A/N: Weiter geht's mit Sijn, und in diesem Kapitel sollte auch klar werden, was mit dem Grasfresser gemeint war. Allerdings ist mir im Nachhinein aufgefallen, dass die Bezeichnung Grassfresser nicht über alle Zweifel erhaben ist. So karg und kalt wie ich die Heimat der Kargai bisher dargestellt habe, wächst ja wohl nicht allzuviel Gras dort... :rotwerd: Na ja, irgendein dürres Gestrüpp wird schon wachsen, sonst würden die Karduks ja verhungern... Und jetzt spare ich mir alle weiteren Ausreden und präsentiere das neue Kapitel:

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Erwachen

Rasarins Spur führte steil bergauf. Ab und zu war das Tier auf eine gefrorene Fläche geraten und weggerutscht, aber es hatte nicht angehalten. Die Fährte des Karduks war deutlich, sowohl die Spur im Schnee, wie auch der Geruch nach frischem Blut und nach der Angst, die das Tier immer weiter und weiter getrieben hatte. Hätte dem Karduk nicht auch der Geruch des Rudels angehaftet, so hätte der Jagdtrieb seines Verfolgers wohl überhand genommen, aber so begnügte er sich damit, ihm langsam und vorsichtig zu folgen, um nicht von dem vereisten Berghang hinab in die Tiefe zu stürzen.

Da! Ein klirrendes Geräusch drang an sein Ohr. Er hob den Kopf und lauschte. Das Rudel hatte die Höhle verlassen und schien sich zu verteidigen. Kurze gekläffte Kommandos waren zu hören und das Knurren der gereizten Tiere. Doch gegen was kämpften sie? Er hörte Metall und Holz, den dumpfen Laut von schweren Körpern, die gegen lederne Rüstungen prallten. Metall? Rüstungen? Seltsame Bilder zogen durch seinen Kopf; die Bilder, die er gelernt hatte zu verdrängen, die er nur noch in manchen Nächten in seinen Träumen sah.

Er wandte sich um und rannte wieder bergab, der Höhle entgegen. Die Laute der Wölfe waren nun angstvoll, und ein Knurren entrang sich seiner Kehle. Das Rudel war in Gefahr, und er musste helfen, die Jungtiere zu verteidigen. Sie waren das Einzige, was für das Rudel zählte, und jeder der alten Wölfe musste sie mit seinem Leben beschützen. So auch er, denn er war der Älteste und der Leitwolf.

Als er endlich bei der Höhle ankam, herrschte Stille. Zu spät! Er kam zu spät! Der Boden vor der Höhle war zertrampelt und blutgetränkt. Überall lagen Wölfe reglos am Boden, und der Geruch von Tod lag in der Luft. Verzweifelt rannte er von einem Tier zum nächsten, doch sie waren tot. Das ganze Rudel war tot! Nicht ein Wolf hatte das Massaker überlebt! Oder doch? Die schwarze Wölfin war nirgends zu finden. Noch einmal schritt er über das Schlachtfeld und sah seine toten Gefährten der Reihe nach an. Die schwarze Wölfin war nicht dabei.

Dann hörte er plötzlich ein leises Winseln aus der Höhle und hastete dorthin. Da lag sie, gleich hinter dem Eingang. Ihr Körper war von Wunden übersät, und er fühlte, wie das Leben aus ihrem Körper floss. Tränen liefen über seine Wangen und hinterliessen eine eisige Spur, als sie im kalten Wind gefroren. Behutsam griff er nach der Wölfin und trug sie hinaus, weg von der Höhle. Er konnte es nicht länger in dieser Umgebung aushalten, wo es nach Blut und Tod roch, und wo alle seine Gefährten ihr Leben gelassen hatten. Erst als er ausser Sichtweite des Schlachtfeldes war, setzte er sich nieder und bettete den Kopf der Wölfin auf seinen Schoss. Wieder durchzuckten wirre Bilder seinen Kopf.

Ein Kargai muss die Kunst der Wundheilung beherrschen. Dies ist wichtiger als die Kunst des Tötens, merkt euch dies, Schüler.

Diese Stimme in seinem Kopf – er kannte sie irgendwoher. Verzweifelt versuchte er sich zu erinnern, was die Stimme weiter gesagt hatte. Sie hatte davon gesprochen, wie man die wilden Kräfte formen konnte, um sie zur Heilung zu verwenden.

Doch seid vorsichtig mit den wilden Kräften. Nur wenig davon dürft ihr durch eure Körper strömen lassen, wenn ihr nicht den Verstand verlieren wollt. Sie durchdringen eure Gedanken und bringen euch Wahnsinn und Tod, wenn ihr sie nicht beherrscht.

Wie konnte er heilen? Was war mit diesen wilden Kräften? Er atmete tief durch und zwang sich, weiter auf die Stimme in seinem Kopf zu hören. Sie hatte davon gesprochen, die Kräfte durch den Körper strömen zu lassen, also würde er das jetzt versuchen. Er schloss die Augen und legte seine Hände auf den verletzten Körper der Wölfin. Es war nicht viel anders, als wenn er in den Kopf der Leitwölfin eingedrungen war. Er fühlte die Angst der Wölfin, und die Dunkelheit, die nach ihr griff. Behutsam begann er damit, sich um ihre Wunden zu kümmern.

Krieger seid ihr, und doch habt ihr die Macht, Wunden zu heilen und Sterbende ins Leben zurück zu rufen. Doch merkt euch: Es ist einfacher, auf dem Schlachtfeld zu töten, als den Tod zu bekämpfen.

Seine Finger prickelten, und ein dumpfer Kopfschmerz begann in seinem Genick und breitete sich langsam in seinem ganzen Schädel aus. Doch unter seinen Händen begannen sich die Wunden der Wölfin langsam zu schliessen. Er fühlte die Veränderung in ihrem Körper, auch wenn er sich nicht traute, die Augen zu öffnen, um sein Werk zu betrachten.

Irgendwann brach er erschöpft zusammen und erwachte erst, als er in der Nähe ein Geräusch vernahm. Rasarin! Die Witterung des Karduks stieg in seine Nase und er blickte sich um. Das Tier stand nur wenige Schritte von ihm entfernt und schnaubte misstrauisch. In seiner Kruppe steckte ein Pfeil, aber das Karduk schien nicht schwer verletzt zu sein.

Er warf einen Blick auf die schwarze Wölfin und stellte fest, dass sich ihre Wunden schon beinahe geschlossen hatten. Behutsam betastete er ihr Fell und spürte erleichtert die Wärme ihres Körpers und das leichte Heben und Senken ihrer Flanken. Das Karduk scharrte, und er wandte sich ihm zu.

„Rasarin..."

Seine Stimme klang heiser – schon lange hatten seine Lippen keine Worte mehr geformt.

Doch seid vorsichtig mit den wilden Kräften. Nur wenig davon dürft ihr durch eure Körper strömen lassen, wenn ihr nicht den Verstand verlieren wollt. Sie durchdringen eure Gedanken und bringen euch Wahnsinn und Tod, wenn ihr sie nicht beherrscht.

Die Stimme in seinem Kopf liess ihn nicht mehr los. Woher kam sie? Was erzählte sie von Wahnsinn und Tod? Wahnsinn? Hatten diese rasenden Schmerzen in seinem Kopf mit Wahnsinn zu tun?

„Rasarin!"

Er rief den Namen ein wenig lauter – weniger um das Karduk anzulocken, als vielmehr um seine Stimme noch einmal zu hören.

Er war kein Wolf. Langsam drang diese Erkenntnis in sein Bewusstsein und zwang ihn dazu, nachzudenken, was er denn sein konnte, wenn nicht ein Wolf. Als das Rudel noch gelebt hatte, war es leicht gewesen, sich in den Gedanken der Wölfe zu verlieren und so zu sein wie sie. Doch nun, wo er alleine war, kamen andere Gedanken ans Tageslicht – Erinnerungen, die er nicht zurückhaben wollte.

Das Karduk kam zögernd auf ihn zu und schnaubte leise. Es schien, als fühlte es den inneren Kampf seines Herrn, denn es senkte den Kopf und stupste ihn sanft an.

Eine Herde von Karduks hinter einem Zaun... Ein Kardukkalb, das ihn sanft an die Schulter stupste... Ein Dorf... Sein Dorf...

„Rasarin. Du bist Rasarin. Mein erstes Karduk..."

Die Erinnerungen strömten unaufhaltsam auf ihn ein und er liess sich auf den Rücken fallen und presste die Hände an seine Schläfen.

„Sijn... Ich bin Sijn... Ich bin der siebte Kargai, der Schwarze Kargai, der Wolfskrieger, der Schrecken der Dörfer..."

Langsam erhob er sich und ging auf sein Karduk zu. Er legte dem Tier behutsam eine Hand auf den Hals und tastete sich dann zu dem Pfeil vor. Rasarin scheute und Sijn wusste, dass er immer noch nach Wolf und Blut roch – Gerüche, die ein normales Karduk schon längst in die Flucht geschlagen hätten.

„Du bist bei mir geblieben, Rasarin. Du bist selbst dann geblieben, als ich zum Wolf geworden war. Ich danke dir, Rasarin, ich danke dir."

Sijns rechter Arm legte sich nun etwas fester um den Hals des Tieres, während er mit der Linken behutsam den Pfeilschaft umfasste. Er atmete tief durch und riss dann mit einem heftigen Ruck den Pfeil aus der Wunde. Rasarin versuchte zur Seite zu springen, aber der Griff des Kargai war eisern, und nach einiger Zeit gab das Karduk seinen Widerstand auf. Sijn redete beruhigend auf das Tier ein, selber fasziniert davon, seine Stimme zu hören, wie sie Worte formte anstatt des Knurrens und Kläffens an das er sich in den letzten Jahren gewöhnt hatte.

Jahre? Wie lange mochte es her sein, dass er Hornthal verlassen hatte? Sijn konnte sich noch vage daran erinnern, dass er zu dem Wolfsrudel zurückgekehrt war und sich ihm angeschlossen hatte. Die Wölfe hatten ihn bereitwillig aufgenommen und er hatte sie überall hin begleitet. Einmal hatte sie der Hunger in die Wälder am Fuss der Berge hinab getrieben. Sijn erinnerte sich noch daran, dass sie einer Gruppe Orks begegnet waren, und dass ihm mit Müh und Not die Flucht gelungen war. Er hatte die letzten Überlebenden des Rudels um sich geschart und sie zurück in die Berge geführt. Es hatte seine ganze Kraft gekostet, die Wölfe durch den Winter zu bringen, und dabei musste er endgültig den Verstand verloren haben, denn von da an gab es nur noch Hunger, Kälte, Erschöpfung, Jagd, Kampf, Blut und Wölfe...

Während er seinen Gedanken freien Lauf liess, kümmerte sich Sijn um die Verletzung des Karduks. Die Wunde blutete stark, und so wagte es der Kargai schliesslich, seine Heilkräfte erneut anzuwenden. Ein Teil von ihm sträubte sich dagegen, aus Angst erneut den Verstand zu verlieren, doch Sijn wusste auch, dass er auf Rasarin angewiesen war, wenn er von hier weggehen wollte.

Weggehen? Plötzlich wurde Sijn bewusst, dass er genau das tun wollte. Er erinnerte sich noch gut daran, wie er damals mit den Wölfen im Wald gejagt hatte. Der Wald hatte ihm gefallen, und wenn die Orks nicht gewesen wären, wäre er vielleicht länger dort geblieben. Hier in den Bergen gab es nichts für ihn, und jetzt wo die Wölfe tot waren, hielt ihn nichts mehr davon ab, hinunter in die Ebene zu steigen und die Welt kennenzulernen.

Als er mit Rasarin fertig war, strich ihm der Kargai liebevoll und dankbar über den Hals, und das Tier hielt geduldig still. In all den Jahren war es bei ihm geblieben, obschon die Wölfe es zu Tode geängstigt haben mussten. Das Karduk war es auch, welches ihm jetzt verriet, wie lange er unter den Wölfen gelebt haben musste. Als er das Dorf verlassen hatte, war Rasarin noch ein Kalb gewesen, nun war das Tier ausgewachsen, und an seinen Zähnen und Hörnern konnte Sijn ablesen, dass es etwa zehn Jahre alt sein musste. Zehn Jahre? Hatte er wirklich so lange unter Wölfen gelebt? Sijn beugte sich über die schwarze Wölfin. Als er noch ein Mitglied des Rudels gewesen war, hatte er sie nur durch ihren Geruch von den anderen unterschieden. Nun, da er kein Wolf mehr war, wurde ihm bewusst, dass er nicht einmal einen Namen für sie hatte. Sanft strich er dem Tier über den Kopf.

„Ich werde dich Durva nennen, schöne Dunkle. Wenn du willst, kannst du bei mir bleiben, auch wenn ich kein Wolf mehr bin."

Als hätte sie seine Worte gehört, öffnete die Wölfin die Augen und leckte ihm matt die Hand. Sijn lächelte und hob das Tier hoch. Vorsichtig legte er Durva quer über Rasarins Rücken und fasste sein Karduk dann am Horn.

„Komm, Freund Rasarin. Wir wollen diese Berge verlassen. Doch erst bleibt uns noch etwas zu tun."

Langsam führte er das Karduk zurück zur Wolfshöhle, wo immer noch die Kadaver der Wölfe lagen. Rasarin sträubte sich, aber Sijn zwang das Karduk bis zum Höhleneingang und hob dann behutsam die Wölfin von seinem Rücken. Er bettete Durva im Innern der Höhle auf das Moos, auf dem er selber jahrelang geschlafen hatte und begann dann damit, seine wenigen Besitztümer einzupacken.

Viel war es nicht, was er mitnehmen konnte, und er war erschüttert, wie er in den letzten Jahren gelebt haben musste. Er fand einen Beutel, in dem sich Feuersteine befanden, und ihm wurde bewusst, dass er in der ersten Zeit bei den Wölfen sein Fleisch noch gebraten hatte. Doch nun lagen die Feuersteine seit Jahren unberührt in der Höhle, so wie auch der Kamm, den er einst geschnitzt hatte, und die Knochenflöte, mit der sich anfangs die Zeit vertrieben hatte. Zögernd setzte Sijn das Instrument an die Lippen, aber durch die mangelnde Pflege war der Knochen vergammelt, und Sijn warf die Flöte in hohem Bogen fort und spuckte angewidert aus, um den ekligen Geschmack in seinem Mund loszuwerden. Der Kamm dagegen war noch in Ordnung, und Sijn steckte ihn zu den Feuersteinen, da diese im einzigen Lederbeutel waren, der noch zusammenhielt.

In der hintersten Ecke der Höhle befanden sich noch die Überreste des Karduks, das das Rudel vor zwei Tagen gerissen hatte. Sijn zog sein Messer und machte sich daran, das letzte verbleibende Fleisch in Streifen zu schneiden. Der Kadaver war gefroren, und die Arbeit ging nicht recht voran.

Plötzlich war Durva neben ihm, und hungrig schlug sie ihre Zähne in das Fleisch. Sijn verharrte einen Augenblick, aber dann kauerte er sich neben die Wölfin und riss mit Händen und Zähnen grosse Brocken aus dem Kadaver, die er roh herunterschlang. Durva hatte recht – er musste sich nach Art der Wölfe jetzt den Bauch vollschlagen, wo es etwas Fressbares gab, und dann, wenn der Hunger zu gross wurde, erneut auf die Jagd gehen. Ohne Salz war es ihm nicht möglich, das Fleisch haltbar zu machen, so dass die mühsam losgeschnittenen Streifen wohl schon morgen nicht mehr geniessbar sein würden. Im Gegensatz zu den Wölfen vertrug Sijn nur frisches Fleisch – daran hatte er sich selbst im tiefsten Wahnsinn stets erinnert, sonst wäre er wohl nicht mehr am Leben.

Als Durva Sijn zu nahe kam, um noch einen Brocken Fleisch zu erhaschen, knurrte er sie wütend an, und sie winselte und bot ihm ihre Kehle dar. In diesem Moment wurde Sijn bewusst, was er gerade tat, und er krümmte sich stöhnend zusammen und versuchte den Brechreiz zu unterdrücken, der in ihm aufstieg. Er ass, nein frass, hier mit einer Wölfin zusammen rohes Fleisch, und liess sich sogar noch dazu herab, mit ihr um die saftigsten Brocken zu streiten. „Das hast du jetzt zehn Jahre lang gemacht", flüsterte eine Stimme in seinem Kopf, und Sijn wurde es noch übler, als ihm schon war.

Auch Durva hatte inzwischen von dem Karduk abgelassen und lief nun leise winselnd in der Höhle auf und ab. Dies brachte Sijn dazu, sich zusammenzunehmen und aufzustehen.

„Du hast recht, meine Schöne. Wir sollten zusehen, dass wir hier wegkommen."

Ächzend stand er auf und ging nach draussen, wo er den Mund mit Schnee ausspülte, bis die Übelkeit ganz verflogen war. Dann machte er sich an die traurige Aufgabe, die toten Wölfe einzusammeln und in die Höhle zu schaffen. Durva folgte ihm auf Schritt und Tritt und hörte nicht auf zu winseln.

Als das ganze Rudel in der Höhle aufgereiht lag, nahm Sijn sein kleines Bündel an sich und warf einen letzten Blick auf die toten Körper, die ihm in den letzten Jahren treue Gefährten gewesen waren.

„Komm Durva, komm mit mir!"

Sijn sprach leise, aber bestimmt, und die Wölfin erriet den Sinn seiner Worte und folgte ihm nach draussen. Vor dem Höhleneingang hob Sijn die Hand und öffnete sich ein weiteres Mal den wilden Kräften. Es war ihm ein Leichtes, die Höhle einstürzen lassen – längst waren ihm die wilden Kräfte so vertraut, dass ihn dieser Felssturz nicht im mindesten anstrengte. Selbst dann, als er nur ein Rudelmitglied gewesen war, und kein Mensch, hatte er diese Gabe angewandt, denn sie war seine Stärke, die er zum Wohl des Rudels einsetzte, so wie die Leitwölfin ihre ausserordentliche Sprungkraft, der Einohrige seine Schnelligkeit und der Kurzbeinige seine starken Kiefer. Solange er seine Macht nicht auf ein Lebewesen anwendete, musste er auch nicht fürchten, erneut dem Wahnsinn zu verfallen. Leblose Gegenstände zu beeinflussen brauchte nur Konzentration und Kraft, aber gefährlich war es nicht, und Sijn fragte sich, ob die Lumianen dies wussten, und wenn ja, ob sie einen Grund hatten, den Kargai das Ausmass ihrer Fähigkeiten zu verheimlichen.

Als die Höhle verschlossen war, legte Durva den Kopf in den Nacken und jaulte leise, bevor sie aufheulte. Sijn zögerte einen Augenblick, aber dann stimmte er in das Heulen ein, und der Klang hallte von den Bergen wieder, so als wäre es nicht nur das Klagelied eines einzelnen Wolfes und eines Kargai, sondern als wäre das Rudel noch einmal zurückgekehrt, um seinen Rudelgesang anzustimmen.

Nach einer Weile verstummte Sijn. Er schulterte sein Gepäck und rief Rasarin zu sich. Das Karduk kam nur langsam näher. Es hasste es, wenn die Wölfe heulten, und hätte am liebsten die Flucht ergriffen. Doch schliesslich liess Rasarin sich an einem Horn packen, und Sijn schwang sich auf seinen Rücken.

„Komm, Rasarin! Lass uns zum Feuerberg reiten – ich habe noch etwas zu erledigen, bevor wir die Berge verlassen."

Das Karduk setzte sich in Bewegung, und die schwarze Wölfin trottete neben ihm her.