Kapitel 7:
Nachdem Ron sehr lange betrübt in der Bibliothek gesessen hatte, beschloss er, dass es mittlerweile spät genug war, um in den Schlafsaal zurückzukehren. Alle würden schon schlafen. Er würde Hermine nicht begegnen müssen. Doch wie sollte er den morgigen Tag überstehen?
Jetzt wussten sie beide, dass der jeweils andere dasselbe empfand. Doch noch nie hatten sie es sich gegenseitig gesagt. Es war so komisch. Er konnte Hermine doch jetzt nicht einfach ignorieren... Aber normal mit ihr umgehen konnte er auch nicht... Vielleicht sollte er sich krank melden und in den Krankenflügel gehen, dann musste er niemandem begegnen. Ja, das würde er tun, dann konnte er noch einen Tag länger überlegen.
Er beschloss jetzt sofort hinzugehen und zu sagen er habe schreckliche Kopfschmerzen und machte sich auf den Weg.
Hermine schlief unruhig in dieser Nacht. Immer wieder träumte sie, wie Ron sie hämisch auslachte und mit Fleur Delacour, dem umwerfenden Veela-Mädchen, eng umschlungen tanzte. Und sie saß ganz allein in der Ecke.
Einmal wachte sie sogar auf. Und der schreckliche Gedanke an den nächsten Tag überkam sie. Wie sollte sie denn jetzt mit Ron umgehen? Wie sollte sie sich verhalten? Sie wollte nicht in den Unterricht. Zum ersten Mal in ihrem Leben dachte sie daran, zu schwänzen. Sie konnte einfach (na, was kommt jetzt? ) in den Krankenflügel gehen und sich krank melden...
Aber nein, das würde sie nicht machen. Sie würde Ron einfach so gut es ging aus dem Weg gehen. Das hatte doch während ihrer Keilereien schon öfter geklappt...
Am nächsten Morgen graute es Hermine davor, den Schlafsaal zu verlassen. Doch irgendwie schaffte sie es, sich zu bewegen und sie ging hinunter in den Gemeinschaftsraum, wo Harry auf sie wartete.
„Ron ist nicht da, keine Angst." sagte er leise. „Oh..." machte Hermine „Und wo ist er?" – „Ich weiß es nicht. Er war heute morgen nicht im Bett und ich habe ihn gestern auch nicht mehr kommen hören." Hermine begann sich Sorgen zu machen. Ron war weg?
„Lass uns erst mal runter in die Große Halle gehen. Entweder ist er da oder wir finden raus, wo er ist." – „Okay." murmelte Hermine mit brüchiger Stimme. Er war doch nicht wegen ihr weg, oder?
So verließ sie mit Harry den Gemeinschaftsraum und als sie die Große Halle betraten, war kein Ron da. Doch Professor McGonagall kam zu ihnen hinüber und benachrichtigte sie, dass Ron im Krankenflügel sei. Es sei wohl etwas Schlimmeres, so wie er jammere. Und er habe wohl sehr unruhig geschlafen. (Ron hatte von Hermine geträumt, die mit diesem widerlichen Schleimbeutel Krum eng umschlungen tanzte. Was für ein dummer und unvorstellbarer Traum...)
Nun machten sich Harry und Hermine nur noch mehr Sorgen. Ron war also ernsthaft krank?
„Ich gehe ihn nachher besuchen." sagte Harry „Ich will sehen, was er hat. Wahrscheinlich simuliert er und hat bloß Liebeskummer." Hermine wurde rot bei seinen Worten und wandte ihr Gesicht ab. „Erzählst du mir dann, wie es ihm geht?" fragte sie dann ganz leise. „Ich finde, du solltest selber hingehen. Das wäre doch die Chance, ihn allein zu erwischen und mit ihm zu reden." – „Krankenflügel, sehr romantisch..." – „Hermine, geh hin. Wenn es sein muss eben mit mir zusammen." – „Nein, ich gehe nicht hin." – „Hermine, komm sch-" – „Ich habe Arithmantik, bis dann..."
Und sie war weg. Harry seufzte. Die zwei waren so... blöd.
Zum Glück war sie nicht in den Krankenflügel gegangen um zu schwänzen, sowie Ron es getan hatte, um ihr zu entgehen.
Ron fand, er spielte seine Krankheit ziemlich gut. Außerdem tat ihm der Tag Erholung ziemlich gut. Ja, er hatte doch wirklich genug um die Ohren...
Oh Mann, wie weit war es denn schon mit ihm? Er hatte nie Stress mit den Hausaufgaben, Hermine half ihm doch immer in letzter Minute. Auch sonst faulenzte er immer. Er hatte genug Erholung.
Er wünschte, Hermine wäre jetzt hier. Sie konnte ihm ruhig eine Predigt halten, wie falsch es doch von ihm war, dass er hier lag und so tat, als sei er krank, wenn er dabei nur ihre Haare beobachten konnte, die im Licht schimmerten und in ihre braunen Augen gucken konnte.
Mittlerweile musste es Mittag sein. Er wusste, dass Harry jetzt eine Freistunde hatte. Hermine hatte natürlich Unterricht. Vielleicht würde Harry ihn besuchen kommen? Ein bisschen Gesellschaft wäre lustig...
Und prompt ging die Tür zum Krankenflügel auf und Harry kam herein. „Hey Ron, du Simulant!" Ron war verdutzt. Woher konnte er das denn wissen ?
„Hey Harry..." versuchte er so mitleiderregend wie möglich zu krächzen. „Das zieht bei mir nicht, Ron, ich weiß genau, dass du bloß Liebeskummer hast. Das ist alles, du bist nicht richtig krank."
Ron war etwas enttäuscht von seinem schauspielerischen Talent. „Wie hast du das gemerkt?" fragte er. „Es ist so offensichtlich. Hermine geht es auch schrecklich. Wenn sie nicht so gegen Schule-Schwänzen wäre, dann wäre sie bestimmt auch hier."
Ron blickte auf seine Hände. „Ihr geht's schrecklich, sagst du?" fragte er betrübt. „Ja, ziemlich mies. Wir haben dich gestern Abend überhaupt nicht bemerkt. Erst, als du weggerannt bist und sie es gesagt hatte..." Ron schwieg.
„Warum bist du weggerannt? Du bist echt so dämlich. Ich hätte ja einfach ganz schnell in den Schlafsaal verschwinden können und dann wärt ihr zwei alleine gewesen und hättet von mir aus wer weiß was anstellen können. Das war praktisch die Gelegenheit. Mensch, ihr regt mich auf! Wann hört ihr endlich auf, so doof zu sein!" beschwerte sich Harry lautstark. Ron sah ihm deutlich an, dass er total entnervt und irgendwie wütend war.
„Redest du bitte endlich mit ihr?" fragte Harry. „Ja... Das mache ich. Sobald ich sie sehe..." – „Wenn du dich nicht traust, was zu sagen, dann küss sie halt einfach und sag nichts." meinte Harry scherzhaft, verabschiedete sich dann wieder und ließ Ron in Gedanken versunken zurück.
Einfach küssen und nicht reden... Hm... Vielleicht würde das funktionieren... Ron hatte Harrys Scherz tatsächlich ernst genommen.
Es wurde schon Abend und Hermine saß an ihrem Lieblingsplatz in der Bibliothek auf einem dicken Kissen auf einer breiten Fensterbank. Eigentlich hatte sie lesen wollen, aber sie konnte sich nicht auf das buch konzentrieren, dass jetzt neben ihr lag. Quidditch im Wandel der Zeiten. Rons Lieblingsbuch. Wahrscheinlich das einzige Buch, dass Ron je gelesen hatte. Ron...
Vielleicht sollte sie ihn doch besuchen gehen? Es ging ihm doch so schlecht, da konnte sie doch nicht so eine schlechte beste Freundin sein...
Draußen dämmerte es. Ein goldenes Licht fiel in den Krankenflügel. Ron hatte einen dunkelroten Vorhang vor sein Bett gezogen und zog sich an. Er konnte nicht noch länger schwänzen. Er würde noch heute Abend mit Hermine „reden".
Langsam verließ er den Krankenflügel und schlurfte irgendwie betrübt durch die verlassenen Korridore. Dann kam er an der Bibliothek vorbei.
Sie lag so still da. Er beschloss, einen Blick hineinzuwerfen. Er öffnete die Tür und durchschritt die Bibliothek. Es war absolut niemand da. Sogar Madame Pince war in ihrem Büro verschwunden. Er würde wieder zu Hermines – und seinem neuen – Lieblingsplatz gehen. Er ging um ein Regal herum, immer noch war niemand zu sehen – außer.
„Hermine..." flüsterte Ron. Erschrocken stellte er fest, dass er ihren Namen laut ausgesprochen hatte. Sie blickte auf und erschrak leicht, als sie Ron erkannte.
„Hallo..." sagte sie mit merkwürdig hohler Stimme. „Wie geht es dir? Ich wollte... dich eigentlich gerade... besuchen kommen..." Er räusperte sich. „Es mir gut." sagte er ebenfalls mit merkwürdiger Stimme. „Jetzt wo ich dich endlich wieder sehe..." sagte er kaum vernehmbar, doch Hermine hörte es.
Sooo, diese nette kleine Unterhaltung gibt es im nächsten Kapitel. Geduld, bald geht es weiter. Ich freue mich riesig über Reviews!
Macht's gut, Virsing,
saule-pleureur
