A/N: Wieder einmal! Ich hab's tatsächlich geschafft, endlich das vierte Kapitel zu Ende zu schreiben. A real pain in the ass, sag ich euch, und es ist schon seit Monaten halbfertig auf meinem Computer verstaubt. Aber jetzt... -freu- ... FERTIG!

Vielen vielen Dank an die Reviewer von letztem Mal! Ihr seid spitze!

Sooooo... gewidmet ist dieses Kapi (das mir doch noch ganz gut gefällt) Shippo-chan17 aus dem mexx, selbst eine verdammt gute Schreiberin, wenn man das hier mal dazu fügen darf, die mich mehr oder weniger indirekt dazu gebracht hat, meinen Arsch vor den Comp zu pflanzen und ENDLICH dieses Kapitel fertig zu schreiben! Danke! -Shippo knuff-

Disclaimer: Nix meins.


Kapitel 4:

Die bahnbrechende Praktik praktischen Einbruchs

Die Welt um Inuyasha herum schwamm. Genauer gesagt schwamm sie seit dem Augenblick, als er sich umgedreht hatte und ihr Gesicht gesehen hatte.

Ihr Gesicht.

Sie.

Er spürte, wie ihm der kalte Schweiß ausbrach und seine Glieder erbebten. Nur durch eiserne Willenskraft hielt er das Zittern seiner plötzlich eiskalten Hände zurück. Seine Haut fühlte sich klamm an unter seinem Hemd.

Das ist nicht wahr, das kann nicht sein!' pochte es in seinem Kopf, noch als der Rest seines Körpers seltsam taub wurde. Jetzt schwamm auch ihr Gesicht vor seinen Augen. Er blinzelte scharf und seine Sicht wurde wieder klar, mitsamt der vor Ärger dunklen Augen, die sich in seine bohrten. Das war fast ein genauso großer Schock. Sie waren blau. Blau! Nicht braun, blau. Nicht braun, kein braun...

Inuyasha atmete tief durch und versuchte kraftlos, die ungewollten Erinnerungsfetzen zu verbannen. Blau, nicht braun... Er hörte Miroku etwas sagen, aber die Worte drangen nicht bis zu ihm durch, als er langsam die Beherrschung wiederfand. Nicht braun, blau... Tiefes Atmen löste die Taubheit in der Brust. Nicht braun, nicht braun, nicht braun...

Kagome Higurashis Stimme drang durch den Nebel in seinem Kopf und riss ihn weg und plötzlich war alles wieder klar und deutlich: die Frau vor ihm mit ihren graublauen Sturmwolkenaugen, der Raum, in dem sie sich befanden, Miroku neben ihm, der ihr mit weicher, besänftigender Stimme erklärte, woher sie den Schlüssel zu ihrer Wohnung hatten. Und der andere Mann, der groß und sperrig hinter der schmalen Frau stand, noch im Türrahmen und halb im Schatten, den Inuyasha stirnrunzelnd bemerkte – er war ihm vorhin gar nicht aufgefallen.

Seine Augen suchten sehnsüchtig wieder das Gesicht der jungen Frau. Warum war es ihm nicht schon davor aufgefallen? Er hatte Fotos gesehen, er hatte sie persönlich getroffen, warum war es ihm bloß nicht aufgefallen?

„...und hätten Sie im Übrigen nicht Interesse daran, die Mutter meiner Kinder zu werden?"

Das holte Inuyasha nun endgültig aus seinem traumatisierten Schockzustand. Mirokus Augen flackerten nervös zu seinem Partner hinüber, aus dessen Richtung verdächtige Vibrierungen in der Luft kamen, etwas wie ein lautloses Knurren, tief aus der Kehle. Uh-oh...

„Hehe, nichts für ungut, Mann", grinste Miroku nervös und tätschelte schwach Inuyashas Arm. Der warf einen drohenden Blick auf die patschende Hand und ihr Eigentümer zog sie schnell wieder weg. ‚Mann, der und seine verdammten Launen', fluchte Miroku innerlich und rollte genervt die Augen. Was Inuyasha freilich nicht mitbekam, denn seine Augen waren unbeweglich auf die junge Frau vor ihnen gerichtet. Und sie waren hart wie Stein.

Kagome Higurashis kühle Erscheinung wankte nicht, aber Mirokus meinte, darunter unruhige Schauder ausmachen zu können. Aber vielleicht täuschte er sich auch. Ihre Augen glitten prüfend hin und her zwischen den beiden Männern, die sie so ohne Vorwarnung in ihrem Heim angetroffen hatte, als wollte sie ausmachen, wer sie wirklich waren und was sie von ihr wollen könnten. Seltsamerweise schien sie nicht weiter erschrocken zu sein, eher erstaunt und...naja...verärgert. Miroku beobachtete fasziniert, wie sich die graublau bewölkte Iris ihrer Augen zu einem tieferen Blau lichtete, als ihr anfänglicher Zorn nachließ und verärgerter Irritation Platz machte. Zweifellos weil sich Inuyashas unlesbar verengte Augen immer noch in sie bohrten.

Die junge Frau wollte gerade den Mund aufmachen um die unabwendbare Frage ‚was ist denn jetzt?' zu stellen, und Miroku bereitete sich auch schon davor, wahrheitsgetreu zu antworten, aber es war Inuyasha, der dann tatsächlich die Stille brach.

„Sie sehen fit aus, Miss Higurashi" – Miroku runzelte die Stirn bei der scharfen Betonung ihres Namens – „Dann sind Sie ja auch sicherlich bereit, uns ein paar Fragen zu beantworten?" Eigentlich war es gar keine Frage, und das merkte anscheinend auch die Angesprochene, wenn man einmal davon ausging wie sich ihre Augen für einen Moment gefährlich verengten, bevor ihr Gesicht wieder neutral wurde.

„Natürlich, wenn es hilft--"

Red keinen Unsinn!" Mit der durch den Raum tönenden Stimme schnappte die Aufmerksamkeit der drei augenblicklich zu der vierten Person im Raum, die sich bisher so unauffällig verhalten hatte. Nun schien sich der stämmige Mann mit seinen breiten Schultern geradezu aus dem Schatten zu zwängen und fixierte die beiden Inspektoren mit wütendem Blick. „Und was glauben Sie eigentlich wer Sie sind, einfach hier einzubrechen und dann auch noch solche Forderungen zu stellen?"

„Manten!" Der Ausruf stammte von Kagome Higurashi und kam damit tatsächlich Inuyashas zorniger Zurechtweisung zuvor. Sie schaute den Mann verärgert an, ungeachtet dessen, dass er sie beinahe um zwei Köpfe überragte und wahrscheinlich dreifach so breit war, und hatte den Mund zu einer missvergnügten Linie verzogen.

„Ich verlange eine Erklärung", stieß der Mann störrisch hervor, die zitternde Missbilligung seiner Begleiterin einfach wegwischend. Miroku hingegen beobachtete, wie sich sowohl die Augen der Frau als auch die seines Partners zu Schlitzen verengten, und entschied, dass es besser war, jetzt einzugreifen, bevor noch irgendjemand ein Blutbad anrichtete.

„Wie schon erwähnt", durchbrach er die gespannte Atmosphäre im Raum, seine Stimme höflich, aber unnachgiebig, „sind wir hier, um mit Miss Higurashi zu sprechen. Gibt es damit ein Problem?"

Der Blick des bulligen Fremden schwenkte zu ihm. „Natürlich gibt es das! Sie wissen so gut wie ich, dass sie sich auf keinen Fall--"

„Und wer sind Sie das zu entscheiden?" Inuyasha hatte offensichtlich genug gehabt von dem Theater und wurde jetzt ungeduldig und genervt.

„Jemand, der es besser weiß als Sie." In den Augen des Mannes – wie hatte Miss Higurashi ihn genannt? Manten? – lauerte eine so offensichtliche Drohung, dass man sie schon fast hervorschnellen und ihre Giftzähne in ihrem Fleisch vergraben sehen konnte. Leider vollkommen wirkungslos bei Inuyasha.

„Sind Sie in der Lage, uns ein paar Fragen beantworten?" wendete er sich brüsk an Kagome Higurashi, sowohl Manten als auch dessen giftigen Blicke völlig ignorierend.

„Ja, ich denke schon..."

„Na dann ist das ja geklärt." Inuyasha nickte in grimmiger Zufriedenheit und wandte sich dann wieder dem anderen Mann zu. „Hätten Sie nun die Güte uns allein zu lassen, damit wir mit der Befragung beginnen können?" Seine Stimme war scharf wie eine Messerklinge und triefte vor Sarkasmus.

„Alleinlassen? Niemals!"

„Manten!" Der Ruf kam abermals von der jungen Frau, die sein Verhalten anscheinend langsam genauso irritierend fand. „Bitte", fügte sie milder hinzu, „diese Männer machen nur ihren Job, und es ist schon okay, ehrlich. Sie werden mich schon nicht umbringen." Miroku sah ihre Augen kurz aufblitzen, als wäre sie belustigt. Der Angesprochene betrachtete sie mehrere Momente lang widerwillig, ließ aber dann geschlagen die Hände sinken und bewegte sich langsam zur Wohnungstür, um draußen auf dem Gang zu warten.

Damit er uns gleich die Schädel einschlagen kann, wenn wir arglos herausspazieren', schoss es Miroku durch den Kopf. Also, wenn man die tödlichen Blicke, die der Typ zurückwarf, als Hinweis nahm... Ihm entwischte beinahe ein erleichterter Seufzer, als sich die Tür hinter ihm schloss. Etwas entspannter folgte der junge Inspektor der Einladung ihrer „Gastgeberin" und ließ sich neben Inuyasha auf der angebotenen langen Couch in der Wohnecke nieder. Sie selbst setzte sich ihnen gegenüber, der niedrige Couchtisch wie ein zwergwüchsiger Wachsoldat zwischen ihnen, der grimmig darauf achtete, dass die beiden Invasoren seiner Herrin nicht zu nahe kamen. Ein kurzer Seitenblick auf Inuyasha zeigte Miroku, dass dieser sich – allem Anschein nach völlig entspannt, hätte Miroku es nicht besser gewusst – in dem weichen Möbelstück zurückgelehnt hatte und die Frau vor ihnen gelassen beobachtete.

„Also?" Kagome Higurashi hob schließlich fragend ein elegant geschwungene Augenbraue und sah die beiden erwartend an.

Inuyasha ergriff kühl das Wort, recht schnell für seine Verhältnisse, wie Miroku fand.

„Wie gut ist Ihr Gesundheitszustand, Miss Higurashi?"

Ein kurzer Ausdruck der Irritation flatterte über das Gesicht der Befragten – das hatte sie nicht erwartet. „Es geht mir gut, soweit. So gut es gehen kann nach..." Ein kurzes unbehagliches Schulterzucken, als wollte sie etwas abschütteln. Oder vielleicht überspielen, wie sich ihre Hände in ihrem Schoß verkrampften. Einen Moment blieb sei still, dann fügte sie hinzu: „Der Arzt übertreibt mit seiner Diagnose."

„Inwiefern?"

„Ich bin nicht aus Zucker."

„Augenscheinlich nicht." Bei Inuyashas letztem Kommentar blickte sie kurz scharf auf und verengte sie Augen ein wenig, sagte aber nichts.

„Nun", ergriff er wieder das Wort, „Wenn Sie uns jetzt ein wenig von Houjo Shikouta erzählen könnten..." Er wartete nicht ab, dass sie ihr Einverständnis nickte, sondern fuhr gleich fort. „Sie waren seine Verlobte, ja? Wie lange kannten Sie sich schon?"

Kagomes Gesicht nahm kurz einen nachdenklichen Ausdruck an, als sie den Kopf leicht schief legte und nach oben schielte, als würde die Antwort dort über ihrem Kopf schweben. „Hmm... wir haben uns kennen gelernt... vorletztes Frühjahr. Das wären dann ungefähr eineinhalb Jahre..." Sie nickte fest zur Bestätigung und fixierte den Blick wieder auf Inuyasha. „Eineinhalb Jahre."

„Und seit wann waren Sie verlobt?"

„Seit April diesen Jahres. Dem neunten, um genau zu sein." Ein leises, trauriges Lächeln schwebte über ihr schönes Gesicht, als sie den Blick in den Schoß senkte.

Inuyasha blieb einen Moment lang stumm, in dem er sie mit einem Ausdruck musterte, der dem von Mitgefühl nahe kam, aber auch nicht ganz. „Hatten Sie schon einen Termin für die Hochzeit?" Schon in Mirokus Ohren klang die Frage weit zögerlicher, als er es von Inuyasha erwartet hätte. Kagome Higurashi sah wieder auf, aber wenn sie etwas gemerkt hatte, ließ sie es sich zumindest nicht anmerken.

„Nein... nein, noch nicht. Houjo wollte so bald wie möglich heiraten", erklärte sie mit einem etwas gezwungenen Lächeln, das weder Miroku noch Inuyasha entging, „aber ich wollte noch warten. Es war einfach...zu früh."

Was sich jetzt im Raum ausbreitete, konnte nur als unangenehmes Schweigen bezeichnet werden. Miroku rutschte unwohl auf seinem Platz umher, bis er sich endlich räusperte und damit das Wort an sich nahm.

„Sie haben Familie, Miss Higurashi?" wechselte er das Thema.

„Ja." Auf ihrem Gesicht zeigte sich ein Lächeln. „Meine Mutter, meinen Großvater und meinen kleinen Bruder. Oder", verbesserte sie sich mit einem weiter werdenden Lachen, „vielleicht wäre es besser zu sagen, er ist mein jüngerer Bruder. Mittlerweile überragt er mich sicherlich um mindestens einen Kopf." Miroku nahm zum ersten Mal seit er sie kennen gelernt hatte ein schalkhaftes Glitzern in ihren Augen wahr und musste unwillkürlich zurückgrinsen.

„Sehen Sie sie oft?" fragte er weiter und wurde mit einem leichten Kopfschütteln und einer bedauernden –traurigen?- Miene belohnt.

„Nein, leider nicht. Sie wohnen unten in Osaka." Sie hob eine Augenbraue, ein heimliches Lächeln in den Mundwinkeln. „Aber das haben Sie doch sicher schon gewusst, oder? Es müsste in meiner Akte stehen."

Oh...' war das einzige Ach-so-schlaue, das Miroku durch den Kopf schoss, als er versuchte, eine offensichtliche Reaktion auf den so unschuldig ausgesprochenen Kommentar zu unterdrücken. Neben sich fühlte er, wie sich Inuyashas Körper spannte. Er nahm an, dass sein Partner es aufgrund von irgendeinem verdrehten Sinn von Würde als persönliche Beleidigung betrachtete, dass die Akte noch nicht in ihrem Besitz war. Aber die Frau vor ihm hatte ins Schwarze getroffen, Miroku hatte tatsächlich um ihren familiären Hintergrund gewusst – so viel ließ sich auch ohne Akte herausfinden.

„Schon, aber ich wollte es noch einmal aus ihrem eigenen Mund hören", erwiderte er mit einem charmanten Lächeln. „Und – wenn man fragen darf – warum sind Sie dann jetzt hier in Tokyo?"

Inuyasha neben ihm setzte sich anders hin und gab etwas von sich, das zu leise war um ein richtiges Schnauben zu sein. Es sagte deutlich: Ist das nicht offensichtlich? Miroku konnte fast den genervten Unterton aus der unausgesprochenen Frage heraushören – und beschloss ihn wie gewöhnlich zu ignorieren. Natürlich hatte die junge Frau weggewollt von dem Ort, an dem sie als Männermörderin verrufen war, wer würde das nicht? Miroku interessierte nur, was sie jetzt vorbringen würde.

„Nun, ich Ärztin – Kinderärztin – und mir wurde hier eine Stelle in einem Krankenhaus angeboten, und da..." Sie zuckte die Schultern und schenkte ihnen ein Lächeln.

„Ich verstehe. Und wie lange sind Sie nun schon hier?"

Kagome Higurashi überlegte kurz. „Es dürften fast drei Jahre sein." Das Lächeln, das so natürlich schien auf ihrem Gesicht, verschwand nicht, wurde aber eine Spur nichtssagender.

Neben ihm lehnte sich Inuyasha ein wenig nach vorne. „Also lernten Sie Herrn Shikouta, ihren späteren Verlobten, erst hier kennen?" Inuyasha hatte, während Miroku ihr Fragen gestellt hatte, die Frau vor ihnen lange genug beobachtet um sich an die erschreckende Vertrautheit der fließenden Bewegungen ihres Körpers und die Fremdheit ihrer Stimme gewöhnt zu haben, aber trotzdem traf ihn, als sie den Kopf zu ihm drehte um seine Frage zu beantworten, der Blick ihrer Augen wie ein kleiner Schock. Sie lächelten, ihre Augen, eine sanft blaugraue Spiegelung des ein wenig erstarrten Lächelns auf ihren Lippen.

„Ja, auf irgendeiner Wohltätigkeitsveranstaltung. Warum wollen Sie das wissen?" Sie musterte ihn prüfend, und Inuyashas Lippen verzogen sich zu einem trockenen Grinsen. Bei Miroku hatte sie nicht nachgefragt.

„Reine Neugier." Eine seiner dunklen Augenbrauen hob sich ironisch und sie antwortete mit einem sanften Blähen der Nüstern in einem genervten, unhörbaren Schnauben, gepaart mit dem verärgerten Verdunkeln ihrer Augen. Er grinste innerlich. So leicht zu reizen...

„Darf ich fragen...", fuhr er fort, wieder ernst, obwohl sie ihn immer noch mit einem Blick ansah, der das Lächeln von vorhin verloren hatte, „Vertrauten Sie ihm?"

Kagome Higurashis Augen weiteten sich ein Stück. Anscheinend hatte sie alles mögliche erwartet, aber nicht diese Frage. „J-ja", brachte sie schließlich hervor, immer noch überrascht. Jetzt lehnte sich Inuyasha noch weiter vor, sie mit seinem hellen Blick fixierend, so eindringlich, dass sie ein wenig zurückwich.

„Und... hätten Sie ihm Ihr Leben anvertraut?"

Sie wich wenn möglich noch weiter zurück, das Gesicht blass, die blauen Augen riesig groß und mit ein wenig zitternden Lippen. Sie wirkte in diesem Moment so herzzerreißend unschuldig, dass er sie am liebsten zu sich in sein Hemd gewickelt hätte um sie vor allem Unheil zu beschützen. Aber sie war keine Jungfrau in Nöten, erinnerte er sich selbst, und er war auch kein Held mit reinem Herzen, der sie retten konnte.

Er lehnte sich wieder zurück, plötzlich müde. „Und hat er Ihnen auch vertraut?" fragte er leise. Sein Blick hatte an Kraft verloren, aber nicht an Intensität, und als sie so geradewegs zurückschaute, schien sie vor seinen Augen zu altern, bis sie schließlich gramerfüllt den Kopf senkte.

„Ja", antwortete sie leise.

„Haben Sie gewusst, dass er vor ein paar Wochen eine Lebensversicherung abgeschlossen hat?" Inuyasha schaute auf ihren gesenkten Kopf, presste die Lippen aufeinander und verhärtete sein Herz.

„Ja..." Dieses Mal war es nicht mehr als ein Flüstern.

„Er hat Ihnen alles überschrieben im Falle seines Todes..." Inuyasha betrachtete sie kalkulierend, aber mit dem Nächsten hatte er nicht gerechnet.

ICH WEISS!" Die Frau fuhr wie ein Blitzschlag von der Couch hoch und ebenso urplötzlich und starrte die beiden mit einem wilden Blick an. Die Tränen, die ihr das Gesicht herunterliefen, wischte sie heftig mit der Faust weg. „Ich weiß! Und ich habe ihn gebeten es nicht zu tun! Ich habe ihn angefleht! Aber er wollte nicht hören, er wollte einfach nicht hören, und dann... und dann..." Ihre Stimme verschwand in einem gebrochenen Schluchzen, Tränen liefen ihr über die Wangen und dieses Mal machte sie sich nicht die Mühe, sie wegzuwischen. Als hätte sie alle Kraft verlassen, schwankte sie und fiel dann auf dem Sofa in sich zusammen, das Gesicht in den Händen vergraben. Inuyasha und Miroku konnten sie nur fassungslos anstarren.

„Gehen Sie", befahl ihre gebrochene Stimme heiser, als sie den Blick hob, ihre Augen so voller Schmerz, dass es einem das Herz zusammenzog. „Gehen Sie..."

Und als er so ihr schönes Gesicht betrachtete, tränenbefleckt, von Qual verzerrt und von noch etwas anderem – Angst? – traf es ihn auf einmal wie ein Schlag. Inuyashas Augen flackerten zu Miroku hinüber und sah seine eigene Befürchtung in der erschrockenen Erkenntnis in dessen Blick widergespiegelt:

Kagome Higurashi hatte von Anfang an gewusst, dass ihr Verlobter sterben würde.

oOo

Als Inuyasha seine Wohnung betrat, war diese bereits in bleiches Mondlicht gebadet, das durch die hohen Wohnraumfenster fiel. Mit einem Seufzen streifte er an der Tür Schuhe und Strümpfe ab, warf den Mantel achtlos über die Couchlehne und schleppte sich in die kleine Küche. Ohne sich die Mühe zu machen, das Licht einzuschalten, holte er sich aus dem Küchenschrank ein Glas. Kami, er war müde... Erschöpft ließ er die Stirn mit einem gedämpften Rumsen gegen den Hängeschrank über dem Waschbecken fallen, als das Leitungswasser in einem flüssigen Mondlichtstrahl gurgelnd das Glas füllte. Und fast überlief. Inuyasha blinzelte mit einem müden Anflug von Irritation und drehte den Hahn ab. Was war heute nur schief gegangen?

Das gefüllte Glas stand vergessen, als er sich schwer gegen die Theke sinken ließ und die Augen schloss. Sofort projizierte sein Geist das Bild einer Frau herauf, aber er vertrieb es wieder. Was war los mit ihm, dass er so die Fassung verlor nur weil er ein Gesicht sah, das dem Kikyos glich? Nicht dass ihre Aussagen allein nicht schon alarmierend genug gewesen wären... da war etwas an dieser Kagome, das ihn zutiefst beunruhigte. Und erschreckte. Heute hätte er Miroku fast den Kopf abgerissen, als er bei ihr mal wieder auf seine berühmt-berüchtigte Tuchfühlung gehen wollte. Was war los mit ihm?

Inuyasha seufzte schwer. Er wünschte sich beinahe, sie hätten nicht ihre Wohnung aufgesucht. Und der Tag war ja von da an nicht gerade besser geworden. Erst der Besuch beim Chef („Das war praktisch Einbruch, ihr Idioten! Wenn sie uns verklagt, fliegt ihr, aber so was von hochkant!"), die Nachricht von Kaede, dass die Akte immer noch nicht da war („Da kann ich nichts machen, fürchte ich. Und Inuyasha, Einbruch ist ein Verbrechen."), Kouga, dieser räudige Bettvorleger, der verdammterweise ausgerechnet heute gemeint hatte, auch mal wieder im Büro aufkreuzen zu müssen („Was, hab ich das richtig gehört? Du bist wo eingebrochen, Hundejunge?"), und dann noch der Besuch bei seiner Mutter im Krankenhaus... Sie sagte, sie fühle sich besser, aber Inuyasha betrachtete mit tiefer Besorgnis, wie bleich und ausgezehrt sie unter der Last ihres schwarzen Haares war. Wenn... wenn sie...

Inuyasha wurde abrupt aus seiner Lethargie gerissen, als sich zwei schlanke Arme von hinten um seine Brust schlangen. „Wo bist du nur mit deinem Gedanken, mein Süßer...", schnurrte die Stimme der Frau; das Geräusch ihres verführerischen Lachens vibrierte durch seinen Körper. Inuyasha war kurz erstarrt, entspannte sich aber wieder, als er die Stimme erkannte. Ihm entrang sich ein resignierter Seufzer, bevor er sich daran machte, die beiden umschlingenden Arme von seinem Oberkörper zu schälen.

„Nazuna, warum sitzt du hier im Dunkeln rum?"

„Oh, ja, danke, mir geht es auch gut, danke der Nachfrage", erwiderte diese sarkastisch, plötzlich ganze ohne verführerisches Schnurren, und löste sich von ihm. „Was ist los mit dir? Du hast nicht einmal gemerkt, dass ich schon die ganze Zeit in der Küche war - bist du krank?"

„Nazuna--", Inuyasha brach kurz ab um genervt ihre prüfende Hand von seiner Stirn zu schieben und sich zu ihr umzudrehen. „Was machst du hier?"

Die junge Frau schaute zu ihm hoch, die vollen –vermutlich pink- bemalten Lippen zu einem spielerischen Schmollmund verzogen. „Also echt, da kommt man einmal den ganzen Weg nach Tokyo, und du hast nichts anderes zu sagen als ‚was machst du hier'... Darf frau denn nicht einmal mehr ihren großen Lieblingsbruder besuchen?" Das unschuldige Klimpern ihrer Wimpern war einfach zu unschuldig um echt zu sein.

„Keh." Inuyasha schnaubte. „Ich kenne euch. Ihr kommt immer nur her, wenn ihr irgendwas von mir wollt."

Nazuna lachte bei seiner brummigen Miene und gab ihm ein spielerisches Küsschen auf die Wange – natürlich genau gezielt, weil sie wusste, dass er kein Fan von öffentlichen Gesten der Zuneigung war – bevor sie sich wieder an dem kleinen Zweier-Esstisch auf den Küchenstuhl niederließ, auf dem sie vorhin schon unbemerkt loungiert hatte.

„Du weißt, dass das nicht wahr ist, lnu." Inuyasha schaute sie hart aus verschmälerten Augen an und zog eine äußerst skeptische Braue hoch. Und sie verlor die Beherrschung.

„Boahhh, ich sag's dir, Inu, das ist schrecklich!" sprudelte sie aufgebracht hervor und warf mit einer Geste, die bei jedem anderen übertrieben dramatisch gewirkt hätte, die Hände in die Luft. „Die Frau macht mich wahnsinnig! Es ist ja schon schrecklich genug, dass Mom im Krankenhaus ist und Dad den ganzen Tag ziellos im Haus herumgeistert, aber jetzt muss auch noch Grandma bei uns einziehen! Damit auch ‚mittags etwas zu essen auf dem Tisch steht'"--Inuyasha lachte leise bei der nahezu perfekten Nachahmung des Tonfalls ihrer Großmutter --„Ich meine, ich liebe Grams, aber das ist einfach ZU VIEL! Grauenhaft! Seit sie bei uns wohnt schließt sich Dad den ganzen Tag in seinem Arbeitszimmer ein und hat eine Höllenlaune. Und dabei ist sie SEINE Mutter! Sess, der alte Bastard, hat sich irgendwo nach Hokkaido oder sonst wohin auf Geschäftsreise verzogen – mit der ganzen Familie. Geschäftsreise, sicherlich – und Shippo hat dann mal ganz ‚spontan' verkündet, dass er auf eine kleine Campingtour mit seiner neuen Freundin geht – im OKTOBER! Camping my ass..." Dieses Mal war der aufgebrachte Schmollmund echt, als sie düster die Arme vor der Brust verschränkte. „Und dann--"

„Und dann hast du gedacht, du quartierst dich mal kurzerhand hier ein bis der Drache wieder weg ist?" Inuyasha schnaubte erneut, hob endlich das vorhin gefüllte Glas von der Theke und nahm einen tiefen Schluck.

„Oh jaaah, liebster Bruder", grinste sie mit leuchtenden Augen und klimperte erneut affektiert ihre Wimpern, der düstere Blick von jetzt auf nachher einfach weggewischt als sei er nie da gewesen, „du hast doch sicherlich nichts dagegen, deine kleines, absolut liebenswertes Schwesterchen ein, zwei Tägchen bei dir aufzunehmen?"

„Oder ein, zwei ‚Wöchelchen'?"

„Ohh mann, hör mal auf dich wie ein großer brummiger Hund zu verhalten! Also echt, wann hast du das letzte Mal gelacht?"

„Vor einer halben Stunde, bevor ich nach Hause kam und meine parasitische kleine Schwester hier fand."

„Danke, dass du mich aufnimmst."

„Es hat genug Brücken in Tokyo, unter denen du wohnen könntest. Die am Hafen ist zu empfehlen, sehr geräumig mit Meerblick."

„Ich hab meine Taschen ins Schlafzimmer gestellt."

„Keh."

Inuyasha schaute sie finster an, nahm sein Glas mit und ließ sich ihr gegenüber auf dem zweiten Stuhl am Tisch nieder. Die Arme verschränkt und die Augen zusammengekniffen starrten sie sich böse über die geringe Länge des Tisches an. Die Luft zwischen ihnen knisterte vor Spannung, als wäre es ein Verbrechen, als erster wegzuschauen – bis Inuyashas scharfe Augen das schelmische Glitzern in Nazunas Blick auffingen und seine Mundwinkel unwillkürlich anfingen zu zucken. Kurz darauf verloren sie beide die Kontrolle in ihrem uralten Spiel und fingen hilflos an zu lachen.

Eine vergnügte Stille breitete sich bald wieder zwischen ihnen aus, und als Inuyasha das Mädchen vor ihm betrachtete, war er ihr plötzlich unglaublich dankbar, dass sie gekommen war. Mondlicht war zu einsam. Mit einem leisen, aber zufriedenen Seufzer hievte er sich aus dem Küchenstuhl und betätigte endlich den Lichtschalter neben der Tür.

„Hast du Hunger?"

„Hast du was da?" Nazuna beugte sich aufgeregt vor und ihre Augen leuchteten auf. Insgeheim hatte ihr Magen schon die ganze Zeit vor sich hingeknurrt. „Was anderes als Ramen?" setzte sie noch schnell hinzu, als sie sah, wie Inuyasha schon den Mund zur Antwort öffnete. Und ihn jetzt wieder schloss.

„Was stimmt nicht mit Ramen?" verteidigte er beleidigt sein Ein und Alles.

Nazuna rollte die Augen. „Isst du eigentlich auch was anderes? Ach nein, tust du nicht, ich hab in deine Schränke geguckt, und die sind voll von dem Zeug. Ehrlich Inu, du brauchst dringend eine Frau!" Sie lachte vergnügt und genehmigte sich einen Schluck aus seinem verwaisten Glas.

„Ich will keine Frau."

Das Lachen verstummte abrupt, als Nazuna überrascht von seiner plötzlich eisigen Stimme zu ihm aufblickte und den harten Zug um seinen Mund sah und die Art, wie er die Kiefer aufeinander presste. Sie schloss kurz resigniert die Augen. Wie oft hatten sie diese Diskussion schon gehabt?

„Inu, wie lang ist es jetzt her? Drei Jahre?--"

„Zweieinhalb."

Seine Schwester rollte die Augen. „Okay, von mir aus, dann sind es eben zweieinhalb – findest du nicht, du solltest langsam mal anfangen wieder am Leben teilzunehmen? Ich kann es nicht ertragen dich so zu sehen! Jedes mal wenn wir uns treffen bist du noch ein bisschen dürrer, und noch ein bisschen verschlossener. Willst du dich ewig in deinem Panzer eingraben und darin langsam vor dich hinsiechen? Inuyasha, wir machen uns alle Sorgen um dich!"

„Ich komme gut zurecht", schnappte Inuyasha und warf ihr einen gefährlichen Blick zu.

„Das sehe ich...", murmelte seine Schwester, beschloss aber, die Diskussion nicht fortzuführen. Warum auch? Er würde eh nicht hören. Ihr entrang sich ein tiefes Seufzen.

„Also, wie war das jetzt mit dem Ramen?" gab sie auf, wieder einmal. Inuyasha grollte leise in der Kehle, gab aber auch keine Reaktion mehr zu dem alten Thema, als er sich bückte um aus einem Schrank einen Topf für das Wasser und aus einem anderen zwei Packungen Ramen zu holen. Schweigend warteten sie darauf, dass das Essen fertig war, Inuyasha das leise vor sich hin köchelnde Wasser, Nazuna seinen ihr zugewendeten, stocksteifen Rücken fixierend. Die Stille zwischen ihnen wurde beinahe unerträglich, und Nazuna fühlte übelerregende Schuld in sich hochsteigen. Es war ihre Schuld, dass er sich jetzt wieder in sich selbst zurückzog, und dabei hatte sie ihn nur besuchen wollen.

Inuyasha zuckte kurz zusammen, als sich die Arme seiner Schwester unvermeintlich wieder von hinten um ihn schlangen und sie sich entschuldigend an seinen Rücken drückte. „Tut mir leid, ich hätte das nicht schon wieder ansprechen sollen...", murmelte sie in seine langen Haarsträhnen, die sich aus dem halblebigen Zopf gelöst hatten.

„Schon okay", erwiderte er leise, unbeholfen ihre Hände auf seiner Brust tätschelnd.

Immerhin', dachte er, ‚ist sie hier.' Ihre Wärme in seinem Rücken hielt ihn fest, als das bleiche Mondlicht durch das vorhanglose Fenster kroch und gierig nach ihm griff.

. . . immer noch To Be Continued ;)


A/N: Oh Mann, es ist ja sooooooooooo offensichtlich, dass Inu ung Kag irgendwann mal was mit einander haben werden! Aber naja, es IST ja eine Inu/Kag, da ist das ja schon erlaubt, oder?

Kein Gelaber mehr, bin viiiiiiiiel zu müde dafür -gääääääähn- Heute morgen erst um viertel nach 6 mit dem Kapitel fertig geworden... -verschlafen blinzel-

Schreibt Reviews, ja? -bettel-