Nulpe: Jaah, die Marauder sind einfach toll, es gibt noch soo viel über sie zu erzählen!
Vielen Dank )
Also, hier erfolgt der erste Zeitsprung und damit auch der erste Sichtwechsel: Wir befinden uns bereits im zweiten Schuljahr, und ab sofort wird aus James Sicht erzählt.
8. Kapitel: Ein neues Jahr
Der Hogwarts-Express rauschte durch ein saftig grünes Tal, vorbei an weidenden Kühen und den letzten blühenden Blumen, die das Gras in ein Meer aus weißen Tupfern tauchte.
Einzelne Sonnenstrahlen brachen durch die Wolkendecke und warfen helles Licht in die Abteile.
James Potter betrachtete sein Gesicht in der spiegelnden Fensterscheibe, verstrubbelte sein ohnehin schon unordentliches Haar und lächelte selbstzufrieden.
Er sah fabelhaft aus.
Ihm gegenüber saß Remus Lupin, ein mittelgroßer, stiller Junge, der in sein Buch versunken war und zeitweise einen verschlafenen Blick aus dem Fenster warf.
„Ich zeigs dir gern noch einmal!" sagte der Junge neben ihm, dann machte Sirius Black eine geschickte Bewegung mit dem Zauberstab, und die Gestalt eines kleinen, dicklichen Jungen erschien aus einer Rauchwolke.
„Ich bin Snape, Severus Snape!" kreischte die Gestalt übertrieben hoch. „Ich bin auf dem geistigen Stand eines Warzenschweins, und genauso sehe ich auch aus! Ich bin verliebt in Horace Slughorn und schleime wie eine Schnecke, trotzdem lädt er mich nie zu seinen Slug-Club-Treffen ein!"
Das Wesen aus Rauch brach in übertrieben große Tränen aus, während Peter Pettigrew aus vollem Halse zu lachen begann und sich auf dem Abteilboden wälzte. Auch James grinste, doch Remus lächelte nur schwach und widmete sich dann wieder seiner Lektüre.
Ihr zweites Jahr in Hogwarts, der sagenumwobenen Zauberschule stand ihnen bevor, und James fühlte ein vorfreudiges Kribbeln in seiner Magengegend.
Inzwischen waren Sirius, Remus, Peter und James schon der ganzen Schule bekannt – hatten sie doch im letzten Jahr häufiger als jeder andere Schüler Nachsitzen aufgehalst bekommen.
Berüchtigt waren sie auch wegen ihren dauerhaften Auseinandersetzungen mit Slytherins, und – ohne falsche Bescheidenheit, dachte James – ihren genialen Schlachtplänen.
Trotzdem hatten sie die Punktegläser nie zu sehr strapaziert, denn James, Sirius und Remus heimsten sich durch ihre hervorragenden Leistungen im Unterricht und natürlichen ihrem Charme viele Punkte ein.
Zufrieden betrachtete James seine Hände. Er freute sich, wieder in Hogwarts zu sein. Natürlich war es auch zuhause nicht schlecht – er hatte mit seinen Eltern eine Reise nach Frankreich gemacht – aber in Hogwarts waren seine Freunde, seine Herausforderungen, seine Abenteuer.
„Wie war dein Sommer so?" fragte er Sirius, dessen Rauchgestalt von Severus Snape sich langsam in Luft auflöste.
Der Angesprochene verzog das Gesicht. „Ist das dein Ernst! Meine Eltern haben versucht, mir einzuprägen, wie „rein meine Abstammung" ist, und „dass ich sie nicht besudeln soll", dass ich eine Familienschande bin und was die anderen Familien über mich denken. Naja, zumindest hat meine Mutter das getan, mein Vater hat mich ignoriert."
Peter blickte ihn mit weit aufgerissen Augen an. „Ich find das echt stark von dir, dass du dich nicht unterkriegen lässt. Wirklich mutig!" haspelte er.
Sirius lächelte schwach. Er mochte das Thema nicht, dass war ihm deutlich anzusehen.
James richtete die Aufmerksamkeit daher geschickt auf eine seiner Lieblingsbeschäftigungen: „Ich brenne schon darauf, an den Auswahlspielen teilzunehmen. Gryffindor fehlt ein Sucher – das ist meine Chance! Und mit meinem Besen", er streichelte liebevoll über das längliche Paket, dass er sicher neben sich verstaut hatte, „bin ich schneller als jeder andere."
Sofort begann er eine Diskussion über Quidditch, wobei Sirius sich ausgiebig über die letzte, schmähliche Niederlage der Bristol Bees, James Lieblingsteam, lustig machte.
Seine Imitation der verzweifelten Versuche des Torhüters, den Quaffel zu halten, wurde mit lautem Gelächter von Peter belohnt.
Remus, der nicht sonderlich an Quidditch interessiert war, vertiefte sich wieder in seine Lektüre, während Peter ihrer Unterhaltung aufgeregt folgte.
„Hey Remus, ich hoffe, du zeigst bei meinem ersten Spiel mehr Interesse!" rief James. „Oder erfindest du wieder irgendeine Ausrede, um für zwei Tage abzuhauen?"
„Was?" Remus blickte erschrocken auf. „Wieso… Ausrede? Ich, ich war vielleicht ein paar mal weg, aber da war ich krank oder – " „Oder deine angeheiratete Cousine dritten Grades hatte Geburtstag, jaja, wir wissen es."
Zornesröte stieg in das Gesicht von Remus, er warf das Buch unsanft beiseite, stand auf und schrie: „Warum glaubst du mir nicht!"
Erschrocken hob James die Hände – eine solche Reaktion von dem ruhigen, bedachten Remus hätte er nicht erwartet. „Ist ja gut, reg dich ab, Mann, ich glaub dir ja!"
Remus atmete heftig, dann setzte er sich wieder und schlug sein Buch auf.
Sirius und James warfen sich bedeutungsschwere Blicke zu.
Die Ausreden von Remus, die er oft nutzte, um zwei oder drei Tage zu verschwinden, nahmen sie ihm nicht mehr ab. Geburtstage, Todesfälle, Hochzeiten, plötzliche Krankheiten seiner Eltern, die er dann unbedingt besuchen musste – viel öfter als jeder andere Schüler verließ er Hogwarts, und die Tage vor und nach seiner Abwesenheit war er oft merkwürdig müde und gereizt.
Sie hatten schon einige Theorien aufgestellt – James Favoriten waren ‚Remus als Geheimagent des Zaubereiminsteriums' und ‚Remus, Herr der Geheimvereinigung der Drachenkämpfer'.
Dass ihr Freund außerdem oft Schnittwunden oder Bisse auf dem ganzen Körper hatte, bestärkte ihr Misstrauen nur.
Er behauptete, von einem Hund angegriffen oder die Treppe hinuntergefallen zu sein – doch eine Treppe, die Spuren von gewaltigen Fangzähnen auf der Haut hinterließ, gab es selbst in Hogwarts nicht.
Sie hatten ihn bereits ein paar mal auf das Thema angesprochen, doch stets reagierte er abweisend, verflüchtigte sich in Ausreden, oder – wie sie gerade erfahren hatten – wurde wütend.
James hatte sich für das kommende Schuljahr fest vorgenommen, dieses Geheimnis zu lüften.
Die restliche Fahrt verlief friedlich, sie unterhielten sich über Quidditch, die Schule und Sirius führte ihnen ein paar weitere Rauchmodelle vor, die er heimlich während der Ferien auf seinem Zimmer geübt hatte.
„Aber… in den Ferien zu zaubern ist Jugendlichen doch untersagt! Wie hast du bloß geübt?" fragte Peter mit weit aufgerissenen Augen.
Sirius grinste. „Natürlich ist es das. Aber was sie nicht wissen, können sie auch nicht gegen mich verwenden. Man kann lediglich aufspüren, dass Magie verübt wurde", fuhr er fort, bevor Peter etwas einwenden konnte, „aber nicht, von wem. Das Zaubereiministerium denkt jetzt also, meine Eltern hätten die ganzen Ferien lang an Rauchmodellen gehext." Er lachte laut und warf sich die kinnlangen Haare aus dem Gesicht.
„Haben mir meine Eltern früher alles erklärt. Meine Mutter hat übrigens mehrmals meine Haare wieder kurz gesäbelt, sie findet lange Haare entsetzlich und meint, nur verkommene Muggeljungen trügen sie lang. Ein Glück, dass ich kurz vor Ferienende noch einen Schnellwuchszauber entdeckt habe, sonst sähe ich jetzt schrecklich aus."
Sie wurden unterbrochen, als ein hübsches, mittelgroßes Mädchen die Tür zum Abteil aufriss, die Insassen kurz musterte und mit einem „Ach ihr seids" schon wieder verschwinden wollte.
„Evans!" rief James da mit einem fröhlichen Gesichtsausdruck, und das Mädchen mit den langen, leuchtend roten Haaren drehte sich wieder um.
„Was ist los, Potter?" schnalzte sie.
„Es ist eine Freude, dich zu sehen!" erwiderte er grinsend. „Ich musste die ganzen Ferien lang auf deine unaufgeforderten Einmischungen, nervigen Kommentare und vorlautes Geplappere verzichten!"
Wütend funkelte Lily ihn an. „Meine Ferien dagegen waren recht erfreulich – keine Angebereien eines pubertären Halbstarken, der seine erbärmlichen Heldentaten, bestehend daraus, Schwächere zu quälen und sich darüber halbtot zu lachen, braucht um seine Freunde zu beeindrucken!"
Sirius brach in einen Lachanfall aus, und auch Remus grinste verhalten.
James beließ es dabei, auch wenn er noch so viel Lust hatte, sie weiterhin zu reizen. „Du darfst dich jetzt entfernen, Evans!" sagte er gespielt hochnäsig, doch Lily stieg die Zornesröte ins Gesicht, und sie schlug die Abteiltür laut hinter sich zu.
„Warum ärgerst du sie eigentlich immer so?" fragte Sirius, der immer noch lachte.
„Sie ärgert mich doch auch!" gab James zurück.
Dabei wusste er selbst nicht genau, warum er sich ständig mit Lily Evans anlegte. Vielleicht weil sie eine der wenigen schlagfertigen Personen war, die es wagte, sich ihm in den Weg zu stellen. Sie war intelligent, hübsch, sie brach nicht direkt in Tränen aus, wenn man sie ärgerte. Sie war stark, so wie er.
Er schüttelte den Kopf um die Gedanken zu vertreiben, und grinste über Sirius Rauchmodell von Narcissa, das sich jammernd und heulend auf dem Boden rollte.
Während Ignis – missgelaunt wie immer – die Erstklässler einschüchterte, fuhren Remus, Peter, Sirius und James mit den Kutschen zum Schloss.
„Seltsam", sagte Sirius und blickte auf die Leinen, die straff in der Luft hingen und sie vorwärts zogen. „Warum haben sie nichts Eindrucksvolles eingespannt? Einhörner oder so was?"
James lachte laut und ahmte Sirius nach. „Einhörner oder so was… wusste gar nicht dass du zu der Rosa-und-Glitzer-Fraktion gehört, Siri!"
Sirius grunzte und verzog das Gesicht. „Ich meinte ja nur, dass es seltsam ist."
„Dass sie von selbst fahren, ist dir nicht eindrucksvoll genug?" schmunzelte James.
„Alter Wortverdreher!" grummelte Sirius, als sie das hohe Tor von Hogwarts erreichten.
Der nächste Morgen war in ein sanftes, goldenes Licht getaucht, das die Tautropfen auf der Wiese und in den weiten Hecken wie tausende Diamanten schillern ließ.
James, Remus, Sirius und Peter saßen an der gedeckten Tafel und betrachteten ihre Stundenpläne.
„Ich hoffe, wir machen dieses Jahr mal anspruchsvollere Zauber!" sagte James und legte das Blatt beiseite. Er hatte die Prüfungen des letzten Jahres souverän bestanden, größtenteils Ohnegleichen geschafft.
Auch Remus hatte gut abgeschnitten, besonders in den Theorieprüfungen, und Sirius Ergebnisse waren ebenfalls herausragend – was seine Eltern aber nicht über seinen Verrat hinwegtröstete.
James musterte derweilen die Erstklässler, die erst gestern in das Haus Gryffindor eingeteilt wurden und sich immer noch respektvoll und verschreckt in der großen Halle umsahen.
„So haben wir letztes Jahr auch ausgesehen", sagte Remus, der seinem Blick folgte. James stritt das vehement ab. „Ach, Blödsinn, schau dir mal an, wie tollpatschig die sind. Buh!" machte er, und eine Gruppe Erstklässer zuckte tatsächlich zusammen und starrte ihn erschrocken an.
„Wir müssen los", brachte Sirius mit halbvollem Mund hervor, und gemeinsam verließen sie die große Halle in Richtung Zauberkunstsaal.
Sie liefen eine der Treppen hinauf, und benutzten, als niemand hinsah, den Gang hinter dem Gemälde von Walda, der wütenden Witwe, der in den nächsten Stock führte.
James und Sirius hatten ihn in ihrem ersten Jahr entdeckt, als sie die Rahmen aller Bilder dieses Stocks entstauben mussten.
„Das verstößt sicher gegen die Schulregeln!" kreischte Walda und funkelte mit ihren gemalten Augen. „Wenn ich mit einem von euch verheiratet wäre, würde ich euch genauso erledigen wie meinen Mann, dieser verfluchte, dreckige Schweinekerl!"
Sirius klappte das Bild hinter sich wieder an den richtigen Platz und murmelte mit hochgezogenen Augenbrauen: „Sie hört sich ein wenig an wie meine Mutter."
