Bulgarischer Sommer
+ Tag 3 +
Eine leise Melodie summte in die Stille hinein, die lediglich von leisen Atemgeräuschen unterbrochen wurde. Die Melodie wurde immer lauter und endlich erwachte Hermine. Sie stellte das Weck-mich ab und gähnte herzhaft ins Kissen. Eigentlich hatte sie gar keine Lust so früh aufzustehen. Aber sie wollte vorher noch duschen gehen, bevor sie sich mit Viktor auf den Weg zum Stadion machte und so musste sie halt etwas früher hoch.
Hermine kroch aus dem Bett und suchte sich Handtücher und Klamotten aus dem Schrank. Dann machte sie sich auf den Weg ins Bad. Als sich die Tür dorthin nicht öffnen ließ zog sie ihren Zauberstab und murmelte gedankenverloren „Alohamora". Als sie eintrat war sie auch mit einem Schlag hellwach. Hermine trat gerade in den Augenblick herein, als Viktor sich ein Handtuch um die Hüften wickelte. Er war gerade aus der Dusche gekommen, Wasser perlte noch von seinem Oberkörper. Hermine war hingerissen und blieb wie erstarrt stehen. Auch Viktor blickte sie nun erschrocken an und fragte sich, wie lange sie schon dastand.
„Ich… es tut mir leid… ich dachte nur… ehm… ich geh jetzt besser." Damit war sie weg. Viktor schaute noch lange auf die geschlossene Tür, aber mehr mit einem Lächeln.
Hermine ging in ihrem Zimmer auf und ab. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Wenn die Badezimmertür abgeschlossen ist, dann bedeutet das natürlich, dass schon jemand drin ist. Was denn sonst? Hermine setzte sich aufs Bett, doch zur Ruhe wollte sie nicht kommen. Wahrscheinlich würde sie ihn jetzt immer halbnackt vor sich sehen, wenn sie an Viktor dachte. Eigentlich keine schlimme Vorstellung und sie spürte ihr Herz wie wild in ihrer Brust hämmern. Aber wie peinlich, dachte sie und schlug eine Hand vors Gesicht. Sie würde ihn doch nie wieder ansehen können, ohne an diese Szene von vorhin zu denken.
Es klopfte an der Tür.
„Her-minne? Du… kannst das Bad jetzt benutze."
Hermine wartete bis sie eine Tür auf und zu gehen hörte und machte sich dann auf den schnellsten Weg ins Bad.
Als Hermine in die Küche kam, war schon fast alles wieder vergessen. Wenn Viktor nichts mehr dazu sagen würde, dann würde sie das Thema ebenfalls nicht mehr ansprechen.
„Mum hat uns Lunchpakete gepackt." Er hielt zwei Plastiktüten mit allen möglichen Lebensmitteln hoch. „Ich frage mich, wann sie das alles gemacht hat", murmelte Viktor weiter und schüttelte nur den Kopf. Er verstaute die zwei Tüten in einem großen Rucksack und sah rüber zu Hermine.
„Was meinst du? Könne wir los?"
„Ja. Ich hab alles." Viktor wusste zwar nicht was sie mit „alles" meinte, denn sie hatte nur eine kleine Handtasche dabei, fragte aber nicht weiter nach.
Sie machten sich mal wieder auf in den Garten um von dort aus in die Nähe des Stadions zu apparieren. Hermine gewöhnte sich langsam daran, dennoch hielt sie sich so fest wie möglich an Viktors Arm. Sie könnte ja eventuell doch noch irgendwo stecken bleiben…
Sie fanden sich auf einer Waldlichtung wieder. In der Nähe apparierten noch andere Zauberer.
„Das sind alles Zauberer aus dem Ministerium. Die Familien reisen erst später per Portschlüssel an", erklärte er. „Komm weiter, wir sind spät dran."
Hermine folgte ihm schnell und schon bald sah sie ein freies Gelände. Von weitem erkannte sie die scharlachroten Umhänge der bulgarischen Quidditch Spieler.
„Du kannst von hier aus zuschauen, wenn du möchtest. In der Nähe gibt es auch noch Andenkläden, falls du da mal reinschaue möchtest."
„Ich bleibe hier und schau zu." Hermine wollte nicht zugeben, dass sie sich etwas unsicher fühlte, so ganz allein in diesem fremden Land. Außerdem sprachen alle um sie herum bulgarisch, so dass sie kaum ein Wort verstand.
„Gut. Das Spiel findet am Nachmittag statt, bis dahin sind wir sicherlich mit dem Training durch." Viktor wollte sich gerade verabschieden und sich auf den Weg machen, als…
„VIKTOOOR!" schrie eine junge Frau und kam vom Rand des Trainingsgeländes auf ihn zugestürmt. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und drückte sich fast aufdringlich an ihn. Hermine wunderte sich und ignorierte den Drang, dazwischen gehen zu wollen.
Die Frau konnte nicht viel älter als sie sein und plapperte wie ein Wasserfall. Viktor wirkte leicht genervt und nickte nur hin und wieder. Dann endlich machte er sie auf Hermine aufmerksam.
„Maria, das ist Her-minne Granger. Her-minne, Maria Volkova. Maria ist die Schwester von Dimitri Volkov, der auch in der Nationalmannschaft spielt. Vielleicht erinnerst du dich?" Hermine meinte den Namen schon einmal bei der Weltmeisterschaft vor vier Jahren gehört zu haben, aber sicher war sie sich nicht.
„Maria wird dich hier ein wenig rumführen, wenn du willst und bringt dich nachher zu deinem Platz. Sie spricht übrigens sehr gut Englisch." Dann verabschiedete er sich und ging zum Trainer.
Die beiden Frauen standen sich unsicher gegenüber und Hermine hatte ein ungutes Gefühl bei der ganzen Sache.
Nach einer Weile, als sie schweigend das Training verfolgten, überlegte Hermine krampfhaft, wie sie das Eis brechen konnte. Sie konnte es ja immerhin versuchen.
„Kennst du Viktor schon lange?" fragte sie also. Maria, die eben noch fasziniert Viktor beobachtet hatte, wandte sich nun Hermine zu. Anscheinend erstaunt, dass diese noch immer neben ihr stand.
„Natürlich! Mein Bruder spielt schon sehr lange für die bulgarische Nationalmannschaft und als Viktor dann vor fünf Jahren ins Team kam - da war er übrigens siebzehn, genau wie ich damals – haben wir viel zusammen unternommen."
„Dann seid ihr gleichalt?" hakte Hermine nach, der auf einmal das Herz schwer wurde. Wenn sich die zwei so lange kannten, dann… war vielleicht auch mal etwas zwischen ihnen?
„Viktor ist einfach großartig", schwärmte Maria weiter. „Und die ganze Welt liebt ihn. Ich glaube er ist sehr stolz darauf, dass er es so weit gebracht hat." Hermine glaubte sich verhöhrt zu haben. Sprach Maria über den gleichen Viktor, den sie kannte? Ihr Innerstes wollte diese Frau anschreien und ihr sagen, dass sie da vollkommen falsch lag. Doch sie ließ es. Hermine wusste es besser, denn als sie sich in den vergangen Jahren schrieben, vertraute Viktor ihr an, dass er zwar Quidditch liebte, es aber bevorzugen würde, wenn die Welt seinen Namen nicht kannte und sein Land ihn nicht wie einen Volkshelden verehren würde. Natürlich schmeichelte ihn das, aber er könnte auch gut darauf verzichten. Hermine wusste, dass es genau diese Worte waren, die er in diesem Brief benutze, denn sie hatte sie mehrere Male gelesen. Wie jeden seiner Briefe. Und egal was diese Frau hier sagen würde, sie könnte sie nie davon überzeugen, dass sie ihn besser kannte als eben sie selbst, Hermine Granger.
Das Training dauerte noch lange und Hermine bekam Hunger. Dummerweise hatte Viktor den Rucksack mit dem Essen mitgenommen.
„Ich glaube, die werden noch eine Weile brauchen, bis sie soweit sind. Komm, wir holen uns was zu Essen." Maria zog Hermine mit sich, die noch einen letzten Blick auf Viktor warf.
Als sie sich dann eine ruhige Ecke zum Essen gesucht hatten, fragte Maria, ob Hermine mit ihren Eltern hier wäre.
„Ehm… nein, ich bin hier allein in Bulgarien."
„So? Dann machst du hier Urlaub?"
„So in etwa. Viktor hat mich zu sich eingeladen, den Sommer hier zu verbingen." Hermine ahnte, dass dieses Gespräch nicht gut ausgehen würde. Sie hatte das Gefühl, dass Maria schon lange in Viktor verliebt war. Ob die beiden tatsächlich mal etwas miteinander hatten, wagte sie sich nicht mehr zu fragen. Maria war eine hübsche dunkelhaarige Frau, etwas größer als sie selbst und sehr lebhaft.
„Das wusste ich ja gar nicht. Woher kennst du ihn?" Marias Ton wurde eine Spur schärfer.
„Oh… wir haben uns auf dem Trimagischen Turnier auf Hogwarts kennengelernt."
„Ach, wo dieser Harry Potter gewonnen hat? Völlig unverdient, wenn du mich fragst. Ich frage mich, was sich die Jury dabei gedacht hatte." Sie schüttelte den Kopf.
„Sprich nicht so von Harry! Wenn er nicht gewesen wäre… ich weiß nicht, was dann noch alles über uns gekommen wäre." Hermine war empört. Wie konnte sie es wagen, Harry so schlecht zu machen?
Sie aßen schweigend weiter und machten sich dann wortlos auf den Weg ins Stadion. Das Spiel würde bald beginnen, und um nicht in diese Menschenmenge zu geraten, war es ratsam, so früh wie möglich ihre Plätze aufzusuchen. Da Viktor Maria die Verantwortung für Hermine übertragen hatte, musste diese nun - willig oder nicht – Hermine zu ihrem Platz zu bringen.
Endlich sollte das Spiel beginnen. Die Aufregung wuchs ins Unermessliche, alle waren hibbelig und hüpften auf ihren Plätzen auf und ab. Hermine beugte sich leicht vor, um besser nach unten sehen zu können. Unbewusst hielt sie nach Viktor Ausschau.
Und dann ertönte eine Stimme, die durch das gesamte Stadion zu dringen schien.
„Meine Damen und Herren, willkommen zum internationalen Freundschaftsspiel Bulgarien gegen Norwegen. Die beiden Länder trafen bereits schon 143 Mal aufeinander, und wir werden sehen, was die 144. Partie nun bringen wird. Ich freu mich mit Ihnen auf ein gutes Spiel und möchte nun die norwegische Nationalmannschaft begrüßen. Hier kommen: Garborg! Skram! Hamsun! Undset! Ibsen! Bjørnson! Uuuuund Bojer!"
Die sieben norwegischen Quidditch Spieler kamen in ihren blauen Umhängen nacheinander hereingeflogen und wurden von den Fans begeistert empfangen. Auch Hermine klatschte begeistert und bekam dafür einen vernichtenden Blick von Maria.
„Und nun, begrüßen Sie mit mir zusammen die Spieler der bulgarischen Nationalmannschaft! Hier sind: Dimitrov! Zograf! Lazarov! Levski! Vulchanov! Volkov! Und nicht zu vergessen… Kruuum!" Die Menge tobte und alle schienen nur seinen Namen zu rufen. "KRUM!" Aus einem Block hörte sie Mädchen im Chor rufen: "Viktor wir lieben dich!" Und Maria sprang auf und schrie ebenfalls laut seinen Namen und sprang auf und ab. Eine riesige Leinwand zeigte Viktor nun, wie er seine Position einnahm.
„Und nun, der Schiedsrichter aus Frankreich, Guillaume Rousselle!"
Die Bälle wurden freigelassen und das Spiel eröffnet. Hermine achtete kaum auf die Kommentare vom Stadionsprecher, sie beobachtete lediglich Viktor, der konzentriert in weiten Runden flog und das Feld nach dem einzigen Ball absuchte, der ihn interessierte: den Goldenen Schnatz.
„Levski hat den Quaffel, gibt ab an Zograf – oh, da hat es ihn auch schon erwischt. Der Klatscher kam von Hamsun. Na gut, weiter geht's. Bjørnson ist unterwegs zu Lazarov und – oh, 10 zu Null für Norwegen. Jungs, das wird ein hartes Spiel für euch. Zograf wieder am Quaffel, dann Dimitrov, wieder zurück an Zograf und – TOR FÜR BULGARIEN!"
Hermine fand die Spannung während des Spiels unerträglich. Eigentlich machte sie sich nicht viel aus Quidditch, doch konnte selbst sie sich der Faszination dieses Spiels nicht ganz entziehen. Sie sah aufgeregt, wie sich die Spieler in einem ungeheuren Tempo übers Spielfeld jagten und immer wieder Klatschern ausweichte. Auch Viktor musste öfter ausweichen, sonst wäre er schon längst getroffen worden.
„Und da stürzt sich Krum in die Tiefe! Hat er den Schnatz entdeckt? Es scheint so, denn er rast in einem ungeheuren Tempo hinunter! Bojer hinterher. Er nimmt an Geschwindigkeit zu, bald werden sie den Boden erreicht haben. Oh oh, wenn das mal gut geht!" Hermine ahnte, dass Viktor den Schnatz nicht gesehen hatte. Schon bei der Weltmeisterschaft hatte sie dieses Manöver gesehen, konnte sich allerdings nicht an den Namen erinnern. Harry und Ron könnten es ihr sofort unter stöhnen und augenrollen erklären, aber sie hatte einfach keinen Plan.
„Krum zieht im letzten Moment nach oben. Bojer ebenfalls! Oh, aber das war knapp, sehr knapp. Und – TOR FÜR BULGARIEN! 50:30 für Bulgarien."
Einige Minuten später stürzte sich Viktor wieder in die Tiefe, ein weiteres Mal versuchte er Bojer, den norwegischen Sucher aus der Bahn zu werfen. Doch in ihn scheint er seinen Meister gefunden zu haben und Viktor musste sich wirklich anstrengen um den Schnatz vor ihm zu fangen.
Das Spiel nahm noch an Tempo zu, sofern das denn noch ging. Die Klatscher flogen den Jägern nur so um die Ohren und sie hatten immer mehr Mühe, ihnen auszuweichen. Volkov ließ einen Klatscher so heftig durch die Gegend fliegen, dass er gleich zwei norwegische Jäger traf, die daraufhin taumelnd nach unten flogen. Sie konnten sich fangen, ehe sie den Boden erreichten.
Mitlerweile stand es 90:70, Bulgarien führte immer noch. „Bitte fang den Schnatz, bitte Viktor" murmelte sie leise vor sich hin. Und dann endlich schien Viktor tatsächlich den Goldenen Schnatz gesehen zu haben. Er flog plötzlich zum gegenüberliegenden Spielfeldrand und von dort steil nach unten. Klatscher preschten in seine Richtung, wollten ihn aufhalten, doch Viktor war schneller. Hermine konnte gar nicht hinsehen. Sie betete nur, dass er heil bleiben würde.
„Bojer versucht mit Krum mitzuhalten aber… oh… hat er ihn?" Das Stadion hielt gespannt den Atem an.
„KRUM HAT DEN SCHNATZ GEFANGEN! BULGARIEN GEWINNT 250 ZU 70! DAS SPIEL IST AUS!" dröhnte es durch das Stadion, das nun völlig aus dem Häuschen war. Hermine sprang nun ebenfalls auf um Viktor landen zu sehen. Er wirkte erschöpft aber glücklich. Er hielt den Schnatz triumphierend in die Höhe und seine Mitspieler stürmten begeistert auf ihn zu. Auf der Leinwand sah Hermine Viktors Gesicht und es war ihr, als würde er sie direkt ansehen.
Da Hermine nicht wusste, wo sie sich mit Viktor nach dem Spiel trafen, lief sie einfach Maria hinterher, die sich nun nicht weiter um sie zu kümmern schien.
Beim Trainingsgelände trafen sie dann schließlich auf Viktor und die restlichen Spieler. Sie waren umringt von Reportern und gaben kleine Interviews. Als Viktor Hermine entdeckte konnte er sich losreißen und zu ihr gehen. Doch noch ehe er sie erreichen konnte, stürmte Maria auf ihn zu.
„Oh du warst einfach großartig! Ich wusste, dass du den Schnatz wieder fangen wirst!" Wird man die denn nie los, fragte sich Viktor verzweifelt. Nach diesem Spiel hatte er nun eigentlich nur ein Verlangen: Hermine in die Arme zu nehmen. Doch das würde er auf später verschieben müssen, noch waren zu viele Reporter unterwegs. Viktor hatte keinesfalls vor, etwas über sich und Hermine in der nächsten Ausgabe der Tageszeitung zu lesen. Zumal es da genaugenommen gar nichts gab, über das man hätte berichten können.
Maria belagerte ihn immer noch und er sah sich hilfesuchend nach Volkov um. Vielleicht konnte er seine Schwester bremsen.
Er hatte Glück; Volkov kam tatsächlich und nahm ihm seine Schwester ab, so dass Viktor zu Hermine gehen konnte. Er schloss sie nicht in seine Arme, wie er es so gerne getan hätte, doch strahlte er sie überglücklich an.
„Gut gespielt!" sagte Hermine atemlos.
„Du hast mir geholfe, da bin ich mir ganz sicher." Hermine wusste nichts darauf zu erwidern.
Die norwegische Mannschaft kam nun auch und gesellte sich zu der bulgarischen.
„Wo gehen wir jetzt hin?"
„Das Ministerium hat uns eine Club für heute gemietet und stellt uns diese Muggelfahrzeuge bereit, mit dene wir hingebracht werde." Und da kamen sie auch schon. Viktor und Hermine sowie zwei andere bulgarische Spieler nahmen in der ersten Limousine Platz. Viktor unterhielt sich kurz mit den anderen beiden auf Bulgarisch und stellte sie dann einander vor. Hermine fühlte sich trotz allem merkwürdig fehl am Platz…
Als sie im Club ankamen, warteten dort schon einen Menge Leute auf sie, die die Sieger bejubelten. Die Stimmung war großartig und aus großen Lautsprechern drang schon laute Musik von den „Schwestern des Schicksals".
Viktor und Hermine schoben sich durch die Menge. Von allen Seiten klopften ihm fremde Hände auf den Rücken und lobten ihn für sein gutes Spiel. Jeder schien mit ihm sprechen zu wollen und einzelne Spielzüge von ihm analysiert zu haben. Doch Viktor entschuldigte sich immer wieder und ging weiter. Er hatte nur Augen für Hermine und nichts Anderes interessierte ihn. Sie schoben sich zur Bar und bestellten Butterbier.
Noch ehe sie die Flaschen geleert hatten, fragte Viktor Hermine, ob sie tanzen wolle und sie nickte begeistert ihren hübschen Kopf.
Viktor nahm ihre Hand und zog sie hinter sich her. Auf der Tanzfläche drängten sich schon einige Leute, doch fanden die beiden noch genug Platz für sich. Die Musik wurde immer lauter und wilder und lachend hüpften die zwei hin und her, dehten sich im Kreis bis sie nicht mehr konnten und es sie zurück zur Bar verlangte.
„So viel Spaß hatte ich schon lange nicht mehr", sagte Hermine völlig außer Atem und stürzte ein halbes Butterbier hinunter.
„Ich auch nicht", lachte Viktor. Er hatte sich lange nicht mehr so frei und glücklich gefühlt. Kein Ruhm der Welt konnte ihm das geben, was er jetzt empfand.
„Komm Viktor, tanz mit mir!" Maria schob sich zwischen Hermine und Viktor und zerrte ihn mit sich zur Tanzfläche. Hermine konnte gar nicht so schnell gucken, da waren sie auch schon weg.
„Maria, ich will wirklich nicht!"
„Ich muss mit dir reden!" setzte sie hastig hinzu.
„Das können wir doch auch später…"
„Nein, eben nicht! Hör zu, ich weiß nicht was du an diesem Kind findest, aber werde sie so schnell wie möglich los!" Maria redete nicht lange drum herum, sondern kam gleich zum Punkt. Viktor allerdings verstand nicht richtig.
„Welches Kind?"
„Na, diese Hermine! Die will doch nur deinen Ruhm! Glaub mir, ich weiß es."
„Du? Du weißt gar nichts. Wenn du das tatsächlich von Her-minne glaubst, dann bist du auf dem Holzweg."
„Ha! Du bist ja blind vor Liebe!"
Hermine suchte die Tanzfläche von der Bar aus ab, doch konnte sie die beiden nicht entdecken. Ihr wurde wieder das Herz schwer und eine bisher ungekannte Traurigkeit erfüllte sie. Sollte Viktor doch etwas mit Maria haben? Hermine wollte das nicht glauben, aber ihr wurde bewusst, dass sie ja wohl kaum das Recht hatte zu bestimmen, wen Viktor lieben sollte. Tief in Gedanken versunken, bemerkte sie nicht, wie sich ihr ein Mann näherte. Er hatte sie schon den ganzen Abend beobachtet und wollte nun, da sie allein war, mit ihr sprechen.
„Willst du tanze?" fragte er. Er schien Bulgare zu sein, sein Akzent war ähnlich wie bei Viktor. Doch Hermine wollte nicht tanzen, nicht mit ihm.
„Nein danke. Ich mache gerade eine Pause."
„Ach, komm schon." Der Mann ließ nicht locker. Hermine sah ihn kurz an und ihr entging sein gieriger Ausdruck in den Augen nicht. Ihr Herz klopfte vor Angst.
„I-ich möchte wirklich nicht, danke." Wo war Viktor nur? Sie hoffte inständig, dass er gleich zurückkommen würde. Dann spürte sie plötzlich, wie sich die Spitze eines Zauberstabes in ihre Seite bohrte. Für alle um sie herum anscheinend unsichtbar oder so geschickt getarnt, dass es einfach nicht auffiel.
„Hör mal, ich würde sehr gerne mit dir tanze", sagte er leise an ihrem Ohr und eine Alkoholfahne wehte ihr entgegen. „Ich kann dir natürlich auch eine Fluch aufhalse, wenn dir das lieber ist." Was sollte sie nur tun? Sie hatte kaum eine andere Wahl, als mit diesem fremden Mann mitzugehen.
Viktor stritt sich heftig und laut mit Maria am Rande der Tanzfläche und wütend ging er zurück zur Bar. Er wusste, dass Maria sich sehr für ihn interessierte. Ihre Avancen waren auch stets eindeutig. Doch für Viktor war sie die kleine Schwester seines Teamkameraden und empfand lediglich Freundschaft für sie. Sein Herz gehörte schon längst einer anderen.
Als er an die Bar gelangte war Hermine weg. Er schaute durch den Club, konnte sie aber nirgends entdecken. Unbewusst beschleunigte sich sein Herzschlag. Sicher, sie war bestimmt auf die Toilette gegangen… doch sein Gefühl sagte ihm etwas anderes. Instinktiv spürte er, dass etwas nicht stimmte. Also machte er sich auf die Suche nach Hermine.
Der Fremde drängte sie in eine ruhige dunkle Ecke des Clubs. Hermine fühlte sich hilflos und war ganz benebelt von der Alkoholfahne. Die Spitze des Zauberstabes drückte immer noch in ihrer Seite. Wehr dich, sagte ihr eine innere Stimme. Doch Hermine konnte keinen klaren Gedanken fassen. Es wäre doch so einfach gewesen. Selbst ein erfahrener Zauberer konnte nicht mit dem mithalten, was sie alles in den sieben Hogwartsjahren durchgemacht hatte. Und jetzt wurde sie von jemand überrumpelt, der nicht mal mehr geradeaus laufen konnte. Was war es nur, dass sie abhielt sich zu wehren?
Das Gesicht des Mannes kam immer näher; er wollte sie küssen, aber Hermine konnte noch rechtzeitig ihren Kopf zur Seite ziehen. Der Mann wurde wütend und zerrte an ihrem Oberteil. Warum sah es denn niemand? Warum half keiner? Heiße Tränen bahnten sich ihren Weg über ihre Wangen und verzweifelt dachte sie an Viktor. Sie spürte eine kalte nasse Zunge an ihrem Hals und ihr wurde übel. Mutlos trommelte sie mit ihren Fäusten gegen seine Schultern und versuchte ihn von sich wegzustoßen.
„Petrificus totalus!" hörte sie jemanden aufgeregt rufen und der Mann erstarrte. So schnell wie nur irgendwie möglich wurde er zur Seite geschubst und Hermine erkannte Viktor der sie zu sich in seine Arme zog. Wie eine Ertrinkende klammerte sie sich an ihn und weinte bittere Tränen.
„Du bist da! Du bist gekommen!" schluchzte sie. Viktor war noch nie so erschrocken, wie in diesen Moment. Er streichelte ihr beruhigend über den Rücken und tat es im Endeffekt für seine eigene Beruhigung. Was wäre nur passiert, wenn er nicht rechtzeitig hier gewesen wäre? Er wollte es sich nicht ausmalen.
Hermine beruhigte sich bald, denn ihr wurde bewusst, dass sie jetzt sicher war. Hier in Viktors Armen konnte ihr nichts mehr passieren.
Im Prinzip war es das, was ihr Unterbewusstsein verlangte: Sie wollte gerettet werden. In all den sieben Jahren Hogwarts musste sie andere beschützen, anderen helfen. Selbst Ron, für den sie eine gewisse Zeit tatsächlich Gefühle hegte, vermochte nicht, ihr diesen Schutz zu bieten, den sie doch so dringend brauchte.
„Komm wir gehe", murmelte er in ihr Haar und Hermine nickte leicht.
Im Garten der Krums angekommen hob er Hermine hoch und trug sie in ihr Bett.
„Geht es wieder?" fragte er sanft.
„Ja… ich glaube schon. Ich… ich bin immer noch durcheinander, aber es geht. Danke." Viktor nahm ihre Hand in seine und drückte sie vorsichtig.
„Gutt. Das ist gutt" murmelte er. „Versprichst du mir etwas?"
„Alles."
„Ruf mich, wenn etwas ist, ja?" Damit ging er rüber in sein Zimmer. Er wollte sie nicht alleine lassen, doch sie machte keine Anstalten ihn aufzuhalten. So fand er es am besten, wenn er erst einmal ging. Hermine war stark, das wusste Viktor. Doch sicherlich würde das Spuren hinterlassen.
Als sich die Tür schloss und Dunkelheit sie umfing kam sie sich seltsam einsam vor. Hermine stand noch mal auf und zog sich um. Doch als sie wieder im Bett lag ging es ihr gar nicht gut. Überall schien es nach Alkohol zu riechen und Angst breitete sich in ihrem Herzen aus. Dann entschloss sie sich nach vielem hin und her aufzustehen und das einzig Richtige zu tun.
Vor Viktors Tür blieb sie stehen und klopfte zögerlich. Ohne eine Antwort abzuwarten trat sie ein. Wahrscheinlich schlief er sowieso.
„Viktor?"
„Her-minne?" er klang überrascht und besorgt zugleich. Dann machte er Licht, damit er sie besser sehen konnte. „Ist etwas passiert? Ist alles in Ordnung?"
„Ja… es ist nur…" stotterte Hermine. Sie musste sich überwinden, die folgenden Worte laut auszusprechen. „K-kann ich heute bei dir schlafen? Ich… ich habe Angst…" und der sicherste Ort, an dem ich jetzt sein möchte, ist in deinen Armen zu liegen, fügte sie still hinzu.
Viktor überlegte nicht lange sondern rutschte ein wenig zur Seite und hob die Decke. Dankbar lief Hermine zu ihm und huschte ins Bett. Sofort zog er sie in seine Arme. Es war für Hermine ein unbeschreibbar schönes Gefühl ihm so nahe zu sein. Ja, sie hatte sich in ihn verliebt. Noch nie hatte sie so für einen Jungen empfunden wie für Viktor. Noch nie lag sie mit einem Jungen in einem Bett. Viktor ließ sie die letzte Stunde vergessen machen, jetzt zählte nur dieser Moment.
Hermine drängte sich dicht an ihn, legte ihre Hände auf seine nackte Brust und war selig. Sie spürte seinen Herzschlag und sah in seine Augen. Zärtlich küsste er ihre Stirn und ihr Augenlid, seine Hand ruhte auf ihrer Hüfte. Viktor löschte das Licht und Hermine fühlte sich unsagbar geborgen.
So fanden sie schließlich Ruhe und schliefen gemeinsam ein.
A/N: danke für eure Reviews freu
