28. Dezember
Palais Royal
Paris, Frankreich
00:01 (MEZ)
Mac fand als erste die Sprache wieder: „Harm, meinst Du es ernst?"
„Was, Mac?"
Schon wieder so ein Moment, in dem Mac ihrem Partner am liebsten eine Kopfnuss geben würde.
„Harm, bitte!" es klang schon fast flehend.
„Mac" er drehte sich ganz langsam ihr zu und schaute ihr in die Augen.
„Ich meine es ernst. Wir sollten es allerdings langsam angehen lassen und ein wenig Vergangenheitsbewältigung betreiben, wenn du weißt, was ich meine."
„Ja. Ich weiß, was du meinst, aber können wir die Vergangenheit nicht ruhen lassen?"
„Nein, ich denke nicht. Komm, lass uns weitergehen, sonst frieren wir hier noch an."
Sie gingen langsam weiter, immer noch Hand in Hand. Es war ein schönes Gefühl, für die beiden, ein Kribbeln im Bauch und Gedanken, die sich überschlugen.
„Mac, es tut mir leid."
„Was tut dir leid? Dass du so gemein und eklig zu mir warst, ständig weggelaufen bist oder dir ständig Frauen geangelt hast, die du nicht wirklich wolltest?"
„Ähm, also, es tut mir leid, dass ich nicht eher den Mut gefunden habe, mit dir zu reden. Es tut mir leid, dass ich dich über Weihnachten weggeschickt habe, obwohl ich wusste, dass du zu Chloe wolltest. Die Beziehungen die ich zu anderen Frauen hatte, hatte ich, weil ich wirklich in die Frauen verliebt war, also zumindest dachte ich, dass ich verliebt sei. Ich gebe rückblickend zu, dass manches für dich dumm ausgesehen haben muss."
„Nein Harm, dumm bestimmt nicht, und ich muss auch einige Schuld auf mich nehmen. Ich hab mich doch auch zu Männern hingezogen gefühlt, die nicht wirklich gut für mich waren."
Wieder schwiegen sie eine Weile. Jeder hing seinen Gedanken zu den früheren Beziehungen nach.
Nebenbei nahmen sie auch noch die Sehenswürdigkeiten von Paris wahr. Über den Place du Carrousel gelangten sie zum Palais du Louvre. Obwohl die Temperaturen bereits nahezu bei minus 5 Grad lagen, war beiden warm.
„Mac, ist das nicht eine wunderschöne Nacht?"
„Ja, die Nacht ist wunderschön, die Stadt ist wunderschön und das wir beide hier zusammen sind, ist auch wunderschön."
„Nicht nur das. Du bist wunderschön." Er schaute sie an und sie sah solch eine Ehrlichkeit in seinen Augen, die noch kein Mann zuvor ihr zeigen konnte.
„Danke." Er drückte ihre Hand ein wenig um seine Aussage zu bestätigen. Da Mac aber schon lange keine Komplimente mehr gehört hatte, wusste sie nicht recht, wie sie damit umgehen sollte. Und dass ihr Harm solch ein Kompliment machte, ließ die ganze Sache nicht einfacher werden.
Mittlerweile spazierten auf dem Quai des Tuileries an der Seine entlang. Es war ruhig und das Licht der wenigen Straßenlaternen flimmerte im Schneetreiben.
„Harm?"
„Ja?"
Mac fiel es schwer, ihre Gedanken in Worte zu fassen. Sie war noch nicht so weit, also liefen sie weiter schweigend nebeneinander her.
'Harm, so im Nebeneinanderherlaufen wird es nichts. Du suchst dir jetzt einen schönen Ort und redest von Angesicht zu Angesicht mit ihr. Wenigstens eine Sache solltest du richtig machen.'
Und da sah er sie schimmern – die schönste Brücke von Paris – die Pont Alexandre III – 'Los, Harmon Rabb junior, du wirst jetzt all deinen Mut zusammennehmen.' Er übernahm die Führung und zog Mac nach links auf die Brücke. In der Mitte der Brücke angekommen, blieb er stehen.
Pont Alexandre III
Paris, Frankreich
230 (MEZ)
Mac schaute ihn an.
„Sarah, ich muss es dir endlich sagen."
Mac schaute ihn eindringlich an. Sie versuchte zu erraten, was jetzt für ein Geständnis kommen würde. Aber sie schalt sich selbst für ihre Überlegungen, denn wann immer sie gedacht hat, sie würde wissen, was Harm ihr sagen wollten, kam es anders. Also konzentrierte sich Mac auf's Atmen. ‚Einatmen, ausatmen, ganz ruhig Marine. Er wird dich nicht ermorden und ins Wasser werfen. Das Einzige, was er tun kann, ist, dich zu verletzen. Einmal mehr. Nein, er wird dich nicht verletzen, er ist extra zu dir nach Europa geflogen und er hat dir ein wundervolles Weihnachtsgeschenk gemacht.'
'Los Harm, ergreife endlich die Initiative, sonst geht das Alles wieder den Bach herunter'
„Sarah" er wischte etwas Schnee vom Geländer „du bist eine wundervolle Frau, eine großartige Anwältin, ein vorbildlicher Marine, Gott, ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll. Es ist mir so wichtig, du bedeutest mir so viel, ich kann es gar nicht in Worte fassen. Ich will nichts falsch machen und das lässt mich so unsicher erscheinen. Dabei bin ich mir so sicher, wie ich es noch nie in meinem Leben war. Sarah MacKenzie, ich liebe dich und ich möchte den Rest meines Lebens mit dir verbringen."
Mac drehte sich von Harm weg. Sie konnte ihn nicht ansehen. Dieses Geständnis hatte sie nicht erwartet.
Sie spürte wie sich seine Hand auf ihre Schulter legte und sie wusste auch, dass er es verdient hatte, zumindest eine Erwiderung aus ihrem Gesicht zu lesen.
Langsam drehte sie sich um. Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen sondern starrte auf den Boden.
„Mac, bitte schau mich an." kam es flehend von Harm.
Er ließ ihr Zeit und es kam ihm schon unendlich lang vor. 'Was geht in ihr vor? Hab ich etwas Falsches gesagt. Oh Dad, bitte hilf mir doch, ich weiß nicht, was ich tun soll, wenn sie mich zurückweist. Hilf mir, stark zu sein.'
Mac blickte auf und er sah ihr tränenüberströmtes Gesicht.
„Mac, was ist? Habe ich etwas Falsches gesagt?"
„Nein Harm." Sie suchte nach Worten und schaute in den Himmel, einerseits um ihre Tränen zu stoppen und um Zeit zu gewinnen. „So etwas Schönes hat noch nie jemand zu mir gesagt."
Wieder liefen ihr die Tränen über die Wangen.
„Hey, komm her." Vorsichtig zog er sie an sich und umarmte sie. Sie wechselten keine Worte sondern genossen nur die Nähe des Anderen. Nun hatte auch Harm Tränen in den Augen. 'Sollte es wirklich wahr sein? Empfindet sie genauso für dich, wie du für sie empfindest?' Langsam löste er die Umarmung um ihr wieder in die Augen zu schauen.
„Sarah, ich liebe dich."
Und schon glitzerten wieder Tränen in ihren Augen. Sie war sprachlos. So lange hatte sie auf sein Geständnis gehofft, wie lange wusste sie schon gar nicht mehr. Es war der schönste Moment in ihrem Leben. Die Zeit schien still zu stehen. Langsam fielen die Schneeflocken auf die beiden herab. Und anstelle einer Antwort ging sie einen Schritt nach vorne, legte ihre Hand auf seinen Hinterkopf und drückte seinen Kopf nach unten. Zentimeter für Zentimeter näherten sich die Köpfe. Die Blicke, die sie austauschten sprachen von Liebe, Vertrauen und Glückseligkeit. Und dann trafen sich ihre Lippen zärtlich zu einem Kuss. Er war nur von kurzer Dauer, doch beide waren so glücklich wie noch nie. Harm richtete sich wieder auf und küsste ihr dabei auf die Nasenspitze.
Beide lächelten und fühlten sich wie im 7. Himmel. Es war, als hätten sich die Schmetterlinge, die bisher in ihren Bäuchen waren um das tausendfache vermehrt.
„Sarah, weißt du wie glücklich ich gerade bin?"
„Wenn ich von mir ausgehe – ich kann es mir vorstellen."
Hand in Hand standen sie noch ein paar Minuten auf der Brücke und sahen auf die Seine. Nun, sie sahen sie nicht wirklich, sie ließen die ganze Jahre, die sie sich bereits kannten, noch einmal vor ihrem inneren Auge passieren. Es waren schöne Momente und es waren traurige, ärgerliche und gefährliche Momente gewesen. Aber sie hatten alles gemeistert. Und zwar zusammen. Das wurde ihnen jetzt klar. Sie gehörten zusammen wie der Wind und das Meer.
Nach einem weiteren, diesmal leidenschaftlicheren Kuss machten sich nun doch die Temperaturen und der Schneefall bemerkbar.
„Harm, ich könnte zwar ewig mit dir hier stehen und diesen einzigartigen Augenblick genießen, doch langsam wird mir kalt und mein Mantel ist schon ganz durchgeweicht. Können wir jetzt bitte zum Hotel zurückkehren?"
„Ja, komm, lass uns laufen, bevor ich meine ganze Freude in die Welt hinausschreie und halb Paris aufwecke."
Hand in Hand rannten beide in das Hotel zurück.
Hôtel Edouard VII
Paris, Frankreich
400 (MEZ)
Die Angestellten schauten auf, als 2 ihrer Gäste zu dieser frühen Stunde fröhlich, lachend in das Hotel herein gerannt kamen. 'Amerikaner, typisch.' dachte ein Teil der Nachtdienstbesatzung. Die zwei Frauen an der Rezeption blickten eher neidisch auf die beiden augenscheinlich Verliebten.
Harm und Mac rannten weiter – die Stufen hoch bis in ihre Suite. Als sie endlich die Tür hinter sich geschlossen hatten klopften sie sich erst einmal den Schnee und das Wasser von ihren Mänteln.
„Harm, ich geh jetzt unter die Dusche, wenn ich nicht sofort heißes Wasser über meinen Körper laufen lasse, werde ich krank sein und wir haben von den restlichen 2 Tagen unseres Aufenthaltes nichts mehr."
Mit einem breiten Grinsen antwortete Harm: „Nein, das wäre wirklich zu schade, wo mir doch gerade so viele Ideen gekommen sind, was wir tun könnten."
Mac wusste genau, was er für Ideen hatte, doch zuerst könnte sie seinem übergroßen Ego mal wieder einen kleinen Dämpfer verpassen. „Erzähl es mir nachher, wenn ich aus dem Bad wieder raus bin. Achja, und so lange ich hier drin bin, ist das für dich rote Zone, alles klar!"
„Alles, was du willst, Liebling" antwortete er und bekam von Mac zur Strafe ihren nassen Schal an den Kopf geworfen. „Ja was denn? Ist doch so. Frauen. Tsss." Murmelte er mehr zu sich selbst. Zum Glück hörte es Mac nicht, denn sie ließ schon das Wasser über ihren Körper laufen.
Zwanzig Minuten später kam Mac aus dem Bad, in ihrem von Harm gekauften schwarzen kurzen Seidennachthemd. Harm verschlug es zunächst die Sprache. Er wusste ja, dass Mac schön war, dass sie anziehend war, aber dass sie sooo sexy war, wurde ihm erst jetzt bewusst.
Natürlich bemerkte sie Harms Sprachlosigkeit, musste schmunzeln und natürlich sticheln: „Was denn, Harm, hat's dir die Sprache verschlagen oder siehst du einen Geist?"
„Ähm also du, ... ja... du... unglaublich."
„Hier ist dein Weihnachtsgeschenk, möchtest du es nicht auspacken?"
„Wie? Wo? Weihnachten?"
„Harm, du hast mir so ein schönes Weihnachtsgeschenk gemacht." Sie tippte mir ihrer Hand auf die Kette, die sie um den Hals trug. „Nun bin ich dran, dir etwas zu schenken."
Er begriff zunächst nicht, was sie meinte. Als sie schon anfing, an seinem Verstand zu zweifeln, ging er langsam auf sie zu.
„So, ein Weihnachtsgeschenk, ein nachträgliches."
„Ja."
„In einer schwarzen Verpackung?"
„In einer schwarzen aufreizenden Verpackung. Ich hätte ja nicht schwarz gewählt, aber das stand nicht in meiner Macht."
„Wow, ein sehr schönes Weihnachtsgeschenk in einer sehr schönen schwarzen Verpackung. Dann werde ich mal mit dem Auspacken beginnen."
„Na das hab ich doch gehofft."
Er beugte sich zu ihr hinunter und hauchte ihr einen Kuss auf ihren Hals.
„Danke, Mac" flüsterte er ihr ins Ohr.
„Habe ich denn so ein großzügiges Geschenk verdient?"
Mac wurde wieder ernst. „Für die Liebe, die du mir gibst, für die Geborgenheit und für das füreinander da Sein gibt es gar kein Geschenk, welches groß genug für dich ist. Ich liebe dich Harmon Rabb junior."
Ihre Lippen trafen sich erneut zu einem Kuss. Es war der 3. Kuss an diesem Tag, aber es war nur der Beginn einer ewigen Liebe und brennenden Leidenschaft.
THE END!
