4. Warum nur?
Ich saß auf der Fensterbank in unserem Schlafsaal und sah gedankenverloren nach draußen, während Debbie über ihrem Verwandlungsaufsatz brütete. Ich dachte, wie so oft in der letzten Woche, über Felice und das, was sie gesagt hatte, nach. Natürlich hatte ich David und Debbie sofort davon erzählt, aber sie konnten sich das auch nicht erklären. Ich wollte Jon eigentlich auch davon erzählen, aber, wenn ich ihn sah, dann war er immer zu beschäftigt. Ich seufzte.
„Mein Gott, Sam. Dein Geseufze ist ja nicht zum Aushalten. Was ist denn mit dir los?" fragte mich Debbie.
„Ich weiß nicht. Diese Sache mit Felice beschäftigt mich einfach so sehr, sie plant etwas Gefährliches." antwortete ich.
„Naja, weißt du, vielleicht wollte sie nur vor jemandem angeben. Vielleicht hat sie es ja auch nicht ernst gemeint." schlug sie vor.
„Deb. Das, was sie gesagt hat klang ziemlich ernst. Das sagt man nicht einfach so zum Spaß. Auch nicht Felice Lestrange." antwortete ich ernst.
„Ja, aber wir können nichts tun. Komm schon. Freu dich, morgen geht es nach Hogsmeade und du triffst dich mit Jon."
„Ja, du hast Recht. Außerdem..." fing ich an, aber wurde unterbrochen. In der Tür stand Kelly, unsere Zimmergenossin und sagte:
„Jonathan wartete vor dem Gemeinschaftsraum auf dich." Ich sah sie verdutzt an.
„Entschuldigt mich mal bitte." Ich ging nach unten und sah Jon vor dem Portait warten.
„Hey Jon." begrüßte ich ihn.
„Hi. Hör zu, Samara, du darfst jetzt nicht sauer werden..." fing er unsicher an. Ich runzelte die Stirn, sagte aber nichts.
„Ich kann morgen leider nicht mit dir nach Hogsmeade kommen." sagte er.
„Was? Warum denn nicht?" fragte ich.
„Ähm...meine Mum liegt im Krankenhaus und ich fahre sie morgen besuchen." antwortete er.
„Was hat sie denn?" fragte ich bestürzt. Ich hatte Mrs. Byrne in den Sommerferien kennen gelernt, als ich Jon besucht hatte und sie war wirklich eine tolle Frau. Und sehr nett. Hoffentlich hat sie nichts Schlimmes.
„Sie wurde von einem Muggelauto angefahren und liegt jetzt im St.Mungo." sagte er leise.
„Oh Jon, das tut mir wirklich Leid. Ist es sehr schlimm?" fragte ich geschockt.
„Nein, sie kann schon bald wieder raus, aber sie wollte, dass ich sie besuche und deshalb werde ich morgen mit Flohpulver zu ihr reisen." Ich spürte einen Stich im Herzen. Jon hatte wieder keine Zeit für mich.
Sei nicht so egoistisch, Samara. Denkst du, Jon geht gerne ins St. Mungo, um seine verletzte Mutter zu besuchen? sagte ich mir in Gedanken.
„Es tut mir wirklich Leid, Sam. Wir gehen dann beim nächsten mal zusammen hin, in Ordnung?" Ich nickte und lächelte ihn an. Er gab mir noch einen Abschiedskuss und ging dann.
Als ich den Gemeinschaftsraum betrat, kam David mir entgegen.
„Hey Sam. Woher kommst du denn?"
„Hm? Oh...ich war draußen. Jon kann morgen nicht nach Hogsmeade. Er muss ins St. Mungo, seine Mum liegt im Krankenhaus." antwortete ich und ging weiter.
„Ja klar." hörte ich David sarkastisch murmeln. Ich drehte mich blitzartig um und sah in mit zu Schlitzen verengten Augen an.
„Was willst du damit sagen?" fragte ich sauer. „Denkst du etwa, dass er mich belügt?" fragte ich ärgerlich.
„Ich..." fing er an, wurde allerdings von mir unterbrochen:
„Antworte gefälligst." zischte ich. Er sah mich ruhig an und sagte dann:
„Ja, allerdings, das denke ich Samara." Ich war kurz davor, zu explodieren. Was dachte sich David dabei?
„Du kennst ihn nicht einmal richtig! Warum zum Teufel hasst du Jonathan so? Er lügt mich nicht an! Das würde er niemals tun." redete ich mich in Rage. David konnte Jon noch nie leiden. Seit dem Tag an, als er herausfand, dass wir zusammen waren. Er wollte sich nicht einmal die Mühe machen, ihn richtig kennen zu lernen.
„Ich will nur nicht, dass du verletzt wirst." antwortete David. Mehrere Gryffindors sahen uns bereits interessierst an, aber das war mir in diesem Moment egal.
„Wie oft soll ich es dir noch sagen! Misch dich nicht in meine Angelegenheiten ein." fauchte ich, drehte mich auf dem Absatz um und lief nach oben.
Am nächsten Morgen ging ich etwas mit Debbie nach Hogsmeade.
„Wir müssen auch noch unsere Kostüme für den Halloweenball kaufen." sagte Debbie. Wir wussten bereits, als was wir gehen wollten und wir waren uns ziemlich sicher, dass keines der anderen Mädchen das Gleiche anziehen würde.
In Madam Delacours´ Kleiderladen kauften wir unsere Kleider und alles, was dazu gehörte. Der Laden gehörte einer scheinbar sehr jungen Franzosin namens Fleur Delacour, sie war sehr hübsch und half uns bei der Kleiderauswahl.
Wir liefen gerade mit vollgepackten Tüten zu den durch Hogsmeade, als ich David sah, der genau auf uns zukam.
„Sam, kann ich mit dir reden?" fragte er. Ich sah ihn nur an.
„Was willst du? Mir sagen, dass ich die Finger von Jon lassen soll, weil er ja so gefährlich ist und mich nur benutzt und belügt?" fragte ich schnaubend. Ich wusste, dass ich mich ziemlich unfair gegenüber David verhielt, er machte sich nur Sorgen um mich, aber das wir mir im Moment egal.
„Komm Debbie." sagte ich zu meiner Freundin. Sie sah unsicher zwischen uns hin und her und antwortete dann:
„Also, ich mische mich da nicht ein. Entschuldigt mich, ich muss mal für kleine Hexen." Und schon war sie weg.
„Verräterin." murmelte ich und sah daraufhin David an.
„Wollen wir uns nicht setzen?" fragte er mich. Ich nickte zerknirscht und setzte mich mit ihm auf eine Bank vor den Drei Besen. Einige Minuten schwiegen wir, bis ich es nicht mehr aushielt.
„Es tut mir Leid." platzte es aus mir heraus. David sah mich erstaunt an.
„Was tut DIR denn Leid?" fragte er mich.
„Naja, dass ich so gemein zu dir war. Ich weiß ja, dass du es nur gut meinst, aber ich kann einfach nicht verstehen, warum du Jonathan so sehr hasst." antwortete ich leise.
„Ich hasse ihn nicht, Samara."
„Tust du wohl." antwortete ich trotzig. Er grinste.
„Nein, tu ich nicht, ich vertraue ihm nur nicht. Er ist merkwürdig."
„Aber, kannst du nicht wenigstens versuchen, ihn zu mögen? Er ist mir sehr wichtig, aber du bist mir auch wichtig. Und ich möchte, dass du weißt, wie er wirklich ist, denn du bist wie ein Bruder für mich." antwortete ich traurig. Ich sah ihn nicht an und deshalb konnte ich auch nicht den enttäuschten Blick von David sehen.
„Na, lass das mal nicht Harry hören." antwortete er glucksend. Ich lächelte und stockte dann.
Ich hatte etwas in der Menge umher geblickt und hatte dann Felice entdeckt. Sie sah sich unauffällig um und verschwand dann in einer dunklen Seitengasse. Ich runzelte die Stirn und wurde misstrauisch.
Was macht sie dort alleine? fragte ich mich und stand auf.
„Hey Sam! Wo willst du hin?" rief David, aber ich winkte nur ab und ging zu der Gasse, in der Felice verschwunden war. David folgte mir und zusammen gingen wir hinein. Ich hörte die Stimme von Felice, aber ich konnte nicht hören, was sie sagte. Also gingen wir näher heran.
„...ach, wie süß. Du hast Schuldgefühle?" fragte sie spöttisch. „Stell dich nicht so an und küss mich."
Ich verzog das Gesicht und wollte mich umdrehen, um zu gehen, aber ich erstarrte, als ich die Stimme der zweiten Person hörte.
„Ich wollte damit nur sagen, dass es nicht gut ist, wenn wir uns hier treffen." Es war Jon´s Stimme. Ich war zu geschockt, um mich zu bewegen und das Blut war aus meinem Gesicht gewichen. Jonathan war hier. In Hogsmeade. Und das mit Felice Lestrange. Er betrügte mich mit meiner Erzfeindin. Langsam stieg in mir die Wut auf.
„DU VERDAMMTER MISTKERL!" schrie ich. Felice und Jonathan drehten sich erschrocken zu mir um.
„Samara...ich...es ist nicht so...wie es aussieht...ich..meine..." stotterte Jonathan.
„SPAR DIR DIE AUSREDEN! ICH WILL SIE NICHT HÖREN! ICH HASSE DICH!" brüllte ich, drehte mich auf dem Absatz um und hörte nicht mehr, was David zu Jonathan sagte. Ich wollte nur noch weg. Meine Beine trugen mich immer weiter. Ich lief bis zum See und ließ mich an meinem Lieblingsbaum herunter sinken. Langsam lief mir eine Träne nach der anderen über die Wangen.
Wie konnte er mir das nur antun? Was habe ich getan, dass er mich so leiden lassen will? fragte ich mich und schluchzte wieder auf. Ich hörte Schritte und wusste sofort, dass es David war.
„Verschwinde." schluchzte ich. Aber natürlich tat er das nicht, er setzte sich neben mich und sagte nichts.
„Los! Sag es. Na, mach schon!" forderte ich ihn auf und wieder liefen mir unzählige Tränen die Wangen hinunter.
„Du hattest Recht! Er hat mich belogen! Du hattest von Anfang an Recht. Er hat mich nur benutzt." rief ich aus.
„Das würde ich niemals tun, Sam. Da weißt du doch." sagte er leise. Ich schluchzte wieder auf und vergrub das Gesicht in meinen Händen.
„Was habe ich ihm denn getan? Warum tut er mir das an?" fragte ich und erwartete auch keine Antwort.
Ich wusste nicht, wie lange wir dort saßen und es war mir auch egal. David tröstete mich und mir ging es auch wieder einigermaßen gut. Naja, so gut, wie man sich eben fühlte, wenn man herausfand, dass der eigene Freund einen betrügte.
„Jetzt muss ich wohl alleine zum Ball gehen." murmelte ich.
„Nein, das musst du nicht." sagte David.
„Was?" fragte ich überrascht.
„Du gehst natürlich mit mir. Glücklicherweise habe ich noch keine Begleitung für den Ball." sagte er und grinste.
„Du musst nicht mit mir hingehen, nur, weil ich dir Leid tue, David." sagte ich.
„So ein Unsinn. Ich will mit dir hingehen. Außerdem müsste ich sonst mit einer von diesen nervigen Zicken gehen." sagte er augenrollend und grinste mich wieder an. Ich lächelte und umarmte ihn dann.
„Danke, David."
----------------------------------------------------
Reviews?
