Ende der Ferien, Teil 2
Padma
Parvati und ich stehen am nächsten Morgen auf und sehen, dass die Sonne scheint. Nach dem gestrigen Regen ist der Morgen kühl und klar, der Himmel azurblau mit kaum mehr als ein paar kleinen Wölkchen. Es ist nicht ganz still, denn drüben im Haus sind die Bauleute schon am Arbeiten. Der Garten blüht in allen Farben, eine wahre Pracht. Und die Aussicht ist atemberaubend schön.
„Wow, ist das schön!" hauche ich.
Parvati steht auf und kommt zu mir.
„Es ist wirklich schön. Wenn schon Exil, nehme ich dies hier gerne in Kauf," meint meine Schwester.
„Lass uns aufstehen. Wie wär's mit einer Dusche?"
„Gute Idee!"
Sirius
Sie tauchen alle so zwischen acht und neun in der Küche auf. Wir helfen einander bei der Zubereitung des Frühstücks. Benana ist mit einem Brief für Remus und mich da. Da ich als erster in der Küche auftauche, nehme ich ihn in Empfang und schaue zu, wie die Eule sich zu den anderen auf eine der Stangen setzt, die in der Küche für sie montiert sind. Ich gebe ihr noch einen kleinen Leckerbissen und bedanke mich bei ihr.
Dann setze ich mich an den Tisch und lese Albus' Brief beim Frühstück. Ich schaue davon auf und sage:
„Freut euch, Kinderlein, denn ihr werdet überhaupt keine Hausarbeit verrichten müssen, da sich Dumbledore unser erbarmt und uns Dobby und Winky, zwei Hauselfen zur Unterstützung schickt. Das ist ziemlich fair, denke ich, denn wir sind jetzt doch ein Haushalt mit zehn Personen. Das wird hoffentlich selbst Hermiones strengen Kriterien genügen..."
„Was war das mit meinen strengen Kriterien, Siri?" fragt die Genannte, die gerade von draussen hereinkommt.
„Wir bekommen Dobby und Winky ins Haus. Also: kein kochen, kein putzen für euch Jungs, dafür könnt ihr euch umso besser euren Hausaufgaben widmen," sage ich grinsend, „und also auch keine Ausrede für versäumte Abgabetermine derselben!"
Während die anderen fast alle stöhnen, sieht Hermione fast zufrieden aus.
„Dobby und Winky? Das ist aber nett, dass er grade die schickt..."
„Wieso? Kennst du die beiden? Wir kannten fast alle Hauselfen beim Namen, als wir in der Schule waren, so oft waren wir in der Küche. Falls noch welche von damals da sind, dann wette ich, dass sie für uns immer noch ein Plätzchen in ihren Herzen bewahren..." behaupte ich.
„Ja, ich kenne sie. Erinnerst du dich nicht mehr? Winky war Chrouchs Hauself, die er damals bei der Quidditch Weltmeisterschaft gefeuert hat," sagt Hermione.
„Oh, darum war mir der Name irgendwie noch geläufig."
„Dobby war mal ein Hauself der Malfoys. Bis Harry Lucius übers Ohr gehauen hat und der Dobby aus Versehen eine Socke gab. Das war ein Kleidungsstück aus seines Herren Hand, das reichte, um ihn zu befreien. Seither ist Harry erst recht Dobbys grosser Held. Er ist jetzt ein freier Elf und Dumbledore zahlt ihm einen kleinen Lohn."
„Der klingt nach einem spassigen kleinen Kerlchen! Ich habe die Hauselfen in Hogwarts immer total gern gehabt. Ganz im Gegensatz zu denen meiner Mutter!"
Nachdem wir die Küche wieder aufgeräumt haben, die Kids alle total glücklich, weil sie es mit Zauberei machen dürfen, frage ich in die Runde:
„Zeit, um eine weitere Runde Polyglott-Trank zu brauen. Wer kommt mit, um die Zutaten zu kaufen? Ich muss ausserdem die Zutaten für Remus' Wolfsbanntrank einkaufen."
Harry, Ron, Hermione und Ginny überlassen es den anderen vier, mit Remus und mir nach Bern zu fahren. Remus übernimmt das Steuer. Wir finden unseren Weg in die selbe Apotheke wie das letzte Mal und bekommen alle Ingredienzien, die wir benötigen. Dann erkundige ich mich nach Eulenlieferungsmöglichkeiten und der Verkäufer sagt, dass es kein Problem ist. Wir vereinbaren die Zahlungsweise und ich erhalte ein verzaubertes Stück Pergament, auf dem ich meine Bestellungen eintragen kann.
„Wenn Ihre Eule jeweils wartet, können wir im Normalfall die Sachen gleich liefern und für alles, was wir allenfalls nicht vorrätig haben, schicken wir dann eine unserer eigenen Eulen."
Ich bin einverstanden. Wir bezahlen unsere Einkäufe, dann fragt Remus die Kinder:
„Wollt ihr ein bisschen was von der Stadt sehen?"
„Klar!" gibt Justin zur Antwort.
Die anderen sind natürlich auch interessiert, also führt Remus uns zunächst aus dem magischen Stadtteil ins übrige Bern. Wir gehen der Hauptstrasse entlang über eine Brücke zum Bärengraben.
„Dies hier sind die Bären von Bern. Ganz zu Beginn, einige hundert Jahre her, gab's weiter oben in der Stadt den ersten Bärengraben. Zu sagen ist, dass das damals noch ausserhalb der Stadtmauern war. Ich glaube, das war so im vierzehnten oder fünfzehnten Jahrhundert. Der Name der Stadt kommt vom Wort Bär. Der Sage nach wollte der Stadtgründer, Berchtold V. von Zähringen die neue Siedlung nach dem ersten Tier benennen, das er auf einer eigens dafür organisierten Jagd in den umliegenden Wäldern erlegen sollte. Und das war ein Bär. Daher der Name Bern. Jedenfalls gab es nur eine kurze Zeit in der die Stadt seither ohne lebende Bären da stand und das war, als Napoleon hier vorbei kam. Der und seine Franzosen haben hier so ziemlich alles, was mobil genug war, abgeräumt und mit nach Frankreich genommen. Wir wundern uns immer noch, was sie mit den Bären wollten, aber vielleicht waren sie scharf auf Bärentatzen. Soll angeblich eine Delikatesse sein... Die Legende zur Namensgebung war vermutlich genau das – eine Legende. Wir halten es jedenfalls für ein bisschen zu kommod, dass grade ein so schönes, starkes Tier des Wegs kam, um dem gnädigen Herrn einen Namen für die Stadt zu stiften. Allerdings gab's damals natürlich noch eine Menge mehr Bären. Aber stellt euch mal vor, das erste Viech wäre ein Hase oder so was gewesen..."
Nach einem leichten Lachanfall unsererseits geht's weiter, wieder zurück über die Brücke und durch die Lauben den Gassen entlang. Remus weiss eine Menge über die Geschichte der Stadt, über alles Mögliche darüber hinaus und während er uns alles Mögliche erzählt, schauen wir uns ein bisschen die Schaufenster an. Die Zwillinge bewundern die ‚Arkaden'.
„Wir nennen sie hier Lauben, Parvati," erklärt Remus.
„Was sind das eigentlich für rote Blumen, die wir hier überall auf den Fenstersimsen sehen? Auf denen in unserem Zimmer scheint's auch welche zu geben..." fragt Padma.
„Das sind hier meistens Geranien. Manchmal sieht man auch noch die eine oder andere Petunie. Aber man kann gut sagen, dass die Geranie hier die beliebteste Balkon- und Fensterbankpflanze ist. Wurde hier im frühen 19. Jahrhundert eingeführt und erfreut sich seither steter Beliebtheit. Jeden Frühling gibt es einen Geranienmarkt auf dem Platz da unten vor dem Münster. Mittlerweile gibt es natürlich eine Menge Züchtungen in allen möglichen Rot- und Rosatönen."
„Sie sind wirklich schön..."
„Brauchen allerdings ziemlich viel Pflege. Hermione wird euch zeigen, wie ihr das machen müsst. Wenn man regelmässig die verblühten Blätter und Blüten entfernt und sie gut wässert, auch etwas düngt, dann kann man sich vom Mai bis in den Oktober an den schönen Blumen erfreuen," erklärt Remus.
Wir haben heute einen wunderbaren Augusttag, es gibt viel Volk in der Stadt, Einheimische und noch mehr Touristen. Blaise und Justin haben eine Kamera dabei und machen Fotos. Wir kommen grade zur rechten Zeit, um das Mittagsgeläut und das Figurenspiel am Zytglogge zu bewundern. Danach machen wir noch einen Spaziergang, essen in einer Pizzeria zu Mittag und dann will Remus zurück nach Hause.
Dort angekommen, sortiere ich meine Zaubertrank-Zutaten. Für den Unterricht haben wir die von Snape angebrachten Zutaten in einem grossen Regal im Keller angeordnet. Der Raum ist ziemlich trocken und wir haben mit einem Trocknungszauber noch etwas nachgeholfen. Dann mache ich mich wieder mit Hermiones und Ginnys Hilfe ans Brauen. Blaise gesellt sich auch zu uns und schaut hauptsächlich zu. Aber er stellt ein paar kluge Fragen, anhand derer ich feststellen kann, dass er in Zaubertränke wohl auch ganz gut ist. Dieser Junge macht es mir leicht, zu vergessen, dass er ein Slytherin ist. Wer mit einem Malfoy in der selben Klasse und dem selben Haus so unvoreingenommen herauskommt, muss eine hübsche Portion Herz und Intelligenz besitzen. Hermione bestätigt mir später, dass Blaise vermutlich nur Freunde in anderen Jahrgängen hat und dass sie ihn selten in Malfoys direktem Umfeld gesehen hat.
„Da ist noch ein Junge in der Klasse, Theodore Nott, aber der gehört auch zu Malfoys Faktion," sagt sie noch.
„Wenn der ein Sohn von dem Theodore Nott ist, den ich kenne, dann passt das."
„Todesser?"
„Ins Schwarze getroffen, wie immer, Hermione."
Nachdem wir den Zaubertrank fertig haben, verteile ich ihn auf die vier Schüler, mit denen wir dann in den nächsten paar Tagen ausschliesslich Berndeutsch reden. Weil wir bereits ein paar sind, die das tun, tritt die Wirkung für die vier noch schneller ein als für uns selber. Ausserdem habe ich die Menge so berechnet, dass es am Ende auch für Barb und Housi noch reicht, mit denen wir dann ein paar Tage lang nur Englisch reden, bis sie es können. So haben wir alle was davon.
Die Bauarbeiten verlaufen erfreulich rasch. Man hat solidestes Eichenholz verwendet, was uns zwar ziemlich teuer zu stehen kommt, dafür garantieren die Zimmerleute, dass das Holz Jahrhunderte lang halten wird. Beide Galerien erhalten ein Geländer aus hellem Eichenholz mit einer hübschen Balustrade. Die Treppen werden mit dem selben Geländer ausgerüstet.
Dann kommen die Bauarbeiter, um das Dach etwas auseinander zu nehmen. Es gibt insgesamt drei Dachfenster auf jeder Etage und auf jeder Seite. Dasjenige über dem freien Raum des Klassenzimmers ist flach, die beiden anderen werden ausgemauert und mit Holzrahmen und grossen Fenstern versehen. Zur gleichen Zeit beginnen die Bauleute auch gleich, die Dachfenster im hintersten Teil zu bauen. Dort hat man inzwischen mit dem Aushöhlen begonnen, nachdem wir die letzte Reinigung und gründliche Lüftung übernommen haben.
Nun werden alle Fenster, dreifach verglast, eingesetzt und der grosse Raum wird damit geschlossen. Auch die Türen sind aus Glas. Wir gehen durch den Raum, nachdem die Glaser, Zimmer- und Bauleute am Abend verschwunden sind und zaubern alle Glasflächen unzerstörbar.
Es bleibt noch eine Menge zu tun. Die Bauleute bringen die Isolation an und dann kommen die Zimmerleute noch mal und täfeln alle drei Räume. Im letzten Augenblick haben Remus und ich noch die gute Idee, einen riesigen Kamin bauen zu lassen. Der Rauchfang wird gemauert und oben aufs Dach kommt ein Kamin. Unten dran ist jetzt ein sehr grosses offenes Cheminée, auf dessen Sims Remus sofort allerlei Krimskrams abstellt.
Zufrieden schaue ich mir an, was da entstanden ist. Ein wunderbares Klassenzimmer mit viel Licht durch die Glaswände und die zusätzlichen Deckenlichter. Wir haben den Elektriker bestellt, nachdem ich mit den Mädchen hingefahren bin und mit ihnen zusammen alle Lampen ausgesucht habe. Jetzt beobachte ich die beiden Handwerker, wie sie die ausgewählten Halogenlampen anbringen. An die Wände kommen Wandlichter, die als Deckenfluter dienen und so ihr Licht verbreiten. Wir haben uns entschlossen, beiden Holzdecken einen weissen Anstrich zu geben, damit die Bibliothek und das Klassenzimmer heller werden.
Sobald der mittlere Teil fertig ist, geht's sofort hinten weiter. Zu diesem Teil des Hauses gibt es nun zwei Türen. Eine führt in das geplante Badezimmer, die andere in den Korridor zu den Schlafzimmern. Zum Glück besteht die Trennwand zwischen den beiden Hausteilen aus einer soliden Steinmauer, die noch in Ordnung ist. Zunächst hat man alle Wände und die bestehende niedrige Decke entfernt, so dass nur noch die Stützbalken stehen, auf denen das Dach ruht. Diese werden in die neuen Zwischenwände integriert. Die Böden der neuen hinteren Stockwerke sind schon gleichzeitig mit denen im mittleren Teil gezogen worden, um Zeit zu sparen.
Der Plan für die hinteren Räume sieht ein grosses Badezimmer in der Mitte vor. Ein grosszügiger, s-förmiger Korridor führt darum herum zu den Zimmern. Das erste Zimmer ist gleich rechts neben dem Korridor. Dann gibt es drei Zimmer, die auf die hintere Front hinausgehen und ein weiteres zwischen dem Eckzimmer und dem Bad. Ins Bad gelangt man durch eine Tür vom Klassenzimmer her und auf der anderen Seite vom Korridor her. Statt hier eine Treppe zu bauen, wurde in der Bibliothek und im Gemeinschaftsraum zu oberst ein Durchgang vorbereitet, mit dem selben Muster wie um untersten Stock. Die Zimmer im ersten Stock sind gleich verteilt wie unten, erst im zweiten Stock kommt die Dachschräge und damit etwas weniger Platz. Aber auch dort sind die Wände der Zimmer hoch genug, dass erst weiter oben die Dachschräge auch das Zimmer erfasst. Alles wird sehr gut isoliert werden und alle Zimmer erhalten gut isolierte Holzwände mit Täfelung. Auch die Decke wird isoliert und getäfelt.
Schliesslich ist Ende August das Klassenzimmer so weit, dass wir es einrichten können. Zum Schulbeginn wird es bereit sein. Das Dach ist ein bisschen Patchwork, aber es liegt zeitlich jetzt nicht mehr drin, das vor dem Winter zu machen, es wird auf das nächste Jahr verschoben, entscheiden Remus und ich. Dann schauen wir uns plötzlich an und er murmelt:
„Denkst du, dass wir nächstes Jahr noch hier sind?"
Ich zucke die Achseln und antworte: „Keine Ahnung, aber ich weiss soviel, nämlich, dass dieses Haus mir bereits ein Zuhause ist, also wäre es mir nur recht. Und dir?"
„Aber sicher. Es sieht wirklich super aus. Ich liebe diese Holzkonstruktionen total. Übrigens haben die Zimmerleute Freude daran gehabt, das hier zu bauen. Das merkt man. Und wir sind schon fast wie eine grosse Familie geworden, findest du nicht auch?"
„Wohl wahr. Manchmal macht es mir allerdings ein bisschen bange um dich, denn du trägst die ganze Verantwortung für diese zahlreiche Familie allein auf deinen Schultern, Liebster, ich bin ja nur der flüchtige Mörder, vergiss das nicht..."
„Nicht für alle, die hier wohnen, Liebster, und ganz bestimmt nicht für mich. Du hilfst mir sehr schön dabei, diese Last zu tragen, daher ist sie mir leicht, besten Dank. Und wenn du so weiter machst wie bisher, dann machst du hier wunderbare Arbeit, Siri. Ich habe dich noch nie so konzentriert und seriös gesehen!"
Habe ich mich wirklich niedergelassen? Das frage ich eher mich selber als meinen Gefährten. Ich weiss, dass es mir immer schon gut gegangen ist, wenn ich etwas hatte, worauf ich meine Aufmerksamkeit richten konnte, schon damals, als wir austüftelten, wie man ein Animagus wird. Ich habe im Moment keine Zeit, an meinem Schicksal herumzugrübeln, ich habe nicht mal Zeit, mir um die Zukunft Sorgen zu machen. Alles, was ich weiss ist, dass mein Liebster mich unendlich glücklich macht. Noch nie in meinem Leben bin ich so glücklich gewesen oder so sorgenfrei, also habe ich vielleicht meine Bestimmung tatsächlich gefunden. Wir sind zwar alle Gefangene dieses Hauses, das ist mir sehr klar, aber wenn dies ein Gefängnis ist, so ist es ein gutes Gefängnis, ein Haus, das nicht von üblen Erinnerungen oder Erfahrungen geprägt ist, ein Haus, in dem wir gänzlich neu anfangen konnten und in dem wir deshalb glücklich sind. Und ich muss ja nun ein Vorbild für meine Schüler sein, nicht wahr?
Die Teens sind auch alle glücklich mit den neuen Zimmern. Ich nehme sie mit hinüber, als ich die Einrichtung plane, am Nachmittag, gleich nachdem die Bauarbeiter verschwunden sind. Es ist Freitag Abend, eine Woche, bevor das Schuljahr beginnen wird, die Bauarbeiter werden sich deshalb nicht so sehr wundern, wie wir die Räume so schnell ausgestattet haben. Ich habe wieder einige Kiesel in der Tasche meiner Robe.
„Also. Irgendwelche speziellen Wünsche? Was wollen wir auf dem Boden? Teppich, Parkett, Steinplatten oder Keramikplatten?"
„Ich schlage Spannteppich vor, Sirius, das ist warm und weich," meint Ginny.
Niemand spricht sich dagegen aus, daher bestätige ich:
„Gut. Also Spannteppich, machen wir. Jetzt zur Farbe. Was haltet ihr für das Beste? Der Raum ist hell, aber ich finde, wir sollten nichts Dunkles nehmen, damit die Helligkeit nicht wieder gestört wird."
„Wie wär's mit hellem Beige?" fragt Padma.
„Finde ich auch. Das ist neutral und passt gut, ist aber nicht zu blendend," kommentiert Justin.
Daraufhin schwinge ich meinen Zauberstab und gleich darauf stehen wir auf einem schönen, weichen, hell-beigen Spannteppich. Ich lasse nur eine kleine Ecke um den Kaminofen aus, und auf der Seite zum Hof, wo ich die Zaubertränke-Abteilung plane, dort kommt ein grosses Stück mit Steinfussboden hin. Es sind Steinplatten in der selben Farbe wie der Teppich.
„So was?" frage ich.
„Perfekt," meint Ginny.
„Also, dann die Einrichtung. Hier kommt unser Lehrertisch hin..."
Ich verwandle einen der Steine in einen eleganten Schreibtisch aus Glas mit einem Metallrahmen. Dazu kommt ein Stuhl. Der Tisch hat zwei Platten übereinander, so dass die untere als Ablage benutzt werden kann.
Dann trete ich ein paar Schritte zurück und bringe das grosse Whiteboard an der Decke an. Man kann es herunterholen und wieder hochklappen, wenn es nicht benötigt wird. Die speziellen Stifte dafür werden wir beim nächsten Einkauf mitbringen.
Vor den Tisch bringe ich die Schreibtische in einem Winkel von 90 Grad an. Zwei Tische in eine Reihe, vier Stühle dazu, zu jedem Arbeitsplatz ein Rollcontainer mit Schubladen und dann wiederhole ich das Ganze noch einmal gegenüber und zuletzt verbinde ich die beiden Reihen mit zwei Arbeitstischen, vier Stühlen und vier Rollcontainern, so dass das Ganze wie ein U aussieht. An den Wänden ist Platz für eine ganze Anzahl von Schränken und Sideboards. Einige Regale gibt's auch. Vor den Kamin stelle ich eine grosse, gemütliche Sitzgruppe. Dann geht's hinüber zur Zaubertränke-Ecke. Sideboards an die Wand, ein zweites Whiteboard an die Decke, ebenfalls zum Hochklappen, zwei Reihen Arbeitstische. Es sind die selben Tische wie auf der anderen Seite, nur etwas tiefer und breiter. Dafür lege ich auf jeden Tisch eine dicke Granitplatte als Abdeckung. Auch hier kommen Rollcontainer unter die Tische und es gibt pro Tisch zwei Stühle.
„Voilà! Die Dekoration des Raumes überlasse ich eurer Fantasie. Was haltet ihr davon?" frage ich.
„Spitze!" sagt Hermione nur.
„Dann schlage ich doch vor, dass wir uns eine Etage nach oben bewegen, damit wir uns die Bibliothek vornehmen können."
Wir gehen alle die Treppe hoch. Die grossen Schachteln, welche die Bücher der Hogwarts-Bibliothek enthalten, haben wir alle bereits hochgebracht. Es sind ein paar hundert, die alle nur so gross sind wie Streichholzschachteln, doch jede Schachtel enthält mindestens fünfhundert winzigkleine Bücher. Wir haben den ganzen Sack, in dem sich die Schachteln befinden, neben der Treppe hingestellt. Ich fange natürlich beim Boden an, den ich wieder mit einem Spannteppich belege. Die Regale sind natürlich bereits da, also bleibt mir nur, ein kleines Pult für den Bibliothekskatalog zu machen und einen Stuhl dazu. Dann setze ich mehrere Tische und Stühle zwischen die Regalreihen. In der Mitte ist ein offener Platz, dort setze ich eine gemütliche Sitzgruppe mit Sofas und Couchtisch hin. Die Halogenlampen hängen auch bereits, der Elektriker hat uns auch mehrere Leselampen hingestellt und einige gute Lampen für die Arbeitstische angebracht.
Hermione levitiert den Sack auf den grossen Tisch in der Mitte und holt mit Hilfe der anderen die Schachteln raus. Sie schichten die kleinen Schachteln auf und stellen sie alle ins Regal, das am nächsten beim Pult steht. Remus macht eine grosse Schublade in diesem Regal und schlägt vor:
„Am besten leert ihr die vergrösserten Schachteln in die Schubladen und dann benutzen wir den Suchzauber, um Bücher hervorzuholen. Es reicht, wenn ihr einen Oberbegriff nennt, alle Bücher, die etwas dazu drin haben, werden dann hervorkommen. Dann könnt ihr die schon vergrösserten Bücher systematisch in die Regale stauen. Madam Pince hat euch auch die gesamte Inventarliste mitgegeben, mit Titel, Autoren und Erscheinungsjahr der Bücher, wo vorhanden sind auch Vermerke zur Ausgabe und andere bibliophile Angaben sowie eine kurze Inhaltsbeschreibung, also könnt ihr auch danach suchen, wenn ihr bereits wisst, was für ein Buch ihr braucht. Und wenn ihr Lust und Zeit habt, könnt ihr natürlich auch nach Belieben die Regale füllen. Die Schubladen bleiben dann für alle die Bücher, die in den Regalen keinen Platz mehr haben. Die können auch nach Bedarf wieder weggepackt und andere Bücher an deren Platz gestellt werden," schlägt Remus vor.
„Klingt am logischsten für mich, das ist ein guter Vorschlag, Remus," meint Padma.
Wir rücken nun noch zum obersten Stock vor. Er hat die gesamte Grundfläche wie die Bibliothek, aber an den Seiten beginnt auf knapp über einem Meter die Dachschräge. Die zwei Fenster auf jeder Seite sind daher Dachfenster, aber sie geben ziemlich viel Licht. Ich teile den Raum grob in zwei Hälften. Die Teilung erfolgt durch ein langes Sideboard, dessen schmales Ende an die Balustrade schliesst. Es nimmt ungefähr zwei Drittel der Tiefe des Raumes ein. Auf der rechten Seite gehen zwei Schränke zwischen die beiden Fenster. Die Wand zum hintersten Teil des Hauses wird mit Regalen bedeckt. Direkt vor den Sideboards kommt ein runder Tisch mit Stühlen, noch einer ein Stück davon weg, ein langer rechteckiger Tisch geht vor das Geländer, zwei Stühle dazu. Rechts daneben ist Platz für ein Möbel, auf dem wir eine Stereoanlage hinstellen können und dann reicht der Platz noch für zwei Zweiersofas und einen Couchtisch dazwischen. Auf der anderen Seite des Raumes fange ich mit einer Ecke an, an der ich zwei weitere Zweiersofas und einen Couchtisch hinstelle. Hier bekommen die Teens dann auch ihren eigenen Fernseher. Weitere Sideboards und Regale kommen an die Wand. Beim Geländer vor dem Raumteiler kommt eine weitere Sitzgruppe hin und noch eine findet zwischen diesen beiden Sitzgruppen Platz.
„So, jetzt können sie uns noch mehr Schüler bringen, ihr werdet euch hier immer noch nicht auf die Füsse treten," sage ich mit einem Grinsen.
Remus
Padma, Parvati, Justin und Blaise haben schon fast aufgehört, Sirius zu bestaunen. Die anderen vier grinsen natürlich, sie haben ja die erste Runde Einrichten schon miterlebt.
„Wow! Du bist Klasse, Sirius!" sagt Parvati.
„Danke, Parvati. Was ihr eben gesehen habt, ist eine der nettesten Anwendungen der Transfiguration. Wenn du Dinge magisch verändern kannst, dann hast du eine Menge Geld gespart, wenn es ums Einrichten oder Renovieren von Wohnungen und Häusern geht," sagt Sirius. Er sieht aber ziemlich zufrieden mit dem Kompliment aus.
„Sieht schwer danach aus! Das hast du Spitze gemacht. Ich bin sicher, dass wir hier eine Menge lernen können. Und der Gemeinschaftsraum ist fabelhaft!" lobt auch Padma.
„Da kann ich Ihnen nur beistimmen, Miss Patil!" kommt eine Bemerkung vom Erdgeschoss her.
Die Stimme gehört Minerva McGonagall, die unten im neuen Klassenzimmer steht und uns noch einen Besuch abstattet – mit noch drei Schülern und den beiden Hauselfen. Sirius und ich gucken etwas betreten über die Balustrade nach unten. Das bringt die Klasse bereits auf elf Schüler. Aus allen vier Häusern!
„Hallo, Minerva!" rufe ich hinunter.
Dann gehen wir rasch hinunter zu den Neuankömmlingen. Minerva stellt sie vor:
„Remus, du kennst sie ja bereits, Sirius, dies sind Mandy Brocklehurst, Morag MacDougal und Ernie McMillan."
„Freut mich, euch kennenzulernen..." sagt Sirius und ich begrüsse meine vormaligen und offenbar auch zukünftigen Schüler freundlich.
„Sie sind Fünftklässler, die ebenfalls Schutz brauchen. Es gab eine Reihe von Überfällen in den letzten Wochen, keine weiteren Todesopfer zum Glück, und wir sind dran, mehr geschützte Häuser wie eures einzurichten. Wir haben euch offiziell zu den Beschützern unserer Fünftklässler deklariert. Was bedeutet, dass wir Sie zu den Viertklässlern umziehen lassen können, Miss Weasley."
Ginny schaut Minerva ganz erschrocken an. Ich weiss, dass sie kaum Freunde unter ihren gleichaltrigen Mitschülern hat, daher interveniere ich für sie:
„Minerva, Ginny ist absolut im Stande, dem Stoff der fünften Klasse zu folgen. Ihre besten Freunde sind ausserdem hier, kannst du sie nicht hier lassen?"
„Möchten Sie denn nicht mit Ihren Altersgenossen zusammen sein, Miss Weasley?" fragt Minerva erstaunt.
Ginny schüttelt heftig den Kopf.
„Remus hat's grade gesagt – meine Freunde sind hier..."
„Fühlen Sie sich in der Lage, ein ganzes Schuljahr zu überspringen?"
„Ja, Professor. Ich habe in den letzten Wochen das Wichtigste vom vierten Jahr gelernt."
„Nun gut, dann wollen wir es mal alles lassen, wie es ist. Anhand Ihrer Leistungen werden wir rasch erkennen, ob Sie besser hier oder mit den anderen Viertklässlern aufgehoben sind. Was die Klassenstärke betrifft, so hoffe ich, dass sie nicht mehr weiter wächst, das Schuljahr beginnt nächsten Freitag, diese eine Woche werden wir hoffentlich überstehen."
Minerva lächelt. Ich hege für einen Moment den Gedanken, dass wir eh nicht alle aufnehmen könnten, aber wir bekommen grade dreizehn zusätzliche grosszügige Räume, davon werden, die neuen drei bereits mit eingerechnet, sieben belegt sein. Bleiben immer noch sechs Zimmer übrig.
„Gut. Da die neuen Schlafzimmer erst im Bau sind, werden ein paar von euch da oben im Gemeinschaftsraum campieren müssen. Da hat's mehr als genügend Platz, um bis dahin ein paar Betten aufzustellen. Ist euch das recht?"
„Klar! Was meinst du, Justin? Überlassen wir unser Zimmer Mandy und Morag und wohnen mit Ernie zusammen da oben, bis die neuen Zimmer fertig sind?" offeriert Blaise.
„Klar. Wird ja nicht mehr als ein paar Wochen dauern. Und wenn Sirius die auf die selbe Art einrichtet, wie er eben hier gewirbelt hat..." antwortet der.
Die drei Jungs erhalten also jeder ein Himmelbett im obersten Stock. Sirius stellt sie auf, während er zwei der Sitzgruppen verkleinert und in die Schublade eines der Sideboards verstaut. Blaise und Justin gehen hinüber, um ihre Sachen zusammenzuräumen und herüber zu bringen, während Ernie auf Sirius' Aufforderung hin sein Gepäck wieder gross macht.
„Es sind aber doch noch Ferien..." sagt Ernie zögernd.
„Hier dürft ihr auch während der Ferien zaubern, Ernie. Ihr seid ja unter unserer Aufsicht," versichere ich ihm.
„Oh, toll!"
Die vier Mädchen, die sich schon auskennen, begleiten Mandy und Morag zu Rons Zimmer, wo die Jungs ihre Sachen zusammenpacken. Minerva bewundert derweilen Sirius' Arbeit.
„Du hast das wirklich grossartig gemacht, Sirius! So ein wunderschönes, lichtes, grosses Klassenzimmer. Diese riesigen Glaswände sind sensationell."
„Das ist es, nicht wahr? Ich freue mich darauf, hier zu arbeiten. Jetzt will ich erst mal noch eine Reihe Tische und Stühle hier anhängen... einmal hier... und einmal da drüben..."
Sirius macht das und jetzt werden alle genügend Platz zum Arbeiten haben. Er vergrössert die Brautische noch etwas.
„Den Küchentisch kann ich noch ein bisschen vergrössern. Zehn haben bereits problemlos Platz. Er hat ja noch nicht die Länge der Bank erreicht. Eines der drei kann den ‚Vorsitz' übernehmen, die anderen beiden finden an der Längskante noch Platz, dann haben wir dreizehn hier genügend Raum."
„Oh bitte, Professor McGonagall, sagen Sie das von den dreizehn Personen am Tisch bloss nicht Professor Trelawney, sonst bekommt sie endgültig Vögel!" ruft Hermione.
Wir lachen alle los, und Minerva erklärt:
„Oh doch, ich glaube, nur schon allein zu sehen, wie Sybill Vögel bekommt, ist es wert, ihr das zuzuflüstern."
Und das bringt uns natürlich alle gleich wieder zum Lachen.
Endlich können wir auch Winky und Dobby gebührend willkommen heissen. Ich zeige ihnen das Haus und was sie zu tun haben werden. Sie fangen in der Küche gleich an und machen für alle einen wunderbaren Lunch. Wir gehen alle hinaus, um draussen beim noch schönen Wetter zu essen. Sirius macht den Tisch und die Bänke etwas grösser. Die drei Neuankömmlinge werden noch einmal herzlich willkommen geheissen und später nehmen wir uns dann die Zeit, ihnen mehr über Sirius zu erzählen, als Minerva ihnen schon berichtet hat. Wir bitten sie natürlich auch alle, nichts über Sirius nach Hause zu schreiben, so lange seine Unschuld noch nicht offiziell bewiesen ist.
Eine weitere Runde Polyglott-Trank ist angesagt. Bis zum Beginn des Schuljahres und ausserhalb der Schulstunden sollen sie jetzt nach Möglichkeit nur noch deutsch sprechen, bis sie es sicher können.
Sirius
Wir nutzen die letzten schönen, warmen Sommertage aus, um uns noch in bisschen im nächsten Freibad zu tummeln. Die meisten der elf Schüler können schon schwimmen, aber ich bin nicht erstaunt, als ich höre, dass weder Ernie, noch Blaise, Morag und Mandy auch nur eine Ahnung davon haben, wie man sich über Wasser hält. Harry kann schwimmen, aber er kann sich wirklich nur grade so eben über Wasser halten. Bei seiner zweiten Aufgabe des Trimagischen Turniers, die im Hogwarts See stattfand, ist er ja nicht wirklich geschwommen, jedenfalls nicht über dem Wasser. Also fangen wir nach dem Umziehen gleich mal mit dem Schwimmkurs an. Ich schlage vor, dass wir Gruppen machen, damit es schneller geht. Wer schon schwimmen kann, lehrt es diejenigen, die's noch nicht können.
Hermione zieht daraufhin Harry gleich mit zum Wasser. Ron und Justin kümmern sich um Blaise, ich übernehme Morag, Ginny hilft Ernie und die Zwillinge kümmern sich um Mandy. Trotzdem es Schwimmunterricht ist, haben wir eine Menge Spass. Bis zum Ende des Tages können die fünf schon etwas schwimmen, Harry kann's jetzt schon viel besser und alle zusammen sind sie knatschmüde.
Remus
Während Sirius mit den Kindern ins Freibad geht, darf ich für einmal wieder etwas Alleinsein geniessen. Ich schlafe aus, stehe auf und schaue meine E-Mails an, dann mache ich mir ein Bircher Müsli zum frühen Mittagessen. Dafür hole ich mir frische Himbeeren und Brombeeren aus dem Garten. Auf zwei Seiten zieren eine Menge dichtes Himbeer- und Brombeergestrüpp die Aussenseite des Gartens. Ich wandere herum und pflücke gemütlich die Beeren in meine Schüssel, als ich auf einmal Albus zum Haus kommen sehe. Er kann jetzt natürlich nicht mehr zum Haus apparieren und kommt langsam den am Schluss doch etwas steilen Weg hoch. Er sieht aus, als ob er das schöne Wetter und den Spaziergang über alles geniesst. Ich habe meine kleine Schüssel gefüllt und treffe ihn auf dem letzten Stück vor dem Haus.
„Hallo, Albus!"
„Hallo, du siehst gut aus!"
„Mir geht's auch sehr gut, danke. Und wie geht's dir? Machen sie dir immer noch Ärger im Ministerium? Was bringt dich zu uns?"
„Mir geht es auch gut, danke, Remus. Es wird eine Weile dauern, bis ich den Grund für meinen Besuch erklärt habe. Bist du allein?"
Er schaut sich neugierig um, aber von der sonst so lauten und fröhlichen Schar ist niemand zu sehen.
„Ja, Sirius hat die Kinder mit ins Freibad genommen. Einige von ihnen können immer noch nicht schwimmen und er hat sie mitgenommen, um Schwimmkurs mit ihnen zu machen. Und um das gute Wetter noch ein bisschen auszunützen. Ich bin dageblieben um wieder mal ein bisschen Zeit nur für mich alleine zu haben. Das geht mir in der letzten Zeit irgendwie ein bisschen ab."
„Das kann ich mir vorstellen. Du warst aber viel zu lange allein, mein Freund."
„Komm, setz dich hier im Schatten hin, Albus! Kann ich dir etwas zum Trinken anbieten?"
„Sehr gern, Remus, wie wär's mit etwas Limonade?"
„Nur einen Augenblick, ich bringe sie gleich."
Ich nehme meine Beeren und bringe sie hinein. Dann fordere ich Winky auf, uns eine grosse Kanne Limonade zu machen und sie mit zwei Gläsern nach draussen zu bringen. Ich selber gebe die Beeren in meine in Milch und Zucker eingeweichten Haferflocken und rühre das Ganze gut um. Ich schnappe mir einen Löffel und die Schüssel mit dem Müsli, dann gehe ich zurück nach draussen. Winky hat bereits das Getränk auf den Tisch gestellt und die zwei Gläser gefüllt.
„Wow, das ging ja schnell, Winky! Du bist die perfekte Hauselfe, Winky!" lobe ich sie.
Davon wird sie rot, bedankt sich und verschwindet sofort wieder ins Haus. Dumbledore nimmt einen Schluck seiner Limonade, trocknet sich seine Stirn mit einem grossen, weissen, mit roten Tupfen bedruckten Taschentuch und strahlt.
„Sie sieht schon so viel glücklicher aus als in Hogwarts," bemerkt er.
„Ja, das stimmt. Wir haben ihre Kleider in Obhut genommen, damit sie sich wieder wie eine richtige Hauselfe fühlen kann. Hermione ist natürlich höchst unglücklich darüber, aber ihr Stress ist eine Menge kleiner als Winkys, die sich nur als richtige Hauselfe wohl fühlt."
„Miss Granger hat einen ausgesprochenen Sinn für Gerechtigkeit..."
„Oh ja. Eine Menge Leute würden sie als verdammte Kommunistin abtun," antworte ich und zucke mit den Achseln. „Nicht ich, natürlich, ich liebe diese junge Frau für ihre Intelligenz und ihre Fairness. Sie erinnert mich immer wieder an Lily, Albus, und ich könnte mir vorstellen, dass sie auch eine Menge Ähnlichkeit mit Minerva McGonagall in ihrem Alter hat."
„Ja, das kann angehen. Du sagst, dass Sirius mit den Kindern weggefahren ist... macht das keine Probleme mit den Behörden, wenn er so ungeniert in der Öffentlichkeit spazieren geht?"
„Kaum. Wir sind hier alle korrekt bei den Behörden angemeldet. Natürlich ist Sirius als ein Hund angemeldet, und ich bezahle für ihn sogar Hundesteuer. Aber es gibt bestimmt keine Kontrollen und wenn jemand ihn sehen sollte, wenn er da ist, dann ist er einfach ein Besucher."
Ich weiss nicht, ob ich es mir nur einbilde, aber von einer Gegend neben Albus meine ich, ein unterdrücktes Schnauben zu hören. Albus stellt sein Glas auf den Tisch zurück und sagt:
„Remus, was ich dir jetzt erkläre, wird dir zunächst völlig ausgeschlossen und unmöglich vorkommen. Ich bitte dich, mich ausreden zu lassen und sei bitte ganz offen für alles. Im Grunde genommen, bin ich sehr froh, dass ich dich alleine antreffe, es Sirius zu erklären, wäre weit schwieriger. Dieses Vergnügen überlasse ich dir."
„Was ist geschehen, Albus?"
„Denke bitte zurück an die Nacht, in der Voldemort seinen Körper wiedererlangt hat."
Ich nicke. „Und?" frage ich.
„Als Harry zu diesem Duell mit Voldemort gezwungen wurde und die beiden einen Zauberspruch zur selben Zeit sagten..."
„Ja, ich erinnere mich daran."
„Gut. Wie Sirius und Harry dir wahrscheinlich berichtet haben, sind Harrys und Voldemorts Zauberstäbe Brüder, da sie beide eine Feder desselben Phönixes besitzen. Eine Feder von Fawkes, genau genommen."
„Ja, sie haben mir von Prior Incantatem erzählt. Es brachte Voldemorts Opfer hervor, nicht wahr? So eine Art Schatten davon..."
„Genau. Aber der Zauber hatte einen bisher erst einmal beschriebenen Effekt und hinterliess Spuren. Voldemort hat es wahrscheinlich noch gar nicht bemerkt. In Hogwarts fanden wir Cedric Diggory wieder lebend – sein Körper lag ja noch im Krankenflügel – in einem alten Herrenhaus in Little Hangleton tauchte ein böse verwirrter alter Mann namens Frank Bryce wieder auf, der seit Monaten verschwunden war. Er fand sich in einem Raum wieder und erinnerte sich an gar nichts mehr. Und in Albanien fand sich eine geistig völlig verwirrte Hexe namens Bertha Jorkins wieder an, die jetzt im St. Mungos Hospital residiert. Und im Friedhof von Godric's Hollow fanden zwei Seelen in ihre Körper zurück, Remus, und brachten sie sehr lebendig wieder zu uns zurück..."
„James... Lily..." kann ich nur flüstern.
Was für ein Schock! Könnten sie wirklich wieder unter uns sein? Gesund und munter und vor allem lebendig? Wirklich lebendig, in Fleisch und Blut? Ich kann es nicht glauben!
„Ja, Remus, James und Lily Potter. Ich hatte zunächst keine Ahnung, wie und warum, aber sie leben und sind nur ein kleines Bisschen mitgenommen gewesen, als sie bei uns in Hogwarts auftauchten. Zum Glück lagen sie im Potter Familiengrab und waren mit ihren Zauberstäben in Steinsärgen zur letzten Ruhe gebettet worden, sie konnten die Särge öffnen und sich befreien. Dann dauerte es eine Weile, bis sie zu uns nach Hogwarts gefunden haben, aber vor zwei Wochen sind sie angekommen, völlig erschöpft. Poppy wollte nichts davon wissen, sie einfach laufen zu lassen und hat sie bis heute im Krankenflügel behalten, wo wir sie wieder etwas aufgepäppelt haben. Leider hat in der Zwischenzeit ein Ministerialbeamter auch von ihrer Rückkehr Wind bekommen, weil ein Kontrollzauber über ihrem Grab Alarm ausgelöst hat. Dieser Zauber war auf dem Grab, um Grabräuber zu entdecken. Vor drei Tagen sind sie dann bei uns angetrabt und haben danach die beiden zwei Tage lang mit Fragen und Veritaserum gelöchert. Es brauchte eine Menge, bis sie glaubten, dass die beiden wirklich James und Lily Potter sind. Ich hatte inzwischen meine Aufgaben gemacht und ein einziges Buch gefunden, in dem das Phänomen bereits einmal beschrieben worden ist. Im Jahr 629 fand das beschriebene Ereignis statt. In diesem Fall war der Mord grade erst passiert, und es war purer Zufall, dass die beiden Zauberstäbe ihr magisches Herz teilten. Aber es wird genau der selbe goldene Käfig beschrieben, den auch Harry beschrieben hat.
Jedenfalls, weil wir auch Cedric noch da hatten, dessen Eltern noch nicht aus den Ferien zurückgekehrt waren, glaubten sie uns endlich. Es wird wohl morgen die grosse Schlagzeile im Tagespropheten sein. Ich bin sehr froh, dass niemand von denen was mitbekommen hat."
„Ich kann's nicht glauben, Albus! Wo sind sie? Sind sie noch in Hogwarts? Wir wollen sie sehen!" rufe ich aus.
Albus lächelt bloss und bewegt seinen Zauberstab. Ich folge dem Zauberstab mit meinen Augen und kann es kaum glauben, was ich da sehe. Sobald ich es sehe, bin ich mit einem Satz auf den Beinen und laufe um den Tisch herum. James und Lily sind auch schon aufgestanden und wir finden uns zu einer ganz festen, fast verzweifelten Umarmung zusammen. Ich will sie nie mehr loslassen! Nie mehr! Mein Herz fliesst über vor lauter Glück und Freude. Ich kann unser Glück immer noch nicht fassen. Nicht nur haben wir unsere besten und liebsten Freunde wieder zurück, sondern auch zwei gute Kämpfer in unseren Reihen im Kampf gegen Voldemort.
„James! Lily! Ich weiss gar nicht, was ich sagen soll, ich kann es einfach nicht glauben! Oh, das ist so wunderbar!"
Ich versuche gar nicht erst, meine Tränen zurückzuhalten, sie fliessen mir über die Wangen, aber das kümmert mich überhaupt nicht. Es ist einfach zu wunderbar, dass sie wieder unter uns sind. Lily! Sie sieht genauso schön aus wie vor ihrem Tod, sie ist vielleicht ein bisschen dünn, aber das werden wir bald haben. Sonst scheint es ihr gut zu gehen und das Feuer, das sie auszeichnet, hat sie noch vollumfänglich.
„Oh, ich wusste es immer schon, dass James und Sirius Idioten sind! Wie konnten sie auch nur eine Sekunde lang glauben, du wärst der Verräter! Es ist so schön, wieder bei dir zu sein!" ruft Lily.
Wir heulen alle drei. James hat sonst noch gar nichts gesagt. Als ich mich endlich zu Albus umdrehe, ist der bereits verschwunden. Das verwirrt mich zunächst, doch dann rufe ich Winky:
„Winky! Bringst du bitte noch zwei Gläser?"
Sobald diese auf dem Tisch stehen und gefüllt sind, setzen wir uns alle nebeneinander, James und Lily nehmen mich in die Mitte, und langsam beginnt mein Herz wieder ruhiger zu schlagen.
„Oh, bei Merlin, ich kann es immer noch nicht glauben..." sage ich leise und schnappe nach Luft.
„Moony, wir sind's wirklich. Dumbledore hat uns eine Menge über euch und Harry erzählt, aber wie üblich hat er das meiste ausgelassen. Wir müssen es wissen, Moony, wo ist Harry?" fragt jetzt James.
Ich grinse.
„Oh, dem geht's prächtig. Geniesst gerade Schwimmkurs. Sirius hat sie mit ins Freibad genommen, deshalb bin ich allein."
„Wo sind wir hier überhaupt?" fragt Lily und schaut sich um.
„Ihr seid einige Kilometer ausserhalb von Lützelflüh im Emmental in der Schweiz. Wir befinden uns hier auf etwa 900 Meter über dem Meeresspiegel," erkläre ich.
„Es ist wunderschön hier!"
„Kann man wohl sagen."
„Und was macht ihr hier? Ich meine, abgesehen davon, dass ihr euch offenbar hier vor Voldemort versteckt," fragt James.
„Das ist natürlich der Hauptgrund. Der zweite Grund ist Sirius' Status als flüchtiger Verbrecher. Hogwarts ist nicht sicher genug, in den vergangenen Jahren sind zu viele Dinge passiert, welche die Sicherheit betreffen, daher hat Albus sich entschlossen, die am meisten gefährdeten Schüler in geschützten Häusern unterzubringen und dort zu unterrichten. Uns hat man offiziell zu den Beschützern der Fünftklässlern gemacht."
Ich weiss, dass ich aufpassen muss, um nicht zu brabbeln. Aber ich weiss immer noch nicht so recht, was ich noch sagen soll. Und dann geht mir durch den Kopf, dass Sirius dieser wunderbare Moment noch bevorsteht, und ich werde Zeuge sein können. Wahrscheinlich wird er noch viel schockierter sein als ich.
„Es sind jetzt elf Schüler, fünf Gryffindors, zwei Ravenclaws, zwei Hufflepuffs und zwei Slytherins."
„Slytherins? Ihr Armen."
„Die beiden, die bei uns sind, sind absolut kein Problem, du wirst sie genauso mögen. Die Gruppe kommt gut miteinander aus."
„Also wirst du sie unterrichten? Albus hat nur in den höchsten Tönen von dir als Lehrer gesprochen," bemerkt Lily.
„Ich tue es auch gern. Sirius und ich werden sie gemeinsam unterrichten."
Ich schaue die beiden an. Lily trägt die Robe, in die sie nach ihrem Tod gesteckt worden ist. Ihre langen, dunkelroten Haare schimmern und knistern, als sie sie über ihre Schultern schiebt. Auch James trägt diese Robe.
„Wir werden mit euch zum Einkaufen von Kleidern fahren müssen," bemerke ich.
„Ich weiss. Jemand muss mir was leihen, damit ich mich in der Muggelwelt wieder zeigen kann..." antwortet Lily.
„Sollte kein Problem sein. Du siehst aus, als ob du in etwa gleich gross bist wie Morag, sie wird dir sicher etwas ausleihen. Und James kann sich was von Sirius leihen."
„Okay. Erzähle mir von Sirius, Remus! Ich kann den Gedanken an das, was er unseretwegen erleiden musste, einfach kaum ertragen!"
„Wenn er nicht so verrückt gewesen wäre, Peter nachzurennen, hätte er überhaupt keinen Ärger gekriegt," sage ich bitter, „ich vermute, dass er Peter unterschätzt hat und dieser für einmal der grössere Fisch im Teich war. Sirius war bestimmt vor lauter Wut und Trauer so ausser sich, dass er's einfach zu spät bemerkt hat. Aber weil ihr nichts von dem Tausch gesagt habt, hat man ihn gleich für einen Verräter und Mörder erklärt und nach Azkaban gesteckt. Dumbledore und ich sagten natürlich aus, was wir wussten, nämlich, dass er euer Geheimniswahrer war. Wir verlangten zwar einen ordentlichen Prozess, aber weder Crouch noch Fudge waren bereit, ihm einen zu gewähren. Und die ganze Zeit dachte Sirius, dass es sich um ein Missverständnis handeln müsse und dass beim Prozess dann alles ans Tageslicht kommen würde. Den er nie erhielt. Und ich blieb in der falschen Annahme, dass er der Mörder war."
„Wie in Merlins Namen hat er die Dementoren überlebt?" fragt Lily schaudernd.
„Padfoot. Er konnte sich in seiner Zelle immer noch verwandeln. Da Dementoren bekanntlich blind sind, haben die das nie gemerkt. Dann war da die Erinnerung daran, dass er unschuldig war, kein glücklicher Gedanke, daher liessen die Dementoren ihm den – und dieses Wissen hielt ihn geistig gesund."
Ich erzähle ihnen die Geschichte von Sirius' Flucht. Und dann erzähle ich ihnen all die anderen Dinge, über Harry und dessen Freunde, über meine Zeit in Hogwarts und vieles mehr. Und wie wir vor zwei Monaten hierher gekommen sind.
„Hey, fliegt Harry auch?" fragt James schliesslich.
„Und ob er fliegt, James. Dein kleiner Sohn schaffte, was seit hundert Jahren keiner mehr geschafft hat, er kam in seinem ersten Jahr ins Gryffindor Team, als Sucher. Er ist ein echtes Naturtalent. McGonagall war so glücklich, endlich wieder ein gutes Team zu bekommen, dass sie Albus betratscht hat, die Regeln ein bisschen zu lockern und Harry einen eigenen Rennbesen zu gestatten. Den sie ihm dann geschenkt hat. Leider wurde dieser Besen in Harrys drittem Jahr von der Peitschenden Weide zerfetzt."
„Du lieber Himmel! Was war denn passiert?" fragt Lily bang.
„Dementoren fanden es eine gute Idee, ins Quidditch-Stadion einzudringen. Die waren da, um Sirius von den Eingängen fernzuhalten. Der ganzen Aufregung der Schüler im Stadion konnten sie einfach nicht widerstehen. Aber Harry kann Dementoren nicht ab. Wenn einer ihm zu nahe kommt, hört er dich um dein und sein Leben schreien und wie Voldemort dich umbringt, Lily. Als also gleich Dutzendweise Dementoren auf das Feld strömten, hatte der arme Junge keine Chance. Er verlor das Bewusstsein und stürzte aus zwanzig Metern Höhe von seinem Besen. Dumbledore war da und konnte den Fall abbremsen, Harry war zwar eine Weile weg, hatte aber kaum mehr als ein paar Kratzer. Doch der Besen war futsch. Da war aber ein grosser schwarzer Hund im Stadion gewesen, der das gesehen hatte, und er schaffte es, seinem geliebten Patenkind einen nagelneuen Feuerblitz zu Weihnachten zu schenken. Ich glaube, Harry hängt an diesem Besen mehr als an deinem Tarnumhang und unserer Karte des Rumtreibers, James."
Sie starren mich beide entsetzt an.
„Was! Er hat meinen Umhang? Und die Karte? Ich dachte, Filch hätte die zerstört, nachdem er sie uns abgenommen hatte," ruft James aus.
Ich grinse.
„Oh, das ist eine lustige Geschichte, die wir dir bestimmt gern noch erzählen, James. Erinnerst du dich an die Prewett Brüder?"
„Oh ja! Rote Haare und ein ziemlich waghalsiges Paar Irrer..."
„Richtig. Und erinnerst du dich an ihre Schwester Molly?"
„Einigermassen. Ebenso rote Haare, molliger, Temperament schlimmer als Lilys mit PMS." Lily boxt ihn hinter mir durch. „War sie nicht ziemlich viel älter als ihre Brüder und die Mutter eines unserer jungen Schützlinge, Bill Weasley?"
„Sehr richtig. Nun, Molly Weasley ist nicht nur die Mutter unseres verehrten jungen Schützlings Bill, sie hat ausserdem noch fünf weitere Söhne und eine Tochter. Die beiden jüngsten, Ron und Ginny, sind hier bei uns, Ron ist übrigens Harrys bester Freund. Die beiden nächsten Söhne sind eineiige Zwillinge, George und Fred Weasley. Sie sind zwei Jahre älter als Harry und Ron. Das grösste Ziel der beiden ist es, ebenso erfolgreich wie wir Rumtreiber Streiche zu spielen. Und das nicht nur, weil sie in ihrem ersten Jahr in Hogwarts einmal bei Filch im Büro antraben mussten und dabei eine Gelegenheit fanden, etwas aus einer Schublade zu fischen, die mit Konfisziert und Gefährlich beschriftet war. Sie erwischten ausgerechnet unsere Karte und fanden heraus, wie das Ding funktioniert. Natürlich, denn die hatten genauso viel Unfug im Kopf wie wir, das hat die Karte natürlich klar erkannt. Jedenfalls konnten sie sich damit in Hogwarts und Umgebung bewegen, wie sie wollten und sie benutzten sie wirklich dauernd. Ausser mir, Minerva und Snape fürchteten fast alle Lehrer die beiden."
„Snape? Wie Snivellus Snape? Was hat der denn damit zu tun?"
„Bist du ihm in Hogwarts nicht begegnet? Er ist der Zaubertränke-Meister. Unterrichtet Zaubertränke und ist der Leiter von Haus Slytherin. Kein sehr guter Lehrer, muss ich zugeben."
„Das wäre auch ein Wunder! Das schmierige Schwein war doch ein verdammter Todesser, was macht der denn in Hogwarts? Hat Dumbledore den Verstand verloren oder was?"
„Er unterrichtet. Er war ein Todesser, hat aber für uns spioniert und tut es jetzt wieder."
„Das glaube ich, wenn ich es sehe..." murmelt James wütend.
„Hey, gib ihm 'ne Chance, James, wir waren eine ganze Zeit lang nicht da!" erinnert Lily ihren Gatten. „Vielleicht hat er sich ja zum Positiven geändert."
„Kann man nicht behaupten, Lily. Er hat Harry von der ersten Lektion an bis aufs Blut schikaniert, weil er James' Sohn ist. Er ist zu allen Schülern gemein, die nicht Haus Slytherin angehören, aber am schlimmsten behandelt er Harry und den kleinen Neville Longbottom. Am zweitschlimmsten behandelt er Ron und Hermione Granger, Harrys beste Freunde. Ich erinnere mich noch, als ich die erste Lektion mit den Drittklässlern hatte, sollten sie sich um einen Irrwicht kümmern. Um Neville etwas mehr Selbstvertrauen zu geben, bat ich ihn, den Anfang zu machen und fragte ihn, was er denn am meisten fürchtete. Er konnte es kaum herausbringen, und als ich es endlich verstand, bekam ich ein klares Bild von Snapes Fähigkeiten als Lehrer. Er sagte, er fürchte Snape am meisten... der Irrwicht verwandelte sich tatsächlich in den Trottel."
„Charmanter Zeitgenosse, Snivellus, was?" sagt James und grinst.
„Als er es mir sagte, gab ich ihm den Rat, Snape in die Kleider seiner Grossmutter zu stecken, du erinnerst dich doch sicher, womit Augusta Longbottom so herumläuft, und die riesige Handtasche und der entsetzliche Hut... Snape war wochenlang der beste Witz der Schule. Er hat mir dafür Monat für Monat den Wolfsbanntrank noch übler vorgesetzt, als er schon ist, wenn man ihn nicht absichtlich mies macht. Und am Ende des Schuljahres hat er seinen Slytherins so ‚aus Versehen' verraten, dass ich ein Werwolf bin. Blieb mir dann nichts mehr übrig, als zu demissionieren."
„Oh, ich hoffe, dass er allein dafür in der Hölle braten wird," sagt James empört.
„Warte mal, Wolfsbanntrank? Du meinst, du nimmst tatsächlich etwas zu dir, das Eisenhut enthält?" wirft Lily dazwischen.
„Ja, mache ich. Es ist nur ein winziger Bestandteil, aber es ist ein wichtiger Teil des Tranks. Der hilft mir, nach der Transformation meinen eigenen Kopf zu bewahren. Ich bin nur noch ein harmloser Wolf, nichts weiter. Kein Blutdurst, keine Aggressionen, nichts."
„Wow, Moony! Das ist grossartig. Aber er hat ihn dir gebraut? Ein Wunder, dass du das überlebt hast," ruft James.
„Ja, mag sein, aber er hat ihn mir auch nachher noch immer geliefert. Ich bin sicher, dass Dumbledore ihn dazu gezwungen hat, schliesslich wurde ich ja durch Snape gezwungen, meine Stelle aufzugeben. Sirius, Hermione und Ginny arbeiten jetzt dran, den Trank zu lernen. Er ist ungeheuer komplex, ich selber könnte den nie brauen. Er ist ziemlich scheusslich, aber er hilft so sehr! Die eigentliche Transformation bleibt genauso schlimm, aber die Vollmondnacht als Wolf ist eine Kleinigkeit. Meinen eigenen Kopf zu behalten ist mir so wichtig geworden."
„Ich werde ihnen helfen! Das gibt uns Backups, damit du deinen Trank ganz bestimmt jeden Monat hast, Remus! Dann bist du nicht mehr auf Snape angewiesen," sagt Lily sofort.
„Dane, Lily. – Habt ihr beiden euch schon überlegt, was ihr nun machen wollt?"
„Na ja, Voldemort weiss spätestens ab morgen, dass wir beiden wieder da sind. Er wird sicher versuchen, uns wieder loszuwerden, daher meinte Albus, dass es wohl am besten wäre, wenn wir euch in eurem Versteck anschliessen," sagt James.
Das bringt mich zum Strahlen. Er sieht auch ziemlich zufrieden aus, dass seine Ankündigung mich offensichtlich glücklich macht.
„Super! Ihr könnt uns beim Unterrichten unterstützen. Du warst ziemlich gut in Arithmantik, nicht wahr, Lily? Du könntest die fortgeschrittene Gruppe darin übernehmen, während Sirius die Anfänger übernimmt. Und er hat sicher nichts dagegen, wenn du ihn bei Zaubertränke unterstützt. Und James kann bei Verteidigung und Kräuterkunde mithelfen."
„Machen wir gerne. Wird bestimmt spassig," sagt James sofort.
„James! Das sind Fünftklässler, wir müssen die für ihre OWLS vorbereiten! Keine Zeit für Unsinn!" sagt Lily auch sofort.
„Es bleibt immer ein bisschen Zeit für Unsinn, Liebste, sonst wäre das Leben wirklich ein Jammertal. Wir werden diesen Kids zu den besten OWLS verhelfen, die Hogwarts je gesehen hat."
„Das wird kein Problem, denn Hermione ist wahrscheinlich die beste Schülerin, die seit Jahrhunderten nach Hogwarts kam. Der Traum jedes Lehrers. Kombiniert ihre grosse Intelligenz mit Talent, Können, Power und Witz und garniert das ganze mit einer nahezu bewundernswerten Arbeitsethik. Und ich glaube, sie und Harry kommen sich grade sehr nahe. Sie waren seit fünf Jahren schon die besten Freunde, zusammen mit Ron."
„Näher? Als Pärchen?" fragt James mit tanzenden Augen.
„Noch nicht ganz, aber ich glaube, es kann sich nur noch um Tage handeln."
„Wie niedlich! Ich kann es kaum erwarten, sie kennen zu lernen," sagt auch Lily.
„Aber nur, wenn es ohne Teenie-Sorgen und so abgeht," meint James dann doch.
„Keine Angst, Prongs. Ich glaube, über diese Phase sind sie schon weg. Da war überhaupt sehr wenig. Sie hat ihre Gefühle für ihn nie verhehlt, er war nur zu typisch fünfzehn Jahre alt und Junge, und so hat's etwas gedauert, bis es in seinem Kopf und in seinem Herzen angekommen ist, dass er sie auch sehr gern hat. Er hat sie nie besonders als Mädchen wahrgenommen, bis sie hierher kam. – Wir müssen uns überlegen, wo wir euch beide unterbringen könnten... im Moment sind alle zur Verfügung stehenden Räume belegt und die neuen werden erst in etwa sechs Wochen fertig. Aber ich denke, wir können das mittlere Wohnzimmer für euch umfunktionieren, das ist gleich hier vorne raus. Direkt unter Harrys Zimmer übrigens."
„Das ist sicher in Ordnung, Moony, solange wir bei euch sind, sind wir mit irgend einer Besenkammer glücklich," sagt James.
„Wollt ihr euch das Haus ansehen?"
„Aber sicher. Es sieht von aussen sehr schön aus!" meint Lily.
„Das tut es. Wir lieben unsere Sunnegg schon alle sehr, glaubt mir. Der Name passt auch, wir haben wirklich Sonne satt."
„Die Aussicht ist auch super."
„Ja, das ist sie. Also, hier geht's rein, das ist unser Haupteingang. Direkt in die Küche. Wie ihr seht, ist sie sehr schön und modern. Winky habt ihr eben schon gesehen, sie war bis vor einem Jahr Barty Crouchs Hauselfe, bis er sie rausgeschmissen hat, der alte Miesepeter. Sie war völlig ausser sich, bis sie mit Dobby zusammen in Hogwarts Unterschlupf gefunden hat. Dobby gehörte bis vor drei Jahren den Malfoys, dann mischte er sich für einen Moment in Harrys Leben ein, sehr zu dessen Missfallen allerdings, aber er hat sich als wahrer kleiner Freund erwiesen. Harry hat Lucius ausgetrickst, so dass der Dobby eine Socke gab und ihn damit frei stellte. Dobby ist ein Aussenseiter unter den Hauselfen, ihm gefällt die Freiheit ausgesprochen gut und er nimmt gerne einen kleinen Lohn für seine Arbeit. Ist so begeistert, dass er für drei arbeitet."
„Und der gehörte den Malfoys? Armer kleiner Kerl. Kaum zu glauben, dass von denen her so was Nettes kommt. Erinnerst du dich an den Hauselfen, von dem Sirius immer erzählte? Wie hiess er noch mal?"
„Kreacher. Sag den Namen lieber nicht in Sirius' Gegenwart, wenn dir dein Leben lieb ist," warne ich James.
„Stimmt, Kreacher. Ich hätte gedacht, dass alles, was aus dem Malfoy Haushalt kommt, so schlimm wie der sein muss."
„Nicht Dobby auf jeden Fall. Er ist ein wirklich niedlicher kleiner Bursche, wie ihr sicher bald feststellen werdet. Wir gehen hier hinüber... das ist das Vorderzimmer, ein Wohnzimmer. Hier ist der gemeinsame Computer für alle. Die Kids bekommen alle ihre eigenen. Damit sie drauf Schularbeiten machen können, aber auch zum Spielen und Kommunizieren. Und das wird dann euer Zimmer für die nächsten paar Wochen. Wir können es in ein Schlafzimmer verwandeln."
„Aber wo werden die Kinder dann ihre Freizeit verbringen? Das würde sie ja auf dieses kleine Zimmer da drüben beschränken," gibt Lily zu bedenken.
„Keine Angst. Warte nur ab," verspreche ich grinsend und führe sie ins Büro. „Das hier ist Sirius' und mein Büro. Hier durch geht's in unser Badezimmer, das ihr auch mitbenutzen könnt. Wir haben das Badezimmer oben den Mädels überlassen und alle Jungs benutzen dieses, du kannst wählen, Lily."
„Sieht sehr sauber aus, ich kann hier gut auskommen," meint sie. „Solange ihr Ordnung haltet..."
„Das schaffen wir ganz gut, meine Liebe! Vergiss nicht, dass unsere lieben kleinen Helferlein das putzen, was wir übersehen."
„Sehr gut. Wo gehen wir jetzt hin?"
„Wieder in die Küche. Und gleich die Treppe rauf. Jetzt kommen wir zu den Schlafzimmern. Gleich hier ist das Bad."
Ich mache rasch die Tür auf und lasse sie reinschauen. Dann deute ich auf die diversen Türen:
„Da sind wir beiden zuhause, das ist Harrys Zimmer, das ist Rons. Im Moment sind Harry und Ron in einem Zimmer und zwei der Mädchen benutzen das andere. Da dort drüben so viel Platz ist, könnten wir dort vielleicht eine Wand und eine Tür anbringen, das gibt uns dann noch ein Zimmer. Sollte für Ron reichen, es wird immer noch grösser sein als das, welches er zuhause hat."
Dann führe ich die beiden wieder die Treppe hinunter und durch die neue Schiebetür in das schon fertige Klassenzimmer.
„Wow! Das ist mit Sicherheit das eleganteste Klassenzimmer, das ich je gesehen habe," meint James.
„Das denken wir auch. Wir haben sogar schon den Stundenplan fertig, der hängt da drüben. Lasst uns hinaufgehen."
Oben in der Bibliothek schaut Lily sich gut um.
„Eine Bibliothek! Wie schön!" freut sie sich.
„Die komplette Hogwarts-Bibliothek, liebe Lily. Die Bücher der Verbotenen Abteilung sind allerdings bei uns unten in grossen Schubladen eingeschlossen, die müsst ihr dort holen. Der grosse Rest ist hier. Hermione, Padma und Mandy haben es übernommen, die Bibliothek zu pflegen. Sie haben ein Gesamtverzeichnis da drüben auf dem Pult. Wenn wir Bücher hier kaufen, werden wir sie dort gleich anfügen. Auch das, was ich mitgebracht habe, wird dazugenommen. Hübsche kleine Aufgabe für dich, dabei zu helfen, Lily, was meinst du?"
„Nichts dagegen. Ich werde mich gerne mit solchen Dingen beschäftigen. Ich werde hier auch wunderbar an neuen Zaubern arbeiten können," sagt sie verträumt.
„Aber sicher. Jetzt gehen wir noch ganz hinauf, dann sehr ihr, warum es nichts macht, dass ihr das Zimmer unten bekommt. Im Moment haben Ernie, Blaise und Justin noch ihre Betten hier, aber die ziehen ja nachher in den hinteren Teil des Hauses. Dann wird dies hier wieder ausschliesslich ein Wohnzimmer. Selbst mit ihren Betten drin hat es noch ziemlich viel Platz hier."
„Allerdings. Du hast recht. Was für ein hübsches Zimmer das ist, der Platz ist so gut ausgenutzt. Zusammen mit dem Raum unten in der Bibliothek sehe ich allerdings ein, dass sich hier niemand so schnell auf die Füsse tritt."
„Sage ich doch. Das war bis vor kurzem noch die Heubühne des Bauernhauses und da unten standen die Maschinen und der Traktor. Wir lieben dieses Haus schon längst."
„Kein Wunder."
Harry
Es wird langsam Zeit fürs Abendessen und wir machen uns alle auf den Heimweg. Wir sind alle ganz schön müde vom vielen Herumplanschen und Schwimmen. Ich weiss jetzt, dass ich wohl doch nicht ganz hoffnungslos Nichtschwimmer bleiben werde. Hermione war eine grossartige Lehrerin. Ich liebe sie! Und sie scheint auch ganz schön an mir interessiert zu sein. Jedenfalls hat sie gar nicht protestiert, als ich sie zum Dank für ihre Schwimmstunde geküsst habe. Und dann hab ich sie auf den Mund geküsst! Jetzt klettern wir alle aus dem Auto und gehen ins Haus, um unsere nassen Sachen zu trocknen und uns frisch anzuziehen.
Eine kurze Dusche und frische Kleider später treffe ich die anderen alle draussen, wo Dobby und Winky den Tisch bereits gedeckt haben. Moment mal, sind da nicht mehr Gedecke als wir Leute sind? Haben wir Gäste? Und wenn ja, wo sind die?
Und wo steckt Remus? – Ah, da kommt er grade aus dem Haus. Und sieht sehr nach Neuigkeiten aus. Er wartet, bis wir alle sitzen, dann erklärt er:
„Professor Dumbledore hat mir heute einen Besuch abgestattet und dabei eine Riesenüberraschung mitgebracht. Zunächst betrifft sie nur Harry, Sirius und mich, aber da die Überraschung sich unserem Haushalt anschliessen wird, betrifft es danach auch euch alle. Also, folgendes ist passiert, als Harry und Voldemort miteinander duellierten, sind aus Voldemorts Zauberstab die Schatten einiger seiner Opfer gekommen. Niemand konnte wissen, dass dies nicht die Schatten, sondern die Seelen der Verstorbenen waren, und diese beeilten sich, sich mit ihren Körpern so bald wie möglich wieder zu vereinen. Diese Konsequenz des Prior Incantatem Zaubers wurde erst ein einziges Mal vorher beobachtet. Als Harry die Verbindung zu Voldemorts Zauberstab abbrach, waren diese Seelen da und hielten Voldemort noch einen Moment in Schach, was Harry half, zu entkommen. Und weil das so passierte, sind fünf Menschen wieder zum Leben zurückgekehrt, nämlich Cedric Diggory, ein Muggel namens Frank Bryce, eine Ministeriumshexe namens Bertha Jorkins, die Voldemort in Albanien umgebracht hat und seine letzten Opfer vor seiner ‚Tätigkeitspause', James und Lily Potter in Godric's Hollow.
Nun. Bevor ihr mich alle anschreit und behauptet, dass das unmöglich ist, Harry und Sirius, lasst mich euch sagen, dass die Leute vom Ministerium James und Lily in den letzten Tagen auf Herz und Nieren geprüft und für echt befunden haben. Sie sind bereits wieder vom Ministerium als lebend eingestuft worden und dürfen tun und lassen, was sie wollen. James ist immer noch ein Animagus und kann sich immer noch in den Hirsch verwandeln, er ist immer noch unser Prongs, Sirius! Wollt ihr zwei die beiden sehen?"
Ich glaube es nicht! Es kann nicht sein! Oder? Es ist unmöglich, oder nicht? Sirius schaut Remus an, als ob er es noch weniger glaubt, aber wir wollen sie beide sehen, also folgen wir Remus zurück ins Haus, durch die Küche und das Bad ins Büro und – da sind sie! Zwei Menschen, die ich bisher nur auf Fotos und in einer scheusslichen, von Dementoren heraufbeschworenen Erinnerung gesehen habe.
Ich bleibe auf der Türschwelle stehen. Sirius auch, doch er, der sie ja kennt, läuft gleich weiter und umarmt sie wie ein Irrer. Ich halte mich im Hintergrund, bis meine Mutter mich bemerkt. Sie kommt langsam auf mich zu und ich muss mich wirklich zusammennehmen, damit ich nicht weglaufe. Ich kann nicht... doch da ist sie schon.
„Harry? Oh, Harry, was für ein hübscher Junge du geworden bist. Es tut so weh, so viel von deiner Kindheit verpasst zu haben. Es tut mir so leid, Harry! So leid!"
„Aber Mum," stottere ich, „Mum, was sagst du da, es war doch nicht deine Schuld?"
„Natürlich war's meine Schuld! Ich konnte es doch nicht zulassen, dass Voldemort dich einfach vor meinen Augen ermordet! Das konnte ich einfach nicht, Liebster! Es war so viel besser, mein eigenes Leben herzugeben als ihm das Deine zu überlassen. Ich liebe dich doch so sehr, mein Kleiner."
Und sie umarmt mich, zieht mich fest an sich, und zum ersten Mal in meinem Leben fühle ich bewusst, was es heisst, von seiner Mutter umarmt zu werden. Und stelle fest, dass es beinahe das beste Gefühl der Welt ist, denn Hermione zu umarmen schlägt es um ein weniges. Ich muss es glauben, dass sie es ist, denn sicher kämen keine solchen Gefühle auf, wenn jemand sie nur spielen würde. Sie lebt und sie liebt mich und sie zeigt mir, dass sie mich liebt. Niemand hat es mir jemals zuvor so direkt gesagt, nicht mal Remus und Sirius, obwohl die mich sehr lieb haben. Nur gehen sie wohl davon aus, dass ich es einfach weiss.
„Oh Mum! Das war immer noch nicht dein Fehler, bloss dieses Arschloch von Voldemort ist schuld!"
„Ich weiss, ich weiss es, aber ich fühle mich so schuldig. Wir haben dich verlassen, Harry, es tut so weh, dass wir nicht bei dir sein konnten. Und dann musstest du noch bei Pets aufwachsen, und die ist doch wirklich die grösste Pest, die's gibt!
„Sie waren nicht eben nett..." murmle ich.
„Das überrascht mich nicht im Geringsten, mein Kleiner, aber ich verspreche dir, Harry: sie werden dafür bezahlen, und zwar kräftig. Ich habe alles darüber gehört, was Remus wusste, und es war eine Menge. Du brauchst nicht darüber zu sprechen, wenn du nicht willst, aber sie wird bezahlen, dieses Biest. Und dieser riesige Idiot, den sie geheiratet hat. Sie hatten kein Recht, dich so zu behandeln, nicht das geringste. Du warst doch noch ein Baby, verdammt noch mal!"
Sirius
James! Oh, James! Du bist es wirklich! Mir reichen die Worte nicht, die ich zur Verfügung habe, um meine Gefühle auszudrücken, um dir zu sagen, wie sehr du mir gefehlt hast, mein Freund! Ich laufe los, um James in meine Arme zu schliessen. Ich halte ihn sehr fest, aber ich kann spüren, dass er es genauso tut. Einige Minuten lang stehen wir einfach nur da, halten einander fest und können es gar nicht richtig erfassen. Uns laufen beiden die Tränen über die Wangen, aber das ist mir vollkommen egal. Ich lasse ihn los, halte ihn ein bisschen weg von mir und schaue ihn erst mal richtig an.
„James! Oh, Prongs, ich habe dich so sehr vermisst! In genau diesem Moment füllt ihr beiden ein riesiges Loch in meinem Herzen und mir ist, als wären Weihnachten, Geburtstag und Ostern und was weiss ich noch alles auf einmal gekommen!"
„Padfoot, hör auf, so sentimentalen Blödsinn zu reden! Es tut mir leid, dass ich nicht sagen kann, wie sehr du mir gefehlt hast, ich war ja tot! Ich erinnere mich an gar nichts, was in all dieser Zeit hätte geschehen können. Aber bestimmt hätte ich dich fast so vermisst wie Harry, alter Junge! Es tut so gut, wieder bei euch zu sein. Jetzt brauchen wir nur noch Wormtail zu finden, die elende Ratte, dann wollen wir doch sehen, ob sie dich immer noch nach Azkaban zurückschicken wollen. Die Idioten vom Ministerium haben uns zwar gleich geglaubt, dass du nicht unser Geheimniswahrer warst, aber sie glauben immer noch, dass du Wormtail und die Muggel auf dem Gewissen hast."
„Wir kriegen ihn, James. Eines Tages kriegen wir ihn. Und dann wirst du denen beweisen, dass ich die Wahrheit sage. Solange du mich nicht hasst, ist alles in Ordnung..."
„Padfoot, mein Freund, du hättest uns niemals verraten, niemals! Ich hatte recht, als ich Dumbledore sagte, dass du lieber sterben würdest, als uns zu verraten. Ich könnte dich nie hassen. Du hattest wirklich das übelste Los, in diesem höllischen Loch da in Azkaban!"
„Ich bin da raus, James. Ich will es jetzt nur noch in die Vergangenheit stecken und da belassen können. Du bist wieder da und das ist alles, was zählt. Die Rumtreiber sind wieder zusammen, auch wenn einer fehlt, auf den kommt's nicht an. Das Leben wird wieder richtig Freude machen, Moony!"
Wir finden uns alle drei erneut in einer Umarmung. Dann kommen auch Lily und Harry noch dazu, die sich offenbar bereit fühlen, nun auch James in ihr Wiedersehen einzuschliessen. Ich schaue zu, wie James sich jetzt seinem Sohn zuwendet. Bei allen Göttern des Olymps, sie könnten Brüder sein! Ohne Harrys Narbe und die grünen Augen sähen sie wie Brüder aus. James ist immer noch ziemlich viel grösser als Harry, der neben ihm ziemlich klein wirkt. Aber James ist auch ein gut gebauter Jäger. Und da ist auch eine Menge mehr Selbstvertrauen in James als in Harry. Sichtbar.
„Scheisse, ist das ein komisches Gefühl! Meine letzte Erinnerung an dich ist, dass ich deine Windeln gewechselt hatte, dass ich dich gebadet und gefüttert hatte, und das ist für mich erst ein paar Tage her, Harry. Und jetzt stehst du vor mir – schon fast erwachsen, und du musstest fern von mir, von uns aufwachsen... es tut mir so unendlich leid, Harry, wir wollten dich nicht verlassen!"
Harry schaut weg und murmelt etwas. Er muss es wohl von uns allen am schwersten haben, seine Gefühle auszusortieren. Er muss zur selben Zeit am Boden zerstört sein und himmelhoch jauchzen. Es ist eine so extreme Situation, dass ich immer noch keine Worte finde, mit denen ich sie ausdrücken könnte. Remus und ich ziehen uns langsam etwas zurück. Uns reicht es, die Wiedervereinigung zwischen Eltern und Sohn von weitem zu sehen, wir brauchen gar nicht zu hören, was sie sagen. Wir fühlen uns privilegiert, dass wir sie beobachten dürfen. Lily und James halten Harry ganz fest in ihren Armen und so verlassen wir die drei.
James
Es war so verdammt hart, in Hogwarts im Krankenflügel zu bleiben, wissend, dass unsere Lieben keine Ahnung davon hatten, dass wir wieder am Leben sind. Was für ein unglaubliches Ding, aufzuwachen und festzustellen, dass man fast vierzehn Jahre lang tot war! Ich bin immer noch durcheinander, vielleicht hatte Poppy ja wirklich Recht, uns so lange zurückzuhalten. So hatten wir Zeit, ein bisschen zur Ruhe zu kommen und unsere Gefühle auszusortieren. Wir sind vom Tod wieder ins Leben zurückgekehrt und fühlen uns so munter wie eh und je... unglaublich. Ich bin froh, hat Albus den Nachweis gefunden, dass das bereits einmal vorgekommen ist, sonst wäre ich vielleicht übergeschnappt. Ich frage mich, ob man all die anderen Opfer von Voldemort auch zurückbringen könnte, falls Harry bereit wäre, sich noch einmal auf dieses Phänomen einzulassen.
Ich habe gerade erst auf Tod und Leben mit Voldemort gekämpft, er hat mich kaum einen Moment her getötet, und nun bin ich wieder wach, aber es sind vierzehn Jahre vergangen. Ich kann nicht aufhören, daran zu denken, wie riesig dieses Ding ist! Lily geht's sicher genauso wie mir, obwohl sie sich damit offenbar ein bisschen besser abfinden kann. Sie ist so wunderbar! Der Tod steht ihr, würde ich sagen, aber das Leben steht ihr hundertmal besser! Sie ist so schön und ich fühle, wie mein Herz (und ein anderes Körperteil) anschwillt, wenn ich sie nur schon von weitem sehe.
Pomfrey hat uns bald mal erlaubt, Spaziergänge zu machen. In der Bibliothek sind wir dabei durch die Sammlung an Tagesprophet-Ausgaben gegangen. Natürlich haben wir nicht alles gelesen, aber wir haben die Zeitungen der letzten vierzehn Jahre durchgeblättert, damit wir wissen, was in den Jahren in unserer Welt los war. Es ist unglaublich gut, wieder am Leben zu sein. Wieder zu atmen und zu essen und trinken und vögeln und wissen, dass unser Sohn da draussen ist und noch lebt und dass es ihm gut geht, weil er jetzt in der Obhut der beiden Menschen ist, die ihn hätten grossziehen sollen, wenn wir es nicht konnten.
Ich bin immer noch wütend auf Dumbledore. Wie konnte er das geschehen lassen? Er hatte nicht das geringste Recht, unsere testamentarischen Bestimmungen zu umgehen, wir haben ganz klar festgelegt, wer das Sorgerecht für Harry bekommt. Wie kann man das Glück eines Kindes für ein bisschen zusätzliche Sicherheit opfern? Ich darf nicht darüber nachgrübeln, Harry ist endlich bei Remus und Sirius angelangt, was mich glücklich macht, denn bestimmt macht es auch Harry glücklich, nach allem, was Dumbledore erzählt hat.
Lily
Was für eine unglaubliche Sache! Wir sind vom Tod wieder ins Leben zurückgekehrt. Ich stehe vor meinem Sohn und kann ihn in den Arm nehmen, festhalten und küssen! Er ist schon so gross, aber so hübsch und so süss! Mein Kleiner, wie sehr ich dich liebe, kann ich dir gar nicht ausdrücken. Wie froh ich bin, wieder mit dir vereint zu sein, und meine Lieben um mich zu haben, das kann ich sagen und ich tue es auch. Mit meiner Familie im Moment in Sicherheit zu sein, das tut auch gut.
James und Sirius haben Spass und verwandeln das Wohnzimmer vorübergehend in ein Schlafzimmer. Dann gehen wir alle fünf hinaus auf die Terrasse und lernen jetzt auch noch den grossen Rest der Familie kennen. Remus stellt uns und sie vor.
„Also, das sind sie, James und Lily Potter, Harrys Eltern. Lily, James, dies sind unsere Fünftklässler: Ginny Weasley, Ron Weasley, Justin Finch-Fletchley, Ernie McMillan, Mandy Brocklehurst, Padma Patil, Parvati Patil, Blaise Zabini, Hermione Granger und Morag McDougal. – Sorry, dass ihr so lange warten musstest, aber die lieben Leute brauchten die Gelegenheit, unter sich ihr Wiedersehen zu feiern. Jetzt aber nichts wie auf zum Abendessen!"
Ich sehe mich am Tisch um. Sie sehen alle interessiert aus und ich versuche zu erraten, wer in welchem Haus ist. Ron, Ginny und Hermione sind einfach, von denen weiss ich bereits, dass sie Gryffindors sind. Aber der Rest... na ja, ich werde es ja sehen.
Wir setzen uns an den Tisch und essen. Ich bemerke dabei die Leichtigkeit und Vertrautheit, mit der sich die Kinder mit Remus und Sirius unterhalten. Ich frage mich, ob sie von seiner Lykantropie wissen. Da ich zwischen Harry und Sirius sitze, wende ich mich kurz zu Sirius und frage ihn leise.
„Oh ja, sie wissen es alle. Er hat sie ja schon in Hogwarts unterrichtet, und Snivellus hat es der ganzen Schule verraten. Ich habe gemerkt, dass es auf die Kinder hier offenbar nicht viel Eindruck gemacht hat, die fanden ihn eh den coolsten Lehrer, den sie je hatten."
„Ah, sehr gut! Ich bin froh, behandeln sie ihn nicht schlecht."
„Nein, sie haben ihn akzeptiert wie er ist. Und da sie ihm jetzt auch vertrauen, können wir annehmen, dass aus diesem Haufen keine mit Vorurteilen gespickten Erwachsenen wird. Sie wissen genau, dass Remus auch meint, was er sagt, wenn er was sagt."
Remus
Wir geben James und Lily einen Platz am Esstisch und in unserem Stundenplan. Ich kann die Klasse in Arithmantik und Alte Runen zweiteilen. In Arithmantik übernimmt Lily die fortgeschrittenen Schüler, in Alte Runen übernimmt James die Anfänger. Mit so wenigen Schülern sollten auch die Anfänger bis zum Ende des Jahres auf OWL-Niveau kommen und wenn sie dort auch keinen OWL machen, was soll's.
Eine Woche später, es ist wieder Freitag, beginnt offiziell die Schule. Die ersten Lektionen werden erst am Montag stattfinden, aber dank Winky und Dobby haben wir unser eigenes kleines Willkommensfest. Das Wetter ist schlecht, daher müssen wir drinnen essen, aber zur Feier des Tages dekorieren wir die Wand hinter dem Tisch mit grossen Flaggen der vier Hogwarts-Häuser. Als sich die Schüler zum Abendessen versammeln, freuen sich alle elf über die Geste.
„Es ist zwar nicht die Grosse Halle, aber wenigstens erinnert es euch an eure Häuser in Hogwarts..." sage ich lächelnd.
Am Sonntag bitte ich Sirius, mir noch ein Whiteboard an der Wand neben der Tür zur Gartenseite hinaus anzubringen. Es soll als Notizbrett herhalten, mit einer Menge kleiner Magnete, die ich beim grossen Einkaufstrip ins Schreibwarengeschäft letzte Woche gekauft habe. Ausserdem schreibe ich hier den Stundenplan für alle auf.
Und am Montag ist es endlich so weit, unsere kleine Schule fängt an. Ich habe die ersten Stunden und begrüsse die Klasse daher nach dem Frühstück, als sie sich im Schulzimmer versammelt.
„Guten Morgen, alle miteinander. Ich sehe, dass ihr alle endlich anfangen wollt. Lasst mich ein paar Dinge erklären, bevor wir mit Verteidigung beginnen. Wie ihr schon gesehen habt, hängt der Stundenplan an dem Whiteboard da drüben. Wir werden ihm zumeist Rechnung tragen, aber ihr werdet sehen, dass wir sehr flexibel sind und manchmal Dinge nach Bedarf anpassen werden. Der Mittwoch wird so ein bisschen ein Joker-Tag, an dem wir all das machen können, was in den regulären Stunden nicht Platz hat. Wir werden jeweils kurz vorher sagen, was wir geplant haben, Pflege Magischer Geschöpfe, Muggelkunde, Astronomie.. all diese Dinge. Was eindeutig nicht auf dem Programm steht, ist Wahrsagen, denn weder Sirius noch ich haben auch nur eine blasse Ahnung davon und wollen auch nicht so tun, als ob wir's hätten..."
Ich zwinkere Ron und Harry dabei zu. Beide grinsen. Parvati sieht etwas enttäuscht aus, aber sonst scheint es niemanden in der Klasse zu stören.
„Ihr kommt von allen vier Häusern. Wir werden euch Punkte geben oder abziehen und die werden nach Hogwarts weitergeleitet. Denkt also daran, dass ihr euer Haus auch von hier aus unterstützt. Ich kenne euch inzwischen gut genug, dass ich weiss, dass wir wohl selten Punkte abzuziehen haben werden.
„Unsere ‚Arbeitszeiten' können wir hier selber festlegen. Wenn wir weiterhin wie jetzt um neun mit dem Unterricht anfangen, sind wir etwa um halb vier durch. Wenn wir früher anfangen, können wir entweder eine längere Mittagspause machen oder sind früher fertig. Ihr werdet damit auf alle Fälle genügend Zeit für eure Hausaufgaben und zum lernen haben. Wenn wir uns aber mal auf einen Modus geeinigt haben, möchte ich daran festhalten. Wir brauchen einen regelmässigen Tagesablauf.
Nun noch etwas zu den Verantwortlichkeiten. Da ich hier der Vertreter von Professor Dumbledore und Professor McGonagall bin, werdet ihr euch nach meinen Anordnungen zu richten haben. Ich muss mich gegenüber den beiden Professoren und den Schulbeiräten rechtfertigen, daher hoffe ich, dass wir nichts Übles zu berichten haben werden. Für alles, was eine Erlaubnis benötigt, habt ihr mich zu fragen. Alle Fragen, die ihr sonst Professor McGonagall stellt, sind ebenfalls an mich zu richten. Falls nötig, werde ich sie an die stellvertretende Schulleiterin weiterleiten.
Wir leben hier zwar in grosszügigen Räumen, aber wir werden hier dennoch vierundzwanzig Stunden pro Tag zusammen sein. Das führt zwangsläufig irgendwann zu einem Gefühl des Eingesperrt seins. Hüttenkoller wollen wir nach Möglichkeit verhindern, daher werden wir euch gelegentlich zu Ausflügen mitnehmen. Es kann sein, dass wir alle zusammen gehen, oder vielleicht nur ein Teil von uns, entweder mit Sirius oder mit mir. Wir nehmen gerne Vorschläge entgegen, was wir besuchen könnten. Wir möchten mit euch wie in einer grossen Familie zusammenleben. Alles einigermassen klar?"
Da keine Fragen kommen, nehme ich an, dass das der Fall ist.
„Gut, dann wollen wir gleich anfangen. Wir haben dieses Jahr eine Menge auf dem Programm, vom Wiederholen all dessen, was ihr schon gelernt habt im Hinblick auf die OWLS gar nicht erst zu reden. Ginny hat die ganzen Ferien über hart gearbeitet und verdient einen Applaus dafür, dass sie letzte Woche die Prüfungen für die vierte Klasse geschafft hat. Gibt's noch Fragen?"
Auch hier kommen keine, daher gehen wir dran, unsere Arbeit aufzunehmen. Ich spreche über Schutzzauber zu ihnen, persönliche und solche über ein Haus, eine ganze Gegend. Zunächst sind persönliche Schutzschilder dran, deren Zauberformeln und dann geht's gleich für sie daran, die praktisch anzuwenden. Sie bilden Pärchen, um das zu tun, aber da es eine ungerade Zahl Schüler ist, arbeite ich mit einem von ihnen. Damit möglichst alle mit allen arbeiten, lasse ich sie häufig die Partner wechseln.
Nach diesen ersten zwei Lektionen mit viel Aktivität, während denen Lily sich zu uns gesellt hat, und einer kurzen Pause geht es wieder etwas ruhiger zu, denn nun kommt Geschichte. Sie setzen sich alle wieder brav an die Tische dafür. Falls die aber gedacht haben, dass Geschichte auch bei mir eine Schlummerstunde bedeutet, so haben sie sich geschnitten. Wohl benutze ich Bücher, nach denen ich mich richte, aber ich rede nicht nur. Ich habe die Absicht, etwas systematischer durch die Geschichte zu wandern als Professor Binns und vor allem nicht nur die langweiligsten Dinge hervorzuholen. Ich werde auch immer Parallelen zur Geschichte der Muggel ziehen. Aber vor allem werde ich in erster Linie auf die letzten hundert Jahre der Geschichte der Zaubererwelt zu sprechen kommen. Wo es für das Verständnis nötig sein wird, werde ich natürlich weiter zurückblicken, aber alles in grossen Schritten. Dabei wird wohl kaum ein Kobold-Aufstand auftauchen. Statt dessen nehmen wir als erstes das Entstehen einiger wichtiger nationaler und internationaler Organisationen durch, deren es in der Zaubererwelt ebenso viele wie in der Muggelwelt gibt. Dabei stelle ich ihnen eine Menge Fragen und sie haben eine Menge zu notieren. Ich ermahne sie, dass sie diese Notizen mit Sicherheit brauchen werden, wenn sie dann eine Arbeit über das gerade behandelte Thema schreiben sollen.
Die letzte Stunde vor der Mittagspause ist Alte Runen. Hermione, Padma, Blaise, Mandy und Justin haben das Fach bereits in den letzten beiden Jahren belegt, ich habe daher eine Klasse von Anfängern und eine mit schon etwas gehobenerem Standard. Ich verschwinde mit den Fortgeschrittenen hinauf in die Bibliothek, wo wir uns hinter einem Silenziumzauber verbergen und in Ruhe diskutieren können, ohne die anderen unten dran zu stören.
