahnung habe! Nicht von der Familie, nicht von Freundschaft, nicht von Vertrauen und erst recht nicht von der Liebe!"

Alijah schüttelte den Kopf und kniete sich neben ihn. „Das redest du dir ein!"

„Nein", erwiderte Harry energisch und sah sie plötzlich an. „Das ist die Wahrheit! Die reine Wahrheit!" Er schwieg eine Weile und auch Alijah sagte nichts.

„Weißt du, warum ich dich nicht hassen kann, selbst nachdem du mir das erzählt hast?" begann der Schwarzhaarige schließlich wieder und wirkte dabei überraschend nüchtern.

Alijah schüttelte wieder den Kopf.

„Weil ich dir auch etwas erzählen muss! Etwas, das keiner weiß und von dem ich auch nie wollte, dass es jemand erfährt!"

Die Braunhaarige sah ihn neugierig an. „Was?" hakte sie leise nach, als Harry nicht weiter redete.

„Es ist mir egal, dass die Dursleys tot sind!"

„Was?"

Der Gryffindor schüttelte den Kopf. „Ich weiß, dass es falsch ist. Und ich weiß, dass eigentlich niemand den Tod verdient hat, aber ich kann einfach nicht anders." Er sah Alijah an, sah direkt in ihre Augen. „Glaub mir, Ally! Ich bin nicht schockiert, dass du Vernon getötet hast, sondern darüber, dass es mir egal ist! Darüber, dass es mir nichts ausmacht!"

„Potter, ich kannte deine Verwandten nicht, aber ich denke ich weiß, warum dir ihr Tod nichts ausmacht!"

„Ach ja?"

Alijah nickte. „Für dich waren sie Fremde! Du hast mir erzählt, dass du ewig um Sirius getrauert hast! Weil er zu deiner Familie gehörte! Und die Dursleys taten das nicht! Sie waren kein Teil deiner Familie."

„Ich habe sie gehasst", korrigierte Harry sie leise. „Und ich hasse sie immer noch, obwohl sie längst tot sind!"

„Das ist in Ordnung, Potter!"

„Nein, ist es nicht!" Harry wurde wütend. „Es macht mich zu einem verdammt schlechten Menschen, dass ich sie immer noch hasse!"

Alijah schüttelte den Kopf. „Mach dich nicht schlechter als du bist! Du bist der beste Mensch, den ich kenne!" Sie setzte sich wieder neben ihn und umarmte ihn fest.

Harry legte seinen Kopf auf ihre Schulter. „Wie kannst du das behaupten, nachdem ich dir das erzählt habe!"

Alijah lächelte warm. „Ich kenne dich einfach gut genug, um zu wissen, dass du der großartigste Mensche auf der Welt bist!"

Harry antwortete nicht, stattdessen löste sich die Braunhaarige aus der Umarmung, stand auf und zog Harry ebenfalls hoch. „Du solltest schlafen gehen! Und ich bring dich besser in deinen Schlafsaal. Du siehst nämlich gar nicht gut aus und ich will nicht, dass du ein paar kleine Erstklässler erschreckst!"

Der Gryffindor grinste. „Wie kommt es, dass ich bei dir nie genau weiß, ob du mir ein Kompliment machst oder ob du mich beleidigst?"

Die Braunhaarige lächelte. „Das weiß man bei mir nie! Aber du kannst mich ja fragen!"

Harry nickte. „Beim nächsten mal werde ich das auch tun!"

„Na dann komm!" Alijah packte Harry am Arm und führte ihn in den Gryffindor - Gemeinschaftsraum, wobei sie auf dem Weg dorthin glücklicherweise niemandem begegneten. Auch der Raum war verlassen.

„Na dann Gute Nacht!" Gerade als Alijah wieder gehen wollte, wurde sie von Harry zurück gehalten, der sie am Arm festhielt.

„Was?" fragte die Braunhaarige unsicher.

Der Gryffindor lächelte sie an. „Mir ist gerade eingefallen, was ich vor einiger Zeit zu Susan sagte!"

„Und was wäre das?"

„Dass ich mit derjenigen, die mich dazu bringt, über alles was mir je mit Voldemort passiert ist zu reden, ewig zusammen sein werde!"

„Und", fragte Alijah weiter, obwohl sie das Gefühl hatte zu wissen, worauf das Gespräch hinaus lief.

„Jetzt weißt du alles, alles was er zu verantworten hat! Du weißt alles!"

Alijah nickte und lächelte. „Aber wir sind nicht zusammen!"

Harry grinste und näherte sich ihr noch mehr, so dass er nur wenige Zentimeter von ihr entfernt stand. „Dann sollten wir das vielleicht ändern!" Er schloss den Abstand zwischen ihnen und küsste sie zärtlich. Und Alijah erwiderte den Kuss sofort, zögerte keinen einzigen Augenblick. Und beide spürten die tiefe Zuneigung füreinander, die in diesem Kuss lag.

Als Alijah aufwachte, hatte sie keine Ahnung, wo sie war. Sie wusste nur, dass sie sich so wohl fühlte, wie noch nie in ihrem Leben. Also öffnete sie ihre Augen und erkannte schnell, dass sie in Harrys Armen in dessen Bett lag.

Augenblicklich erinnerte sie sich an den letzten Abend. Sie hatten noch ein bisschen geredet, sie hatten sich noch mehr geküsst, bis Harry schließlich in seinem Bett eingeschlafen war. Und Alijah hatte sich nur an ihn gekuschelt und war kurz darauf ebenfalls eingenickt.

Die Braunhaarige lächelte leicht und ließ ihren Kopf wieder auf Harrys Brust sinken. Im selben Moment bewegte sich der Schwarzhaarige und als Alijah zu ihm hochblickte, sah er sie mit seinen grünen Augen warm lächelnd an.

„Hey", murmelte sie leicht verlegen.

„Hey", flüsterte auch Harry, bevor er sich zu ihr hinab beugte und ihr einen Kuss gab. „Guten Morgen!"

Alijah grinste und setzte sich auf. „Das ist ganz sicher ein guter Morgen!"

Harry lächelte und richtete sich ebenfalls auf. Und im selben Moment, als der Gryffindor seine Haare zurückstrich und Alijahs Blick auf die blitzförmige Narbe des Schwarzhaarigen fiel, erinnerte sie sich wieder an ihr letztes Gespräch mit ihrem sogenannten Vater.

„Potter", begann sie ernst, worauf Harry sie verwundert ansah. „Ich glaube, es gibt eine Möglichkeit, wie wir Hogwarts zurück erobern können!"

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A/N: Als erstes ein riesig großes ENTSCHULDIGUNG, dass dieses Kapitel so lange gedauert hat, aber ich wusste absolut nicht, was ich in diesem Chap schreiben sollte. Aber jetzt ist es endlich fertig! auf sich selbst stolz ist Wobei ich zugeben muss, dass das ganze Kapitel anders geworden ist, als ich es eigentlich geplant hatte!

Thanxfür Reviews geht an:

Auxia: Schön, dass es dich nicht stört. Und hoffe, das Kapitel gefällt dir!

Soror Lucis: Ich habe trotz allem versucht, die Abschnitte ohne Harry so klein wie möglich zu lassen! Dieses Kapitel ist glaub ich nicht ganz so lange geraten, wie das letzte, dennoch bin ich mit der Länge einigermaßen zufrieden! Und zuletzt: Freut mich, dass dir Alijah gefällt. Ich selbst kann mich mit neuen Charakteren in Fanfictions nur schwer abfinden (obwohl in fast jeder meiner Storys eine neue Person auftaucht! Welch Ironie!) und freu mich daher wahnsinnig, dass du Alijah in Ordnung findest. Keks dankbar annehm. Des weiteren hoffe ich nur, dass mir dieses Kapitel gelungen ist und es dir gefällt, 1000000000 mal Danke für deine Reviews.

Michael: Weiß zwar nicht genau, ob ich deine Bedingung hiermit erfüllt habe, aber ich hoffe, das Kapitel ist nach deinem Geschmack und du liest auch weiter!

Drolli: Und schon wieder kein Cliff! Zumindest kein richtiger! Oder doch? Jedenfalls freut es mich unglaublich, dass du Alijah sympathisch findest. Hoffentlich hat dieses Kapitel nichts daran geändert. Das würde mich schon ziemlich traurig machen!

Geckole: Ein ganzes Kapitel ohne Harry ist es ja doch nicht! Ein paar Mini-Szenen. Obwohl ich zugeben muss, dass eigentlich mehr ohne Harry geplant war, aber so find ich es doch besser! Ob es für die Geschichte wichtig ist? Darüber lässt sich vermutlich streiten! Kannst mir ja sagen, ob du das findest!

Zutzi alias Susi: Erst mal noch herzlichen Glückwunsch zu dem Ergebnis in dem Test, obwohl der jetzt ja schon ewig zurückliegt. Aber Lob tut ja wohl immer gut, oder? Das Gespräch zwischen Hannah und Alijah hat sich jetzt doch etwas verändert, aber freut mich, dass du mir alle Freiheiten zugestehst. Eigentlich geht es ja auch in der ganzen Geschichte nur um die Freiheit!

Obelix72: Danke vielmals, freut mich, dass du an meiner Geschichte interessiert bist! Ich hoffe, dass ich dich auch mit diesem Kapitel ein bisschen begeistern kann!