3. Dunkle Geheimnisse

Die Schule hatte jetzt schon seit einem Monat begonnen und ich hinkte bereits mit dem Stoff hinterher. Die Lehrer überhäuften uns mit Hausaufgaben, die kaum zu schaffen waren. Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass ich zusammen mit Karl Peterson das Vertrauensschülerpaar bildete? Wir mussten jeden Dienstag und Samstag Abend die Rundgänge machen, um zu kontrollieren, dass sich auch ja kein Schüler unerlaubt auf den Gängen herumtrieb. Wir sollten den Schulsprechern etwas bei der Planung des Halloweenballs helfen, ich musste zu den Vertraunesschülertreffen, die jede Woche stattfanden und dazu kam auch noch das verdammte Quidditchtraining. Nicht, dass ihr mich jetzt falsch versteht, ich liebe Quidditch, aber nicht, wenn ich unter Zeitdruck stand. Und als wäre das alles nicht schon genug, hat mich McGonagall auch noch gebeten einem Zweitklässler Nachhilfe in Verwandlung zu geben, mit der Begründung, ich sei eine ihrer besten Schüler. Hallo? Wann bitte sollte ich es denn schaffen, meine Hausaufgaben zu erledigen? Am Tag lief ich von einer Unterrichtsstunde zur anderen. Ich verschlief jeden Morgen das Frühstück, da ich die ganze Nacht an irgendeinem Aufsatz für Zaubertränke, Verteidigung gegen die dunklen Künste, Verwandlung oder sonst irgendwelchen Fächern saß. Und ich bekam meine Freunde kaum zu Gesicht. Ich war kurz vorm Durchdrehen!

Hatte ich denn ein Schild auf der Stirn kleben, auf dem stand: Ich bin Samara Potter und hab kein Privatleben. Überhäuft mich bitte mit Arbeit?

Es war Samstag und ich war beim Quidditchtraining. Ich war Sucherin, genau wie mein Dad und auch Harry, aber ich konnte mich einfach nicht darauf konzentrieren, den Schnatz zu suchen. Ich war fertig und wollte einfach nur noch in mein Bett, um zu schlafen. Und hätte David, der ja der Mannschaftskapitän war, nicht vom anderen Ende des Quidditchfeldes gebrüllt, ich solle endlich den Schnatz finden, dann wäre ich wohl jede Sekunde vor Müdigkeit vom Besen gefallen.

„JA, ICH MACH JA SCHON!" brüllte ich zurück und strengte meine Augen an, da ich gerade etwas golden glitzerndes gesehen hatte. Ich beschleunigte meinen Been und flog auf die Zuschauertribünen zu, wo ich ihn entdeckt hatte. Und, man glaubt es kaum, der Schnatz flog nicht einmal davon, sodass ich ihn problemlos fangen konnte.

Ich hörte die überaus nervende Pfeife von David, die er sich sofort angeschafft hatte, als er den Brief von McGonagall bekommen hatte, in dem stand, dass er der neue Kapitän wäre. Professor McGonagall wusste ja nicht, was sie da angestellt hatte! David war ein Sklaventreiber, es war ja nicht mehr normal, was der da abzog. Er hatte für jeden Abend in dieser Woche drei (!) Stunden Training angesetzt. Drei! Er hatte ja noch nicht einmal Mitleid mit seiner besten, überarbeiteten und dazu überaus gereizter und angenervter Freundin.

„Sam, was ist denn mit dir los? Du solltest dich mal etwas mehr anstrengen. Das Spiel gegen Ravenclaw ist in zwei Wochen." sagte David auf dem Weg zum Schloss.

„Das weiß ich auch." fauchte ich.

„Ist ja schon gut." sagte er beschwichtigend und hob die Hände hoch. „Man hat dich in letzter Zeit kaum zu Gesicht bekommen. Was machst du denn die ganze Zeit? Rumknutschen mit Jonnie? Da hätte ich aber auch schlechte Laune." Ich hielt es nicht für nötig ihm zu antworten.

„Oder es liegt daran, dass du mich so lange nicht gesehen hast. Da hätte ich auch schlechte Laune." sagte David überheblich grinsend. Ich rollte die Augen und antwortete sarkastisch:

„Ja, genau daran liegt es. Oder aber es liegt daran, dass ich seit drei Tagen nicht mehr richtig geschlafen habe."

„Tja, das kommt davon, wenn man unbedingt Vertrauensschülerin werden will." sagte er, nickte und fügte dann noch einmal bestätigend hinzu:

„Ja, genau. Daran liegt es."

„Du weißt genau, dass ich mir das nicht ausgesucht habe." knurrte ich.

„Ach, komm schon Sammy. Etwas bessere Laune kann man wohl erwarten, schließlich bist du die Tochter von einem ehemaligen Rumtreiber."

„Nenn mich nicht Sammy, ich bin kein Hund und hör auf so viel Stuss zu labern." antwortete ich.

„Tz..tz. Du hast dich verändert Schätzchen. Früher warst du lustiger." sagte er besserwisserisch. Ich stöhnte und gab es endgültig auf. Gegen David kam man einfach nicht an.

Wir gingen in die große Halle zum Abendessen und setzten uns an den Gryffindortisch. Fünf Minuten später setzte sich Debbie neben mich.

„Hi Sam, du siehst ziemlich müde aus." sagte sie mitfühlend. Ich grinste. Damit wollte sie mir auf nette Art deutlich machen, dass ich schrecklich aussah.

„Danke Deb."

„Ich sollte dir noch sagen, dass Karl eine ziemlich schlimme Grippe hat und im Krankenflügel liegt, also kann er heute Abend nicht mit auf die Rundgänge kommen. Pomfrey ist knallhart. Tut mir echt Leid für dich." Ich seufzte auf und schlug meinen Kopf ein paar mal gegen den Tisch.

„Hey Potter, wenn du dich umbringen willst, dann such dir eine spektakulärere Art. Das ist ja langweilig." hörte ich die spöttische Stimme von Felice Lestrange hinter mir.

„Schwirr ab, Lestrange. Ich hab jetzt keinen Nerv, um mit dir zu streiten." murmelte ich frustriert.

„Oh, gibt es Ärger im Paradies Potter-Byrne." fragte sie höhnisch. Ich hob meinen Kopf und sah sie aus zusammen gekniffenen Augen an.

„Ich wüsste nicht, was dich das angehen sollte, Lestrange. Aber mich wundert es, dass du dich so sehr für das Liebesleben anderer interessierst...oh ja! Richtig. Du selber hast ja keins." sagte ich spöttisch.

„Du wirst schon sehen, Potter." sagte Felice noch und drehte sich auf dem Absatz um.

„Du solltest aufpassen, Sam. Die führt doch ganz bestimmt etwas im Schilde." flüsterte Debbie.

„Ach was. Die ist einfach nur neidisch auf Jonathan und mich. Apropo...wo ist er eigentlich?" fragte ich, sah mich um und erblickte ihn auch sofort am Ravenclawtisch.

„Entschuldige mich, ich muss zu meinem Freund." Ich ging zu ihm, hielt ihm von hinten die Augen zu und flüsterte in sein Ohr:

„Wer bin ich?"

„Samara." Er drehte sich strahlend um und gab mir einen Kuss. „Dich hab ich ja schon ewig nicht mehr zu Gesicht bekommen."

„Ja, tut mir schrecklich Leid. Diese Vertrauensschüleraufgaben sind ziemlich lästig." antwortete ich seufzend und setzte mich neben ihn, nachdem mir einer seiner Freunde Platz gemacht hatte.

„Du tust mir Leid." sagte er mitfühlend.

„Ich mir auch, aber lass uns nicht weiter darüber sprechen. Wir sollten mal wieder etwas mehr Zeit zusammen verbringen, findest du nicht? Wie wäre es mit morgen?"

„Ähm...tut mir Leid, aber ich muss noch...sehr viele Hausaufgaben..erledigen." sagte er.

„Alles in Ordnung?" fragte ich, denn er hatte nach diesem Vorschlag etwas merkwürdig ausgesehen.

„Ähm..ja natürlich." Ich sah ihn weiterhin stirnrunzelnd an, sagte aber nichts weiter dazu.

„Wie wäre es mit nächster Woche Samstag?" fragte er mich. Ich wollte eigentlich nicht so lange warten, denn ich vermisste Jon furchtbar. Wir hatten in der letzten Zeit kaum etwas zusammen unternommen, weil entweder ich sehr beschäftigt war oder er, aber ich stimmte ihm schließlich doch zu:

„In Ordnung. Also in Hogsmeade?"

„In Hogsmeade? Aber es ist doch gar kein Wochenende." sagte er verwirrt.

„Oh doch. Dumbledore hat es bis jetzt nur noch nicht verkündet. Tja, es kann auch seine Vorteile haben, wenn man Vertrauensschülerin ist." sagte ich grinsend.

Und als hätte Dumbledore auf das Stichwort gewartet, stand er auf und räusperte sich:

„Liebe Schüler, liebe Schülerinnen. Ich möchte euch nur kurz darauf hinweisen, dass am nächsten Wochenende der erste Hogsmeade Ausflug stattfinden wird. Ihr könnt dort eure Kostüme für den diesjährigen Halloweenball besorgen, denn es wird wohl vorher kein weiteres Hogsmeade-Wochenende mehr geben." Nachdem er dies gesagt hatte, setzte er sich wieder und die Schüler fingen an aufgeregt miteinander zu reden und sich für Hogsmeade zu verabreden und einige Mädchen gerieten völlig in Panik, weil sie nicht wussten, was sie anziehen sollten.

„Habt ihr es schon gehört? Lucius Malfoy soll wieder gesichtet worden sein." hörte ich einen Ravenclaw-Viertklässler sprechen.

Ich verdrehte die Augen. Das war bestimmt nur wieder ein Gerücht, dass sich irgendeine alte, verängstigte Frau ausgedacht hatte oder ein verrückter Spinner, der nur auf sich aufmerksam machen wollte. Im vergangenen Monat wurde Lucius Malfoy sehr oft gesichtet, es gab sogar das Gerücht, er würde sich in Hogsmeade verstecken. Und das Ministerium war dazu verpflichtet jeder Spur nach zugehen. Bis jetzt erfolglos.

„Ich muss dann jetzt auch los. Ich muss zum Vertrauensschülertreffen. Bis dann." sagte ich und küsste Jonathan flüchtig.

Es war saukalt, dabei war es erst Oktober. Ich war gerade vom Vertrauensschülertreffen gekommen, die Schulsprecher beschwerten sich mal wieder darüber, dass einige ihr Amt ausnutzten blablabla. Es war immer das Selbe. Und jetzt war ich auf einem Rundgang und dazu am erfrieren, draußen stürmte es wie wild und dabei hasste ich Gewitter.

„Ausgerechnet heute muss ich alleine gehen." flüsterte ich und zuckte zusammen, als es besonders laut donnerte.

>>Ganz ruhig. Das ist doch nur ein Sturm. Reg dich mal nicht so auf. Das war leichter gedacht, als getan, denn ich hatte schon, als ich sehr klein war, eine riesige Angst vor Gewittern.

Ich blieb stehen, als ich Stimmen um die Ecke hörte.

„...willst du etwa kneifen, oder was?" Ich erkannte die Stimme von Felice.

„..." Die andere Stimme sprach sehr leise, sodass ich sie nicht hören konnte und schon gar nicht identifizieren.

„Na, dann hör gefälligst auf damit. Wir werden das durchziehen, verstanden? Und dann werden diese verdammten Schlammblüter und Muggel sehen, was passiert."

>>Was hat sie vor? fragte ich mich. Ich erstarrte, als sich Schritte näherten, drehte mich um und lief weg.

>>Es ist nicht gut, wenn sie mich hier sehen.