10. Unterricht mit Mad-Eye

Die erste Stunde bei Professor Moody rückte immer näher und Harriet wurde immer nervöser deswegen. Sie hatte nämlich festgestellt, dass sie Mad-Eye Moody nicht mochte.

Was sie über ihn erfahren hatte, gefiel ihr nicht, sein unheimliches Auge gefiel ihr nicht, und am allerwenigsten gefiel ihr die Tatsache, dass ausgerechnet Professor Snape Angst vor Moody hatte. Und zwar wirklich Angst.

Alle bisherigen VgdDK-Lehrer hatte Snape herb attackiert und gedemütigt, wo er nur konnte. Doch zu Moody war er fast nett. Allerdings nicht nett nett, sondern furchtsam nett. Wieso? Was ist an Moody dran? Harriet hatte Snape immer für jemanden gehalten, der vor Nichts Angst hatte. Dass er Moody nicht leiden konnte, stand fest. Seine Laune war nämlich noch schlechter als sonst, was besonders Neville zu spüren bekam.

Am Donnerstag war es dann so weit. Moodys erstes Kommentar war: „Die könnt ihr wieder wegstecken, diese Bücher. Die braucht ihr nicht.", was Hermine dazu veranlasste ihm einen schiefen Blick zu zuwerfen.

Offenbar hatte er vor sich in diesem Jahr (dem einzigen Jahr in dem er bleiben wollte) auf Flüche zu spezialisieren. Als erstes wandte er sich den „verbotenen Flüchen" zu, die er eigentlich noch gar nicht mit ihnen durchmachen durfte.

„Also…weiß jemand von euch, welche Flüche vom Zaubereigesetz mit den schwersten Strafen belegt werden?", fragte der Lehrer nachdem er Lavender ermahnt hatte, die Parvati ihr Horoskop gezeigt hatte. Ron hob die Hand. „Mein Dad hat mir von einem erzählt… heißt er Imperius-Fluch oder so?"

„Ah ja. Den kennt dein Vater natürlich. Hat dem Ministerium schon mal heftiges Kopfzerbrechen bereitet, dieser Imperius-Fluch." Moody deutete mit seinem Zauberstab auf eine Spinne. „Imperio!" Die Spinne begann einen Stepptanz hinzulegen. Das fand der Großteil der Klasse recht witzig. Moody allerdings weniger.

„Vollkommene Unterwerfung. Ich könnte sie dazu bringen aus dem Fenster zu springen, sich zu ersäufen, sich in eure offenen Münder zu stürzen…" Harriet schauderte. Der Imperius-Fluch raubte den Menschen sein wichtigstes Gut: den freien Willen.

„Weiß noch jemand einen? Einen verbotenen Fluch?" Abgesehen von Hermine schoss auch Nevilles Hand in die Höhe. Moodys magisches Auge fixierte den Jungen. „Ja?" „Es gibt noch den…den Cruciatus-Fluch", erklärte Neville leise.

Moody studierte Neville mit beiden Augen. „Dein Name ist Longbottom?" Neville nickte nervös. Harriet runzelte die Stirn. Moody vergrößerte die Spinne und murmelte dann: „Crucio!" Das Tier rollte sich auf den Rücken und begann sich unter furchtbaren Krämpfen zu winden. Es war ein schauderhafter Anblick. Harriets Blick irrte zu Neville, der sich an der Tischplatte festklammerte, die Augen weit aufgerissen hatte und in dessen Miene sich das pure Grauen spiegelte. Hermine hatte es auch gesehen. „Aufhören!", kreischte sie.

Moody entließ die Spinne aus dem Fluch. „Schmerz", erklärte Moody leise. Harriet schluckte. „Schön… kennt jemand noch einen?"

Hermine hob zitternd die Hand. „Ja?" Moody sah sie an. „Avada Kedavra", flüsterte Hermine. „Aah. Ja, der letzte und schlimmste. Avada Kedavra… der tödliche Fluch", meinte Moody, „Avada Kedavra!" Ein gleißend grüner Lichtstrahl traf die Spinne. Diese kullerte auf den Rücken und rührte sich nicht mehr.

Lavender stieß einen erstickenden Schrei aus, und Ron fiel vor Schreck vom Stuhl als die Spinne in seine Richtung kullerte. Harriet wurde schlecht. Sehr schlecht. Oh, Gott. So sind sie gestorben. So sind meine Eltern gestorben.

„Nicht nett", kommentierte Mad-Eye gelassen, „Nicht angenehm. Und es gibt keinen Gegenfluch. Man kann ihn nicht abwehren. Wir kennen bislang nur einen Menschen, der ihn überlebt hat, und der sitzt hier vor mir."

Alle Blicke richteten sich auf Harriet. Die sandte Moody einen wütenden Blick. Der Lehrer begann wieder zu reden, aber sie hörte ihm gar nicht mehr zu. Meine Eltern. Meine Eltern. Meine Eltern. Atmen nicht vergessen.

Den Rest der Stunde verbrachten sie damit sich Notizen zu den unverzeihlichen Flüchen zu machen. Kaum war die Stunde vorbei ging die aufgeregte Plapperei los. Die anderen sprachen über die Stunde als wäre sie eine unterhaltsame Show gewesen. „Beeilt euch", zischte Hermine ihr und Ron zu, „Neville."

Ron sah sie verständnislos an. Neville stand in der Mitte des Ganges mit derselben starren Miene und demselben Grauen in den Augen wie zuvor in der Stunde. Hermine sprach ihn sanft an.

„Oh, hallo", erwiderte Neville mit hoher Stimme, „Interessante Stunde, nicht wahr? Bin gespannt, was es zu essen gibt, ich…ich verhungere gleich, du auch?" „Neville, geht es dir gut?", erkundigte sich Harriet vorsichtig und tauschte einen besorgten Blick mit Hermine aus. „O ja, mir geht's blendend. Sehr interessant das Abendessen – der Unterricht, meine ich – was gibt's zu essen?"

Ron sah vollkommen verwirrt aus. „Neville…was", begann er, wurde aber durch die hinkende Ankunft von Professor Moody unterbrochen. „Ist schon gut, Kleiner", wandte dieser sich an Neville, „Willst du nicht kurz mit mir hoch ins Büro kommen? Keine Sorge…wir trinken zusammen ein Tässchen Tee…"

Diese Aussicht jagte Neville offenbar noch mehr Angst ein. Harriet räusperte sich: „Professor, ich glaube nicht, dass…" Moody wandte sich ihr zu. „Dir geht's doch gut, oder Potter?" Harriet funkelte ihn an. „Ja, sobald ich mich übergeben habe, geht es mir wieder bestens", erwiderte sie herausfordernd. „Du musst es erfahren", meinte Moody ungerührt, „Es kommt dir vielleicht hart vor, aber du musst es erfahren Hat keinen Sinn sich was vorzumachen…nun denn…komm mit, Longbottom, ich hab ein paar Bücher, die dich interessieren werden."

Neville warf den anderen einen flehenden Blick zu, doch Moody hatte ihn bereits in festen Griff und führte ihn mit sanfter Gewalt fort. „Was sollte das jetzt wieder?", wunderte sich Ron. „Keine Ahnung." Hermine zuckte mit den Schultern.

Ron nahm das als Anlass nun seinerseits über die Stunde zu plappern, doch ein Blick in Harriets Gesicht brachte ihn zu Verstummen. Das Essen verlief eher in gedrückter Stimmung und Harriet ärgerte sich die ganze Zeit still über Professor Moody. Das ist nicht richtig von ihm. Ich wollte es nicht wissen. Ich war glücklich, als ich noch unwissend war.

Nach dem Essen verschwand Hermine sofort in Richtung Bibliothek, wo sie schon die ganze Woche über die meiste Zeit verbracht hatte. Harriet fühlte sich, nicht zum ersten Mal in dieser Woche, von ihrer besten Freundin vernachlässigt. Da sie nichts Besseres zu tun hatte machte sie sich mit Ron an ihre Wahrsagen-Hausaufgabe. Dazu trafen sie sich im Gemeinschaftsraum. „Ich hab Neville im Schlafsaal getroffen", berichtete Ron, „Es geht ihn schon viel besser. Professor Moody hat ihm wohl ein Buch geliehen." „Aha."

Ron erfand seine gesamte Hausaufgabe wieder einmal, was ihm Harriet bald gleich tat. Es wurde fast ein spannender Roman. Als sie gerade fertig waren, kam Hermine aus der Bibliothek zurück. Sie hatte ein Kästchen mit fünfzig Ansteckern mit der Aufschrift B.E.L.F.E.R. drin mit. „Belfer? Wer oder was ist Belfer?", wunderte sich Harriet. Und dafür hast du mich sitzen lassen? Für etwas namens Belfer!

„B-ELFE-R. Bund für Elfen Rechte", erklärte Hermine. „Nie davon gehört", meinte Ron. „Natürlich nicht. Ich hab ihn eben erst gegründet", erwiderte Hermine spitz. „Ach ja? Wie viele Mitglieder hat er?", erkundigte sich der Weasley-Junge, obwohl er es genau wusste. „Wenn ihr mitmacht drei."

„Und du glaubst im Ernst, wir wollen mit Ansteckern rumlaufen auf denen Belfer steht!" Und schon begannen die beiden wieder zu streiten. Harriet sank erschöpft auf den Tisch. Die zwei sind auch nur dann glücklich, wenn sie sich streiten können! Wann ersetzten sie das endlich mit Knutscherei? Das wäre für meine Nerven entschieden besser.

In diesem Moment flog Hedwig in Richtung Fenster. Harriet lief los und ließ sie herein. Es war Sirius' Antwort.

Liebe Harry,

ich fliege sofort nach Norden. Diese Neuigkeit über deine Narbe ist nur das letzte Glied in einer Kette merkwürdiger Gerüchte, die mir zu Ohren gekommen sind. Wenn sie wieder anfängt zu schmerzen, geh unverzüglich zu Dumbledore – es heißt, er habe Mad-Eye aus dem Ruhestand zurückgeholt, was bedeutet, das wenigstens er, wenn auch sonst keiner, die Zeichen liest. Ich melde mich bald. Meine besten Wünsche an Ron und Hermine. Halt die Augen offen, Harry.

Sirius

Harriet erstarrte. Ich hätte ihm niemals schreiben sollen! Der Brief würde ausreichen um ihr wochenlang Alpträume zu bereiten.

In den letzten paar Kapiteln war Harriet ja recht oft schlecht, aber das hört sich jetzt auf versprochen.

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