22. Die Faust und der Kuss
Am nächsten Morgen war sie entschlossen sich bei Draco zu entschuldigen. Sie passte ihn vor dem Frühstück ab.
„Draco, hör mal. Ich wollte mich entschuldigen. Ich hätte dich wegen dieser Sache mit Hagrid nicht verdächtigen dürfen, aber weißt du, ich werde ein bisschen komisch, wenn einer meiner Freunde Probleme hat", erklärte sie.
Der blonde Junge sah sie prüfend an. Dann meinte er großmütig: „Schon gut." Harriet zögerte. „Dann können wir jetzt wieder versuchen Freunde zu sein, oder?", meinte sie langsam. „Natürlich. Wenn du das willst."
„Gut, ich…" Weiter kam sie nicht, weil hinter ihr eine eisige weibliche Stimme meinte: „Potter, wir müssen uns unterhalten." Es war aber nicht Pansy, sondern Cho Chang, und sie sah sehr entschlossen aus.
„Cho! Worum geht es?" Cho funkelte sie an. „Ich habe gehört, dass du mit Cedric in Hogsmeade warst…" „Ja, war ich. Ist doch nicht verboten, oder?", erwiderte Harriet ruhig. Cho kniff die Augen zusammen. „Offenbar kapierst du es nicht, Potter. Deswegen will ich es jetzt ein für alle mal klar stellen: Cedric ist mein Freund. Also lass gefälligst die Finger von ihm!"
„Ihr seid zusammen? Davon hat er aber nichts erwähnt, als er mit mir in den Drei Besen Händchen gehalten hat…."
Cho atmete scharf ein. „Ich warne dich nur einmal, Potter. Nur weil du eine hässliche Narbe auf der Stirn hast, gibt dir das noch lange nicht das Recht anderen den Freund auszuspannen", zischte sie.
„Cedric ist nicht dein Freund, Chang. Er hat viel zu viel Niveau um sich mit einer wie dir einzulassen", erwiderte Harriet eben so scharf.
„Das reicht jetzt!" Cho holte aus um ihr eine zu kleben. Aber Harriet war schneller. Sie duckte sich und trat die Fünftklässlerin heftig ins Schienbein. Cho starrte sie mit einer Mischung aus Entsetzten und Unglauben an – und stürzte sich dann auf sie.
Es war nicht Harriets erster Kampf mit einem anderen Mädchen, sie hatte sich schon öfter mit Pansy angelegt, doch da war es meistens um rohe Gewalt gegangen. Diesmal war es anders. Harriet wollte Cho weh tun. Also kratzte sie, und riss ihr Haare aus, und biss sie in die Hand.
Um sie herum bildeten sich Fraktionen, die jeweils die eine oder die andere anfeuerte. Chos Cheerleader, einige ältere Ravenclaws, allen voran Chos Freundin Marietta, waren in der eindeutigen Minderheit.
„Gib's ihr, Harry! Kratz ihr die Augen aus!", forderte Parvati mit Nachdruck. Harriet wäre dieser Aufforderung ja gerne nachgekommen, aber leider war Cho die Größere und stärker als sie aussah. Sie wurden ausgerechnet von McGonagall getrennt. „Potter! Chang! Ich glaube es einfach nicht! Das gibt eine Woche Nachsitzen für Sie beide. Und Potter, ausgerechnet! Als Champion sollten Sie es besser wissen! Welchen Eindruck wird das wohl auf unsere Gäste machen!" Ich bin sicher zumindest den Durmstrangs wird es gefallen. Diesen Gedanken sprach sie aber wohlweislich nicht aus.
Sie erzählte Hermine und Ron natürlich von ihrem nächtlichen Erlebnis, aber auch die beiden konnten sich nicht erklären, was Mr. Crouch bei Snape gesucht haben könnte.
„Aber ich hab euch ja schon immer gesagt, Snape hat irgendetwas auf dem Kerbholz. So unheimlich und unangenehm wie der ist. Und Moody ist auch dieser Meinung. Ich wette er hat Harrys Namen in den Kelch geschmuggelt", meinte Ron. Hermine verdrehte die Augen. „Ach komm, glaubst du wirklich Dumbledore würde ihn hier arbeiten lassen, wenn es so wäre?", entgegnete sie kopfschüttelnd, „Nur weil jemand unheimlich ist, muss er noch lange nicht böse sein." Aber wenn Ron sich einmal in einen Gedanken verrannt hatte, war er davon nicht mehr abzubringen.
Später am Tag sprach sie Cedric auf den Zwischenfall an. „Ich hab gehört, du hast dich mit Cho geprügelt?" „Kann man so sagen, ja. Und eines kann ich dir verraten, sie hat einen verdammt kräftigen rechten Haken", meinte Harriet nur.
„Warum?"
„Nun, ich nehme an, sie wurde so geboren, ich glaube nämlich nicht, dass sie Muskeltraining macht. Obwohl man kann nie wissen…"
„Harry…"
„Ja?"
„Ich meinte, warum habt ihr euch geprügelt." Weil sie eine blöde Schnepfe ist. „Sie wollte, dass ich mich von dir fernhalte. Sie lebt unter der Illusion, dass ihr zusammen seid", erklärte Harriet langsam, „Es war so eine Art Revierstreitigkeit, weißt du."
Cedric sah sie nachdenklich an. „Ihr habt euch um mich geprügelt? Ich bin nicht sicher, ob ich mich geehrt fühle, oder entsetzt bin", meinte er dann. „Normalerweise tue ich so was nicht", beeilte sich Harriet ihm zu versichern, „Ich bin ansonsten viel…weiblicher. Wirklich."
Cedric grinste. „Du bist schon ziemlich merkwürdig, weißt du das eigentlich, Harry?" „Auf eine positive oder auf eine negative Art merkwürdig?" Solche Fragen waren enorm wichtig, wenn einen ein Mann als „merkwürdig" bezeichnete.
Cedrics Antwort bestand darin, dass er seine Lippen auf ihre presste. Oh, Gott, Cedric Diggory küsste mich! ER küsst MICH! Sie lösten sich voneinander und Cedric schenkte ihr ein entschuldigendes Lächeln. „Wir sehen uns noch. Bis später", meinte er und eilte davon. Cedric hat mich geküsst! Ich fasse es nicht!
Glücklich schwebte sie in die nächste Unterrichtsstunde, wo sie die Neuigkeit natürlich sofort ihren Freunden berichten musste. Ihre Reaktionen fielen sehr verschieden aus. („Er hat dich geküsst? Wie war es?" – Lavender. „Er hat dich geküsst? Gratuliere! Und wann sehr ihr euch wieder?" – Parvati. „Er hat dich also endlich geküsst. Schön für dich. Konzentrier dich jetzt lieber auf den Unterricht."- Hermine. „Er hat dich geküsst? Und du hast es zugelassen? Was findest du nur an diesem Kerl?" –Ron.)
Besonders Ron war nicht allzu begeistert. „Heißt das, ihr seid jetzt fest zusammen, oder so was?", begann er nach der Stunde von neuem, „Warum eigentlich ausgerechnet Diggory? Er ist ein Hufflepuff. Und viel zu alt für dich. Was ist mit Bill? Der hat dir doch gefallen. Bill ist zur Zeit Single. Ich könnte da was arrangieren, wenn du willst."
Harriet schüttelte ungläubig den Kopf. „Du meinst Cedric sei zu alt für mich und empfiehlst mir im gleichen Atemzug Bill!"
„Dann eben Percy. Ihr kommt doch gut zurecht. Und Penelope hat ihn sitzen lassen. Ich habe noch drei weitere Brüder zur Auswahl. Oder nimm wenigstens einen Gryffindor. Was ist mit Wood?", brabbelte Ron weiter, „Den hast du doch letztes Jahr geküsst." Mein Gott, wenn er sich schon bei mir so aufführt, was wird erst, wenn ihm klar wird, dass Ginny sich am Ball Michael Corner angelacht hat?
„Ron, ich bin glücklich mit Cedric, danke für deine Besorgnis." Aber Ron versuchte weiterhin ihr einen seiner Brüder aufzuschwatzen. Harriet beschloss ihn zu ignorieren.
Da sie es hasste sich mit kryptischen Anspielungen auf ihre nächste Aufgabe zufrieden geben zu müssen, beschloss sie ihr Drambul bei dieser Gelegenheit gleich auszuprobieren. Leider hatte sie ja gar keine Ahnung wie das Ding eigentlich funktionierte. Also legte die die Kugel auf ihre rechte Handfläche, schloss die Augen und verlangte laut: „Zeige mir, wonach ich mich schmerzlichst sehne!" Wie nicht anders zu erwarten geschah gar nichts. Nun, man kann nicht alles haben, nicht wahr? Sie würde auch so zu recht kommen.
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