Kapitel 1: Eine schicksalhafte Begegnung
Draco
Malfoy sah in den grauen, wolkenbehangenen Himmel und dachte nach. Es
regnete. Dicke Regentropfen rannen über sein Gesicht, tropften
in seinen Kragen. Er wurde bis auf die Haut durchweicht. Doch das
störte ihn nicht.
Erst als er einen Tropfen direkt ins Auge
bekam, wurde Draco wieder in die Wirklichkeit versetzt.
Langsam
senkte er seinen Kopf und sah sich um. Er stand auf dem Bahnsteig 9
3/4. Neben ihm war der Hogwarts-Express, groß und stolz wie
immer. Er vermittelte Draco ein Gefühl der Vertrautheit.
Wenigstens ein was war gleich geblieben, vertraut, hatte sich nicht
verändert. Ein tröstender Gedanke.
Dracos Blick fiel auf
die Uhr. Drei Minuten vor elf.
Er gab sich einen Ruck. wenn er
nicht langsam aufhöre mit Träumen, würde er den Zug
verpassen und sollte das geschehen ...
Draco wollte sich lieber
nicht ausmalen, was dann mit ihm passieren würde.
Schließlich
löste er sich aus seinen Gedanken, nahm sein Gepäck und
stieg in den Zug.
Er lief in den Gängen auf und ab. Kein
einziges Abteil schien noch frei zu sein.
Zwar sah er in dem einen
Abteil Pansy Parkinson und ihre Slytherin-Mädchen, aber er hatte
eh schon Kopfschmerzen und das ständige Rumgekreische dieser
Mädchen würde sie noch versärken.
Das scheinbar
einzigste Abteil, das noch halbwegs frei war, war das von Potter,
Longbottom, Loony Lovegood und diesem kleinen Weasley-Mädchen.
Und so tief gesunken, dass er sich zu ihnen setzte, war Draco noch
nicht.
Endlich fand er ein anderes, fast leeres Abteil. Dort saßen
nur Crabbe und Goyle drin, und die würden ruhig sein, wenn er es
ihnen befahl.
Draco stieß die Tür zum Abteil auf und
trat ein.
"Goyle, weg vom Fenster, da sitz ich!"
herrschte er ihn an.
Goyle leistete seinem Befehl Folge und Draco
verstaute sein Gepäck, bevor er sich auf den nun frei gewordenen
Fensterplatz setzte.
Crabbe machte Anstalten zum Sprechen, aber
Draco fauchte ihn an: "Ruhe! Ich muss nachdenken!"
Es
wurde still im Abteil.
Der Zug fuhr los.
Auf einmal ging die
Abteiltür auf und drei lachende Mädchen, noch nass vom
Regen, stolperten herein.
"Ist hier noch frei?" fragte
eines von ihnen. Es hatte lange schwarze Haare, dunkle Augen und war
sehr hübsch.
Draco wusste, dass die Frage ihm galt, da Crabbe
und Goyle niemals ohne sein Wort etwas sagen würden. Glaubte er
zumindestens.
Deshalb nickte er, doch bevor er noch sagen konnte,
dass für drei Mädchen, die keine Slytherins waren, hier
kein Platz war, unterbrach ihn ein weiteres Mädchen: "Fein!"
Sie hatte schulterlange blonde Haare und ihre Augen strahlten in
einem tiefen klaren Blau.
Quatschend verstauten die Mädchen
ihr Gepäck und ließen sich dann auf die drei Sitze
gegenüber von Draco, Crabbe und Goyle fallen.
Den
Fensterplatz ergatterte das dritte Mädchen, das bisher
geschwiegen hatte.
Draco war noch zu geschockt von der Direktheit
der Mädchen, um sie herausschmeißen zu können.
"Uff,
der ganze Zug ist voll, zum Glück haben wir hier ein Abteil
gefunden!" Die Blonde zog ihren nassen Mantel aus.
"Ihr
seid sechste Klasse, nicht wahr?" erkundigte sich die
Schwarzhaarige.
Crabbe und Goyle nickten gleichzeitig.
Draco
warf ihnen einen wütenden Blick zu.
"Slytherins?"
fragte sie weiter.
Draco, der endlich wieder seine Stimme gefunden
hatte, meinte spöttisch: "Ja und wer ihr seid, brauch ich
gar nicht zu fragen!"
An seiner Stimme erkannten die Mädchen,
welches Haus er meinte.
"Erstens" sagte die
Schwarzhaarige mit spitzer Stimme "sind die Hufflepuffs keine
Loser und zweitens sind wir Ravenclaws."
Draco schwieg. Dann
sagte er kalt: "Ravenclaws also. Demnach müsst ihr Padma
Patil" er sah die Schwarzhaarige an, "Lisa Turpin" er
sah die Blonde an "und Mandy Brocklehurst sein."
"Korrekt,
Draco Malfoy!" antwortete die Blonde, Lisa Turpin.
"Mit
solchen Leuten gibst du dich also ab, Patil!" sagte Draco
verächtlich, ohne Lisas Worte zu beachten "eine
Halbblüterin" er sah zu Mandy Brocklehurst "und ein
schmutziges Schlammblut!" Damit war Lisa gemeint.
Die drei
Mädchen schnappten hörbar nach Luft.
Mandy rief: "Lass
sie in Ruhe, du Idiot!", Lisa war blass geworden und Padma war
zornig aufgesprungen und hatte ihren Zauberstab hervorgeholt.
Sie
richtete ihn auf Draco.
Ihr schwarzes Haar fiel ihr ins Gesicht
und ihre dunklen Augen funkelten ihn zornig an.
"Dafür
wirst du bezahlen!" schrie sie.
"Patil" meinte
Draco ruhig. Eine Eiseskälte lag in seiner Stimme, "mach es
lieber nicht. Fordere mich nicht heraus, ich warne dich. Ich kann
Dinge, die du dir nicht mal vorstellen kannst."
"Klar
kannst du das!" entegnete Padma leichthin, "als Todesser.
Als Mörder."
"NEIN!" brüllte Draco. Sie
hatte ein Fass Salz auf seine Wunde geschüttet. "Nein! Ich
bin kein Mörder!" Angst, etwas, das gar nicht hier her
gehörte, war auf seinem Gesicht erschienen, Angst, Grauen,
Entsetzen. "DAS BIN NICHT ICH!" Verzweifelt hielt er
inne.
"Hör auf damit. Lass mich in Ruhe" Draco
winselte fast "hast du mich verstanden? Bitte lass
es."
Regentropfen rannen über die Fensterscheiben.
Draco
ließ sich auf seinen Sitz sinken.
"Hört auf, bitte
hört auf." Seine Stimme war kaum mehr ein Flüstern,
doch alle konnten ihn verstehen.
Er sah aus dem Fenster und
ignorierte die Mädchen.
Ohne es zu bemerken hatte Padma den
Zauberstab sinken gelassen.
Sie und ihre Freundinnen sahen sich
erstaunt an.
Was war denn auf einmal in Draco gefahren? Wieso war
er so ausgerastet? Hatte Padma einfach nur einen sehr sehr wunden
Punkt berührt?
Verständnislos setzte Padma sich. Sie
sprach kein Wort mehr und ihre Freundinnen taten es ihr gleich.
Zehn
Minuten später war der Vorfall vergessen und die Mädchen
quatschten und lachten wie zuvor.
Draco jedoch hatte es nicht
vergessen.
Der Regen prasselte gegen die Fensterschreiben und in
Dracos Kopf hallten immer und immer wieder Padmas Worte nieder: "Als
Todesser. Als Mörder." "Als Todesser. Als Mörder."
"Als Todesser. Als Mörder."
Nörder. Mörder.
Mörder.
"ICH BIN KEIN MÖRDER!" schrie sein
Innerstes verzweifelt "KEIN MÖRDER!"
Doch Padmas
Worte konnte er nicht einfach so aus seinem Kopf verbannen.
Mörder.
Mörder. Mörder.
Sie bezeichnete ihn als Mörder.
"Aber
ich bin keiner!" dachte er, dagegen anstrebend "ich bin
noch kein Mörder!"
Mörder. Mörder.
Mörder.
Irgendwann würde ihn jeder so nennen. Irgendwann
würde er es wirklich sein.
"Nicht wenn ich es vermeiden
kann!" Aber es gab keine andere Lösung.
Irgenwann würde
Padmas Bezeichnung auf ihn zutreffen.
Mörder.
Irgendwann
würde er ein Mörder sein.
"HILFE!" schrie eine
Stimme in seinem Inneren "HILFE! Helft mir doch! Bitte, ich
brache eure Hilfe!"
In diesem Zugabteil war es hell, warm und
trocken. Gegenüber von Draco saßen drei Mädchen, die
fröhlich und ausgelassen lachte. Die keine Ahnung hatten, was
Draco fühlte.
"So helft mir doch!" schrie die
Stimme weiter, aber keiner beachtete ihn. Sie waren alle Welten
entfernt. Und dennoch waren sie so nahe.
Er, Draco Malfoy,
brauchte HIlfe, brauchte einen hilfreichen Menschen. Er brauchte
jemanden, der ihn ohne zu zögern in den Arm nahm, ihn tröstete,
ihn beruhigte. ihm half. Jemand, der immer für ihn da war,
jemand der ihn immer verteidigte, jemand, der sich für ihn
einsetze.
Jemand, der auf seiner Seite war, jemand, der ihn
verstand, jemand, der mit ihm redete.
Jemand, der ihn
respektierte, jemand, der ihn akzeptierte, so wie er war.
Jemand,
der ihn liebte.
Tief in Gedanken versunken merkte Draco gar
nicht, wie die Stunden an ihm vorüberflogen. Er merke auch
nicht, dass er nicht der einzige war, der die ganze Zugfahrt über
merkwürdig still war.
Crabbe und Goyle futterten sich stumm
mit allem vor, was sie gekauft hatten, als vor gut einer Stunde die
Frau mit dem Süßigkeitenwagen (so heißt die bei mir,
der ihren richtigen namen merk ich mir nie! ) reinkam.
Padma, Lisa
und Mandy redeten, lachten und ärgerten sich gegenseitig, ohne
die Jungs zu beachten.
Allen im Abteil schien es egal zu sein, was
Draco machte. Sie beachteten ihn nicht, ja, sie schienen ihn
vergessen zu haben.
Der Regen hatte nicht nachgelassen; im
Gegeneil, er war stärker geworden.
Es war schon dunkel, dabei
war es noch gar nicht Abend.
Das Wetter passte perfekt zu Dracos
Stimmung.
Er sah aus dem Fenster.
Geisterhafte, schwarze
Schatten jagten am Zug vorbei.
Sie erinnerten ihn an das, was er
vor gar nicht langer Zeit erlebt hatte ...
Ein geisterhafter
schwarzer Schatten, unmenschlich rote Augen, eine hohe und kalte
Stimme ...
"Halt!" stoppte Draco sich selbst, "es
sind nur Wolken. Kein Grund zur Panik."
Aber für ihn war
es Grund zur Panik.
Selbst wenn es nur Wolken waren, in ihm
weckten diese gespenstischen Schatten Erinnerungen wach,
Erinnerungen, die ihm Angst machten.
"Nein" befahl Draco
sich "es sind doch nur Wolken. Nur Wolken. Es ist nichts, vor
dem ich mich fürchten müsste."
Diese Wolken
erinnerten ihn aber an etwas, an das er sich gar nicht erinnern
wollte.
Er wollte es vergessen.
Er wollte vergessen, was er
gesehn, vergessen, was er gehört, vergessen, was er gefühlt
hatte.
Ein Blitz zeriss die Dunkelheit. Der Donner folgte
unmittelbar danach.
In dem kurzen Moment, in dem der Blitz die
dunkle Umgebung erhellte, glaubte Draco, draußen eine Gestalt
zu sehen. Eine Gestalt in einem langen, schwarzen Umhang...
Den
Rest der Zugfahrt sah Draco auf den Boden.
Der Hogwartsexpress
hielt an und die Schüler strömten aus dem Zug.
Crabbe
und Goyle gehörten zu den Letzten, die noch nicht draußen
waren.
"Geht schon mal vor!" befahl Draco Crabbe und
Goyle.
Die beiden nickten und verzogen sich.
Langsam ging Draco
ihnen hinterher.
Er wollte allein sein.
Plötzlich hörte
er eine Mädchenstimme: "He, Malfoy! Du hast hier was
vergessen!"
Es war Mandy Brocklehurst.
Wiederstrebend kam
Draco zurück.
Sie gab ihm seinen Umhang, den er im Abtei
liegen gelassen hatte.
Er bedankte sich, wenn auch nicht sehr
höflich, als eine dritte Stimme hinter ihm ertönte: "Oh
Malfoy, du hast ne Freundin!"
Potter.
Mandy lief rot an,
strich sich ihre langen braunen Haare aus dem Gesicht und verschwand,
ohne ein weiteres Wort zu sagen.
"Halt´s Maul, Potter!"
sagte Draco leise.
Bevor Harry reagieren konnte, hatte er schon
seinen Zauberstab auf ihn gerichtet und rief: "Petrificus
Totalus!"
Harry erstarrte.
"Das nächste Mal,
Potter" flüsterte Draco ihm im Vorbeigehen zu "überlegst
du dir besser, was du zu mir sagst!"
Draco war der Letze
der Slytherins, der am Tisch erschien.
Alle anderen Slytherins
redeten, als der Sprechende Hut die Neuen auf ihre Häuser
verteilte und als Dumbledore seine Rede hielt.
Aber Draco saß
einfach nur stumm da und mit seinen kalten Augen starrte er ins
Leere, wie schon auf der Zugfahrt.
Snape war Lehrer für
Verteidigung gegen die Dunklen Künste.
Potter war also doch
noch aufgetaucht.
Gut und schön.
Das alles kümmerte
ihn jedoch gar nicht.
Er interessierte sich nur dafür, wie er
das folgende Schuljahr lebend überstehen könnte. Für
mehr nicht.
Dumbledore beendete seine Rede und Essen erschien auf
den Tellern.
Die anderen Slytherins hauten mächtig rein, aber
Draco aß nur ein paar Bissen.
Er hatte keinen Hunger.
Er
hatte schon keinen Hunger mehr, seit er wusste, was er tun musste,
wenn er es sich genau überlegte.
Es war ihm egal, ob er jetzt
verhungerte.
Es wäre eigentlich eine Erleichterung, wenn er
jetzt starb.
Dann müsste er nicht seinen unmöglichen
Auftrag erledigen.
Aber was würde er dann tun?
Genaugenommen
hätte Draco dann schon versagt, bevor er überhaupt
angefangen hatte.
Und er wollte nicht, dass seine Mutter
seinetwegen starb.
Draco wusste, dass sie ihn nicht liebte und er
wollte es trotzdem nicht.
Er wusste, dass sie ihn nicht liebte,
weil das keiner tat.
Was hatte er auch schon an sich, dass andere
Menschen ihn liebten?
Er hatte keine guten Eigenschaften, keine
Eigenschaften, die andere Menschen dazu brachten, ihn zu
lieben.
Trotzdem war es sein sehnlichster Wunsch.
Wenn ihn doch
wenigstens ein Mensch, ein einziger Mensch, mögen oder gar
lieben würde!
Aber das würde nie passieren.
Keiner
mochte ihn.
Keiner liebte ihn.
Wieso sollte das auch
jemand?
Nach dem Essen zog Snape Draco kurz beiseite. Hastig
sah er sich um, ob jemand lauschten, dann meinte er leise: "Draco,
bei jedem Schritt, den du unternimmst, um deinen Auftrag zu
erledigen, gibst du mir Bescheid, ist das klar?"
"Ja,
Sir."
"Und wenn du Hilfe brauchst oder nicht weiter
weißt, dann kommst du zu mir, haben wir uns da
verstanden?"
"Ja, Sir."
Snape musterte ihn einen
Moment lang.
Danach sagte er kalt: "Ich habe deiner Mutter
versprochen, dir zu helfen. Allerdings kann ich nichts tun, wenn du
dir nicht helfen lässt."
Draco schwieg.
"Geh
jetzt, bevor uns jemand sieht!" befahl Snape.
Wortlos ging
Draco davon.
Er ging in seinen Schlafsaal.
Er wollte nicht in
den Gemeinschaftsraum.
Dort war es zu laut.
Er wollte einfach
nur seine Ruhe haben.
Der heutige Tag war zu viel gewesen.
Noch
immer hörte er Padmas Stimme.
Mörder.
Schnell zog
Draco sich um und legte sich ins Bett.
Noch immer hallte ihre
Stimme in seinem Kopf: "Als Todesser. Als Mörder."
"Ich
bin kein Mörder!" dachte er müde und
verzweifelt.
"Allerdings kann ich nichts tun, wenn du dir
nicht helfen lässt."
"Ich will mir doch helfen
lassen!" entgegnete Draco im Stillen "aber es gibt
niemanden, der mir hilft!"
Seine Augen waren geschlossen und
er fiel langsam in einen tiefen Schlaf.
"Ich will doch nur
..." dachte er, bevor er einschlief, "ich will doch nur
erleben wie es ist, wenn einen jemand liebt ..."
Soooo ... muss hier unbedingt noch mal was sagen ... ich bin review-süchtig und bin leider auch eine kleine erpresserin, also könnt ihr euch vorstellen, was jetzt kommt? Richtig ... keine reviews, keine neuen kapitel ...
