Vielen Dank für Eure Reviews! Es geht endlich weiter!
6. Und wenn es wahr wäre?
Hermines Kopf wurde allmählich so schwer, dass er drohte, in die vergilbten Buchseiten zu fallen. Sie stützen ihn auf beide Hände und versuchte, wenigstens noch dieses eine Kapitel zu Ende zu lesen.
Wie in allen anderen Büchern fand sie jedoch auch in diesem keinen einleuchtenden Hinweis auf eine Erklärung für Snapes außergewöhnlichen Zustand. Sie reckte sich und schaute über den sich vor ihr auftürmenden Bücherstapel hinweg. Die Bibliothek war leer und dunkel, Hermine saß in einer Insel aus Licht, umgeben von um sie herumschwebenden Kerzen. Sogar Madam Pince war schon vor Stunden gegangen und hatte Hermine mit dem warnenden Hinweis, die Bibliothek später sorgsam zu verriegeln, zwischen den Büchern zurückgelassen.
Hermine gähnte und ließ sich im Stuhl zurückfallen. Seit drei Wochen verbrachte sie Abend für Abend hier, ohne Ergebnis. Sie hatte sich inzwischen bis in die verbotene Abteilung der Bibliothek durchgearbeitet.
Das plötzliche Verschwinden oder Sich-in-Luft-auflösen eines Menschen wurde in keinem Werk direkt behandelt. Hermine hatte von Fällen gelesen, in denen Personen ihren eigenen Tod nicht bemerkt hatten und sich plötzlich in der Form eines Geistes wieder fanden, oder von solchen, die unsichtbar unter einem Tarnumhang verborgen blieben.
All das war ihr nicht neu und all das passte nicht zu Snapes Situation.
Sie hatte auch von einem Unsichtbarkeitstrank gelesen, der aus Grünkranzwurz und Henvelkraut bestand. Snape jedoch hatte die Einnahme eines Tranks ausgeschlossen, zudem mussten die Pflanzen im tiefsten Winter unter einer dicken Schneedecke aufgespürt, gepflückt und sofort verarbeitet werden. Er jedoch war am Ende des Frühlings verschwunden.
Hermine stöhnte und dachte an Snapes Reaktion, wenn sie ihm nachher sagen musste, dass sie wieder nicht den Hauch einer Lösung gefunden hatte.
Wenn sie aus der Bibliothek zurückkehrte, fand sie ihn für gewöhnlich in einem der Sessel sitzend, damit beschäftigt, konzentriert ins Feuer zu starren.
Er blickte nie sofort auf, wenn er sie kommen hörte und schien gleichgültig, wenn sie begann, von ihrer Suche nach einer Lösung zu erzählen.
Dennoch hatte sie im Laufe der Zeit gelernt, auch die kleinsten seiner Zeichen zu deuten.
Bevor sie anfing zu sprechen, würde er in einer flüchtigen Bewegung seine Fingerspitzen soweit aneinander führen, dass sie sich beinahe berührten. Seine ganze Hoffnung auf Erfolg würde sich in der Anspannung der Zehn Finger sammeln, um sich dann, nachdem sie ihm von ihrem erneuten Misserfolg berichtet hätte, mit einem kaum wahrnehmbaren Zittern wieder aufzulösen.
Den Blick endlich vom Kamin abwendend würde er schließlich scheinbar gelangweilt sagen: „Machen sie sich doch nicht diese Mühe! In der zugigen Bibliothek zu sitzen und sich den Tod zu holen, hilft uns beiden nicht weiter. "
Sie würde sich in den zweiten Sessel setzen und ebenfalls ins Feuer starren, bis Snape die Stille mit einigen mehr oder weniger belanglosen Bemerkungen über den Ablauf des Unterrichts durchbrach.
Es fiel Hermine schwer, ihn nicht spüren zu lassen, wie leid er ihr tat. Ihr Mitleid würde ihn verletzten und noch wehrloser machen.
Vor kurzem hatte sie begonnen, den Tagespropheten laut zu lesen. Selbstverständlich hatte er sie nicht darum gebeten, doch Hermine hatte ihm eines Tages einfach einen Text vorgelesen, den sie für interessant hielt. Die Artikel, die sie seitdem täglich vorlas, blieben oft unkommentiert, manchmal ergab sich jedoch ein Gespräch.
Ein solcher Austausch ließ ihre gemeinsame Situation beinahe normal erscheinen und Hermine hatte sich bei dem Gefühl ertappt, dass sie dankbar dafür war, die langen Abende nicht allein verbringen zu müssen. Sicher hätte sie jeden der Kollegen besuchen können, aber hier musste sie weder Probleme noch Müdigkeit verstecken und nur hier, mit ihm, konnte sie gedankenverloren in den Kamin starren, schweigen und war dennoch nicht allein.
Ob er ebenso empfand, vermochte sie kaum zu sagen.
Er hatte kaum eine andere Wahl, als mit ihr dort vor dem Kamin zu verweilen oder in den dunklen Kerkerraum zu gehen. Das Schlaf- und Arbeitszimmer hatte er seit dem Tag, an dem sie ihn dort zum ersten Mal gesehen hatte, nicht mehr betreten.
Wenn sie sich schließlich verabschiedete, um ins Bett zu gehen, stellte sie sich jeden Abend vor, wie es sein musste, weder Erschöpfung noch Müdigkeit zu fühlen, seit Monaten nicht mehr geschlafen oder gegessen zu haben.
ooo
Hermines Kopf sank nun tatsächlich erschöpft zwischen die Buchseiten. Sie fuhr hoch und warf verwirrt einen Blick auf die Uhr an der Wand. Eine kurze Bewegung mit dem Zauberstab und die aufgestapelten Bücher auf dem Tisch vor ihr begannen, eines nach dem anderen, den Weg in ihr Regal aufzusuchen.
Es war schon spät, er würde sicher schon auf sie warten.
„Quatsch! Er wartet doch nicht auf mich, " korrigierte Hermine ihren Gedanken laut und erschrak ein wenig über ihre eigene Stimme, die die nächtliche Stille durchdrungen hatte.
„Wer wartet nicht auf dich?"
Faunia Flamels Stimme kam so unerwartet aus der Dunkelheit, dass Hermine alarmiert ihren Zauberstab auf sie richtete, um ihn dann sofort wieder sinken zu lassen.
„Faunia?" Hermine blinzelte angestrengt in die Dunkelheit und ließ die Kerzen auseinander rücken, bis sie einen Lichttunnel bildeten.
Faunias grüner Umhang funkelte als sie näher kam.
Wie jedes Mal, wenn sie die Kollegin traf, war Hermine einen kurzen Augenblick lang verwirrt, als müsse sie Name und Aufgabe der Frau vor ihr aus einer tief verborgenen Stelle in ihrem Gedächtnis hervorholen.
„Verzeihung, ich wollte dich nicht erschrecken. Ich habe bemerkt, dass die Bibliothek nicht verschlossen ist und das Licht gesehen. Ich dachte schon, Schüler hätten sich hierher „verirrt"." Faunia lächelte.
„Aber, wer wartete denn nun nicht auf dich?" wiederholte sie ihre Frage.
„Mein Kater, Krummbein!" antwortete Hermine, ohne groß zu überlegen. Die Wahrheit war sicher nicht angebracht.
„Verstehe", Faunias Blick wanderte über dem Tisch, auf dem noch Hermines Notizen lagen. „Du arbeitest so spät noch? – Woran?"
„Notizen für die Unterrichtsvorbereitung!" kam Hermines knappe Antwort. Sie fühlte sich ein wenig wie eine Schülerin, die bei etwas Verbotenem erwischt wurde. Das ärgerte sie. Sie war Mitglied des Lehrerkollegiums und hatte jedes Recht, hier zu sein. Sie sammelte die Papierrollen vom Tisch und bemerkte, wie Faunias Augen ihren Händen folgten.
„Hier, in der verbotenen Abteilung?" Faunia zog überrascht die Augenbrauen nach oben.
Hermine war nun endgültig verärgert.
„Hier ist es ruhiger. Als ich mit der Arbeit anfing, waren noch Schüler hier. – Und was machst du hier, so spät?" fragte sie ungehalten.
Faunia entging Hermines Verärgerung nicht.
„Entschuldige, ich wollte dich nicht ausfragen, " sie setzte sich seufzend auf den Tischrand.
„Ich kann nicht schlafen und bin deswegen gereizt und, um ehrlich zu sein, bin ich froh, dich hier anzutreffen. Ich wollte dich schon länger um etwas bitten!"
Hermine war überrascht. Sie sah Faunia auffordernd an.
„Ich wollte dich bitten, einen Trank für mich zu brauen."
„Einen Trank? Ich? Aber…" Hermine vergaß vor lauter Verblüffung den Ärger.
„Ich bin miserabel im Brauen von Zaubertränken – leider habe ich dieses Talent wohl nicht von meinem Ur-Ur-Ur-Urgroßvater Nikolas Flamel geerbt, der diesen Trank entwickelt hat."
Faunia lächelte unsicher und machte eine kurze Pause, in der sie zu überlegen schien, wo sie anfangen sollte. Schließlich fuhr sie mit gedämpfter Stimme fort:
„Hermine, meine Familie leidet seit Jahrhunderten an einer schweren Insomnia-Depressio-Tremens, - hast du von dieser Krankheit gehört?" fragte sie zaghaft.
Hermine nickte. „Sie ist erblich, Betroffene können nicht oder nur schlecht schlafen und neigen zu Stimmungsschwankungen und Depressionen bis hin zu Selbstmordgedanken."
„Wir können nicht nur nicht schlafen, sondern sind überhaupt niemals in der Lage, uns zu entspannen, vor Müdigkeit und Anspannung zittern oft die Hände." Faunia blickte auf ihre Finger, die eng verschlungen in ihrem Schoß ruhten.
Hermine nickte. Sie hatte im Studium gelernt, dass viele Zauberer aus alten, so genannten reinblütigen Zaubererfamilien an dieser Krankheit litten. Wenn die Betroffenen genug Geld für die Beschaffung der Zutaten hatten, ließen sie sich den komplizierten Trank zubereiten. Anderenfalls mussten sie mit der Krankheit und ihren Symptomen leben. Viele wurden wahnsinnig durch den ständigen Schlafentzug, nicht selten neigten sie zu aggressivem Verhalten, waren gewaltbereit gegen sich und andere. Viele Erkrankte nahmen sich in ihrer Verzweiflung schließlich das Leben.
Sie musterte Faunia besorgt.
„Keine Sorge, mir geht es recht gut! Ich gehöre zu den Glücklichen, die sich den Trank leisten können. Als mein Ur-Ur-Ur-Urgroßvater ihn in einer dieser schlaflosen Nächte zufällig entwickelt hat, hat er unserer Familie eine sorglose Zukunft beschert." Faunia atmete tief durch. „Ich bin froh, dass Du von dem Trank gehört hast."
„Nur habe ich ihn noch nie zubereitet. Und die Zutaten sind schwer zu beschaffen; Drachenblut, Einhornhaar…"
„Die Zutaten findest Du hier im Schloss!" Faunia zögerte, „Professor Snape hat den Trank für mich gebraut. Ich brauche jedoch bald eine neue Flasche davon. In den Wintermonaten werden die Symptome schlimmer."
Hermines Augen weiteten sich. „Snape? Und Dumbledore…?"
„Er weiß bescheid! Er hat mir geraten, dich aufzusuchen, " erklärte Faunia.
„Aber das Rezept, ich habe es nie gesehen, nur davon gehört. Weißt du, wo Professor Snape es aufbewahrt?"
Faunia lächelte. „Du meinst, wo er es aufbewahrt hat, bevor er verschwand? Das weiß ich nicht – aber ich habe es hier bei mir, du kannst es vielleicht abschreiben, " sie griff in ihre Umhangtasche und holte eine Papierrolle hervor, um sie Hermine zu reichen.
Hermine griff zögerlich danach.
„Ich bin wahnsinnig müde! Ich nehme deine Papierrolle mit und bereite den Trank so schnell wie möglich zu."
Faunias Augen verengten sich. Es war deutlich, dass sie sich nicht von dem Rezept trennen wollte. Hermine rollte es auseinander und warf einen kurzen Blick auf die verschnörkelte Handschrift.
„Keine Sorge, du bekommst das Rezept wieder! Ich beeile mich!"
Faunia gab nach. Sie sah keine andere Möglichkeit.
„Und du vergisst es nicht?" Ihre Stimme klang bittend, die leuchtenden Augen durchbohrten Hermine jedoch plötzlich mit einem fordernden, kalten Blick.
Hermine fühlte ein Schwindelgefühl in sich aufsteigen. Sie ließ das Papier sich wieder hoch rollen.
„Natürlich nicht!" sagte sie rasch und ging an Faunia vorbei um den Tisch herum. „Ich sehe dich morgen!"
Hermine verließ die Bibliothek, sie hörte Faunias Abschiedsworte nicht mehr, spürte nur den stechenden Blick in ihrem Rücken.
Draußen auf dem dunklen Gang atmete sie tief durch. Langsam wurde ihr Kopf wieder klar. Sie steckte die Papierrolle in ihre Umhangtasche und machte sich auf den Weg zum Kerker.
Die Gedanken an das seltsame Ende des Gesprächs mit Faunia verblichen mit jedem Schritt in Richtung des Kerkers.
ooo
Severus Snape saß im Lehnsessel vor dem Kamin und wartete.
Wo lieb sie heute nur? Es war später als sonst.
Er wusste, dass sie auch heute Abend der Lösung für seinen Zustand wahrscheinlich nicht auf die Spur gekommen war. Er hatte die Hoffnung lange aufgegeben.
Ihr Mitleid mit ihm war in der ersten Zeit schwer zu ertragen gewesen, auch wenn sie versucht hatte, ihre mitfühlenden Blicke zu verbergen.
Es hatte einige Zeit gedauert, bis er es sich eingestanden hatte, doch Hermines Anwesenheit machte seine Situation sogar ein wenig erträglicher. Er war dankbar, dass er wenigstens die Abende nicht mehr allein verbringen musste. Er war immer allein gewesen, die Einsamkeit und Leere der letzten Monate waren jedoch zuviel gewesen, selbst für ihn. Die Zeit, die sie gemeinsam verbrachten verlief zwar oft schweigend, ihm machte diese jedoch nichts aus. Es war ein angenehmes Gefühl, fast ein Gefühl der Vertrautheit.
Ob sie ebenso empfand, vermochte er kaum zu sagen.
Wenn sie sich schließlich in das Schlaf- und Arbeitszimmer zurückzog, fragte er sich oft, ob sie noch immer unter dem Entzug des Tranks litt. Hermine schien sich an diesen seltsamen Anfall von vor drei Wochen nicht zu erinnern – jedenfalls sprach sie nicht darüber. Er jedoch hatte seitdem viel darüber nachgedacht, sie hatte nie wieder so heftige Zeichen des Entzugs gezeigt. Snape hatte die Theorie des magischen Wahrheitspaktes wieder und wieder bedacht. Er hatte sie nach den Kollegen und dem neuen Professor für Verteidigung gegen die dunklen Künste gefragt. Wenn Hermine tatsächlich einen solchen Pakt eingegangen war, würde sie auf wiederholte Fragen in diese Richtung erneut mit Schmerzen und Krämpfen reagieren, jedoch heftiger und gefährlicher als während des ersten Anfalls, vor allem wenn sie versuchte, wahrheitsgemäß auf die Fragen zu antworten. Aus diesem Grund hatte er bis jetzt noch nicht gewagt, diesen Test zu machen.
Er stellte erstaunt fest, dass er, wenn er an sie dachte, schon lange nicht mehr ihren Nachnamen benutzte. Wenn er sie direkt ansprach, vermied er jedoch jede direkte Anrede, genau wie sie.
Er sah vom Feuer auf und blickte zur Tür. Sie müsste doch jeden Augenblick kommen, oder hatte er inzwischen jegliches Zeitgefühl verloren?
Als Antwort auf diese Frage hörte er, wie sich die Tür zum Kerker öffnete und gleich darauf zurück ins Schloss fiel.
Hermine trat in den hohen Raum.
Er schaffte es dieses Mal nicht, seinen Blick von der Tür abzuwenden bevor sie eintrat.
Sie bemerkte es sofort. Sein Blick verriet, dass er auf sie gewartet hatte. Er verriet Ungeduld, Erwartung, Hoffnung und – Sorge? – Um sie?
Hermine setzte sich, ließ ihn jedoch nicht aus den Augen. In den dunklen Gängen war es kalt gewesen, hier empfing sie jedoch eine unerwartete Wärme.
Sie öffnete ihren Mund, um von ihrer heutigen Suche zu berichten.
Er kam ihr zuvor.
„Sie haben natürlich nichts gefunden!" Seine Stimme war tief und emotionslos. Der gefühlvolle Ausdruck verschwand aus seinen Augen.
Hermine war verwirrt über diesen plötzlichen Stimmungsumschwung.
Er bemerkte ihre Unsicherheit, wandte seinen Blick von ihr ab und sprach gedämpfte in Richtung des Kaminfeuers:
„Sie sollten die Suche wirklich langsam aufgeben. Wahrscheinlich kennen sie schon jedes Buch dieser verdammten Bibliothek auswendig."
Für ihn schien die Unterhaltung beendet.
Für Hermine hatte sie gerade erst begonnen.
Sie wollte ihn nicht so schnell wieder verlieren. Sie wollte mit ihm sprechen, wollte diesen Blick noch einmal sehen und spüren. Ihr wurde plötzlich klar, dass die Wärme, die sie eben gefühlt hatte, nicht bloß von dem prasselnden Kaminfeuer ausgegangen war.
„Haben sie in der letzten Zeit weitere Veränderungen an sich beobachtet?" fragte sie vorsichtig.
Er sah sie erstaunt an.
Hermine nahm ihren Mut zusammen.
„Nun, seit ich hier bin, haben sie einige Kräfte entwickelt-, "
sie bemerkte, dass sich seine Augenbrauen gereizt nach oben schoben.
„das muss natürlich nichts mit meiner Anwesenheit…" sie ließ den Satz unbeendet und lehnte sich entmutigt zurück.
Snape verzog den schmalen Mund zu einem ironischen Lächeln.
„Seit sie mir gedroht haben, mich hier einsam zurückzulassen, wage ich keine weiteren Wutausbrüche mehr, aus purer Angst, ihre kostbare Gesellschaft zu verlieren!"
Es war offensichtlich, dass seine ungerechten Worte sie getroffen hatten, denn sie drehte ihren Kopf schnell in Richtung der Tür, so dass er ihre Augen nicht mehr sehen konnte.
Er stöhnte leise, wieder einmal hatte er seine Reaktion nicht kontrollieren können.
Hermine stand auf und stellte sich hinter ihren Sessel. Aufgebracht krallte sie ihre Finger in die weiche Lehne.
Sie war nicht bereit, jetzt aufzugeben.
„Ist ihnen schon einmal in den Sinn gekommen, dass es andere Gefühle als Wut, Panik und Hass gibt, die ihnen Kraft geben könnten?"
Seine dunklen Augen blitzten überrascht auf.
Hermine konnte nicht fassen, was sie da gerade gesagt hatte.
„Habe ich ihnen nicht zur Genüge bewiesen, dass ich kein besonders gefühlvoller Mensch bin?" fragte er in gelangweiltem Ton.
Hermine schüttelte entschlossen den Kopf und während sie sich in ihrem Innern sagte, was zum Teufel tust du da? Du machst dich absolut lächerlich, sagte sie plötzlich laut:
„Stehen sie auf!"
„Ich habe keine Geduld für Spielchen!" raunzte er genervt.
Hermine ging um ihren Sessel herum und stellte sich vor den Kamin.
„Bitte stehen sie auf und kommen sie zum Kamin, " sagte sie nachdrücklich.
„Wollen sie sich kopfüber ins Feuer stürzen, damit ich sie rette? Das mag funktionieren, ruft jedoch eher Panik und Wut hervor. Sprachen sie nicht gerade noch von anderen Gefühlen?" entgegnete er spöttisch.
Sie streckte ihm eine Hand entgegen. „Ich bitte sie, es ist ein Versuch", sie blickte ihn eindringlich an und fügte hinzu, „ ich habe nicht vor, mich in den Kamin zu stürzen oder sie auf andere Weise wütend zu machen."
Snape seufzte. Es war schwer, sich ihrem bittenden Blick zu entziehen. Was bezweckte sie nur mit dieser Aufforderung? Er musste ihr endlich deutlich machen, dass ihm nicht geholfen werden konnte – und schon gar nicht so! Sollte sie also ihren Willen haben, vielleicht gab sie dann Ruhe.
Er stand auf und stellte sich mit verschränkten Armen vor sie.
Hermine nickte zufrieden. „Aber nicht so!" sie wies auf seine Arme. „Strecken sie die Hände in meine Richtung, " sie machte es ihm vor.
Er streckte kopfschüttelnd seine Hände aus. „Was tu' ich hier eigentlich?"
„Sie tun mir einen Gefallen, fühlt sich das so schlimm an?" fragte Hermine leise.
„Es fühlt sich überhaupt nicht an! Und ich habe keine Ahnung, was sie mir damit beweisen wollen!" es klang jedoch weniger bissig als zuvor.
Sie standen sich einige Sekunden lang schweigend gegenüber, die Fingerspitzen einige Zentimeter voneinander getrennt, neben ihnen die knisternden Flammen im Kamin.
Hermine suchte seinen Blick -
und fand ihn.
Ihr schoss durch den Kopf, Ich mache mich lächerlich – aber jetzt ziehe ich es durch –
„Wenn ich mich jetzt nach vorn fallen lasse und sie mich auffangen, tun sie das weder aus Wut, noch aus Panik!" rief sie plötzlich in die Stille.
Er lachte ungläubig auf.
„Was für ein Plan! Und was passiert in dem höchstwahrscheinlichen Fall, dass ich sie nicht auffange?"
„Dann lande ich ein wenig unsanft aber wohlbehalten auf dem Fußboden!" gab sie nüchtern zurück.
Snape war versucht, die Arme erneut zu vor dem Oberkörper zu verschränken und sich zurück in den Sessel zu begeben – oder noch besser, in den Kerkerraum. Er wollte mit den dunklen Wänden verschmelzen.
Doch er fühlte sich gefesselt von den braunen Augen. Es schien unmöglich, sich jetzt abzuwenden. Er hätte es gar nicht so weit kommen lassen dürfen.
Sie unterbrach seine Gedanken,
„Wenn wir uns jetzt berühren könnten, dann bedeutete das, es gibt nicht bloß Wut und Panik…"
Snape schüttelte erneut vehement den Kopf und setzte zu einer Antwort an.
Hermine legte einen Zeigefinger an ihre Lippen.
„Und wenn es wahr wäre?" flüsterte sie, schloss die Augen und ließ sich langsam nach vorn fallen.
TBC
Oh je, oh je! Es ist Weihnachtszeit und da gehen immer die Gefühle mit mir durch! Und mit Hermine scheinbar auch! -g -
Wird die Autorin mutig genug sein? Oder landet Hermine auf dem Boden?
Ich bin gerne bereit, Euch Antworten zu geben – natürlich nur nach Erhalt von unzähligen Reviews -ggg- Ich freu' mich schon!
