Kapitel 11 – Die OWLS sind da!

Hermione

Ich kann's kaum erwarten! Heute kommen Mum und Dad! Ich bin völlig aufgeregt, aber Harry hält mich im Bett so lange beschäftigt, wie wir können. Dieses Liebemachen gefällt uns jeden Tag besser. Ich glaube nicht, dass ich noch mal je ohne Sex leben wollte oder könnte. Es erfüllt mich, macht mich komplett, es ist jedes Mal, als ob wir das letzte Teilchen in ein Puzzle setzten, wenn Harrys Penis in mir drin ist. Er passt so vollkommen hinein. Nach den ersten paar Malen haben wir schon so viel gelernt, dass wir die Tolpatschigkeit schon fast völlig überwunden haben. Manchmal, wenn wir irgendwie aus dem Rhythmus kommen oder sonstwie auseinanderfallen, lachen wir über unsere Ungeschicklichkeit, es ist uns schon längst nicht mehr peinlich. Jeden Tag freuen wir uns darauf, noch mehr herauszufinden. Bisher funktionieren die Verhütungszauber ausgezeichnet. Jedenfalls bin ich auch nach einem Jahr noch nicht schwanger geworden, so langsam vertraue ich ihnen. Es ist zur Routine geworden, sie anzuwenden und daran zu denken, sie zu sprechen ist ein kleiner Preis für die Sicherheit, dass wir ungewollte Konsequenzen vermeiden können.

Harry kitzelt mich.

„He, du bist ja völlig in Gedanken verloren, Liebste!"

„Ich weiss. Gedanken über dich und unsere Zukunft zusammen... und jetzt die Vorfreude, Mum und Daddy wiederzusehen. – Ich liebe dich, Harry."

Er fährt mit seinen Händen durch mein Haar. Ich schaue hinunter in seine Augen, so grün, so lichtes, helles Grün, immer erinnern mich seine Augen an eine dieser unergründlichen Quellen. Ich könnte in seinen Augen ertrinken. Mitten in der nächsten Runde Küssen höre ich Stimmen von draussen herauf klingen.

„Hermione! Harry! Sie sind da, kommt runter!"

Wir springen beide vom Bett, ziehen uns hastig an und laufen nach unten. Sie sind da, beide sehen gut aus, wenn auch etwas besorgt um mich und ich bin sicher, dass sie in dem Moment Bescheid wissen, in dem sie mich und Harry Hand in Hand zur Türe herauskommen sehen. Ich stelle ihnen Harry noch einmal vor, nachdem wir uns alle umarmt haben und sie nehmen ihn auch gleich in die Arme. Ich bin so glücklich, sie hier zu sehen, dass ich tanzen könnte. Wir haben gute zehn Tage zusammen. Während einigen davon werden auch die Weasleys hier sein, aber das wird ja nur noch mehr Spass machen.

Kaum haben wir uns begrüsst, als sie auch schon unsere Ringe bemerken. Mum grinst, schaut von Harry zu mir und fragt:

„Sag mal, mein Kleines, gibt's da etwas, das ich wissen müsste?"

„Ja, Mum, das gibt's. Wir sind verlobt..."

„Du meine Güte, warum nicht gleich gar? Ich weiss ja, dass du eine ziemlich ernsthafte Person bist, Schatz, aber ist das nicht ein bisschen gar früh?"

„Vielleicht, aber ich würde ihn morgen heiraten, Mum. Und das brauchen wir ja nicht zu tun, wir sind beide noch so jung. Auf der anderen Seite ist Harry in einem Jahr volljährig und ich bin schon im September, daher glauben wir nicht, dass es zu früh ist."

Daddy dreht sich zu Harry und fragt ihn mit einem breiten Grinsen:

„Bist du sicher, dass du diese kleine Rose hier pflücken willst? Die hat nämlich ganz schön kräftige Dornen, Harry!"

„Ich liebe ihre Dornen, Mr. Granger, und die Schönheit und der Duft der Rose überwiegen die Dornen bei weitem. Meiner bescheidenen Meinung nach machen die Dornen sie nur noch schöner," sagt Harry, völlig ernsthaft.

Wir starren ihn alle an, nur meine Eltern schauen einfach nur erfreut. Sie wissen ja nicht, was uns so verblüfft. Harry ist nämlich im Allgemeinen mit Retourkutschen nicht so begabt, aber diese Antwort war brillant! Ich liebe ihn so sehr! Und Dad scheint mit der Antwort äusserst zufrieden zu sein, denn er sagt:

„Genau die richtige Antwort von einem zukünftigen Schwiegersohn, gut gemacht, Harry. Ich hoffe, dass ihr beiden sehr glücklich miteinander sein werdet."

„Sind wir schon, Daddy," gebe ich zu.

Mum grinst schon wieder.

„Hast du die Freuden junger Liebe entdeckt, Mäuschen?" fragt sie. „Ich kann nur sagen, dass mich das sehr freut, denn ich fürchtete schon, dass der Bücherwurm in dir alles andere in den Schatten stellt."

„Ich liebe meine Bücher noch genauso, Mum. Harry stört das wenig."

Es tut so gut, wieder mit meinen Eltern zu kabbeln. Mum und Dad sind echt coole Leute, es macht Spass mit ihnen zusammen zu sein. James und Lily kommen jetzt näher und ich stelle meinen Eltern meine zukünftigen Schwiegereltern vor. Ich glaube, dass die sich gleich ziemlich grün sind, denn schon nach kurzer Begrüssung finden sie einen Grund, gemeinsam zu lachen. Mum spricht Lily auf das Baby an:

„Sieht aus, als ob Sie kurz vor der Geburt sind, was?"

„Ja, sogar sehr kurz, ich hab's nämlich schon einige Male zwicken gespürt. In den nächsten Minuten geht meine Eule an unsere Geburtshelferin ab. Ich weiss nicht, ob Sie schon mal von Poppy Pomfrey gehört haben, Sie ist die Heilerin in Hogwarts," erklärt Lily seelenruhig.

Alle rund herum starren sie völlig erstaunt an. Grade jetzt will das Baby kommen? Wow! Mum ist so ziemlich die einzige, die völlig ruhig bleibt. Da ich ihr alles über James und Lily und ihre Rückkehr aus dem Reich der Toten erzählt habe, bleibt sie jetzt völlig ihr pragmatisches, ruhiges Selbst und bietet sofort Hilfe an:

„Ich habe nicht übermässig viel Erfahrung mit Geburten, aber jede Hilfe, die ich leisten kann, werde ich sehr gerne leisten, Mrs Potter!"

„Ja, ich glaube, bis Poppy komme, kann ich das sicher sehr gut gebrauchen, vielen Dank. Und, wenn's nicht allzu sehr stören würde, Lily und du wäre mir lieber..."

„Aber gerne doch. Mein Vorname ist Helen, und das ‚du' ist mir auch sympathischer..."

Den ganzen Nachmittag, nachdem sie sich eingerichtet haben, zeigen wir ihnen das Haus und die Umgebung, dann stellen wir sie den Nachbarn wieder vor und als schliesslich Madam Pomfrey eintrifft, komme ich noch dazu, mit ihnen allein auf einen kurzen Spaziergang zu gehen, bei dem ich ansprechen kann, dass ich immer noch kein gutes Geburtstagsgeschenk für Harry gefunden habe. Sein Geburtstag ist in ein paar Tagen, wir haben die Zeit so ausgewählt, dass meine Eltern und die Weasleys dann noch da sein werden.

„Wahrscheinlich wird es kaum mehr eine Überraschung für ihn sein, aber wir planen natürlich eine Party für ihn."

„Das ist verständlich, Liebes, schliesslich hatte er bis vor kurzem wenig zum feiern, wenn ich mich recht erinnere, nicht wahr?" sagt Dad.

„Kann man wohl sagen. Er hatte nicht und er hat eigentlich immer noch nicht, denn Voldemort ist immer noch hinter ihm her."

„Ach ja, den hatte ich fast vergessen..."

„Hast du denn schon ein Geschenk für Harry?" fragt Mum.

„Eben nicht! Deshalb bin ich ja so aus dem Häuschen! Ich weiss wirklich nicht, was ich ihm schenken soll. Er hat schon so ziemlich alles über Quidditch, was einigermassen originell ist, aber es muss doch auch noch was geben, was nichts mit Quidditch zu tun hat und ihm trotzdem Freude macht!" sage ich in komischer Verzweiflung.

Mum und Dad prusten los. Ich glaube, es ist wie bei den Muggeln, die so auf Fussball abfahren, oder was immer sonst für einen Sport. Sie können einfach nicht aufhören, davon zu sprechen. Was kann ein vernünftiges Mädchen da machen?

„Hast du schon mal daran gedacht, ihm ein Tagebuch zu schenken?" fragt Mum.

„Glaubst du nicht, dass er das für viel zu mädchenhaft halten wird?"

„Es lohnt sich, es in Betracht zu ziehen..."

„Nicht, dass es ihm nicht sehr gut täte, Tagebuch zu führen, ich weiss nur nicht, wie er drauf reagieren würde," gebe ich zu bedenken.

„Dann etwas zum Anziehen. Zum Beispiel einen edlen seidenen Pyjama," schlägt Dad vor.

Dad! Aber nicht, wenn ich ihm grade endlich beigebracht habe, wie viel angenehmer es ist, nackt zu schlafen! Könnte ich mir aber für Weihnachten vormerken."

Daddy lacht Tränen! Ich wusste, dass ihn das amüsieren wird. Doch dann wird er wieder seriös und meint:

„Na ja, muss ja nicht ein Pyjama sein, es gibt ja auch noch andere Sachen aus Seide. Ein Leintuch, zum Beispiel, und Bezüge für die Decken und Kissen..."

„Das ist eine sehr gute Idee! Davon hätte ich auch etwas. Und ich könnte das Tagebuch im Leintuch verstecken."

„Hermione, hast du mit Harry geschlafen?" fragt Mum auf einmal.

„Ja, Mum, habe ich. Schon seit einer ganzen Weile..." gebe ich zu, und es fällt mir noch nicht einmal schwer.

„Und was unternimmst du in Bezug auf die Verhütung?" will sie wissen.

„Oh, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen, dafür gibt's Zauber und Zaubertränke. Wir haben jetzt die Zauber benutzt, muss man jedes Mal sprechen, aber das ist eine Kleinigkeit. Wir wenden sie konsequent an, denn wir wollen beide noch kein Baby, schliesslich haben wir noch zwei volle Jahre Schule. Ich will meine Ausbildung auf keinen Fall gefährden."

„Phu... sehr gut. Lieber Magie als Hormone, was?"

„Das auch. Ich bin froh, brauche ich mich nicht mit der Pille abzugeben. Ich habe keine Ahnung, wie der Zauber wirklich funktioniert, aber er wirkt, ich bin ja bisher nicht schwanger geworden. Ich will Kinder, Mum, Harry will sie auch, und ich will sie sogar ziemlich bald, aber ich will auch eine Karriere, ich will etwas Nützliches tun. Ich werde einen Weg finden müssen, Mutterschaft und Karriere unter einen Hut zu bringen, oder besser, wir werden einen Weg finden müssen, denn ich will Harry nicht irgendwo draussen haben, während ich unsere Kinder grossziehe, und ich habe den ziemlich starken Verdacht, dass Harry das auch nicht will."

James

Ist das nicht einfach typisch für Lily, uns das einfach so ohne jede Vorwarnung hinzuwerfen? Poppy kommt schon zwei Stunden später angewetzt und sieht zufrieden aus, sich im Sommer mit so etwas Schönem wie eine Geburt zu beschäftigen.

„Hallo, alle zusammen. Wo ist denn Lily?"

„Da drüben. Es ist so schön, sie hatte noch keine Lust, hineinzugehen. Das Wasser ist auch noch nicht gebrochen, daher dachten wir, dass es in Ordnung ist," antworte ich.

„Das ist vollkommen in Ordnung. Lass mich dann mal einen Blick werfen, Lily!"

Die Untersuchung ergibt, dass es Mutter und Baby immer noch ausgezeichnet geht. Poppy nimmt an, dass sie noch gut zwei Stunden draussen bleiben kann. Ich werde von Minute zu Minute aufgeregter. Lily stöhnt ziemlich viel, aber mehr, um sich selber beim richtigen Atmen zu helfen als vor Schmerzen, wie sie uns zwischen zwei Wehen erklärt. Sie ist immer noch erstaunlich ruhig. Erklärt, dass sie nach Harrys Geburt jetzt weiss wie's geht, und dass es sie nicht abschreckt. Ich bin nicht ganz so ruhig, versuche das aber gut zu verbergen. Remus und Sirius sind auch da und helfen, wo sie können.

Als Poppy uns schliesslich auffordert, jetzt doch besser hinein zu gehen, helfen Sirius und ich ihr die Treppe hoch. Grade als wir die letzte Stufe erreichen, sagt sie:

„Ups! Wasser bricht..."

„Sehr gut, Lily, das ist völlig in Ordnung. Lass uns dich jetzt in dein Schlafzimmer bringen."

Von da an ist es Stress, aber zum Glück nur kurze Zeit. Ich kann mein Glück kaum fassen, als mir Poppy nach zwei Stunden meine neugeborene Tochter Elizabeth auf den arm gibt. Alle Menschen, die für uns wichtig sind, sind anwesend, Remus, Sirius, Harry, Hermione... es ist eine so wunderbare Erfahrung, unser Kind in einer solch starken, grossen Familie gemeinsam willkommen zu heissen. Ich schaue Lily in die Augen. Sie ist müde, sieht aber perfekt glücklich aus.

„Wir haben eine Tochter, Liebste. Von nun an kann kommen was will, was?"

„Ja, James, jetzt kann kommen, was will. Ich bin sehr glücklich über Lizzie."

Dies ist ein fast noch intensiveres Erlebnis als Harrys Geburt. Da war nur Stress. Diesmal ist alles so entspannt abgelaufen, wie eine Geburt entspannt ablaufen kann. Lizzie ist einfach perfekt! Ich gebe sie weiter an Harry, und als der sie eine Weile auf dem Arm hatte, gibt er sie an Remus weiter. Und als der sie auf den Arm nimmt, erkenne ich so viel Liebe in seinen Augen, wie er sie sonst nur für Sirius übrig hat. Er wird der beste Pate der Welt sein!

Im Laufe des Abends bekommen alle Lizzie mal zum Halten. Harrys kleine Schwester ist de facto zwar sechzehn Jahre jünger als ihr grosser Bruder, aber für uns sind's eigentlich nur drei. Es fällt uns immer noch schwer, unsere Fantasie mit diesem Loch in unserem Leben zu strapazieren. Aber was soll's auch! Ich plane, eine Menge Zeit mit meinem Baby zu verbringen, wir haben sie hier ja zur Genüge.

Remus

Was für ein kleines Wunder! Ich habe einen der schönsten Momente meines Lebens verbracht, als Harry mir mein Patenkind auf den Arm gelegt hat. Sie ist so hübsch! Sirius ist auch schon völlig von ihr eingenommen und ich wage zu behaupten, dass sie schon alle Hausbewohner in der Tasche hat.

Lily und Helen Granger haben sich fast vom ersten Augenblick an ausgezeichnet verstanden. Sie haben beide einen sehr trockenen Humor und da beide aus Muggelfamilien stammen, finden sie natürlich auch eine Menge Gemeinsamkeiten. Meistens kommen dann Zauberer wie Sirius und James nicht mehr mit. Ich bin aber vor allem für Harry und Hermione froh, dass ihre Eltern sich so gut miteinander verstehen. Natürlich haben die Grangers ihre Hausaufgaben zusammen mit Hermione gemacht und wissen eine Menge über die Zaubererwelt. Wir haben einen wundervollen Abend zusammen verbracht, während draussen ein Unwetter über unser Gelände gezogen ist. Drinnen ist es kuschelig warm von einem grossen Feuer, das im Kamin knistert. Das Klassenzimmer haben wir während der Ferien zu einem Wohn- und Esszimmer umfunktioniert.

Harry

Wow! Mum wollte, dass wir dabei sind und zusehen. Ich war zuerst ein bisschen geschockt, aber jetzt bin ich so froh, dass ich doch geblieben bin. Lizzie ist das niedlichste kleine Ding, das es gibt. Ich bin auf alle nicht der Einzige, den sie in der Familie gleich vereinnahmt hat. Dad ist schon völlig verliebt in sie. Er springt bei jedem Piep auf, den sie macht. Mum zankt ihn deswegen immer aus, weil sie nicht will, dass er Lizzie verwöhnt.

Es war lustig, Mum und Dad haben eigentlich nur Remus als Paten vorgesehen, aber weil Mum und Mrs Granger so spontan Freundschaft geschlossen haben, hat Mum Mrs Granger die Patenschaft ebenfalls angetragen, und nun kommt Klein-Lizzie besser weg als ich, denn sie hat zwei tolle Paten. Nicht, dass ich es ihr neide! Es ist schön, dass meine Eltern sie so gerne mit uns allen in der Familie teilen. Meine Eltern sind so glücklich! Es tut so gut, sie so zu sehen!

Natürlich war das schon ziemlich erschreckend, dieses Baby aus meiner Mutter rauskommen zu sehen. Ich bin fast aus den Schuhen gekippt, als ich all das Blut und Wasser und was weiss ich noch alles gesehen habe, und dann das Baby, das war so grau-bläulich, zumindest bis etwa eine halbe Stunde nach der Geburt, als sie so langsam an Farbe gewonnen hat und rosig wurde. Immer noch ein bisschen zerquetscht, aber das vergeht auch schon. Jetzt, nach einem Tag, ist sie richtig niedlich geworden. Über die Farbe ihrer Augen lässt sich noch nichts sagen, das ist noch ein ziemlich verschwommenes Blau, auf dem Kopf hat sie einiges an dunklen Haaren und das Näschen ist ein winziger Knopf. Mum meint, dass sie aussieht wie ich, als ich geboren wurde, Dad besteht darauf, dass meine Augen zumindest viel klarer gewesen wären und ich viel mehr schwarze Haare hatte. Es macht Spass, ihnen bei diesem Streit zuzuhören. Am Ende einigen sie sich darauf, dass es eh nicht so drauf ankommt und dass ja schliesslich Lizzie ein ganz eigener neuer Mensch sei. Da kann ich nur beistimmen.

Hermione

Ich fühle mich wirklich privilegiert, dass ich bei Lizzies Geburt dabei sein durfte. Sie ist so niedlich. Lily sieht müde aus, aber glücklich. Die Liebe für ihre Familie steht ihr deutlich im Gesicht geschrieben.

Am nächsten Tag nimmt Mum mich auf einen Ausflug nach Bern, das wir beide nach edlem Stoff und einem hübschen Tagebuch abklappern. Dabei bewundert Mum die schöne alte Stadt, deren Fenster so reich mit Geranien und anderen Blumen geschmückt sind. Und nicht nur die Fenster, Bern hat eine Reihe wunderschöner alter Brunnen, die rundherum ebenfalls mit Blumenkästen bestückt sind und grosse Blumenkästen finden sich auch auf allen Plätzen und überall da, wo es wenig Verkehr hat. Wir lassen das Geschenk gleich für Harry hübsch einpacken und während wir uns auf den Heimweg machen, frage ich Mum:

„Und wie gefällt dir dein zukünftiger Schwiegersohn, Mum? Ich weiss, dass er sich manchmal noch etwas ungeschickt benimmt, aber seine Manieren sind ja auch nicht gerade geschliffen worden."

„Harry ist ein Schatz, Hermione. Und ein junger Mann, der wohl nicht gleich irgendwohin abhauen wird, der möchte Wurzeln schlagen, glaub mir. Du wirst ihm helfen, endgültig erwachsen zu werden. Du wirst ihm das Selbstvertrauen geben, das er benötigt, um immer besser mit anderen Menschen umgehen zu lernen. Ich glaube nicht, dass du eine schlechte Wahl getroffen hast, nicht einmal mit einem Voldemort in seinem Rücken."

„Ich bin froh, dass du so denkst, Mum. Ich liebe ihn so sehr, weisst du. Für eine kurze Zeit in der vierten Klasse dachte ich, Ron sei derjenige, aber dann... schon als ich hier ankam im letzten Jahr wurde mir alles sehr rasch klar."

„Du hast allerdings eine Kleinigkeit zu tun, ihn dir zu erhalten, Hermione. Voldemort, auch wenn du ihn übersehen möchtest, wird sich wohl nicht einfach kampflos aus eurem Leben verabschieden..."

„Nein, sicher nicht. Aber dem stehen wir gegenüber, wenn wir müssen. Auf keinen Fall wird er es alleine tun, Mum! Nicht noch einmal. Er ist schon durch viel zu viele Scheusslichkeiten alleine gegangen."

Nachdem wir die Sunnegg wieder erreicht haben, versteckt Mum Harrys Geschenke in ihrem Zimmer. Wir haben den Tag gut geplant. Die Weasleys werden am Tag zuvor hier ankommen. Mit Remus fahren wir dann noch einmal zum Ballenberg und Sirius hat mit dem Rest der Bande Zeit genug, um alles schön vorzubereiten. Ich freue mich schon auf die Party.

Aber bevor es so weit ist, fahren wir nach Melide, das ist ein kleiner Ort im Tessin, wo wir noch ein hübsches kleines Museum besuchen. Die Mini-Suisse macht uns allen viel Spass. Das Gelände ist nicht sehr gross, aber es enthält alle bekannten und besonders schönen Gebäude in der Schweiz. Da ist vom Zytglogge-Turm über das Fraumünster in Zürich, das Bundeshaus in Bern bis zum Viamala-Viadukt alles mögliche zu sehen. Die Kathedrale von Lausanne zum Beispiel, das Rathaus in Basel und das alte Schloss in Thun, das besonders schön aussieht. Ich glaube, alle Vorstellungen von alten Burgen müssen dort geboren sein, denn diese Burg in Thun sieht genauso aus, wie man sich so eine alte Burg vorstellt. Vier runde Türme in den Ecken, verbunden mit Mauern und einem Burgfried in der Mitte. Es ist ziemlich gross und steht auf einer Klippe über dem Thuner See. Wir finden die Ausstellung alle sehr originell. Es war ein Ausflug wert, obwohl die Anfahrt doch ziemlich lang war. Aber wir übernachten mit Zelten auf einem Zeltplatz an einem der Seen in der Gegend hier, können noch eine Weile schwimmen gehen und machen dann einen Grill zum Abendessen.

Am nächsten Tag fahren wir über eine ganze Reihe von Pässen. Der Gotthard ist ganz schön eindrücklich, selbst mir der modernen Strasse. Die Reste der früheren Passstrassen lässt einen schlucken! Gleich darauf folgt der Nufenen, ein noch höherer Pass als der Gotthard und dann geht's lange Zeit steil hinunter ins Oberwallis. Schliesslich erreichen wir Brig und von dort geht's hinauf nach Goppenstein, dem südlichen Eingang des Lötschbergs, einem der längsten und ältesten Tunnels in Europa. Remus und Sirius stellen sich in die Schlange der wartenden Autos. Zu unserer Überraschung werden wir unsere Autos auf einen Zug verladen. Kurz nachdem wir auf den Zug gefahren sind und das Auto abgestellt haben, geht's los. Wir sitzen etwa fünfzehn Minuten lang im Dunkeln. Ernie kitzelt Ginny, bis sie ihn fast verhext. Es wird etwas laut im Auto, bis schliesslich bei Kandersteg wieder Licht auftaucht. Ein paar Minuten später rollt unser Auto wieder vom Zug.

Sirius

Wir erholen uns am nächsten Tag vom vielen Fahren gestern. Das brauchen wir auch, denn heute erwarten wir anstrengende Gäste. Molly und Arthur Weasley kommen und bringen ihre Zwillinge George und Fred mit. Die beiden werden sicher viel zum Remmidemmi der nächsten Woche oder zehn Tage beisteuern, nach dem, was ich so von ihnen gehört habe. Immerhin waren die beiden geschickt genug, Filch fast um den Verstand und um unsere Karte des Rumtreibers zu bringen. Molly ist ihr übliches Selbst und versucht sofort, den Haushalt unter ihre Kontrolle zu bringen, doch wir verbieten ihr, auch nur einen Kochlöffel anzurühren. Das einzige, was sie tun darf ist, einen Kuchen für Harry zu backen, wenn sie unbedingt will. Und das kann sie nur heute Abend tun, denn morgen geht sie mit Arthur und den anderen auf den Ballenberg. Ich will sie morgen auf keinen Fall in der Küche herumwuseln haben. Sonst drehen wir alle durch!

Molly stürzt sich natürlich auch auf Lily und Lizzie mit Ratschlägen und Tips. Lily hat damit wenig Mühe, sie wird schon selber bestimmen, welche Ratschläge sie nützlich finden wird, und welche ihr eher zu altmodisch erscheinen.

Der morgige Tag gehört also mir und dem Teil unserer Klasse, der nicht mit zum Ballenberg geht. Nur Harry, Hermione, Ginny, Ernie und Neville werden die vier Weasleys, die Grangers und Remus begleiten. Der grosse Mercedes bietet einem Dutzend Personen genügend Platz und damit wird er vollauf genügen. Remus weckt die Teilnehmer des Ausflugs früh genug, so dass sie rechtzeitig wegkommen. Nach einem herzhaften Frühstück besteigen sie alle das Auto und Remus gibt mir noch einen Kuss.

„Viel Vergnügen beim Vorbereiten, Liebster."

„Wir haben viel Zeit dazu. Dobby und Winky werden Harrys Lieblingsessen kochen und wir dekorieren die Terrasse für ein fröhliches Fest. Auf der Gartenseite drüben stelle ich einen Tanzboden auf und dann können sie die Stereoanlage rausnehmen und tanzen, bis ihnen die Füsse abfallen. Die haben heute Abend bestimmt viel Spass."

„Gut, das wird bestimmt nett. Ich werde dafür sorgen, dass sie nicht zu erschöpft sind."

„Sehr gut. Ich wünsche dir einen schönen Tag, Liebster!"

„Ich dir auch, Schatz. Tschüss!"

Remus

Alle sind bereits im Auto, ich steige ein, befestige meinen Gurt und starte das Auto. Arthur, der die längsten Beine hat, sitzt neben mir auf dem zweiten Sitz, hinter uns finden Molly, George und Helen Granger Platz, die sieben Teenager verteilen sich auf die beiden verbleibenden Reihen. Ich fahre aus meinem Parkplatz, wende den Wagen und mit einem letzten Winken für Siri verlasse ich den Bauernhof.

Unterwegs fragt Arthur mich:

„Sag mal, stimmt was nicht mit Ron, Remus? Er war so gar nicht sein übliches Selbst gestern..."

„Ich denke, er hat dir und Molly was mitzuteilen und sammelt dafür grade noch seine Courage zusammen."

„Oh, du meinst, es ist nicht deine Sache, darüber zu sprechen?"

„Genau. Zumindest sehe ich es so. Nicht, bevor er selber mit euch gesprochen hat, Arthur."

„Ist er in jemanden verliebt, Remus? Fürchtet er, dass wir seine Wahl nicht akzeptieren werden?" will Molly wissen.

„Du hast den Nagel voll auf den Kopf getroffen, Molly," bestätige ich.

„Eins der Mädchen in eurer Klasse?"

„Nein, keines von ihnen. Ich wäre froh, wenn du ihn selber fragen würdest, Molly, ich halte es wirklich für sehr unfair, wenn ich es dir sage, okay?"

„Okay."

Ginny ruft von hinten her: „Es ist ja nun nicht so, dass er ein Geheimnis draus macht, Remus!"

Verdammt. Jetzt hat sie Molly erst recht neugierig gemacht, denn die dreht sich sofort zu ihrer Tochter um und fragt: „Also weisst du's?"

„Wir wissen es alle, Mrs Weasley," sagt jetzt Hermione ruhig, „und er wird es Ihnen auch erzählen, aber ich finde, Remus hat recht, es ist nicht fair ihm gegenüber, wenn wir es ausplaudern. Er ist glücklich."

„Oh gut. In Ordnung."

Ich atme auf und danke im Stillen Hermione und ihrem ruhigen Verstand.

„Daddy, du wirst das Museum lieben, zu dem wir grade fahren! Ich weiss, wir mochten es gleich und hatten jede Menge Spass! So viel Muggelzeug zu sehen..." versucht Ginny ihren Fehler von vorhin auszugleichen, indem sie das Thema wechselt.

Ich bin sehr erleichtert, dass das Thema Ron und sein Liebesleben weg ist. Ich glaube nicht, dass es der Party heute Abend gut täte, wenn Molly ihr feuerspeiendes Temperament ausspielte und die ganze Laune verdürbe, und das traue ich ihr zu, sobald sie hört, mit wem Ron zusammen ist. Denn wenn sie auch sehr nett ist und zumindest Sirius und mir gegenüber nie Anspielungen von Vorurteilen macht, so bin ich mir noch nicht so sicher, ob sie die Homosexualität eines ihrer Söhne wird akzeptieren können.

Aber jetzt fahren wir erst mal einigermassen friedlich weiter und ich wechsle von der Autobahn auf die normale Strasse, damit wir mehr von dieser prächtigen Gegend hier mitnehmen können. Wir fahren der Seestrasse entlang, welches die einzige Strasse ist, denn gleich zur Linken gehen die Berge steil hoch.

„Das hier ist der Thuner See. Dieser See wurde von der Aare in diese Berge gegraben. Da vorne ist ein Stück aufgeschwemmtes Land, auf dem heute Interlaken steht, dahinter beginnt gleich der zweite See, der Brienzer See. Wir werden ihm bis Brienz folgen, dort zweigen wir dann ab hinauf zum Ballenberg-Museum," erkläre ich.

Wir könnten kein prächtigeres Wetter haben. Kein Wölkchen am Himmel, der See ist spiegelglatt und voll von Seglern. Da es ein Wochentag ist, gibt es etwas weniger Ausflugsverkehr, aber dafür sind Lastwagen auf der Strasse. Wir erreichen das Museum aber kurz nach dessen Öffnung, so dass wir unseren Parkplatz noch aussuchen können. Ich stelle das Auto ab und wir versammeln uns vor der Kasse. Die ist jetzt neu in einem eigens dafür gebauten kleinen Komplex mit einem kleinen Laden nebenbei. Wir müssen uns anstellen. Hinter mir sind Harry, Hermione, Molly und Arthur. Ich höre Mollys Ausruf:

„Oh, Harry! Was trägst du denn da für einen Ring?"

Ich drehe mich um und sehe grade noch, wie Harry Hermiones Hand hochhält und cool sagt: „Hier ist der andere, Mrs Weasley. Wir sind verlobt."

„Was! Ihr seid doch noch viel zu jung, um ans heiraten auch nur zu denken!"

„Wir denken ja auch noch gar nicht dran, wir wollen aber zusammenbleiben. Die Hochzeit muss ja nicht gleich stattfinden, Mrs Weasley," gibt Hermione zu bedenken.

„Ah! Das ist gut... ich gratuliere euch beiden! Das ist schön für euch, aber so schwer zu verstehen. Ihr seid doch noch fast Kinder!"

„Wir werden schnell genug erwachsen werden müssen, Mrs Weasley. Ich finde, wir haben das Recht auf ein bisschen Glück, bevor wir möglicherweise diesem Krieg zum Opfer fallen werden. Die Todesser werden keinen Unterschied machen, ob wir schon zwanzig Jahre alt sind oder nicht," sagt Harry deutlich.

Ich wende mich der Kasse zu und kaufe die Tickets für alle. Dabei frage ich die anderen, ob jemand einen Führer möchte.

„Die gibt's auch in englisch, wenn ihr wollt..." sage ich.

George Granger kommt näher und meint:

„Ja, ich nehme einen. Und ich übernehme den Eintritt für alle..."

„Das ist aber lieb von dir, George!" bedanke ich mich und überlasse ihm den Vortritt.

„Na ja, du fährst die ganze Zeit und bezahlst das Benzin..."

Arthur möchte auch einen Führer und kauft ihn. Danach befestigen wir alle unsere Eintrittskarten an unserer Sommerkleidung. Ich habe einen kleinen Rucksack bei mir, lasse alle hinter dem Kassenhäuschen warten und reiche ihnen dann das Sonnenschutzmittel.

„Hier, jeder von euch schmiert sich bitte hiermit ein. Wir sind hier schon etwas in der Höhe, die Sonne brennt und wir wollen Sonnenbrand vermeiden. In drei Stunden ist dann der nächste ‚Anstrich' fällig. Grade ihr Weasleys seid sonst heute Abend rot wie Krebse!" warne ich sie alle und sie folgen mir.

Ginny hatte recht. Arthur ist im siebten Himmel und er stellt uns Hunderte von Fragen. Er bekommt gar nicht genug von all den Geräten und Sachen. Da Hermione am ehesten bereit ist, stundenlang darüber zu reden, hält er sich vor allem an sie. Wir übersetzen ihm all die Informationen, die auf Englisch nicht erhältlich sind.

In der Drogerie ersteht sich Neville eine Reihe von Kräutern und ich kaufe ein paar Kräutertees. Es sind spezielle Mischungen, die jetzt im Sommer als Durstlöscher herrlich schmecken.

Wir sehen eine Demonstration im Korbflechten.

Die Kinder benehmen sich hervorragend. Selbst Fred und George laufen neugierig herum und machen keinen Unfug. Ich höre sie immer wieder murmeln:

„Wie kommen die Muggel bloss ohne Zauberei aus?"

„Sie haben ein paar bemerkenswerte Dinge erfunden, George," erkläre ich ihm, „denke an die Autos, die Eisenbahn, die Flugzeuge, an die Computer, die modernen Massenmedien, die elektrischen Geräte aller Art. Die sind nicht blöde, wahrscheinlich könntet ihr beiden sogar eine Menge von ihnen lernen, denn die Chemie müsste für euch eigentlich interessant sein, für alle eure Scherzartikel..."

„Aber wie haben die das vor all diesen Erfindungen geschafft?" fragt Fred, „die müssen ja die ganze Zeit nur geschuftet haben..."

„So ungefähr, Fred. Die hatten keine Freizeit."

Wir nehmen uns Zeit. Wir haben es ja nicht eilig und alles werden wir eh nicht sehen können. Ausserdem wird es heute sicher spät werden, daher achte ich darauf, dass wir alle nicht müde werden. Um vier Uhr nachmittags sind wir wieder zurück am Eingang. Bevor wir auf dem Heimweg Lützelflüh erreichen, holt Hermione ein Foulard aus ihrem Rucksack und verbindet Harry die Augen, damit er noch nichts von der Dekoration sieht.

„Du duschst heute bei mir oben," befiehlt sie.

Er lächelt. Natürlich weiss er, das wir etwas für ihn planen, und dass wir deshalb gerade heute weggefahren sind. Aber er freut sich darauf und will es sich und uns anderen nicht verderben. Hermione führt ihn hinein, durch die Küche und die Treppe hinauf.

Wir verziehen uns alle und ich nehme mir Zeit, meinen Liebsten zu begrüssen und dann für eine ausgedehnte Dusche, die mich ausgezeichnet erfrischt. Der Vollmond liegt nur ein paar Tage zurück, aber ich merke kaum mehr etwas davon. Als ich mich dann frisch angezogen habe, gehe ich rasch hinunter ins Büro, um nachzusehen, ob Post da ist, die ich lesen muss. Ein Stapel Pergamente liegt auf dem dritten Pult. Sirius ist mir gefolgt und erklärt, darauf deutend.

„Kurz, nachdem ihr heute morgen weggefahren seid, kamen die Schuleulen mit den OWLS Resultaten. Ich habe sie zurückbehalten und werde die Kids heute Abend fragen, wann sie sie haben wollen, heute Abend, morgen früh oder nach der Party."

„Das ist sicher klug. Wir wollen ihnen die Party auf keinen Fall verderben. Es wäre heute morgen beinahe schon passiert..."

„Was war denn los?"

Ich erzähle ihm von Molly und Ginnys Ausrutscher.

„Zum Glück hat Hermione Ginnys Fehler wieder gutmachen können."

„Von diesen Pergamenten haben die Schüler sicher weniger zu fürchten, als von Mollys Launen." bemerkt Sirius dann.

Lily

Der sechzehnte Geburtstag meines Sohnes. Und erst der zweite, den ich mit ihm feiern kann. Ich habe vierzehn Geburtstage meines Kindes verpasst, vierzehn Jahre seines Lebens und wie ich mittlerweile weiss, vierzehn sehr ereignisreiche Jahre. Jedes Mal, wenn ich daran denke, werde ich immer noch so wütend! Ich bin froh, dass jetzt ein kleines Wesen da ist, das mich davon abhält, allzu oft allzu wütend zu werden. Lizzie ist viel unkomplizierter als Baby Harry. Wahrscheinlich, weil sie ein Mädchen ist. Wir Frauen sind so viel bodenständiger als die Herren der Schöpfung. Aber ich ziehe James natürlich kräftig damit auf. Es ist zu witzig, wenn er dann was brummelt und stottert. Interessant, dass Lizzie von Anfang an mehr eine Komplizin für mich war als ein hilfloses Baby. Das brauchen wir auch, damit wir Frauen in dieser grossen Männerrunde in der Familie bestehen können. Obwohl ich mit Hermione eher eine Schwester als eine Schwiegertochter gewonnen habe.

Um sechs finden wir uns dann draussen auf der Terrasse ein. Die ist liebevoll bunt dekoriert worden, mit Lampions, Girlanden und Papierschlangen. Der Tisch hat eine rote Papierdecke und ist mit Konfetti übersät. Während das Geschirr rein weiss geblieben ist, haben die Kinder das Besteck und die Gläser bunt eingefärbt, blau, grün und gelb. Draco steht bereit, jeden, der aufkreuzt, mit weiteren Papierschlangen und Konfetti zu schmücken. Er war offenbar für diesen Teil der Dekoration zuständig. Als wir uns zum Essen setzen, sind wir alle sehr gut gelaunt. Harry und Hermione haben heute natürlich die Mitte des Tisches, Sirius und mir gegenüber. George und Helen Granger sitzen zu beiden Seiten des Pärchens. Harry strahlt und bedankt sich bei seinen Freunden:

„Ihr Leutchen seid einfach grossartig, vielen Dank!"

„Dann lasst uns doch das Futter anbringen! Dobby, Winky, tragt ihr auf?" ruft Sirius.

Bis die beiden mit dem Essen auftauchen, bittet Sirius noch kurz um Aufmerksamkeit:

„Könnt ihr alle mal kurz zuhören, bitte? – Ohne, dass ihr's gemerkt habt, sind heute Morgen die Eulen vom Ministerium mit den Resultaten eurer OWLS hereingekommen. Ich lasse euch die Wahl, ihr könnt sie jetzt gleich haben, nach dem Essen, nach der Party oder morgen zum Frühstück..."

Hermiones Augen glitzern. Sie will ihren Brief sicher gleich aufmachen, sie kann's eh schon seit Tagen nicht mehr abwarten, aber der Rest der Klasse verschiebt es lieber bis aufs Frühstück morgen. Also schliesst sie sich ihren Kameraden an. Wir geniessen das Essen, das wie immer hervorragend schmeckt. Zum Dessert gibt's gleich zwei Geburtstagskuchen, denn nicht nur Molly hat einen gemacht, sondern auch Barb. Barbs ist auch mit den Kerzen zum Ausblasen bestückt.

Harry macht das mit einem guten Puster. Danach macht er seine vielen Geschenke auf und bedankt sich bei allen herzlich.

Wir Erwachsenen überlassen den Kindern dann den Garten und verziehen uns in das Klassenzimmer, das wir jetzt gänzlich in ein Wohn- und Esszimmer umgewandelt haben, die Schulmöbel sind verkleinert und stecken in einem der Sideboards. Wir sperren den Lärm der Jungen aus und geniessen einen gemütlichen Abend. Sirius hat auch schon vorgängig Barb und Housis Haus mit einem soliden Silenziumzauber versehen, damit die beiden zum Schlafen kommen.

„Das würde ziemlich viel schlechtes Blut zwischen den Generationen vermeiden, wenn man das auch in unserer Welt mehr zur Verfügung hätte," bemerkt Barb.

Harry

Es ist eine grossartige Party. Parvati hat die CDs, die sie abspielt, ausgewählt und wir tanzen den ganzen Abend. Barb und Housi bleiben von unserem Lärm ebenso verschont, wie unsere eigenen Erwachsenen, denn Sirius hat über beide Häuser einen Silenziumzauber gesprochen. Wir spielen daher jede Menge Musik ab, auch immer langsamere. Fred und George haben eine ganze Reihe an ziemlich erstaunlichem Feuerwerk angebracht und lassen viel davon in die Luft. Vieles davon ist auch ziemlich witzig. Die beiden sind doch wirklich grosse Klasse mit dem Zeug.

„Angelina wäre auch gern mitgekommen, Harry. Aber sie versteht, dass es nicht geht und schickt dir Grüsse. Die soll ich übrigens auch von Alicia, Katie und Lee ausrichten. Mann, werden die Augen machen, wenn die hören, dass ihr schon seit Weihnachten verlobt wart," sagt Fred.

„Schade, nicht wahr? Ich hätte sie gern alle wiedergesehen."

„Schon blöd. Es geht ihnen übrigens allen gut. – Schon mit fünfzehn verlobt, da hast du ja wirklich einen abgezogen, Harry," sagt George.

„Vielleicht. Hermione hat mich aber eindeutig dazu angestiftet. Obwohl ich sie natürlich nicht gefragt hätte, wenn ich es nicht wirklich wollte. Aber ich kann sie auf immer damit aufziehen und das geniesse ich. Bisher hat sie sich allerdings noch nicht beklagt."

Als die Musik langsamer daherkommt, tanzen Ron und Justin auch miteinander. Es ist das erste Mal, dass sie miteinander tanzen können und die beiden machen wirklich ein hübsches Paar. Fred und George, die das bisher natürlich noch nicht gecheckt haben, staunen Bauklötze.

„Ro- Ron und... und... Justin?" stottert Fred.

„Ja, Ron und Justin. Zieht sie bitte nicht damit auf, dass sie schwul sind. Sie haben sich ziemlich ernsthaft ineinander verknallt," sagt Hermione warnend zu beiden Zwillingen, die Anstalten machen, loszuprusten.

„Ich hätte nie gedacht, dass unser kleines Brüderchen schwul ist..." ruft George.

„Und? Es gibt ja wirklich mehr als genug von euch, die weitere Weasleys produzieren können, George, es muss ja nicht Ron auch noch sein, lasst ihn also in Ruhe."

„Wissen Mum und Dad... – Oh, Moment mal, das war's, worüber ihr heute alle geredet habt, nicht wahr?"

„Ja. Lasst sie also in Ruhe. Er wird's ihnen morgen sagen."

„Oh, ich hoffe, dass seine OWLS gut genug waren, um das zu überleben," sagt George.

„Sie sind mit Sicherheit besser als deine, George," giftet Hermione.

„Oh bestimmt! Aber unsere NEWTS waren viel besser, glaubt mir, Mum war schon fast zufrieden."

Ich ziehe Hermione weg und wir tanzen zu dem langsamen Stück, das gerade läuft. Ich fühle ihren Kopf an meiner Schulter. Ich bin letztes Jahr endlich ziemlich gewachsen, während sie fast gleich gross geblieben ist. Sie hält mich ganz fest und wir bewegen uns sehr langsam. Bis einige Zeit nach Mitternacht halten wir durch und steigen dann mit Ron und Justin die Treppe hoch. Wir wünschen ihnen eine gute Nacht und steigen hinauf zu unserem gemeinsamen Zimmer, das wir jetzt ganz offiziell teilen.

Ron

Ich bin dran, mich morgen zu outen. Ich kann es nicht länger hinausschieben. Justin weiss, wie sehr ich mich davor fürchte. Nicht vor Dad, aber vor Mum. Sie ist im besten Fall nicht glücklich. Im schlimmsten Fall wird sie wütend sein und dann wird sie die übelsten Sachen sagen und jeden zusammenstauchen, den sie für möglicherweise verantwortlich hält. Zunächst Justin, aber wohl noch mehr Remus und Sirius. Ich wollte, ich könnte es erst am letzten Tag sagen, grade mal bevor sie abreisen.

Justin hält mich die ganze Nacht durch ganz fest. Er weiss, wie sehr es mir fast den Magen umdreht. Wir sind jetzt jede Nacht zusammen gewesen. Ich habe noch nie so gern geschlafen wie jetzt. Er ist so anschmiegsam, ich liebe es, ihn an mich zu ziehen und dann fest um ihn geschlungen wieder aufzuwachen. Remus hat uns ein paar Bücher über Homosexualität gegeben, die haben wir zusammen gelesen. Er hat uns geraten, uns Zeit zu nehmen, uns gegenseitig zu erforschen. Zwei der Bücher enthielten Bilder, die uns fast umgehauen haben, weil sie wirklich alles zeigen! Das war fast ein bisschen peinlich. Wir haben sie ihm dann wieder zurück gegeben, Mum wird in meinem Zimmer keine Sachen finden, über die sie sich aufregen könnte. Wenn sie wüsste, dass ich diese Bücher gelesen habe, würde sie nämlich ausrasten.

Morgens aufzustehen, wenn man seinen Eltern gestehen muss, dass man schwul ist, ist doppelt schwer. Ich werde versuchen, es so rasch wie möglich hinter mich zu bringen. Ich hoffe nur, dass meine OWLS kein Desaster waren. Das würde ihr nur noch mehr Munition geben. Als wir zum Frühstück runter gehen, sind Mum und Dad schon mit Sirius und Remus in der Küche beim Frühstück. Scheisse, sie sehen uns, und dass wir zusammen die Treppe herunter kommen. Sirius wünscht uns freundlich wie immer guten Morgen. Mum und Dad auch. Justin und ich finden unsere Gedecke schon vor und darauf liegen die Briefe. Wir sehen uns gegenseitig an.

„Morgen, Jungs! Ihr seid heute die Ersten, die aufgestanden sind! Ich glaube es kaum," sagt Remus.

Justin und ich setzen uns hin und er fragt:

„Du zuerst, oder ich zuerst oder beide zusammen?"

„Du zuerst, Justin!" fordere ich ihn auf.

„Okay."

Er macht seinen Brief auf, schaut hinein und sein Lächeln wird zu einem breiten Grinsen. Ich fürchte mich zu Tode! Aber ich mache meinen Brief auf, ziehe den Brief heraus, entfalte ihn und starre. Smaragdgrün auf Pergament: ich habe zehn OWLS gemacht, zehn von elf Fächern, in denen ich geprüft wurde, habe ich bestanden! ZEHN!

„Mum, Dad, ich hab zehn OWLS!" rufe ich aus und werfe ihnen den Brief über den Tisch.

„Das ist grossartig, Ron!"

Merlin sei Dank, wenigstens dieser Teil ist mehr als gut abgegangen. Damit im Rücken werde ich den Rest einfacher ertragen. Ich wende mich wieder Justin zu und frage ihn nach seinem Resultat. Er ist glücklich, er hat neun geschafft, weit mehr als er erwartet hat. Ich küsse verstohlen seine Hand und sage:

„Gut gemacht!"

Dann stürzen wir uns auf unser Frühstück, danach folgen wir Mum und Dad hinaus auf die Terrasse. Ich nehme Justin gleich mit.

„Mum, Dad, da ist etwas, das ich euch sagen muss..."

„Was denn, Ron? – Du hast wirklich ein sehr gutes Ergebnis in deinen OWLS erzielt, ich bin sehr stolz auf dich! Zehn OWLS, das ist ja fast so gut wie Percy und Bill," sagt Mum und umarmt mich.

„Ich bin froh, dass ich so gut abgeschnitten habe, Mum, aber das ist es nicht. – Ich hab mich verliebt..."

„Ja, das haben wir schon gehört, Ron. Ist es ein Mädchen von hier aus der Gegend? Sie sagten uns gestern nur, dass es nicht eine deiner Klassenkameradinnen ist..."

„Nein, weder ein hiesiges Mädchen noch eine Klassenkameradin, Mum. Ein Klassenkamerad... ich bin schwul."

Mum dreht sich sofort zu Justin um. Ihr Gesichtsausdruck sagt mir, dass sie gleich explodieren wird.

„Du bist was? Das kann nicht dein Ernst sein, Ron," sagt sie in eisigem Ton.

„Es ist mein voller Ernst, Mum. Ich habe es schon seit einer Weile gewusst. Am Ende der vierten Klasse dachte ich noch, dass ich auf Hermione abfahre, aber das stimmte nicht. Noch bevor wir hierher kamen, war mir schon klar, dass ich mit Mädchen nichts anfangen kann, dass Jungen für mich attraktiv sind. Irgendwann im Lauf des letzten Jahres habe ich mich dann in Justin verliebt. Und er sich in mich. Bitte, Mum, akzeptiere es, es ist nicht seine und nicht meine Schuld, ich bin einfach so..."

„Nun ja, Ron, ich werde mich damit abfinden müssen, aber ich bin sehr unglücklich darüber, dass du dich so wegwirfst."

„Mum, du hast doch überhaupt keine Mühe damit, dass Sirius und Remus ein Paar sind. Warum machst du bei mir einen Unterschied?"

„Sie sind Erwachsene. Sie hätten dies nie zulassen dürfen!" sagt sie empört.

„Du redest, als ob es eine Krankheit wäre, Mum. Ich kann aber nicht mit dem Finger winken und mir eine sexuelle Orientierung aussuchen, ich bin so geboren."

Dad kommt dazwischen und zieht mich in seine Arme.

„Ist schon in Ordnung, Ron, keine Angst. Deine Mum wird sich damit schon abfinden, es ist aber schon ein bisschen schockierend für uns, weisst du. Ich bin froh, dass du glücklich bist. – Du bist also Justin?"

Justin kommt ein bisschen näher und nickt.

„Nett, dich kennen zu lernen, Justin. Ich bin sicher, dass ihr zwei sehr glücklich miteinander seid und das ist das Wichtigste."

„Danke, Sir. Ich liebe Ron wirklich sehr, und lieber mit Ihrer Zustimmung als dagegen."

„Die habt ihr. Und nun lauft und macht, was ihr wollt..."

Dad will bestimmt versuchen, Mum aus ihrer Wut herauszuholen. Es nimmt mich zwar wunder, ob er's schafft, aber ich kann nicht dabei sein, sonst klappt's garantiert nicht. Ich bin aber froh, ist es heraus und dass Dad mich unterstützt. Ich umarme ihn noch einmal und bedanke mich.

„Danke, Dad!"

Und dann will ich nur noch verschwinden und laufe weg, durch den kleinen Obstgarten hinaus aufs Feld und dem Waldrand entlang nach oben. Dort lasse ich mich ins Gras fallen. Justin ist wenige Augenblicke später auch da, setzt sich neben mich und zieht mich in seine Arme. Ich schaffe es, meine um seine Schulter zu schlingen. Er sagt beruhigend:

„Ist schon gut, Ron, sie wird's akzeptieren lernen, dein Vater hat's doch gesagt..."

„Ja, aber du kennst meine Mum noch nicht. Wenn sie sauer ist, dann ist sie's eine lange Zeit. Nicht schön. Und auch wenn ich es lieber erst gesagt hätte, bevor sie gehen, ich konnte es nicht tun. Ich hoffe nur, dass sie jetzt nicht über Remus und Sirius herfällt."

„Ich glaube, Remus wird damit fertig werden, der wird ja mit allem fertig!"

„Wenn sie richtig wütend ist, sagt sie immer Dinge, die verletzen. Und du weisst, wo Remus am verletzlichsten ist. Ich hoffe nur, dass Dad sie im Zaum halten kann, sie hat so ein scheussliches Temperament!"

Justin

Er ist völlig zerknirscht. Ich habe grosse Mühe, seine Mutter jetzt nicht einfach zu hassen. Schliesslich haben mir alle erzählt, wie nett und freundlich sie ist. Aber es ist nicht einfach. Ron ist wirklich total aufgebracht und verletzt. Ich ziehe ihn aufs Gras hinunter und küsse ihn zärtlich. Es dauert eine ganze Weile, bis er darauf reagiert, aber dann fühle ich, wie seine Arme sich in gewohnter Manier um meine Schultern schliessen und mich an ihn ziehen.

Wir verharren so, nur einfach Küsse tauschend, bestimmt für eine halbe Stunde. Auf einmal wird es dunkler und Wind kommt auf.

„Gewitter, Ron, los, komm, wir müssen zum Haus zurück, wenn wir nicht nass werden wollen."

Wir springen auf und laufen hinunter zum Haus und hinein, dann gleich die Treppe hinauf und in Rons Zimmer, wo wir uns lachend auf sein Bett fallen lassen. Ein paar Sekunden später haben wir die Tür abgeschlossen und Ron fängt an, mich auszuziehen.

„Justin? Mach Liebe mit mir..." sagt er.

Mein Herz klopft zum Zerspringen. Wir haben's noch nicht bis zum Letzten getan. Remus und Sirius, sowie ihre Bücher, haben uns alles zum Thema Gleitmittel beigebracht, damit kämen wir sicher klar, aber wir sind ja noch nicht so lange zusammen... sie haben uns auch eine Lektion zu sicherem Sex gegeben, ein Thema, das in den Büchern auch überall vorkam. Ich streichle zart über Rons Seite, bewege meine Hand über sein Kreuz und küsse ihn wieder. Es ist wie ein Abenteuer, aber...

„Willst du das wirklich?" frage ich unsicher.

„Ja, sicher. Du nicht?"

„Doch, schon auch... aber glaubst du, dass es wirklich ein guter Zeitpunkt ist? Ich meine, du hast Knatsch mit deiner Mutter und..."

„Ach so, du glaubst, dass ich's tun möchte, weil meine Mutter dagegen ist?"

„Nein, nicht so, eher, dass die Ablehnung deiner Mutter dich entschlossen macht, jetzt etwas zu tun, für das wir uns eigentlich noch etwas mehr Zeit lassen wollten..."

„Ach so. Also möchtest du doch lieber noch warten?"

„Ich fühle mich noch nicht bereit dazu, Ron," gestehe ich ihm ehrlich.

„Okay. Ich möchte dich nicht zu etwas beschwatzen, was dir noch nicht geheuer ist."

Ich bin so sehr erleichtert. Ich habe mich vor einem Ausbruch seines Temperaments gefürchtet, aber sein Nachgeben sagt mir, dass Ron mich wiederliebt. Ich habe über unsere Beziehung nachgedacht, seit wir sie begonnen haben, und ich war erstaunt, wie rasch man wie tief reinfallen kann. Eigentlich sollte es nur so eine kleine Verliebtheit sein, etwas experimentieren, aber jetzt merke ich, dass ich Ron wirklich liebe. Ich könnte weinen vor Glück, denn Rons Akzeptanz meines ‚Neins' und dass ich für diesen Teil unserer Beziehung noch nicht bereit bin, ist ein Zeichen seiner Zuneigung zu mir. Ich drehe ihn um, rolle mich auf ihn, halte ihn fest und lege meinen Kopf auf seine Brust. Er hält mich fest und wir geniessen es, unsere nackte Haut zu spüren. Unsere Schwänze sind im Nu hart.

Ich bin jedes Mal wieder erstaunt, wie leicht und schnell das geht. Ich werde im Unterricht bestimmt Mühe bekommen, denn jedes Mal, wenn ich ihn anschaue, fühle ich, wie sich da unten was regt. Und kurz darauf ist mein Schwanz immer hart. Aber jetzt können wir uns dieser süssen Tortur hingeben. Ich liebe es, alles über ihn herauszufinden. Wo er wie auf meine Berührungen reagiert. Wo es nur federleichte Berührungen braucht, wo er richtig stimuliert werden muss. Und wo ich beissen oder wo ich lecken kann.

Remus

Molly zetert vor unserem Bürofenster. Ich kann hören, wie sie hereingestürmt kommt und Arthur sie leise zurück zu rufen versucht. Sie streiten sich eine ganze Weile lang, nicht sehr laut, und ich beruhige mich, als Arthur sie offenbar besänftigen kann. Ron scheint seine Eltern über seine Beziehung zu Justin in Kenntnis gesetzt zu haben. Und offenbar hat sie das nicht sehr gut aufgenommen. Ich verhalte mich vollkommen ruhig und versuche, mich auf Vorbereitungsarbeiten für das nächste Schuljahr zu konzentrieren. Lily sitzt auf einem der Sessel und stillt Lizzie. Dann höre ich Molly meinen Namen rufen.

„Remus, wo steckst du?"

Lizzie zuckt an Lilys Brust. Lily beruhigt sie gleich wieder, zieht sie wieder heran und das Baby nuckelt weiter.

„Hier im Büro, Molly," gebe ich zur Antwort.

Sie kommt hereingerast und ich mache mich darauf gefasst, von ihr angebrüllt zu werden. Sirius schaut von seinem Buch auf. Er schaut sie vorwurfsvoll an, aber sie bemerkt nicht einmal, dass er und Lily im Raum sind.

„Remus! Du bist dafür verantwortlich! Ich wünschte, du würdest besser auf diese Kinder Acht geben! Wie kannst du es zulassen, dass Ron..."

Ich unterbreche sie und biete ihr erst mal einen Stuhl an. Dann winke ich Arthur herein, schliesse die beiden Türen und als wir alle sitzen, sage ich ihr grade heraus:

„Molly, Ron ist schwul. Niemand ist dafür verantwortlich, das ist in seinen Genen. Niemand kann sich seine sexuelle Orientierung auswählen. Ron folgte seinem Instinkt und der sagte ihm, dass er mit einem Jungen glücklich ist. Es gibt wirklich nichts, was man dagegen tun kann. Das einzige, was du erreichst, wenn du ihn jetzt ablehnst ist, dass du einen deiner Söhne verlierst. Ich weiss, wie sehr du deine Kinder liebst, Molly, aber das gibt dir nicht das Recht, ihnen vor ihrem Glück zu stehen und sie daran zu hindern, erwachsen zu werden."

„Natürlich verteidigst du Ron, du bist ja schliesslich selber vom anderen Ufer!" schimpft sie.

„Molly..." sagt Arthur schwach.

„Das hat mit mir und Sirius überhaupt nichts zu tun, Molly, es geht um deinen Sohn! Einer deiner sechs Söhne ist schwul, na und? Das heisst doch nicht, dass du ihn falsch erzogen hast. Ich möchte dir sagen, dass Justins Eltern Ron willkommen geheissen haben, auch wenn sie sich vielleicht lieber einen heterosexuellen Sohn gewünscht haben. Du bist doch sonst nicht so unvernünftig, aber wenn du jetzt deine Vorurteile nicht schleunigst wieder abbaust, wird er dir den Rücken ganz zudrehen."

Ich weiss, dass es sie einfach nur unglücklich macht. Arthur nimmt ihre Hand in seine und sagt:

„Molly – du warst doch glücklich, als Ginny dir Ernie als ihren Freund vorgestellt hat, er ist ein sehr netter Junge. Du kennst deine Tochter und weisst, dass sie nichts tut, was du in ihrem Alter nicht auch getan hast. Warum kannst du nicht einfach glücklich sein, dass Ron mit jemandem zusammen ist, den er liebt, und der ihn liebt? Wir können diese Wahl nicht für ihn treffen. Ich will ihn nicht verlieren. Es ist schon schlimm genug, dass er und Ginny sich hier verstecken müssen und nicht heimkommen können."

„Ich vermisse die beiden so sehr..." sagt sie gequält.

Sirius steht auf und lässt sich neben Molly nieder.

„Molly, ich weiss, wie es sich anfühlt, wenn man von der Mutter verstossen wird. Ich bin sicher, dass Ron sich jetzt ziemlich elend fühlt. Ich weiss, wie es ist, denn ich habe es selber erfahren. Meine Mutter hat mich schon schlecht behandelt, seit ich ganz klein war, das war ich mir eigentlich gewöhnt, aber als sie erfahren hat, dass Remus und ich ein Paar sind, da hat sie mich mit übelsten Flüchen und sogar beinahe mit einem Unverzeihlichen Fluch belegt. Ihre endgültige Ablehnung hat weit mehr weh getan als ihre Flüche, auch wenn ich sie schon vorher nicht gemocht habe. Aber Ron liebt dich, Molly, ihn schmerzt deine Ablehnung bestimmt noch viel mehr."

„Er hätte schreiben können – uns warnen..."

„Das hätte er tun können. Aber er wollte es euch lieber direkt und selber sagen. Ich hatte schon befürchtet, dass er es erst im letzten Moment tun würde, wenn ihr weggeht, aber er hat die erste Gelegenheit wahrgenommen, es euch zu sagen, die er gefunden hat. Er liebt Justin. Und es gibt wirklich nichts, was daran falsch wäre. Keines der anderen Kinder macht sich über die beiden lustig, nicht einmal Draco Malfoy," sagt Sirius.

Ich finde, dass er sehr geduldig ist. Er schaut ihr in die Augen, während er redet, und nach einer Weile gibt sie tatsächlich klein bei.

„Gut. Ich werde mich damit abfinden. Aber ich bin wirklich alles andere als begeistert..."

Damit steht Molly auf und verlässt das Büro. Sirius setzt sich wieder auf seinen Sessel. Arthur bleibt bei uns und seufzt.

„Sie wird's irgendwann kapieren. Und dann wird sie Justin wahrscheinlich genauso verhätscheln wie unsere Söhne."

„Ich bin sicher. Meine Mum hat's schon gecheckt, bevor ich mit Sirius zusammenkam, Dad brauchte etwas länger, und er brauchte auch einen Moment, um sich damit abzufinden. Zum Glück sagte er aber nie ein abschätziges Wort. Ich war so froh um ihre Unterstützung, sie bedeutete mir sehr viel," erzähle ich ihm.

„Ich schaue wohl besser nach Ron..."

„Mach dich erst deutlich bemerkbar und lass ihnen Zeit, sich wieder anzuziehen, Arthur," rät Sirius mit einem Grinsen.

„Sirius! Es ist noch nicht mal Mittag!"

Sirius lacht.

„Na ja, sie sind direkt in Rons Zimmer hinauf gelaufen, also würde ich mal erwarten, dass sie nicht eben mehr viel Kleidung anhaben, weisst du. Die Ablehnung meiner Mutter hat mich fast direkt in Moonys Arme getrieben."

Arthur hat sich schon aufgerichtet, aber jetzt setzt er sich wieder hin.

„Wisst ihr, es wird schon langsam schwieriger mit meinen Kindern. Auf einmal sind sie keine Kinder mehr, und es dünkt mich, dass das so plötzlich passiert ist. Ich war fast schockiert, wie erwachsen Ginny geworden ist, seit ich sie im Januar beim Prozess gesehen habe. Ron auch. Fred und George mögen ja eine Menge Unfug im Kopf haben, aber sie sind blitzgescheit und bauen sich gerade ein eigenes Geschäft auf. Fred und Angelina leben in einer Art zusammen, die mich annehmen lässt, dass das permanent sein könnte. Es ist so leer im Fuchsbau. George ist der Einzige, der noch ziemlich regelmässig zuhause schläft."

„Das muss sehr hart sein. Nach all diesen Jahren die Kinder gross werden und das Haus verlassen zu sehen," bemerke ich.

„Oh, das ist es. Ich liebe sie doch alle sieben so sehr. Wir hoffen schon, dass sie oft nach Hause kommen. Okay, Ginny ist erst fünfzehn, Ron ist erst sechzehn, aber die beiden sind zur Zeit unter eurer Aufsicht, also sind sie fast nur noch theoretisch unsere Kinder. Wenn sie euch verlassen werden, sind sie wohl beide schon erwachsen. Wenn ich sie mir ansehe... Ron hat sich eben schon so vernünftig verhalten, er hat Molly nicht mal angebrüllt. Was ich erst fast erwartet habe, denn er hat eine Menge von Mollys aufbrausendem Temperament."

„Nun ja, da er zur Zeit mit Draco Malfoy unter dem selben Dach lebt, am selben Tisch isst, in der Klasse mit ihm zusammen sitzt, mit ihm den Gemeinschaftsraum teilt und die beiden sich nicht einmal mehr anmeckern, würde ich doch annehmen, dass Ron grosse Fortschritte in Richtung Reife gemacht hat," sagt Sirius grinsend.

Jetzt lacht auch Arthur.

„Wie seid ihr eigentlich mit dem jungen Mr. Malfoy klargekommen?" fragt er.

„Erstaunlich gut. Wir denken, dass es ihm schon ziemlich eingefahren ist, als er sich auf einmal am anderen Ende des Zauberstabs seines Vaters wiedergefunden hat. Und ihm war sofort klar, dass Lucius ihn und Neville töten wollte."

„Lucius sitzt bereits in Azkaban und erwartet seinen Prozess. Nicht einmal Fudge konnte ihn dieses Mal heraushalten. Ich glaube nicht, dass Malfoy noch einmal herauskommt. Die Leute von der Abteilung für Magische Strafverfolgung haben jetzt eine Menge zu tun, ich bin ziemlich sicher, dass die Vorbereitung für diesen Prozess ziemlich lange dauern wird. Mindestens ein halbes Jahr, schätze ich. Draco und Neville werden wohl als Zeugen aufgeboten werden. Und bestimmt ihr beiden, eventuell auch die anderen, die bei Malfoys Verhaftung dabei waren."

„Wie lange können sie ihn denn festhalten, bevor der Prozess stattfinden muss?" frage ich.

„Theoretisch sein Leben lang. Im Zaubererrecht gibt es in diesem Bereich keine Limiten," erklärt Arthur.

„Du meine Güte..."

„Das war eine der Begründungen, mit denen sie mich in Azkaban festgehalten haben," bemerkt Sirius düster.

„Ja, das kann ich mir vorstellen. Aber in Malfoys Fall ist es eine gute Sache. Kingsley sagte mir, dass Narcissa versucht hat, ihren alten Anwalt wieder zu engagieren, bis sie gemerkt hat, dass der zusammen mit Lucius verhaftet worden ist. Ich glaube nicht, dass sich sonst jemand wirklich die Finger mit dem Fall verbrennen will, nicht, nachdem jetzt bekannt geworden ist, dass die Todesser alle dieses Mal am Arm haben, denn es könnte nicht deutlicher auf dem von Malfoy prangen. Ausserdem wird er unter Veritaserum verhört werden. Wir untersuchen den Typen, den sie jetzt doch noch gefunden hat."

„Das ist bestimmt kein Fall, der für den Angeklagten zu gewinnen ist, denn das Mal allein ist schon Beweis genug. Nur Todesser haben es, nur Voldemort konnte es anbringen. Und wie der Fall von Pettigrew zeigt, hat Voldemort nicht einmal bei Spionen toleriert, dass sie ohne sein Mal herumlaufen."

„Genau."

Wir diskutieren die politische Situation für eine Weile, doch dann deutet Arthur auf meine Arbeit und meint:

„Ich möchte dich nicht von deiner Arbeit abhalten, Remus, ich gehe jetzt mal nach Ron schauen."

„Ist schon okay, Arthur, ich fange nur früh an. Es ist nichts Dringendes. Es ist immer gut, mit dir zu sprechen. Übrigens ist heute der Schweizer Nationalfeiertag, in Erinnerung an die Staatsgründung am 1. August 1291. Traditionellerweise wird er mit viel Feuerwerk und Feuern gefeiert. Ich nehme doch stark an, dass deine Zwillinge da etwas beizutragen haben, was meinst du?"

„Das würde mich nicht überraschen. Gestern haben sie sicher nicht alles in die Luft gelassen, was sie mitgebracht haben. Sie werden entzückt sein, noch eine Gelegenheit zu bekommen, damit herumzuspielen."

„Gut. Ich habe auch etwas Feuerwerk der Muggel eingekauft. Normalerweise recht nettes Zeug. Wir stellen jetzt ein grosses Feuer zusammen, heute Abend grillieren wir, und dann schauen wir nach all den Feuern in der Umgebung aus," künde ich an.

„Oh, das klingt sehr nett. Dann bis später!"

Ich schaue ihm zu, wie er unser Büro verlässt und dabei die Tür offen lässt. Sirius kehrt zu seinem Buch zurück, ich nehme die Feder wieder zur Hand und arbeite noch eine Weile weiter. Verteidigung verlangt im sechsten Schuljahr mehr Duellierzauber und die Theorie für einfachere Schutzzauber. Beides sind Themen, bei denen auch viel praktisch geübt werden muss. Hinter den Schutzzaubern steht eine Menge Theorie. Ich bereite schon mal eine Menge Fragen vor, die dann in Tests auftauchen werden. Zauberkunst wird unter anderem ein Grundkurs zum Heraufbeschwören von Dingen bringen. Das wird auch ganz schön zu tun geben. Ausserdem werde ich die Kinder anleiten, eigene Zauber zu entwickeln.

Harry

Heute aufzustehen, fällt verflixt schwer. Heute bekommen wir endlich unsere OWLS-Resultate. Hermione ist schon seit dem Ende der Prüfungen völlig aus dem Häuschen. Aber mit all dem Besuch sind wir ziemlich gut abgelenkt gewesen und haben nicht zu sehr über den Ausgang unserer Examen gegrübelt. Etwa um acht wachen wir auf, dann erlauben wir uns zunächst unsere übliche Runde Sex, bevor wir aufstehen. Es ist unglaublich, wie rasch ich mich an dieses morgendliche Ritual gewöhnt habe. Hermione liebt es besonders, gleich nach dem Aufwachen in diesen kurzen Rausch zu steigen. Meistens ist sie morgens immer besonders scharf drauf. Ich muss sagen, dass sie mir so sehr gut gefällt. Ihr Haar ist niedlich verwuschelt, ihre Augen immer noch ein bisschen glasig, aber sie erwacht, dreht mir ihr Gesicht zu, um zu sehen, ob ich noch schlafe. Wenn ich wach bin, küsst sie mich gleich. Jetzt im Sommer ist das Fenster offen, nur die Vorhänge schwanken sanft im Wind.

„Guten Morgen, Liebster," sagt sie.

„Morgen, Hermione. Gut geschlafen?"

„Mhm." Sie gähnt.

Ich nehme sie in die Arme. Was für ein Gefühl! Jedes Mal, wenn ich sie so nahe an mir spüre, ist es fast überwältigend. Ich bin so sehr froh, dass sie mich letztes Jahr ein bisschen gepuscht hat, um mit mir zu schlafen. Jetzt weiss ich eines sicher, dass ich nie wieder ohne sie aufwachen möchte. Wir küssen uns erneut und ich greife zum Zauberstab, um den Verhütungszauber zu sprechen. Sie grinst und meint:

„Weisst du, ich glaube, ich mache doch den Zaubertrank, dann bräuchten wir uns nur alle sechs Monate drum zu kümmern."

„Ist er kompliziert?" frage ich.

„Ziemlich. Aber ich braue ja den Wolfsbanntrank und der ist so komplex, dass der Verhütungstrank dagegen wie ein Kinderspiel ist. Und ich gehe wohl nicht falsch in der Annahme, dass dann auch ein paar andere davon profitieren werden. Selbst deine Mutter..."

Ich grinse. Ich möchte nicht wissen, was Rita Skeeter über unsere Schule sagen würde. Liebesnest wäre wohl noch am harmlosesten. Ich glaube nicht, dass Remus oder Sirius im letzten Jahr je gecheckt haben, wer wo schläft. Sie wissen jedenfalls über uns beide und Ron und Justin genau Bescheid.

„Oh je... Ron will heute seinen Eltern von seiner Beziehung zu Justin erzählen, Hermione! Ich hoffe, dass sie es akzeptieren werden!"

„Das hoffe ich auch, die beiden sind nämlich wirklich gut miteinander. Aber ich mache mir ein bisschen Sorgen, dass Mrs... oh je, da kannst du sie schon hören – bis hier herauf!"

Wir können Mrs Weasleys Antwort hören. Oh nein! Das wird ihn fürchterlich treffen, da bin ich mir sicher. Doch es gibt nichts, was wir jetzt tun können, also stehen wir auf und gehen hinunter. Es ist schon halb zehn, als wir in der Küche auftauchen. Winky und Dobby bringen uns auch gleich Frühstück, und wir finden unsere Briefe auf dem Tisch. Ich schiebe Hermione den ihren zu und greife nach meinem. Wir schauen einander an und ich fordere sie auf:

„Komm schon, mach ihn auf!"

Sie tut's. Ich erwarte, dass sie sicher elf OWLS gemacht hat, aber es liegen noch mehr drin. Sie hat sich an den Prüfungen für alle zwölf Fächer beteiligt, selbst Wahrsagen. Wie Percy kann sie also zwölf OWLS machen. Sie benutzt ihr Messer, um den Brief zu öffnen, zieht den Brief heraus und entfaltet ihn. Ich warte auf ihren Schrei und da kommt er!

JA! Ich hab's geschafft, Harry, ich hab's geschafft! Und alles nur O! Selbst Percy hatte nur acht Aussergewöhnliche OWLS!" quietscht sie.

Ich lehne mich hinüber und küsse sie.

„Mein Genie! Gratuliere, Hermione! Gut gemacht!"

„Danke! Lass mich aber jetzt sehen, was du hast, Harry!"

Ich öffne meinen Brief und schaue hinein. Phu! Zehn! Ich habe nur Wahrsagen und Arithmantik versaut. In diesen beiden Fächern hat's gar keine OWLS abgesetzt, aber dafür habe ich ein O in Verteidigung, Zaubertränke? Zauberkunst und Astronomie. Die anderen OWLS sind alle Erwartungen übertroffen. Damit kann ich mehr als zufrieden sein, denn ich habe weit besser abgeschnitten als erwartet. Ich reiche Hermione meinen Brief hinüber und grinse.

„Ich bin sehr zufrieden mit zehn OWLS. Und da ich die habe, ist es mir eigentlich egal, ob sie Annehmbar oder Aussergewöhnlich sind."

„Oh, aber du hast ein O in Zaubertränke, Harry! Snape wird ausrasten, wenn er davon hört. Ich frage mich, was die anderen haben..."

„Wir werden's früher oder später hören. Es sieht fast aus als ob wir früh sind, die anderen Briefe liegen ja fast alle noch da."

„Wir können uns fürs Frühstück ja Zeit lassen, bis die anderen alle auftauchen... ich bin auch neugierig."

Die nächsten, die auftauchen, sind Parvati, Draco, Neville und Mandy. Morag kommt gleich danach. Sie alle setzen sich und schnappen sich ihre Briefe. Sie schauen uns fragend an, aber ich schüttle den Kopf und sage grinsend:

„Nee – erst, wenn ihr eure auch aufgemacht habt."

„Okay. Alle zugleich!" ruft Mandy.

Sie machen ihre Briefe auf und lesen sie. Neville fängt an zu grinsen und sagt:

„Ich habe sieben! Meine Gran wird so zufrieden sein! Hermione, wie viele Os hast du in deinen zwölf?"

Sie lacht.

„Woher weisst du, dass ich zwölf habe?"

„Ist doch gar keine Frage. Bloss die Frage, welche Noten und Punkte du gemacht hast," behauptet Neville.

„Na ja – alle..."

„Was, alle?" fragt Draco etwas dumm.

„Alle meine zwölf OWLS sind Os."

„Wow! Gut gemacht. Ich habe neun. Habe Wahrsagen, Kräuterkunde und Geschichte vermasselt," sagt Draco.

„Ich hab' zehn. Drei Aussergewöhnlich," sagt Mandy.

Mir fällt auf, dass wir uns fast alle in diesem Bereich befinden. Neville macht das Schlusslicht mit sieben, aber er hat die anderen OWLS um sehr wenig verpasst. Remus und Sirius kommen neugierig in die Küche. Natürlich teilen wir ihnen unsere Resultate gleich mit. Remus grinst sehr zufrieden, besonders als Ginny und Ernie hereinkommen, ihre Briefe aufmachen und Ginny doppelt so laut wie Hermione quietscht.

„Ich hab ELF!"

„Wow, Ginny!"

„Und acht davon sind Aussergewöhnlich!" liefert sie noch nach.

Sie tanzt durch die ganze Küche, mit einem glücklichen Grinsen auf dem Gesicht. Hermione gesellt sich zu ihr und bald hopst jeder aufgeregt durch die grosse Küche. Meine Eltern, Remus, Sirius und Hermiones Eltern, die grade erst hereingekommen sind, lachen. Sirius schnappt sich die Kamera und schiesst einige Schnappschüsse. Mum ist sehr zufrieden mit meinen Noten und lobt mich.

Jetzt ist es früher Nachmittag. Ron und Justin sind wieder aufgetaucht und Sirius besteht darauf, draussen von der ganzen Klasse richtige ‚Familienfotos' zu machen. Wir stimmen schliesslich zu und stellen uns draussen im Garten vor den bunten Sommerblumen auf. Remus kommt auch heraus und sagt:

„Also, ihr lieben Leute, ich habe grade die offizielle Punkteliste gecheckt. Ihr Lieben haltet sieben der ersten zehn Plätze in den diesjährigen OWLS und der Rest von euch ist immer noch in den ersten zwanzig drin. Ich gratuliere euch allen zu euren Leistungen, ihr habt super abgeschnitten und Siri und ich können uns gegenseitig auf die Schulter klopfen," sagt Remus grinsend.

Wir lachen alle, aber natürlich hat er recht, denn tatsächlich haben die beiden uns wirklich gut unterrichtet. Aber das ist noch nicht alles:

„Daher haben Sirius und ich entschieden, dass wir euch eine kleine Belohnung schenken wollen. Ich habe eben ein kleines Schiff auf dem Thuner See gemietet. Das wird uns nächsten Mittwoch den ganzen Nachmittag und Abend rund um den See tuckern und alles, was wir zu tun haben, ist für Futter und Musik sorgen, dann kann die Party steigen."

Wow, was für eine coole Idee! Natürlich ist Remus immer voll von guten Ideen. Der Remus, dem wir im vergangenen Jahr begegnet sind und den, welchen wir vor drei Jahren kennen gelernt haben, sind zwei kaum zu vergleichende Personen. Im Schulzimmer war er genauso kompetent, aber über alles gesehen, war er spritzig, witzig und fast immer gut gelaunt, wirkte viel weniger müde. Er hat sich auch so langsam neu eingekleidet, jedenfalls mit Muggelkleidern. Ausserdem hat er etwas an Gewicht zugelegt und auch gehalten.

Arthur Weasley ist zusammen mit Mrs Weasley und den Grangers mit uns herausgekommen und bietet an, die Fotos zu machen, damit Remus und Sirius auch mit drauf kommen. Wir nehmen die beiden in die Mitte der Gruppe und Mr. Weasley macht die Bilder. Dann gibt er die Kamera an Sirius zurück, der sehr glücklich und zufrieden mit uns und sich selbst aussieht.

In den nächsten Tagen bemerken wir, dass Mrs Weasley Ron ziemlich ignoriert. Er nimmt es schwer und am Montag Morgen ziehe ich ihn in sein Zimmer zurück. Er setzt sich auf sein Bett. Ich lehne mich an den Bettpfosten.

„Du hast immer noch Knatsch mit deiner Mutter, nicht wahr?"

„Das ist eine Untertreibung, Harry! Ich weiss, ich hab Dads Segen, aber ich kann nur hoffen, dass Mum sich daran gewöhnen wird. Es macht mich so traurig. Und Justin ist natürlich auch unglücklich, weil ich so schlechter Stimmung bin. Es belastet unsere Beziehung. Aber ich liebe ihn. Was ist falsch an Liebe?"

„Nichts ist falsch daran. Sie braucht eine Menge Zeit, glaube ich. Sie ist ja immer noch nicht einverstanden mit dem, was die Zwillinge tun, und wie lange wirft sie ihnen das schon vor? Früher oder später wird sie's überwinden. Am besten beachtest du sie bis dahin so wenig wie möglich. Sei statt dessen einfach glücklich mit Justin, Ron!"

„Danke, Harry. Du hast recht mit Mum und den Zwillingen. Aber die scheinen wieder mit ihr auszukommen."

„Vielleicht, weil sie jetzt mit dir Knatsch hat."

Ron grinst.

George

Oh, oh... Remus kommt zu uns herüber. Was er wohl zu sagen hat? Wir haben gestern mit dem Feuerwerk doch nicht übertrieben, oder? Ausserdem haben sie doch gesagt, dass sie Silenziumzauber über das Haus der Nachbarn gesprochen haben, nicht wahr? Oh, er grinst. Dann kann's kein Vorwurf sein.

„George, habt ihr beiden noch Feuerwerk von gestern übrig?" fragt er.

„Fast ein Koffer voll, warum?"

„Weil heute 1. August ist, das heisst, ihr habt Gelegenheit dazu, noch mehr davon in die Luft zu lassen."

„Ist das ein besonderer Tag?"

„Für die Schweizer schon – ihr Nationalfeiertag. Das ist normalerweise eine Gelegenheit, Zigtausende von Franken in Form von Feuerwerk in die Luft zu lassen. Sobald es dunkel ist, habt ihr meine Erlaubnis, so viel davon loszulassen, wie ihr wollt. Und ich akzeptiere eure Hilfe beim Bau eines grossen Feuers, das mindestens ein paar Stunden brennt."

„Oh, die bekommst du!" verspricht mein liebster Zwillingsbruder mit einem breiten Grinsen.

„Gut. Wir fangen gleich nach dem Mittagessen und Sirius' Fototermin an."

Nach dem Essen und nach dem Fototermin gehen wir gemeinsam in den Wald, wo wir alles aufsammeln, was wir an kleinen Ästen finden. Ausserdem wählt er einen Baum, den er mit Magie fällt und sofort in kleine Stücke zerhackt. Die Stücke bringen wir ebenfalls zur gewählten Feuerstelle. Dort leitet Remus uns an, das Feuer aufzubauen. Dad ist natürlich da und hilft mit, neugierig, wie das die Muggel machen. Als wir fertig sind, haben wir einen Stapel, der fast zwei Meter hoch ist. Remus pflanzt etliche Meter davon entfernt eine Flasche in die Erde. Er sagt, dass er die braucht um die Raketen zu zünden, die er gekauft hat.

Das Abendessen ist toll! Alles Fleisch, Salat und Knoblauchbrot. Haufen von allem. Ich glaube, ich habe eine halbe Kuh verspeist. Aber das gilt für alle anderen Jungen und sogar ein bisschen für die Mädchen. Ich staune immer über Ginny, denn obwohl sie immer noch nicht sehr gross ist, mampft sie für drei. Keine Ahnung, wo sie das alles hinstecken kann, ohne dick zu werden. Es war aber wirklich gut heute. Alle sind zufrieden, vor allem, weil alle so gut bei ihren OWLS abgeschnitten haben. Ich habe ihre Noten gesehen und muss sagen, dass ich ihnen ihre beiden Lehrer neide. Ich bin sicher, mit solchen Lehrern hätten Fred und ich beide auch besser abgeschnitten. Immerhin hatten wir in unserem fünften Jahr Remus und unsere Noten in Verteidigung waren gut. Einer von den drei OWLS, die wir uns ergattert haben. Die beiden anderen hatte ich in Zauberkunst und Zaubertränke und Fred hatte sie in Zauberkunst und Transfiguration. Remus und Sirius sind sehr gute Lehrer und dabei auch noch gute Kameraden. So toll möchte ich auch Schule haben! Andererseits ist das keine grosse Überraschung, die beiden sind ja schliesslich auch Rumtreiber.

Es wird jetzt rasch dunkel, wir haben bis zum letzten Bisschen Dessert alles aufgegessen. Remus geht hinein und holt alles Feuerwerk, das er eingekauft hat, dann gehen wir los und zu der Feuerstelle, die wir aufgebaut haben. Als wir dort ankommen, ist es ganz dunkel. Remus nässt einige zusammengerollte Zeitungen mit Sprit, steckt sie in einige kleine Lücken in der untersten Gegend des Feuerstockes und zündet sie an. Dad staunt, dass Remus jedes der kleinen Hölzchen auch sicher zum Brennen bringt. Remus grinst über seine Obsession mit Muggeln. Er selber hat einen offenbar völlig unkomplizierten Umgang mit allem, was die Muggel betrifft.

„Okay, jetzt warten wir, bis das Feuer richtig brennt. Niemand von euch rührt das Muggelfeuerwerk auch nur an, ausser wenn ich euch die Erlaubnis dazu gebe, klar? Ihr kennt euch damit nicht aus und ich will keine Unfälle."

Wir versprechen alle, das Zeug nicht anzurühren. Dann bewegen wir uns alle noch ein bisschen weiter den Hügel hinauf, von wo wir still unserem Feuer zuschauen und nach anderen Feuern Ausschau halten. Es ist grossartig, hier so weit oben zu sein. Wir haben beste Aussicht und sehen eine Menge Feuer, sicher gut zwei Dutzend. Und eine Menge Feuerwerk geht hoch. Das meiste ist in unseren Augen simpel, aber das sind ja auch Muggel. Remus erlaubt uns, einiges von unserem Zeug hochgehen zu lassen, dann steht er auf und startet einiges von dem, was er eingekauft hat. Er nennt die Dinger Vulkan und so sieht die kleine Kartonverpackung auch aus, sie ist kegelförmig. Was herauskommt, sind jede Menge bunter Funken, die wie bei einem Vulkanausbruch aus der Packung gespuckt werden. Wenn man nur auf Farbe aus ist, ist es ein guter Effekt. Unsere Feuerwerke haben noch ein bisschen mehr zu bieten. Unter anderem haben wir eines kreiert, das Moony und Padfoot gewidmet ist. Als wir das loslassen, lachen alle, denn für einige Minuten können wir einem Wolf und einem grossen Hund zusehen, wie sie durch den Himmel jagen und spielen. Die beiden freuen sich am meisten und Sirius bedankt sich, indem er sagt, dass das wohl das niedlichste Geschenk war, das sie je erhalten haben.

„Also können wir sie auch verkaufen? Ich glaube, dieses könnte ein ganz beliebtes Feuerwerk werden," frage ich.

„Unsere Erlaubnis habt ihr!"

„Super."

Der Abend macht wirklich viel Spass. Erst sehr spät gehen wir alle zu Bett. Mir gefällt's hier wirklich gut.

Sirius

Ich schliesse die Tür unseres Schlafzimmers hinter mir zu und wende mich Remus zu. Wir haben heute einen sehr schönen Tag mit einer Wanderung zu einem Bergsee verbracht. Das Wasser ist viel zu kalt gewesen, um in dem See zu schwimmen, aber es war gut, um unsere heissen Füsse abzukühlen.

Molly akzeptiert Ron und Justin immer noch nicht, obwohl sie es versprochen hat. Manchmal verstehe ich diese Frau einfach nicht. Glaubt sie, dass alle ihre Kinder sie mit einem halben Dutzend Enkel eindecken müssen oder was? Ron ist ihr sechster Sohn und schon beinahe erwachsen, aber sie hält es immer noch für nötig, sein Leben zu bestimmen. Sie liebt zwar ihre Kinder, aber sie kann sie einfach nicht gehen lassen. Ich hoffe für Molly, dass die nicht einfach aufbrechen und nie wieder heimkommen. Es täte mir vor allem leid um Arthur. Und Molly würde ganz bestimmt eine sehr einsame Frau werden.

Im Moment macht sie alle sauer, aber ich lasse das jetzt hinter mir, als ich Remus zusehe, der sich auszieht und ins Bett klettert. Heilige Scheisse, er ist schön! Er ist jetzt schön braun, das habe ich an ihm noch nie gesehen! Er weiss, dass er hier seine Narben nicht zu verstecken braucht, deshalb hat er sich auch überwunden, nur in Shorts herumzulaufen und das sieht echt gut aus. Ich meine, er mag zwar jetzt schon ziemlich viele graue Haare haben, aber der Mann hat eine Figur wie ein Model! Er ist auch viel stärker als er aussieht. Es ist ihm sogar völlig egal, dass ich ihm ständig nachschaue. Im Gegenteil, er schwingt seine Hüften noch extra, als er die Decke hebt und darunter kriecht. Das bringt mich zum Grinsen. Ich ziehe mich etwas schneller aus, denn je schneller ich meine Kleider los bin, desto schneller kann ich mich im Bett zu ihm gesellen. In dem Moment, in dem ich ins Bett steige, streckt er seine Hand aus, um mich näher zu sich zu ziehen.

„Komm schon, Padfoot!"

„Hast du was im Sinn, Liebster?" frage ich unschuldig.

„Darauf kannst du deinen hübschen Arsch getrost verwetten. Ich warte schon den ganzen Tag drauf."

Ich grinse. In Momenten wie diesem bin ich wirklich froh, dass wir hier weit weg von der Gefahr sind. Zumindest im Augenblick haben wir hier einen sicheren Hafen, das tut uns beiden sehr gut. Ich halte meinen Süssen in meinen Armen und küsse ihn zärtlich auf die Stirn.

„Ich liebe dich, Moony."

„Ich weiss, Padfoot. Du weisst, dass ich dich auch immer lieben werde. Ich staune nur immer darüber, dass du mich immer noch attraktiv genug findest."

„Attraktiv? Du bist meine persönliche Definition von sexy, Liebster. Ich werde mich sicher nie auch nur nach jemand anderem umschauen, so lange ich dich habe, mein Schatz, glaub mir! Weil du nämlich auch meine persönliche Definition von Liebe bist."

Er lächelt, und sieht ziemlich glücklich aus.

„Du bist ja direkt poetisch, Pads!"

Ich küsse ihn wieder, diesmal auf den Mund. Nur ein zärtlicher Kuss, dann noch einer, diesmal ein bisschen tiefer. Schliesslich fängt er an, an meiner Unterlippe zu knabbern, bis ich meine Zunge direkt in seinen Mund stecke. Oh Götter! Moony, davon werde ich nie genug bekommen. Nie!