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4. Neuer Glanz und alte Mauern

„Was suchen Sie?"

Hermine kroch unter den Tisch in der großen Halle hin und her und wäre beinahe vor Schreck mit dem Kopf gegen die Tischkante geschlagen, als sie plötzlich bemerkte, dass sich eine weitere Person mit ihr dort unten befand.

Sie sah vom Boden auf und blickte in ein paar unglaublich grüne Augen. Für einen Augenblick war Hermine verwirrt, gefangen von dem beinahe unnatürlichen Leuchten, das ihr entgegenstrahlte.

„Kann ich ihnen helfen, bei der Suche meine ich?"

Erst jetzt konnte sich Hermine von den Augen losreißen und sich auf den Rest der Person konzentrieren. Vor ihr hockte eine junge Frau, ungefähr in ihrem Alter. Die dunkelbraunen Haare streng aus dem Gesicht gekämmt und zu einem langen Pferdeschwanz gebunden. Ein zart geschwungener Mund lächelte ihr vergnügt zu.

„Ich – ähm, mir ist eine Papierrolle vom Tisch gefallen!" stammelte Hermine und fragte sicht gleichzeitig verwirrt, wer die Frau sein mochte und was sie hier unter dem Tisch tat. Bevor sie die Fragen jedoch stellen konnte fuhr ihr Gegenüber grinsend fort:

„Sie erledigen ihre Unterrichtsvorbereitung also auch am Frühstückstisch?"

Hermine war noch immer verwirrt. Die Frau streckte ihr plötzlich die Hand entgegen.

„Ich bin vom anderen Enden des Tisches – wollte ihnen nur endlich hallo sagen – in den Tagen seit ihrer Ankunft waren sie kaum zu sehen! – Ich habe schon soviel von ihnen gehört! Hermine Granger, richtig? "

Die grünen Augen zwinkerten Hermine fröhlich zu.

Hermine nickte zögerlich.

„Oh, Verzeihung! – Flamel, Faunia Flamel!" Sie schüttelte enthusiastisch Hermines Hand. „Ich bin hier seit letztem Schuljahr Lehrerin für die Verteidigung gegen die dunklen Künste. – Nennen sie mich Faunia – ich meine darf ich, sollen wir..."

Hermine lächelte. „Natürlich! Ähm - Hermine!" sie betrachtete die neue Kollegin einen Moment lang neugierig.

„Flamel? Flamel…" dachte Hermine laut. „Sind sie – ich meine, bist du mit…"

„Ja!" Faunia lachte. „Nicolas Flamel war mein Ur-Ur-Ur-Urgroßvater!"

„Oh!" Entfuhr es Hermine verblüfft.

Faunia blickte um sich.

„Da ist deine Papierrolle!" sie fischte mit einer Hand unter Dumbledores Stuhl nach der Rolle und reichte sie Hermine.

Einen Augenblick später steckte der Direktor seinen Kopf zu ihnen unter den Tisch.

„Wie schön, dass sie sich endlich kennen lernen. Ist es heutzutage unter jungen Kollegen so üblich, dass dies das unter dem Frühstückstisch geschieht?" Frage er ehrlich interessiert.

Faunia lachte belustigt auf.

„Nein, Albus, aber meine neue Kollegin ist so selten zu sehen, der Tisch ist so lang und da habe ich die Gelegenheit wahrgenommen. Ich mache mich jetzt auf den Weg zurück zum anderen Ende!" Sie wies mit dem Kopf in die entgegengesetzte Richtung und nickte Hermine lächelnd zu. „Hat mich gefreut! Wir sehen uns hoffentlich im Lehrerzimmer!"

Faunia drehte sich um und krabbelte auf allen Vieren zu ihrem Platz zurück. Hermine blickte ihr perplex nach und setze sich dann umständlich zurück auf ihren Platz neben Dumbledore, der sich inzwischen zu Professor McGonagall hinübergelehnt hatte, wahrscheinlich, um ihr amüsiert von der Entdeckung seiner beiden jüngsten Kolleginnen unter dem Tisch zu berichten.

Hermine beugte sich leicht vor, um das andere Ende des langen Lehrertisches sehen zu können. Faunia Flamel war inzwischen dort angekommen und winkte ihr flüchtig zu.

Hermine winkte zurück.

In der Zeit seit ihrer Ankunft hatte sie außer Dumbledore und Professor McGonagall kaum Kollegen wahrgenommen. Sie war so sehr mit sich selbst und natürlich mit der äußerst ungewöhnlichen Erscheinung ihres ehemaligen Lehrers für Zaubertränke beschäftigt gewesen, dass sie sich nicht einmal gefragt hatte, wer in diesem Jahr das Fach Verteidigung gegen die dunklen Künste unterrichtete. Hermine hielt erstaunt inne – hatte Faunia nicht gerade gesagt, dass sie das Fach bereits im letzten Schuljahr unterrichtet hatte? Das war äußerst ungewöhnlich, wenn man bedachte, dass es während ihrer eigenen Schulzeit kein Lehrer diesen Posten länger als ein Jahr inne gehabt hatte.

Hermine lehnte sich erneut vor und betrachtete Faunia, die in ein Gespräch mit Professor Sprout vertieft war. Ihr Pferdeschwanz wippte ruhelos hin und her, akzentuierte, wie ihre gestikulierenden Hände, jedes Wort, das sie sprach.

Erst jetzt fiel Hermine auf, dass die tiefgrüne Robe und der schimmernde Stehkragen vollkommen zu den leuchtenden Augen passten. Der Glanz, den Faunia ausstrahlte, konnte durchaus mit dem der schillernden Exzentrik des Direktors mithalten. Faunia fiel jedoch nicht nur durch die ungewöhnliche Kleidung auf, auch ihre Körperhaltung, die Mimik und Gestik strahlten eine solche Autorität und Sicherheit aus, dass Hermine sich verwundert fragte, wie sie ein so extravagantes, exzentrisches Wesen bis heute hatte übersehen können.

Faunia wandte ihren Blick von Professor Sprout ab und sah kurz zu Hermine, um dann sogleich das Gespräch mit ihrer Nachbarin fortzusetzen.

Hermine rieb sich die Schläfen, ein pochender Schmerz verbreitete langsam sich in ihrem Kopf. Sie verfluchte den Zaubertrank, von dem sie sich abhängig gemacht hatte und unter dessen Entzug sie sich schwach und elend fühlte. Sie stöhnte leise und drückte mit den Fingern gegen die schmerzenden Schläfen.

Schwach und elend fühlte sie sich nicht nur aufgrund des fehlenden Tranks, auch Professor Snape tat sein Übriges dazu. Hermine brachte es einfach nicht über sich, von ihm als Severus zu denken, oder ihn gar persönlich mit seinem Vornamen anzusprechen. Für sie war er immer noch ihr Lehrer – und als solcher hatte er sich kaum verändert. Seine fast rührende Sorge um sie hatte in den letzten Tagen der altbekannten Übellaunigkeit und Bissigkeit Platz gemacht. Zwar spukte er nicht mehr kessel- und messerwerfend im Klassenraum umher, doch genoss er es, sie während der ohnehin schwer zu bewältigenden Unterrichtsstunden mit seinen Kommentaren zu verwirren und aus dem Konzept zu bringen.

Hermine erinnerte sich an ihre erste gemeinsame Unterrichtsstunde. Professor Snape hatte wütend zur Kenntnis genommen, dass seine Schüler ihn noch immer nicht sehen konnten. Natürlich hatte er gehofft, dass, nachdem er ihr sichtbar geworden war, dies auch für andere galt. Seine Wut hatte ihren schäumenden Höhepunkt erreicht, als am zweiten Tag Professor Dumbledore in den Klassenraum gekommen war, um Hermine kurzfristig eine Stundenplanänderung mitzuteilen. Hermine hatte insgeheim vermutet, dass der eigentlich Grund für sein Kommen ein anderer gewesen war. Sicher wollte er sich vergewissern, ob sie mit ihrer neuen Rolle einigermaßen zurechtkam, denn er war nach der kurzen Terminbesprechung im Klassenraum geblieben und fröhlich zwinkernd und kichernd durch die Schülerreihen gelaufen. Ohne es zu bemerken, war Dumbledore dabei plötzlich durch Snape hindurch gelaufen, was diesen zu einem donnernden Wutausbruch veranlasst hatte. Hermine erinnerte sich, wie schwer es gewesen war, sich daraufhin auf Fragen und Problem der Schüler zu konzentrieren, während Snape immerfort dröhnend seine Unmutsäußerungen kundtat, die natürlich nur sie hatte hören können.

„Eine interessante Erscheinung, nicht wahr?"

Hermine fuhr erschrocken aus ihren Gedanken und blickte in Dumbledores verschmitzt lächelndes Gesicht.

„Verzeihung?" Sie war verwirrt und folgte dem Blick des Direktors, der zum anderen Ende des Tisches gewandert war. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie Faunia wahrscheinlich die ganze Zeit angestarrt hatte.

„Allerdings!" bestätigte sie schließlich ein wenig verlegen.

„Ich war auch sehr beeindruckt, als ich sie zu Beginn des letzten Schuljahres wieder sah! Meine letzte Erinnerung an sie war die eines schüchternen Mädchens, das auf dem Schoss seines Ur-Ur-Ur-Urgroßvaters saß."

„Nikolas Flamel!" Sagte Hermine, mehr zu sich selbst.

Dumbledore nickte und wandte sich ihr zu. „Sie ist in Beauxbaton zur Schule gegangen und hat sich dann zur Aurorin ausbilden lassen. Da die meisten Zauberministerien der zweifelhaften Meinung sind, dass Auroren nicht mehr gebraucht werden, hatte sie einige Probleme eine passende Arbeit zu finden. Aber da Hogwarts, wie so oft, die Stelle des Lehrers für die Verteidigung gegen die dunklen Künste zu vergeben hatte und ich weiß, dass mein guter Freund Nikolas seine Enkelin sicher gerne hier gesehen hätte, habe ich sie zu uns geholt.!"

Er hielt einen Augenblick inne und sagte dann gedankenverloren: „Zunächst dachte ich, sie sei zu jung und unerfahren – aber…" Dumbledore zwinkerte Hermine aufmunternd zu, „ich habe mich getäuscht und einige junge Lehrer können ganz sicher frischen Wind in unser verstaubtes Kollegium bringen – nicht wahr, Minerva?"

Dumbledore stieß Minerva McGonagall leicht mit dem Ellenbogen an. Die Professorin hatte den letzten Teil der Unterhaltung mit angehört und warf dem Direktor einen vorwurfsvollen Blick zu.

„Verstaubt!" flötete sie, „Äußerst charmant, Albus! Äußerst charmant!" Sie lächelte Hermine zu. „Bei Miss Granger…" sie betonte Hermines Namen, „habe ich jedoch tatsächlich keine Zweifel, dass ihre Anwesenheit eine Bereichung für unsere Schule ist!"

„Danke", ließ Hermine leise verlauten.

Dumbledore hob seufzend die Arme in die Luft! „Wie sie unschwer überhört haben, Hermine, hat meine verehrte Kollegin hier ein kleines Problem mit unserer neuen Lehrerin für die Verteidigung gegen die dunklen Künste!"

Hermine schwieg.

Minerva McGonagall zischte nur leise.

„Das lässt sich natürlich mit einigen Unstimmigkeiten der beiden ehrenwerten Professorinnen über etwaige gegenseitige Punktabzüge erklären. – Faunia ist seit Ende des letzten Schuljahres Hauslehrerin der Slytherins!" fügte Dumbledore erklärend hinzu.

„Und macht ihrem Vorgänger alle Ehre!" Schnaubte Professor McGonagall.

Hermine war verblüfft. „Sie ist Hauslehrerin von Slytherin?"

Dumbledore nickte. „Es ist eine Sache, eine Lehrkraft für die Verteidigung gegen die dunklen Künste zu finden, eine ganz andere jedoch, die Lücke eines Hauslehrers zu füllen."

Er schwieg betreten. „Vielleicht können sie sich vorstellen, dass sich um die Stelle niemand wirklich gerissen hat."

„Und Faunia hatte keine Bedenken?" Fragte Hermine neugierig.

„Kaum." kam McGonagall Dumbledores Antwort zuvor, „Professor Snape und Miss Flamel haben wohl, wie soll ich es sagen, einen ähnlichen Unterrichtsstil und auch einen ähnlichen Faible für – schwierige und auffällige Schüler." schloss sie.

„Hat sie sich gut mit Professor Snape verstanden?" platzte es aus Hermine heraus, bevor Dumbledore auf die spöttische Bemerkung seiner Kollegin eingehen konnte.

Professor McGonagall lachte auf. „Wer hat sich schon gut mit Severus verstanden!"

Hermine konnte ein zustimmendes Nicken kaum vermeiden.

„Ich!" sagte Dumbledore ruhig, „und jetzt hören wir auf, schlecht von neuen und alten Kollegen zu sprechen. Das lässt uns vor Miss Granger in einem ganz falschen Licht erscheinen!"

McGonagall schwieg und widmete sich ihrem letzten Schluck Kaffee.

Hermine grübelte. Mehr als die die Informationen über Faunia überraschte es sie, dass Dumbledore und Professor McGonagall Snape bereits als alten Kollegen bezeichneten. Für sie war er anscheinend endgültig verschwunden, gehörte der Vergangenheit an. Es wunderte sie sehr, dass Dumbledore Snape so schnell aufgegeben hatte.

Wie sollte sie dem Direktor nur glaubhaft machen, dass Snape alles andere als verschwunden war! Dass er, wenn auch in etwas bizarrer Form, unten im Kerker war? Sie konnte unmöglich von Snapes Dasein berichten, Dumbledores Blicke verrieten ihr, dass er sich noch immer um ihren prekären Zustand Sorgen machte. Er würde glatt an ihrem Verstand zweifeln! Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, zweifelte sie selbst manchmal an ihrem Verstand. Was, wenn sie sich Snape nur einbildete?

Hermines Blick wanderte über die, sich langsam leerenden, Schülerreihen. Das Frühstück war beendet.

Sie spürte eine Hand auf ihrer Schulter und drehte sich um. Faunia lächelte sie an, „Ich sehe dich hoffentlich in der Pause? Komm doch mal aus deinem Kerker heraus, sonst verwächst du noch mit den dunklen Wänden und wirst genauso launisch wie dein Vorgänger!" sie zwinkerte ihr lachend zu und ehe Hermine antworten konnte, war sie auf dem Weg aus der Halle. Ihre smaragdgrün glitzernde Schleppe schleifte auf dem Boden, bis sie sie mit einer energischen Handbewegung hoch wirbeln ließ und den langen Stoff seitlich über ihre linke Schulter warf.

Hermine stand auf. Ein leichtes Schwindelgefühl überkam sie. Wahrscheinlich der Gedanke an die folgende Doppelstunde in der vierten Klasse. Sie ignorierte das Gefühl und machte sich auf den Weg, sie hatte nur noch wenig Zeit.

ooo

„Und ich dachte schon, sie ignorieren die Tatsache, dass mein Unterricht in wenigen Augenblicken beginnt."

Snapes charmante Begrüßung machte Hermine deutlich, dass sie sich ihn auf keinen Fall nur einbildete. Warum sollte ihr Verstand sich einen solch reizbaren, launischen und uncharmanten Gesprächspartner erfinden?

Ihr Unterricht?" zischte Hermine leise, da sie befürchtete, dass die Schüler jeden Moment in den Klassenraum strömen könnten. „Ich dachte, es sei jetzt mein Unterricht. Und seien sie beruhigt, ich bin mir durchaus bewusst darüber, dass meine Stunde gleich beginnt!" schloss sie gereizt.

Snape setzte sich auf einen Stuhl in der Nähe des Lehrertisches und blickte sie auffordernd an.

„Würde es ihnen etwas ausmachen, dem Unterricht nicht beizuwohnen!" Fragte Hermine genervt.

„Ja!" Kam die knappe Antwort.

Hermine stöhnte auf. Es war schwer genug, sich auf den Unterricht zu konzentrieren. Mit ihm im Raum war es jedoch fast unmöglich, wie sie in den letzten Tagen festgestellt hatte. Ihr Bedürfnis, ihm zu helfen hatte sich etwas gewandelt und war zu dem Bedürfnis geworden, ihn so schnell wie möglich loszuwerden.

„Noch vor wenigen Tagen haben sie mir unmissverständlich deutlich gemacht, dass sie sich hier völlig überfordert fühlen. Also bleibe ich und … helfe!" sagte Snape.

„Helfen?" rief Hermine laut und blickte sogleich besorgt zur Kerkertür. Es war noch kein Schüler in Sicht.

Flüsternd fuhr sie fort: „Sie machen mich wahnsinnig mit ihren Kommentaren. Wissen sie, wie schwer es ist, sie zu ignorieren, vor den Schülern vorzugeben, dass sie nicht da sind, wenn sie aber doch da sind und mich ständig…ach!" sie beendete den wirren Satz als sie sein spöttisches Grinsen bemerkte.

„Ich werde nicht gerne ignoriert!" entgegnete er nachdrücklich.

Hermine hatte keine Gelegenheit, zu antworten, weil einige Schüler den Raum betraten, gefolgt von weiteren. Sie konzentrierte sich auf die sich füllenden Reihen und versuchte, Snape zu vergessen.

Der Unterricht begann.

Es gelang Hermine zunächst recht gut, Snapes Anwesenheit zu verdrängen – bis er von seinem Stuhl aufstand und durch die Reihen ging, während die Schüler den Trank brauten, den Hermine ihnen erklärt hatte.

„Vielleicht machen sie ihre Schüler darauf aufmerksam, dass diese Wurzeln schwer zu beschaffen sind und darum nicht auf den Boden gehören!" Snape war vor einem Tisch stehen geblieben und blickte vor sich auf den dunklen Kerkerboden.

Hermine seufzte leise und trat näher.

„Miss Miller, bitte heben sie diese Wurzel auf!" Ihre Stimme klang gereizter als sie es wollte. Die Schülerin sah sie verschüchtert an und hob die Wurzel auf.

„Entschuldigung, Professor!"

„Ich denke dieser Kessel hier steht bedrohlich nah vor einer Explosion!" Snape war inzwischen einige Tische weiter gegangen.

Hermine hatte das bedrohliche Zischen schon zuvor bemerkt, war jedoch durch Snapes Beschwerde über die zu Boden gefallene Wurzel abgelenkt worden. Jetzt sah es so aus, als hätte er sie auf die Gefahr aufmerksam gemacht. Hermine wurde wütend.

„Mr. Miller, ihr Kessel!" rief sie ärgerlich.

Der Junge wurde rot und blickte besorgt in die brodelnde Flüssigkeit.

„Jetzt halten Sie doch nicht auch noch ihr Gesicht hinein!" Hermine konnte es nicht fassen.

Der Junge trat schnell einen Schritt vom Tisch zurück.

„Was haben sie hineingeworfen? Haben sie sich nicht an das Rezept gehalten?" Stellte Hermine die völlig überflüssige Frage und inspizierte vorsichtig den Inhalt des Kessels.

„Wohl kaum!" entfuhr es Snape, der neben Hermine stand und ebenfalls in den Kessel blickte.

„Ich… ich weiß nicht Professor, ich dachte… schon!" stammelte Josh Miller.

„Zuviel Rotbeerenpulver!" bemerkte Snape gelangweilt.

Hermine ließ ein genervtes Stöhnen ertönen. Sie konnte sehr gut ohne seine Hilfe herausfinden, was an einem Trank schief gelaufen war.

„Wie viele Wurzeln haben sie hinzugefügt?" Fragte sie den Jungen schließlich so ruhig sie konnte.

Alle Schüler reckten inzwischen ihre Köpfe in Richtung von Josh Millers Tisch.

„Zwei, Professor, wie im Rezept."

„Er hat eindeutig zuviel Rotbeerenpulver hinzugefügt." Hörte Hermine erneut Snapes hochmütigen Kommentar.

„Hat er nicht!" zischelte sie erbost in Snapes Richtung.

„Verzeihung, Professor?" stotterte Josh unsicher.

Hermine schüttelte den Kopf. „Haben sie immer abwechselnd Rotbeerenpulver und klein gehackte Wurzeln hinzugefügt?"

Der Junge nickte.

Snape schnaubte.

„Und zwischen dem Hinzufügen zweimal langsam gegen den Uhrzeigersinn umgerührt?" Hermines stimme hallte laut durch den inzwischen völlig stillen Raum.

Josh holte tief Luft. „Zweimal?" er überlegte, „gegen den Uhrzeigersinn? Ich, ich bin mir nicht ganz sicher, Professor."

„Na bitte, da haben wir es ja!" rief Hermine triumphierend.

„Und außerdem viel zu viel Rotbeerenpulver!" säuselte Snape überheblich.

„Das darf doch wohl nicht wahr sein!" Hermine stemmte die Hände in den Hüften und bevor sie sich aufhalten konnte reif sie: „Jetzt aber sofort raus hier! Es reicht!"

Josh Miller schnappte erschrocken nach Luft! „Es tut mir leid, Professor, ich wollte nicht... es war nur…!"

Hermine stöhnte. „Nein, nicht sie Mr. Miller!"

Der Junge blickte sie verwirrt und ängstlich an. „ Aber… wer…?"

„Niemand", sagte Hermine bestimmt, nahm seinen Kessel vom Tisch und ließ die Flüssigkeit vorsichtig in den Abguss fließen und beseitigte den Rest mit Hilfe eines Zauberspruches. Daraufhin kehrte sie zurück und knallte den Kessel lauter als nötig auf den Tisch.

„Und jetzt noch einmal von vorne!"

ooo

Eine Katastrophe mehr auf ihrer Liste. Nach dem Unterricht schloss Hermine wütend die Kerkertür hinter den Schülern. Sie hatte sich noch immer nicht beruhigt.

Zornig rief sie: „Wo sind sie? Kommen sie sofort her!" sie lief im Kerker auf und ab. Snape war seit einer Weile nicht mehr zu sehen gewesen.

„Was soll der Unsinn – kommen sie gefälligst her!" schrie sie erneut.

Snape trat aus dem benachbarten Büro.

„Verschwinden sie, kommen sie her, ich bin doch kein Hund, Hermine!"

„Nennen sie mich nicht Hermine!" rief sie erbost.

„Oh, ich dachte, wir hätten uns darauf geeinigt!" schnaubte er.

„Ihr unverschämtes Verhalten gestattet keine persönliche Anrede, Professor Snape!"

Er setzte zu einer Antwort an, doch sie kam ihm zuvor.

„Erzählen sie mir nicht, dass sie helfen wollten. Sie bringen mich immer wieder in unmögliche Situationen. Sie sind überhaupt nicht fähig, anderen zu helfen! Sie sind ein arrogantes, boshaftes Ekel! Kein Wunder, dass sie niemand an dieser Schule vermisst!" beendete sie keuchend ihren Wutausbruch.

„Jetzt sind wir also wieder am Anfang?" Stöhnte Snape. „Ich bin der böse Professor und sie die kleine missverstandene Schülerin!"

„Ich bin keine Schülerin mehr, Professor, es wird Zeit, dass sie das einsehen. Ich hatte Verständnis für ihre komplizierte Situation – wollte ihnen sogar helfen! Aber jetzt…"

„Reizend! Ich frage mich, wie sie das anstellen wollten!" Er funkelte sie zornig an. „Denken sie, ich habe nicht schon alles durchdacht? Aber nein, die perfekte Miss Granger hat ja für alles eine Lösung, sie kann Wunder vollbringen! Ich vergaß, sie hatten ja während ihrer Schulzeit das Hobby, unermüdlich die Welt zu retten – Also bitte! Retten sie mich!" er breitete die Arme aus.

Hermine schnaubte. „Zergehen sie in ihrem Selbstmitleid!" zischte sie ihn an. „Ich werde bei Dumbledore veranlassen, dass sowohl ich als auch die Zaubertrankstunden in einem anderen Teil des Schlosses untergebracht werden. Wie konnte ich nur je glauben, dass wir beide hier irgendwie miteinander auskommen könnten? Vielleicht beschert ihnen das Alleinsein einige Wut- und Panikausbrüche mehr, denn das sind doch die Gefühle, die sie in den letzten Tagen stärker gemacht haben, nicht wahr? Ich weigere mich, weiter im Zentrum ihrer Ausbrüche stehen!"

Sie drehte sich um und verließ den Kerker.

Snape sah ihr fassungslos nach. Sie hatte ihm gar keine Chance gelassen, sich zu äußern. Widerwillig stellte er fest, dass ihm ihr Ausbruch von eben fast imponierte.

Trotzdem, was bildete sie sich ein.

Und wenn sie ihre Drohung wahr machte und ihn hier im Kerker allein ließ?

Snape versuchte das ungute Gefühl der aufsteigenden Panik zu unterdrücken. Panik und Wut – das sind doch die Gefühle, die sie in den letzten Tagen stärker gemacht haben – hatte sie gerade festgestellt. Und sie hatte Recht!

Er bezweifelte jedoch plötzlich, dass ihm diese Gefühle ohne Hermine etwas nützen würden. Bevor sie da war, hatte er auch voller Wut nach einem Ausweg gesucht.

aber erst seit ihrer Ankunft schaffte er es wieder, durch Türen zu gehen, wenn auch nur innerhalb des Kerkers und seiner Privaträume.

und erst seit ihrer Ankunft konnte er sich wieder verständigen – aber nur mit ihr.

Ihm wurde langsam klar, dass er tatsächlich Hermines Hilfe brauchte – wenn ihm überhaupt zu helfen war.

Snape verschränkte die Arme vor dem Oberkörper und sah grimmig zur Tür, durch die Hermine gerade verschwunden war. Wenn er jemals wieder durch diese Tür gehen wollte, musste er sich zusammenreißen und gemeinsam mit ihr eine Lösung suchen.

Sich zusammenreißen war noch nie seine Stärke gewesen.

Er musste sie besänftigen.

Menschen besänftigen war noch nie seine Stärke gewesen.

Er verharrte in seiner Position und wartete auf Hermines Rückkehr.

Sie würde doch zurückkehren?

Sie musste!

TBC

Bitte schreibt weiter fleißig Reviews! Vielleicht auch die vielen Leser, die das bis jetzt noch nicht getan haben! Ich würde mich wirklich riesig freuen!