Kapitel 8, Little Hangleton
Der Weg führte über das Brachland, dort entlang, wo es keine Wege mehr gab. Die Strecke, die sie mehr rennend als gehend zurücklegten, wurde länger und länger. In der Ferne erkannte Harry eine Mauer aus Feldsteinen, sie grenzte vermutlich ein Anwesen ab, aber an jene Mauer gelangten sie nie. Während Harry der Atem schwer wurde, tänzelte das Katzentier vor ihnen geradewegs auf die Begrenzungsmauer zu. Krummbeins leichtfüßige Art, konnte man nicht anders als tänzeln nennen, egal ob er sich langsam bewegte oder eilte.
Ganz allmählich nahm der Raum unwirkliche Züge an.
Die Sonne wärmte im Augenblick nicht. Es war nicht unangenehm, eher so, als wäre man aus einem heißen Backofen in einen kühlen Kirchenraum getreten. Selbst die alten Mauern einer Kirche konnte Harry riechen, doch fehlte diesmal die modrige Beigabe, die den Geruch in Sirius Familiensitz auszeichnete.
In geraffter Zeit wechselte die Landschaft, Berge wurden eben, die Farben und alles, was man sehen konnte, änderte sich, zerfloss und wurde neu. Aus dem Boden wuchsen zuerst seltene Blumen, dann Gräser wie Nadelspitzen, dann Würmer; der Himmel bewegte sich wie ein Meer, ließ gleißende Strahlen zur Erde hindurch und dann wieder ballten sich die Wolken so dicht, dass Harry in Finsternis gefangen stehen blieb und nach Hermine rief. Sie gab ihm ihre Hand, damit sie sich nicht verloren und mussten aber weiter, denn jetzt war es, als könnten die beiden Krummbeins Bewegungen, die sonst niemand zu hören konnte, hören, seine Pfoten, wie sie den Boden ganz knapp berührten und das Tier forttrugen – in dieser Richtung mussten sie sich halten, wie auch der Hauself, dessen kurzer Atem und dessen Füßen, die bei jedem Schritt auf die Erde platschten, ihnen versicherten, dass er ihnen folgte.
Eben noch dem Gefühl ausgesetzt, der Verwandlung und der Dunkelheit nicht mehr zu entkommen, erkannte Harry bald, dass alles nur Augenblicke währte. Er erschrak, als die Welt zum Stillstand kam und sich die Umrisse der Umgebung im Sonnenlicht abzeichneten. Plötzlich war nichts mehr unwirklich, plötzlich stand alles wieder fest und beanspruchte Gültigkeit. Dabei war das, was Harry sah, einfach nur grausam. Grausam für ihn selbst. Er hatte Hermines Hand entgleiten lassen und sie war einige Schritte weiter gegangen, Krummbein hinterher, der den Hügel hinan einem Haus zustrebte.
"Ein Friedhof", höhnte Kreacher in Harrys Rücken. "Nur einer, dem der Tod prophezeit worden ist, erschreckt vor solch einem Ort, zumal, wenn er von Muggeln abstammt."
Harry konnte nicht wissen, von welcher Prophezeiung Kreacher sprach. Aber er kannte die Gemeinheit des Hauselfen und brauchte solchen Worten keine Bedeutung beimessen.
"Wir sterben alle früher oder später, so etwas braucht man nicht prophezeien!" sagte Hermine. "Was steht auf dem Stein?" fragte sie weiter.
Harry bedeutete ihr, selbst zu lesen.
Tom Riddle
Sie kannte den Geburtsnamen Voldemorts und nachdem sie ihn gelesen hatte, wisperte sie nur noch.
"Komm, weiter", sagte sie leise mit einer anderen, viel höheren Stimme.
Harry streckte die Hand aus. Er fasste Hermines Unterarm. Es war gut, einen Menschen, wie sie einer war, berühren zu können, in dieser Situation.
Von hier an hätten sie den Weg auch ohne Krummbeins Hilfe gefunden.
Das Haus auf der Kuppe des Hügels schien von außen unbewohnt. Seine Fenster blickten erhaben über einen Garten, in dem tausend Pflanzen und sogar Rosen üppig wucherten. Harry ahnte, dass sie angekommen waren. Dennoch deutete nicht eine Spur darauf hin, dass Voldemort in diesem Haus lebte.
Kreacher war mit einem Mal wie verwandelt. Auch wenn er sonst allein bei der Nennung des Namens Voldemort zusammenzuckte, kannte er nun keine Scheu. Er tapste durch die Brennnesseln zum Hauptportal des herrschaftlichen Hauses und schob die Tür auf, indem er sich mit beiden Händen dagegen stemmte. Einzig Krummbein blieb vor der Tür. Er legte sich genau auf den Pfad, der von der Grundstücksgrenze zum Portal getreten war, in einen Sonnenfleck. Die Sonne hatte wieder Kraft, und Harry neidete es dem Tier, sich ihrer Wärme hingeben zu können. Die Tür schloss sich hinter ihm. Harry ging durch das Haus, als ob er schon einmal hier gewesen wäre; alles war in etwa so neu wie ein vertrautes Museum, in dem man die Ausstellung gewechselt hat. Er nahm die ausgetretenen Stufen zum ersten Stock. Dabei achtete er darauf, nicht das Glas anzuschlagen, ein Weinglas mit dem Kelch einer aufgeblühten Rose, das auf dem Treppenabsatz lag. Ein weiteres Glas stand auf dem schmalen Vorsprung an einem Fenster. Harry sah Spuren roten Weines darin. Er setzte seine Füße über ein am Boden liegendes Kleidungsstück. Ebenso, wie er im Vorübergehen den Wein im Glas ausgemacht hatte, registrierte er, dass es sich bei der Kleidung um Unterwäsche handelte, an der nichts darauf deutete, ob sie einem Muggel oder einem Zauberer gehörte.
Hermine näherte ihre Hand dem Glas auf den Stufen.
"Wir müssen unbedingt Ginny aufsuchen. Durst ist das Schlimmste, was ihr jetzt passieren kann!" Hermine sah zu Harry, dann zu Kreacher.
Dessen Entgegnung kam prompt.
"Glaubst du", sagte er, "Kreacher schickt dieser Blutsverräterin den Wein mit einer Eule? Ihr habt nicht einmal eine Eule."
Harry maß Kreachers Worten keine Bedeutung mehr bei. Gebannt blickte er auf Hermine, deren Hand mitten in der Bewegung erstarrt war. Wenn sie das Glas jetzt berührte, würde nichts geschehen. Nicht wirklich. Sie konnten Türen öffnen, die für den Menschen auf der richtigen Seite geschlossen blieben. Sie konnten eine Zeitschrift, die unter ein Tischbein geschoben den Tisch am kippeln hindern sollte, nicht darunter hervorziehen – wobei in jenem Fall auch ein Klebefluch die Ursache gewesen sein konnte – aber sie hatten im Tropfenden Kessel einem Gast den Teller mit Essen weggenommen, und er hatte sich nicht gewundert.
"Nicht", sagte Harry, "tu es nicht."
Hermine zog ihre Hand zurück, doch es war bereits zu spät. Auf dem Treppenabsatz lag statt des Glases ein Schlangenkörper.
"Rühr' dich nicht", sprach Harry.
Dann sagte er so gelassen wie möglich einige Worte auf Parsel.
Der Schlangenkörper wand sich. Ein Kopf schob sich vor und auf Harry zu. Nicht schnell, sondern ebenfalls eher gelassen. Harry hatte genügend Zeit auszuweichen. Er ging in den dunklen Flur zu seiner rechten hinein. Die Schlange folgte seiner Richtung nicht.
"Sie sieht uns nicht" sagte Harry für Hermine verständlich.
"Aber sie kann uns auch nicht hören", vernahm er ihre Stimme.
Er konnte Hermine nun nicht mehr sehen, weil er in dem dunklen, engen Flur stand. Sehen konnte er nur die Schlange. Und sobald er sie sah und einen klaren Gedanken gefasst hatte, schlug sie doch den Weg zu ihm ein.
"Schlangen können nicht hören", klang wieder Hermines Stimme, "aber du darfst nicht Parsel sprechen. Vielleicht spürt sie dich darum."
Nicht nur Hermine, sondern auch die Schlange teilte Harry etwas mit. So kam es, dass er zum ersten Mal feststellte, welchen Unterschied es zwischen seiner Muttersprache und dem Parsel der Schlange gab. Hermine hatte Recht. Sie konnte er hören, aber die Worte der Schlange entstanden in ihm selbst. Die Schlangenworte kamen nicht von außen an sein Ohr.
Er kannte schon die Antwort auf das, was die Schlange ihm übermittelte, er dachte die Antwort schon auf Parsel. Weil er fortwährend, wenn er den Bewegungen des Tieres folgte, Parsel denken musste. Seine Augen rissen sich nicht los von der Gefahr.
"Verdammt!" rief er aus, "warum kann sie uns überhaupt bemerken! Woher weiß dieses verfluchte Tier, dass wir hier sind!"
Die Schlange schob sich durch den Flur, der hinter Harry nicht mehr viel Raum ließ. Es blieb ihm, über die Schlange nach vorn zu fliehen.
"Hermine", schrie er, "sag was!"
Indes berührte der letzte Teil des Schlangenkörpers die am Boden liegende Wäsche. Der Stoff wandelte sich in Sekunden. Eine zweite Schlange lag da und brauchte nicht lange, um der ersten zu folgen.
"Harry! Du musst kommen." Endlich stand Hermine dort, wo der Flur begann. Mit erstaunlicher Behändigkeit setzte Harry über die beiden Schlangen hinweg. Indem er Hermines Hand nahm sagte er, "Lass uns fort." Er sah ihr an, dass sie nichts lieber tat. "Voldemort hat das Gesicht einer Schlange", sagte Harry im Gehen, "ich möchte ihm nicht begegnen."
Dann, bevor Harry die Haustür öffnen konnte, hielt Hermine ihn zurück.
"Du hast Kreacher vergessen", sagte sie.
Harry unterließ, es in diesem Moment zu fluchen. Aber er bewegte sich in Richtung Tür und zog sie sacht auf.
"Er ist mir egal", murmelte er.
"Was ist er dir?" fragte Hermine laut.
Harry wiederholte seine Worte nicht.
"Egal", sagte er später noch einmal, nachdem er durch den entstandenen Türspalt einen Blick ins Freie geworfen hatte. Draußen wartete Krummbein, in der Sonnenwärme. Ein angenehmes Licht lockte. Harry drückte die Tür zu. Egal.
"Ich glaube auch nicht, dass er in den Garten gegangen ist", sagte Hermine und Harry hasste in diesem Moment ihren lehrerhaften Ton. Aber vielleicht wollte sie auch einen Witz machen.
"Einen Hauself sollte man in der Küche suchen oder im Keller. Ich hatte das Gefühl, Kreacher mag Gruselstoff."
Hermine erwiderte nichts hierauf, sondern ging voran.
Wie in Sirius' Haus lag die Küche im Souterrain. Sie besaß auch einen Spülschrank und Harry guckte überflüssigerweise hinein.
Von der Küche führte eine Tür in den Garten. Eine andere, schmale, direkt neben der Spüle, schien der Einstieg in den Keller zu sein. Fast gleichzeitig steckten Harry und Hermine ihre Köpfe hinein. Hermines Zauberstab gab Licht. Zu sehen war nicht mehr als die leuchtende Spitze des Zauberstabes selbst. Ein wahnsinniges Heulen drang wie von weiter, weiter Ferne an Harrys Ohr.
"Hörst du das auch?"
Hermine nickte. Sie richtete die Zauberstabspitze inzwischen nach unten. Das Licht wurde reflektiert. Eine Stufe deutete sich im Lichtschein an. Harry tastete mit dem Fuß nach der Stufe, aber dann merkte er auf. Das ferne Heulen kam nun aus einer völlig anderen Richtung. Wenn die Akustik des Hauses nicht täuschte, dann kam es nicht mehr aus den Tiefen des Kellers, sondern aus einem der oberen Stockwerke.
"Bleib du bei der Tür", bat Harry Hermine und eilte aus der Küche hinauf. Hermine kam wirklich nicht hinterher. Niemand hätte sagen können, ob es die bessere Lösung war, sich in dieser Situation zu trennen. In der oberen Etage klang es, als käme das Heulen aus einem der Zimmer. Es war nicht länger ein Geheul, das den Wahnsinn verkündete, sondern hatte sich mit einem Mal in ein einfaches Schluchzen verwandelt. Verwundert warf Harry einen Blick auf die Treppe zurück, die er soeben hochgekommen war. Unberührt lag das Weinglas auf dem ersten Treppenabsatz. Ein zweites stand auf dem Fenstersims. Zu seinen Füßen sah Harry die Wäschestücke. Er berührte sie beinahe mit den Schuhspitzen, doch mit Bedacht stieg er darüber hinweg, trat an die Tür, durch die das Schluchzen drang, lauschte noch einmal und öffnete. Drinnen saß niemand anderes als Ron.
"Ron!"
Ron gab keine Antwort, aber er hatte aufgehört zu schluchzen. Er kauerte auf den Dielen in der Mitte des Raumes. Staubflocken lagen umher. Harry tat ganz langsam die wenigen Schritte, um bei seinem Freund zu sein. Er glaubte nicht wirklich, was er sah.
Ron stierte unablässig in eine Ecke des Zimmers.
"Ron?"
Harrys Blick ging ebenfalls in die Zimmerecke, wo eine Schlange lag. Nagini. Er hatte vorher nicht gewusst, dass er Schlangen wieder erkennen konnte; ein Erkennen, das über die Bestimmung der Schlangenart hinausging. Nagini war eine große Schlange mit grünlich schimmernder Schuppenhaut, auf der sich blasse Linien schlängelten.
Harry hatte es kaum bemerkt, aber Ron war aufgestanden.
Als Nagini Ron hinausgehen sah, glitt sie an der Wand entlang ebenfalls zur Tür. Rasch ging Harry an Rons Seite. Er sagte, um nicht Parsel zu denken, ein englisches Weihnachtsgedicht vor sich her, das er einmal in der Muggelschule gelernt hatte. Doch die Schlange kam. Ron wandte seinen Blick nicht ein einziges Mal zurück, um nach ihr zu sehen, dabei war sie schon fast bei ihm. Sie schien sich Zeit zu lassen, denn Harry wusste, wie rasch sie vorschnellen konnte. Er erinnerte die Bilder, als eine riesengroße Schlange Mr Weasley gebissen hatte. Dieselbe Nagini. Alles war voll Blut.
Harry ging Rücken an Rücken rückwärts mit Ron; die letzten Zeilen des Gedichts waren schon Parsel. In Parsel sprechend drang er auf Nagini ein, nicht anzugreifen, aber sie verfolgte Ron zielstrebig, und als sie ihn hätte erreichen können - wäre nicht Harry dazwischen gewesen - glitt sie an ihm vorbei, vorbei in den Flur, der links der Treppe lag. Ron schritt die Treppe hinab. Harry hörte ein Glas anschlagen und darauf zerspringen, aber er dachte nicht darüber nach. Er folgte der Schlange. Nagini glitt durch eine halboffene Tür, hinter der ein zweites schmaleres Treppenhaus lag, das vor vielen Jahren einmal dem Dienstpersonal der Familie Riddle vorbehalten gewesen sein mochte. Harry stieg die vielen ausgetretenen Stufen hinab, den schweren Schlangenkörper an seiner Seite. Spinnenweben spannten sich quer vom Geländer zur Wand unterhalb und oberhalb eines klitzekleinen Fensters, das Licht ins Treppenhaus ließ. Harry wischte sie aus seinem Gesicht. Sie kamen in den Keller. Nagini verschwand hinter einer weiteren Tür. Harry betrat einen Raum, von dem er nicht sagen konnte, wie er aussah, denn hier drinnen herrschte Stockdunkel. Seine Gedanken waren in Parsel bei Nagini. War die Schlange noch hier?
"Harry Potter", hörte er Nagini.
Harry blieb wie angewurzelt stehen.
"Lumos", murmelte er, und die Spitze seines Zauberstabs gab Licht. Ein halber Schritt nur und Harry wäre in eine Gestalt, nicht bedeutend größer als er selbst, hineingelaufen, die Haare des anderen streiften fast sein Gesicht.
"Harry!" in Hermines Stimme lagen Schrecken und Erleichterung.
"Psst", für kurze Zeit leuchtete Harry Hermine ins Gesicht. Dann richtete er den Zauberstab wieder auf die Erde.
"Hast du eine Schlange gesehen?"
Hermine ließ ihren Zauberstab wie Harrys an der Spitze leuchten und suchte ebenfalls den nackten Steinboden ab.
"Warum stehst du hier im Dunkeln?" fragte Harry.
An Stelle einer Antwort hörte Harry die Tür, durch die er in den dunklen Raum gekommen war, in seinem Rücken zufallen. Hermines Zauberstab erlosch im selben Moment.
"Potter", vernahm er eine hohe kalte Stimme, "zeige dich mir. Zeige dich, bevor ich dich dem Tod übergebe! ...wie sagte Dumbledore neulich? Es gibt Schlimmeres."
Harry wusste nicht, was geschah. "Hermine?"
Die hohe Stimme, die er kannte wie ein Kind die Stimme seiner Mutter, überschlug sich in einem dünnen Lachen. Harry vernahm es in seinem Innern. Vielleicht war es nur das Parsel der Schlangen, die auf geheimnisvolle Weise den Kontakt zu Harry herzustellen vermochten. Vielleicht war es nicht Voldemort. Denn die Narbe blieb stumm.
"Hermine!"
"Zeige dich", rief Voldemorts Stimme noch einmal. Harry versuchte mit dem Licht, das sein Zauberstab gab, den Raum zu ergründen; mit der freien Hand tastete er in der schwarzen Leere. Nichts ließ sich ausmachen außer dem Boden unter seinen Füßen. Ein lautloser Schrei entfuhr Harry. Der Erdboden war lebendig. Harry sah es in dem viel zu schwachen Lichtschein. Hunderte kurze, daumendicke Schlangen bedeckten jeden Quadratzentimeter. Ihre Körper - dunkelgrau wie die Steine unter ihnen - schlängelten sich umeinander.
"Sie werden dich finden. Wenn du im Kampf mit mir sterben und nicht von diesen erbärmlichen Kreaturen um dein Bewusstsein gebracht werden willst, dann zeige dich!"
Die Schlangen krochen über Harrys Schuhe. Harry schloss die Augen, um nicht sehen zu müssen, wenn eine ihn biss. Er versuchte, nichts auf Parsel zu denken, sagte ein zweites Weihnachtsgedicht vor sich her, was ihm mit geschlossenen Augen besser gelang als beim Anblick der Schlangen und ging parallel in dazu sämtliche Zaubersprüche durch, die er in den vergangenen fünf Jahren auf Hogwarts gelernt hatte.
Ein eisiger Hauch wehte um Harrys Schultern und Gesicht. Die Luft zitterte und ein Avada Kedavra brach Harrys Gedanken. Danach erklang erneut das dünne Lachen. Hell und dünn erfüllte es das ganze Haus. Harry riss die Augen auf und sah plötzlich wie zum Hohn den hellen Türspalt.
Er wusste nicht, wie - am Ende stand er bei den Rosenbüschen im Garten, Hermine vor ihm. Ihr Haar hing strähnig herab, ihr Gesicht war dreckig und von Rosendornen zerkratzt, aber Harry stierte sie an, als wäre ihm eine Fee erschienen.
"Wo warst du, Harry?"
Harry erinnerte sich an seinen Traum auf der Wiese zu Beginn der Sommerferien. Er war unfähig zu sprechen.
"Komm mit!" sagte Hermine eigentlich viel zu gehetzt für eine Fee.
Sie rannten die Rückseite des Hügels hinab. Auch hier waren Gräber, aber sie flogen wie hässliche Traumfetzen an ihnen vorbei, dass Harry sich später gar nicht mehr erinnern konnte, einen Friedhof auf der Flucht durchquert zu haben. Für Harry war es eine Flucht. Sie liefen durch den Ort, an dessen Ende eine kleine Bahnstation lag, und erst das war ihr vorläufiges Ziel. Hermine musste ihre Flucht geplant haben, denn anders konnte sich Harry nicht erklären, warum sie jetzt auf einem Bahnsteig standen. Ein Bahnsteig, der nicht mehr war als ein Haufen Schotter an einem Bahngleis.
"Du warst eine Ewigkeit verschwunden", keuchte Hermine. Sie kniete sich nieder und empfing Krummbein, der aus undefinierbarer Richtung gerade eben zu ihnen gestoßen war, wobei sie ihr zerkratztes Gesicht in sein Fell senkte.
Harry sah auf Hermine herab.
"Was ist mit dir passiert?" fragte er.
Hermine erhob sich mit Krummbein in ihren Armen von der Erde. Harry sah sie zu einer Erklärung ansetzen, da änderte sich ihre Miene wieder.
"Oh Harry, wir haben Glück!" rief sie aus, "ein Zug!"
Ein Muggelzug näherte sich und war schon gar nicht mehr weit weg, aber es war, als wenn Bilder rückwärts liefen. Die Lok kam nicht näher und Harry und Hermine zitterten gemeinsam, bis plötzlich und zum Erschrecken beider die Lok einfuhr und der Zug kreischend zum Stehen kam. Wie ein Monstrum erschien Harry das Schienenfahrzeug, aber Hermine zog ihn hinein.
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