7. Halloween bei Vollmond
Mariah war gerade am Beckenrand und stützte ihren Kopf auf ihre über Kreuz gelegten Arme ab. Laura schwamm seelenruhig ein paar Runden. Diese schöne Ruhe war einfach atemberaubend.
Die beiden waren kurz nach zweiundzwanzig Uhr aus ihren Gemeinschaftsräumen rausgeschlichen und machten es sich nun im Badezimmer der Vertrauensschüler gemütlich. Mariahs Blick blieb an Harrys ausgeliehenem Tarnumhang hängen, der auf dem Boden neben ihren Sachen lag. Sie freute sich wirklich, dass Harry den beiden Mädchen so sehr vertraute, doch je mehr diese Freundschaft wuchs, umso mehr würde er sie hassen, wenn die böse Wahrheit irgendwann herauskommen sollte.
Mariah schrie plötzlich vor Schreck auf, als einige Tropfen warmes Wasser auf ihre schon getrockneten Schultern spritzten. Sie drehte sich um und sah der grinsenden Laura ins Gesicht.
"Entschuldigung, hab ich dich beim Träumen gestört?", fragte sie belustigt.
"Ich hab gar nicht geträumt, nur nachgedacht."
"Aha, und worüber?"
Mariah schwieg kurz.
"Darüber, wie wütend Harry und die anderen sein werden, wenn sie unsere wahre Identität erfahren", murmelte Mariah betrübt und ließ den Kopf sinken. Laura sah ihre beste Freundin besorgt an und schwamm langsam zu ihr. Sie blieb vor ihr stehen und nahm Mariah in die Arme. Zärtlich und sehnsüchtig drückten sich die beiden nackten Körper aneinander, doch den Mädchen machte das nichts aus. Sie kannten sich schon seit Jahren und ekelten sich nicht vor dem nackten Körper der anderen.
"Falls er es wirklich irgendwann erfährt, wird er es als unser Freund schon verstehen", flüsterte Laura und löste sich von Mariah. Diese lächelte ihre Freundin an und schloss die Augen. Wenn sie Laura nicht hätte, wäre sie sicher niemals aus den Todesserkreisen entkommen. Sie erinnerte sich noch an ihre erste Begegnung, als wäre sie erst gestern gewesen...
Rückblick im Frühling 1988:
"NEIN! ICH WILL NICHT!", schrie ein kleines Mädchen panisch. Ein ausgewachsener stämmiger Mann mit schwarzem Umhang zog sie brutal am Handgelenk hinter sich her.
"Beweg dich, du dumme Göre!", fuhr er sie an und fing nun an sie an den Haaren zu ziehen. Beide waren allein auf einer alten Straße in einem kleinen Dorf.
"Nein! AUA!", wimmerte das Mädchen und versuchte sich loszureißen. Sie wusste genau, was er mit ihr vorhatte. Er würde ihr die Kleider vom Leib reißen und sich an ihr vergehen. Schon viele Todesser hatten das bei ihr gemacht, sogar ihr eigener Adoptivvater Raven Reason. Plötzlich blieb der Mann stehen und der Druck um die kleinen zarten Handgelenke und die Haare ließ nach. Überrascht sah das Mädchen auf und erblickte eine junge Frau, die dem Mann einen Zauberstab drohend an die Kehle hielt. Sie hatte lange, schwarze Haare, ein schneeweißes, makelloses Gesicht und dunkelgrüne Augen.
"Lass das Mädchen los, Nott!", sagte sie bedrohlich.
"Halt dich da raus, Laison! Raven hat sie mir heute gegeben und ich mache mit ihr, was ich will!", protestierte er.
"Glaubst du, das würde dem Dunklen Lord gefallen, was ihr hier mit seiner Tochter abzieht!", fragte Miss Laison und drückte die Spitze ihres Zauberstabs gefährlich hart in Notts Halsbeuge.
"Er-er kommt sowieso nie mehr zurück! Und jetzt verschwinde endlich, du Schlampe!"
Miss Laisons Augen blitzten gefährlich auf. Völlig unerwartet zog sie das kleine Mädchen zu sich und richtete weiterhin ihren Zauberstab auf ihren Gegner.
"CRUCIO!", schrie sie. Nott wälzte sich zuckend vor Schmerzen auf dem Boden und schrie. Das Mädchen klammerte sich ängstlich an dem schwarzen Umhang der Frau fest. Irgendein Gefühl sagte ihr, sie bräuchte vor ihr keine Angst zu haben.
"Du und die anderen werdet dieses Mädchen ein für allemal in Ruhe lassen! Ich nehme sie heute zu mir und wehe du erzählst Raven oder irgendjemandem davon! Sonst könnte es sein, dass mir eines Tages auch mal der Todes-Fluch über die Lippen rutscht!", zischte sie wütend und nahm den Folterungsfluch von Nott. Der stand wackelig und keuchend auf, warf Miss Laison und dem Mädchen noch einen angewiderten Blick zu und disapperierte.
Das Mädchen sah nun endlich zu ihrer Retterin hoch. Diese lächelte sanft.
"Du bist doch Mariah Riddle, oder?", fragte sie.
"Äh, ja. Und Sie sind ...?"
"Lara Laison. Hab keine Angst, diese Ekel werden dir nicht mehr wehtun. Möchtest du für heute vielleicht zu mir kommen?"
"Zu-zu Ihnen?", fragte Mariah ganz entgeistert.
"Ja. Ich habe eine Tochter in deinem Alter, vielleicht versteht ihr euch ja", sagte Lara und gab Mariah die Hand. Diese ergriff sie und im nächsten Augenblick apparierten sie zu einem alten Haus auf einer nebligen Wiese. Es hatte keine Etagen und ein sehr schräges Dach. An der Hauswand wuchsen mehrere Kräutergeranien. Mariahs Blick blieb gerade an einem Fenster hängen, als dort plötzlich eine kleine Hauselfe heraussprang.
"Willkommen zu Hause, Miss Laison!", quiekte diese erfreut.
"Danke, Elli, aber hast du schon wieder vergessen, dass du nicht meine Dienerin bist? Wir sind Freunde, also nenn mich bitte Lara", sagte die junge Frau und strich dem magischen Wesen über den Kopf.
"Ja, aber Elli kann das doch nicht machen!", protestierte Elli. Nun fiel ihr Blick auf Mariah.
"Oh, ist das nicht die junge Riddle?"
Mariah nickte schüchtern.
"Sie heißt Mariah und bitte sprich sie auch so an", bat Lara. Elli sah so aus, als ob sie wieder diese Einwände hätte, eine höherstehende Person beim Namen anzusprechen.
"Gut, ähm, darf ich für Mariah und für Sie, Miss Lai-Lara, etwas Tee machen?" Lara seufzte.
"Na gut, ausnahmsweise", sagte sie. Elli sprang eilig durch das Fenster wieder ins Haus und rannte Richtung Küche. Mariah schaute verdutzt.
"Elli ist nicht meine Hauselfe. Sie gehört den Goyles und ich lade sie oft ein, damit sie sich vom ganzen Arbeiten ein bisschen erholen kann. In meinem Haus gibt es noch mehr von ihnen. Komm, ich zeig sie dir", sagte Lara und öffnete die Haustür. Mariah folgte ihr. Nun musste sie staunen. Überall im Raum waren Hauselfen und säuberten alles, was ihnen in die langen Finger kam.
"Oh nein!", stöhnte Lara genervt. Sie ging einen Schritt auf die Hauselfen zu und schrie:"HEY!"
Als die kleinen Wesen dies hörten, arbeiten sie plötzlich noch schneller .
Lara stöhnte erneut und schlug sich ihre Hand gegen die Stirn.
"Das darf doch nicht wahr sein!", murmelte sie und beugte sich zu Mariah herunter.
"Mariah, geh durch die ganzen Zimmer, bis du beim letzten ankommst, dort ist meine Tochter. Du kannst dich ja ein bisschen mit ihr unterhalten", sagte Lara und zeigte in die linke Richtung des Hauses.
Mariah gehorchte und ging in diese Richtung. Sie lief durch mehrere Zimmer und kam zu dem Schluss, dass Lara und ihre Tochter wohl alleine lebten.
Nach vielen Schritten kam sie endlich vor dem letzten Zimmer an und sah vorsichtig hinein. Es war einfach wunderschön! Fast überall im Raum waren bunte Glasfenster an den Wänden und ganz oben an der Decke war eine riesige Glaskuppel derselben Sorte. Pralles Sonnenlicht viel durch die Fenster und ließ das Zimmer bunt erleuchten. In der Mitte des Raumes saß ein Mädchen auf dem Boden und sah Mariah neugierig an.
Das bunte, grelle Licht fiel auf das Gesicht des Mädchen und ließ Mariah nicht erkennen, welche Augen- und welche Haarfarbe diese hatte. Im nächsten Moment verdeckte eine dicke Wolke die Sonne und das Licht im Zimmer verblasste leicht. Nun sah Mariah das Mädchen genauer. Deren mittellange Haare waren schwarz und ihre Augen dunkelgrün. Sie war fast eine jüngere Version von Lara.
"Wer bist du?", fragte das Mädchen und stand anmutig auf.
"Mariah Riddle, deine Mutter hat mich eingeladen", antwortete Mariah.
Das fremde Mädchen musterte sie.
"Du bist also die Tochter des Dunklen Lords", murmelte sie leise. Mariah schaute irritiert.
"Wie? Du weißt, wer meine Eltern sind?"
Nun sah das Mädchen irritiert aus. Diese Mariah wusste also gar nicht, mit welchem Blut sie herumlief.
"Ich bin Laura. Komm doch rein", sagte das Mädchen und lächelte. Mariah wunderte sich, warum Laura das Thema plötzlich gewechselt hatte, trat aber dann doch ein und setzte sich neben sie. Als sie genauer hinsah, erkannte sie das Dunkle Mal auf Lauras linkem Unterarm. Sie selbst hatte ebenfalls dieses Zeichen, wusste aber nicht so recht warum.
"Weißt du wofür dieses Mal gut ist?", fragte sie und entblößte ihren linken Unterarm.
"Es ist das Symbol vom Dunklen Lord", antwortete Laura.
"Und wer ist denn nun dieser Dunkle Lord?", wollte Mariah unbedingt wissen. Laura wollte gerade darauf antworten, als Lara das Zimmer betrat.
"Na, versteht ihr euch gut?", fragte sie gutgelaunt. Die Mädchen nickten.
"Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie arbeitsgierig diese Hauselfen sind. Sie wollen einfach nicht einsehen, dass sie hier nicht arbeiten müssen", erzählte Lara.
"Mum? Warum weiß Mariah gar nichts vom Dunklen Lord?", fragte Laura ihre Mutter. Diese schaute erschrocken über diese Frage die beiden Mädchen an. Auch Mariah sah nun neugierig zu der jungen Frau. Lara seufzte. Je früher Mariah von ihren Eltern erfahren würde, desto besser.
"Ähm, kommt mit in die Küche und trinkt etwas Tee mit mir und den Hauselfen. Dabei werden wir dir alles erklären, Mariah", sagte sie und verließ das Zimmer. Die Mädchen folgten ihr.
An diesem Tag erfuhr Mariah vieles von ihrer Herkunft.
Seit diesem Tag veränderte sich für sie alles.
Ende vom Rückblick!
Ja, damals hatte sich Mariahs Leben wirklich verändert. Ab diesem Tag war sie die darauf folgenden restlichen sieben Jahre sehr oft heimlich bei Laura und Lara gewesen. Laura und Mariah waren die besten Freunde geworden und Lara hatte sie das Zauberstablose Zaubern und besondere Kampftechnicken zur Selbstverteidigung gelehrt. Darin war Laura mit ihrer körperlichen Kraft sehr gut, doch Mariah war dafür im Duellieren besser. Lara war für sie selbst wie eine Mutter gewesen. Es war damals ein richtiger Schock für Mariah gewesen, als sie von Laras Tod erfahren hatte.
Mariah schwamm seelenruhig auf ihrem Rücken und starrte an die bronzene Decke. Wirklich komisch, wenn alte Erinnerungen wieder hochkamen.
Plötzlich knurrte ihr Magen heftig und auch von Laura, die am Beckenrand in einem dunkelblauen Bademantel gehüllt saß, war ein tiefes Knurren zu hören. Als sich die Blicke der beiden Mädchen trafen, mussten sie lachen. Beim Abendessen hatten sie kaum etwas gegessen, da sie noch sehr satt von den vielen Süßigkeiten aus Hogsmeade gewesen waren. Doch jetzt verlangte der Magen nach Gerechtigkeit.
"Toll, jetzt können wir noch stundenlang bis zum Frühstück warten", sagte Mariah verärgert und kletterte aus dem Wasser. Sie zog sich ihren schwarzen Bademantel an und sah zu Laura. Diese grinste.
"Was ist?", fragte Mariah stirnrunzelnd. Laura stand auf und zog sich ihre normalen Sachen, samt Schulumhang an.
"Wer sagt denn, dass wir bis zum Frühstück hungern müssen?", sagte sie gutgelaunt.
"Äh, hab ich was verpasst?"
"Quatsch keine Opern und zieh dich an. Du wirst schon sehen, was ich meine." Mariah gehorchte und schlüpfte flink in ihre Sachen. Laura hob inzwischen den Tarnumhang auf und warf ihn um sich und ihre Freundin. Gemeinsam verließen sie das Badezimmer und schlichen sich tief nach unten in
die entlegensten Gänge von Hogwarts.
"Sag mal, wohin gehen wir eigentlich? Vom Dauerlauf wird mein Hunger nicht gestillt", murmelte Mariah ungeduldig.
"Shhht!", flüsterte Laura und hielt ihren Zeigefinger an ihre Lippen. Ohne ein weiteres Wort gingen sie weiter und blieben vor einem Bild mit einer ausladenden silbernen Obstschale stehen.
"Also, echtes Essen wär mir lieber", flüsterte Mariah ironisch. Laura stöhnte genervt.
"Das ist der Eingang zur Küche!", zischte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen. Mariah bekam Telleraugen.
"Echt? Woher weißt du das?"
"Tja, du bist nicht die Einzige, die von unseren Freunden etwas über Geheimtüren erfahren hat", sagte Laura und zwinkerte.
"Lass mich raten. Ron."
Laura nickte und hob ihren Arm. Mit ihren rechten Zeigefinger fing sie an die gemalte grüne Birne zu kitzeln. Die windete sich daraufhin und kicherte. Nach kaum drei Sekunden verwandelte sie sich in einen großen grünen Türknauf. Vorsichtig umfasste Laura diese mit der Hand und öffnete die Geheimtür. Das Erste, was die beiden Mädchen sahen, waren haufenweise kupferne Kochtöpfe und Messingpfannen.
Langsam traten sie in die enge Küche ein und nahmen den Geruch von verschiedenen Speisen war.
"Ist da wer?", ertönte plötzlich eine quiekende Stimme zwischen den Töpfen. Laura und Mariah fuhren zusammen.
"Oh nein! Wer ist denn das schon wieder? Warum werden wir eigentlich andauernd bei irgendwas erwischt?", flüsterte Laura verzweifelt und drängte Mariah eilig zur Tür, doch diese war verschwunden!
"Los, komm in die Gänge und öffne die Tür!", sagte Laura, die das kleine Problem wohl nicht bemerkt hatte.
"Äh, es tut mir Leid, aber die Tür ist verschwunden."
"Aha, verschwunden. VERSCHWUNDEN?", fluchte Laura nun und war schon fast am Durchdrehen.
Die kleinen tapsigen Schritte der fremden Person kamen immer näher.
"Wer auch immer Sie sind, Sie kommen hier ohne unsere Hilfe nicht mehr heraus!"
Plötzlich fielen Mariah buchstäblich die Schuppen von den Augen.
"Mensch, Laura, wir haben doch den Tarnumhang!", flüsterte sie aufgeregt.
"Ach ja!", sagte Laura und warf den magischen Umhang über die beiden. Sie gingen in die Hocke und starrten gespannt zu dem immer näher kommenden Schatten.
"Am besten warten wir, bis diese Person von selbst wieder die Tür öffnet und dann verschwinden wir. Mein Magen kann so viel knurren wie er will, ich werde mich nicht von dieser Schule werfen lassen!", flüsterte Mariah. Plötzlich wurden die Freundinnen von einem grellen Licht geblendet. Langsam öffneten sie ihre Augen und sahen einen glühenden langen Finger vor sich. Dieser Finger gehörte einem Hauselfen. Und dieser Hauself war...
"DOBBY!", schrien Mariah und Laura überrascht und rissen sich den Tarnumhang vom Leib.
"Miss Laison? Miss Riddle? Was machen Sie denn hier?", fragte Dobby ebenso überrascht. Doch statt zu antworten, nahmen die Mädchen ihren kleinen Freund abwechselnd in die Arme.
"Schön dich wiederzusehen, Dobby!", sagte Mariah glücklich.
"Ich wusste ja, dass du durch Harry Potter von Lucius Malfoy befreit wurdest, doch warum bist du hier?", wollte Laura unbedingt wissen.
"Nun ja, nachdem Harry Potter Dobby befreit hat, ist Dobby zuerst lange durch das Land gereist. Dobby hat eine Arbeit gesucht, bei der er bezahlt wird und die hat Dobby hier in Hogwarts gefunden", erzählte der Hauself aufgeregt.
"Heißt das, dass du und die anderen Hauselfen von Professor Dumbledore für eure Arbeit bezahlt werdet? Das ist ja super!", gab Laura erfreut zu. Dobby nickte.
"Aber nun zu Ihnen! Was machen Sie beide hier? Wie konnten Sie fliehen, obwohl Der-dessen-
Name-nicht-genannt-werden-darf, zurück ist?"
"Oh, das ist eine sehr lange Geschichte", sagte Mariah bedrückt.
"Ist Lara Laison auch bei Ihnen?", fragte Dobby. Erschrocken, sahen die Mädchen den kleinen Hauselfen an. Über Lauras Wangen liefen verzweifelte Tränen. Mariah nahm sie tröstend in den Arm.
"Was ist? Hat Dobby was Falsches gesagt?", fragte Dobby irritiert.
"Nein. Lara ... ist tot. Lucius Malfoy hat sie in den Sommerferien getötet", murmelte Mariah und fing nun auch an zu weinen. Dobby ließ einen kleinen geschockten Schrei ertönen, als auch ihm die Tränen kamen.
"Wie gemein! Lara Laison war die lieblichste Person, die Dobby je kennen gelernt hat. Sie hat Dobby immer eingeladen und seine Strafwunden behandelt. Für sie waren Dobby und die anderen Hauselfen gleichberechtigte Wesen!", schluchzte er. Mariah streckte ihren Arm aus und zog nun auch Dobby zu sich heran. Nun saßen die drei zirka zehn Minuten dort, hielten sich krampfhaft aneinander fest und weinten sehr leise vor sich hin. Langsam lösten sie sich daraufhin aus ihrer Umarmung. Laura war die Erste, die das Wort ergriff.
"Dieses unmoralische Schwein wird dafür bezahlen!", zischte sie wütend.
"Wollen Sie Mr Malfoy ... etwa umbringen?", fragte Dobby erschrocken. Mariah sah nun gespannt zu ihrer Freundin. Laura hatte nie etwas in dieser Art erwähnt.
"Nein, Dobby. Ich habe meiner Mutter versprochen, niemals jemanden zu töten. Das gilt beschissenerweise auch für ihn", sagte sie verärgert. Dobby sah nun auf einmal so aus, als ob er versuchen würde irgendetwas Unmögliches zu tun.
"Ver-verdient hä-hätte er es!", sagte er und wischte sich die dicken Tränen aus dem Gesicht. Mariah und Laura fielen die Kinnladen herunter. Diese Ausdrucksweise hatten sie von ihrem kleinen Freund nicht erwartet.
"Dobby! Seit wann redest du so?", fragten beide gemeinsam. Dobby hielt sich erschrocken den Mund zu, nahm sich einen in der Nähe liegenden Kochtopf und hämmerte ihn gegen seinen Schädel.
"Böser Dobby! Böser Dobby!", schrie er. Laura ging aus Reflex auf ihn zu. Dieses Verhalten von ihm war sie schon von früher gewohnt.
"Lass das! Leg den Topf weg! Hör auf damit, Dobby!", sagte sie streng und riss den Kochtopf aus den knochigen Händen des Hauselfen. Sie hielt ihn an den schmalen Schultern fest und sah ihm in die Augen.
"Ich finde das unglaublich, dass du jetzt so über Lucius reden kannst. Du brauchst zwar noch etwas Übung, aber das wird schon noch", sagte sie. Dobby lächelte glücklich.
"Sag mal, Dobby, können wir vielleicht etwas zu Essen haben?", fragte Mariah.
"Oh, natürlich! Warten Sie bitte kurz!", sagte er und verschwand mit einem leisen Plopp. Die Mädchen standen nur da und sahen sich verwundert an.
"Wer hätte gedacht, dass wir ausgerechnet Dobby hier begegnen", sagte Mariah.
"Hm, irgendwie war er früher immer mein Lieblingshauselfe, weil er viel mehr Willen hatte als die anderen", gab Laura grinsend zu.
"Stimmt!", konnte Mariah nur sagen. Nach wenigen Minuten kam Dobby mit mehreren Tellern, auf denen die besten Gerichte waren, zurück. Auch einige Süßigkeiten zum Nachtisch waren dabei. Mariah und Laura machten sich wie wilde Tiere darüber her. Während des 'kleinen' Nachtmahls erzählten sie Dobby alles, was in den letzten Jahren mit ihnen passiert war und über ihre Flucht in den letzten Sommerferien. Doch langsam wurden ihre Augenlider schwerer und das Bedürfnis nach Schlaf wurde unerträglich. Die Mädchen klopften die Essenskrümel von ihren Umhängen und Dobby ließ die verschwundene Tür wieder erscheinen. Mariah beugte sich noch einmal kurz zu Dobby herunter und sah ihn ernst an.
"Versprich uns, Dobby, dass du uns in der Öffentlichkeit nur mit Mariah McKay und Elisha Blaine ansprichst, okay?" Dobby nickte, sagte den beiden noch gute Nacht und verschwand erneut mit einem lauten Plopp. Die Mädchen hüllten sich in dem Tarnumhang ein und machten sich auf den
Weg zu ihren Gemeinschaftsräumen.
Eine Woche später war es endlich soweit! Der einunddreißigste Oktober! Heute sollte das erste Quidditchspiel zwischen Gryffindor und Ravenclaw sein. Mariah, Harry und die anderen saßen beim Frühstück und waren sehr nervös. Vor allem Mariahs Nerven waren zum Zerreißen angespannt. Sie konnte auch kaum etwas essen. Immerhin stand ihr das erste große Quidditchspiel ihres Lebens bevor. Als sie heute früh aufgestanden war, hatte man sie mit regelrechten Beglückwünschungen überhäuft. Nur Harry, der hatte ihr nicht gratuliert, geschweige denn ihren Geburtstag überhaupt erwähnt. Mariah war sehr verwundert und enttäuscht, sagte dazu aber nichts. Auch wenn sie und Harry jetzt beste Freunde waren, konnte sie ja wohl kaum die beste Aufmerksamkeit von ihm erwarten. Er sprach an diesem Morgen auch kaum mit ihr. Vielleicht ist er ja auch nur sehr aufgeregt, dachte sich Mariah. Nach dem Frühstück gingen sie mit den restlichen Teammitgliedern zum Quidditchfeld und wurden von Ron, Hermione und Laura begleitet.
"Viel Glück euch allen!", sagte Ron.
"Gebt euer Bestes!", fügte Hermione hinzu.
"Wir drücken euch die Daumen, toi toi toi!", sagte Laura gutgelaunt. Das Team nickte dankend und verschwand im Umziehzelt. Dort zog sich jeder seine Quidditchuniform an und Harry hielt noch kurz eine Ansprache.
"Da ich ja in so was nicht so gut bin wie Oliver und ihr mir nicht schon vor dem Spiel einschlafen sollt, will ich euch nur eins sagen: Gebt euer Bestes und haltet zusammen!", sagte er.
Das Team nickte erneut und erhob sich. In fünf Minuten sollte es losgehen!
"Mariah, kann ich kurz mit dir sprechen?", fragte Harry leise. Mariah wunderte sich erst, ging dann aber mit ihm in eine einsame Ecke des Zeltes.
"Schließ bitte deine Augen", bat er sie. Mariah sah ihn fragend an.
"Warum?"
"Tu es einfach!", sagte er nun sichtlich nervös. Mariah gehorchte und schloss langsam ihre grauen Augen. Harry steckte seine Hand in seinen Quidditchumhang und holte die Schnatzkette heraus. Er atmete tief durch und legte sie um den schlanken Hals seiner Freundin. Diese öffnete wieder ihre Augen und entdeckte an sich die Kette.
"Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!", sagte Harry. Mariah brauchte lange, um ihre Sprache wiederzufinden.
"Harry! Das ist ... die ist ja wunderschön!", konnte sie nur herausbringen. Harry legte nun eine Hand auf ihre Schulter.
"Es tut mir Leid, dass ich dir erst so spät gratuliere. Ich wollte dich nämlich gern alleine überraschen." Mariah lächelte nur glücklich. Plötzlich trat sie einen Schnritt näher auf ihn zu, wodurch Harry heftig zusammenzuckte. Was hatte sie vor? Wollte sie ihn etwa doch ... genau wie in seinem Traum...
Doch stattdessen umarmte sie ihn stürmisch und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
Harry atmete erleichtert aus und ihm fiel auch auf, dass ihm sehr warm und sein Gesicht knallrot wurde. Fast schon erschrocken, löste sich Mariah wieder von ihm und sah ihn bedauernd an. Was war nur über sie gekommen?
"Entschuldigung, aber ich freue mich wirklich sehr über dein Geschenk", sagte sie und errötete ebenfalls etwas. Nun schwiegen beide verlegen.
"Kommt ihr heut noch?", hörten sie Fred plötzlich rufen und zuckten zusammen. Die beiden holten schnell ihre Besen und liefen mit dem restlichen Team aufs Quidditchfeld. Die ganze Schule war mal wieder gekommen, um dieses Spiel zu sehen. Die Gryffindorspieler stellten sich auf und warteten angespannt auf das Ravenclawteam. Mariah trat näher an Harry heran.
"Nochmal danke für dein Geschenk. Das wird mir bestimmt sehr viel Glück bringen", flüsterte sie. Harry nickte, sah ihr aber nicht ins Gesicht. In Gedanken fühlte er immer noch ihre warmen,weichen Lippen auf seiner Wange.
Mein Gott, sie hat mich doch nur auf die Wange und nicht auf den Mund geküsst, schaltete er sich selbst, doch dann fiel seine Aufmerksamkeit aber auf Cho, die mit ihrem Team nun direkt vor ihm stand. Harry und Roger Davies, der Teamkapitän von Ravenclaw, gaben sich die Hände, dann stiegen die Spieler - inklusive Madame Hooch - in die Lüfte und der Startpfiff zum Spiel ertönte.
Sofort schnappte sich Angelina Johnson den Quaffel und raste auf die gegnerischen Torstangen zu.
Es war mal wieder Lee Jordan, der dieses Spiel kommentierte.
"Nun haben wir endlich wieder ein Quidditchmatch! Gryffindor spielt heute mal wieder sehr vielversprechend! Die süße Angelina ist im Ballbesitz, oh das war knapp! Diesem Klatscher konnte sie gerade noch ausweichen! Hey, Jungs, so ein schönes Mädchen greift man nicht an!"
"Jordan! Könnten Sie sich Ihre persönlichen Äusserungen Miss Johnson gegenüber vielleicht für nach dem Spiel aufheben!", ermahnte Professor McGonagall. Jordan wurde rot und nickte.
"Ähm, Johnson nähert sich den Toren! Holla, die Ravenclawjäger stellen sich in ihre Bahn! Johnson gibt weiter an - nein! Boot blockt ab und schnappt sich den Quaffel!"
Terry Boot raste auf das Tor der Gryffindors zu. Mariah drückte nervös ihre Hände um den Stil ihres Feuerblitzes. Gleich würde es soweit sein! Terry hob den Quaffel und warf ihn mit voller Wucht auf das Tor zu. Mariah machte eine gekonnte Bewegung und hielt den Quaffel.
"Unglaublich! Gryffindors neue Hüterin Mariah McKay hat den Quaffel gehalten! Sie gibt weiter an Spinnet! Diese gibt an Bell ab! Mach das Tor, Katje! JAAAA! Zehn zu null für Gryffindor!"
Die Gryffindors jubelten regelrecht um die Wette. Umso mehr Buhrufe kamen von den anderen Häusern. So ging es über eine halbe Stunde weiter. Der Quaffel wurde zwischen den Jägern hin und her geworfen, zwei nachtschwarze, gefährliche Klatscher drohten die Köpfe der Spieler zu bombardieren und Jordans Stimme wurde langsam heiser.
"Es steht hundertvierzig zu null für Gryffindor! Nun wird es aber spannend, liebe Zuschauer! Wenn Cho Chang den Schnatz jetzt fängt, erringt ihr Team den Sieg! Also streng dich an, Harry Potter!"
Und ob Harry versuchte, sich anzustrengen. Er blickte wie ein Adler durch die Luft auf der Suche nach dem goldenen Etwas. Da! Der Schnatz war nur vier Meter neben der dritten Torstange der Gryffindors! Auch Cho bemerkte es und flog wie Harry in einem Affenzahn auf die fliegende Kugel zu. Sie jagten sie mehrere Runden um das Feld und flogen fast nebeneinander. Nun war Harry nah genug, um nach dem Schnatz zu greifen. Er streckte gerade seine Hand aus, als er plötzlich Cedrics Leiche und die weinende Cho vor seinem inneren Auge sah. Dadurch wurde ihm schwindelig und er zog seine Hand wieder zurück. Als sein Kopf wieder klarer wurde, konnte er gerade noch einer hohen Tribüne ausweichen, gegen die er beinahe geflogen wäre. Er sah sich um. Der Schnatz war verschwunden und auch Cho schien ihn aus den Augen verloren zu haben. Sie flog weiter nach oben, um ihn zu suchen. Harry hielt sich inzwischen die Stirn, die ganz warm war.
"Ist alles okay, Harry?" Harry drehte sich um und entdeckte Mariah die neben ihm flog.
"Mariah! Geh sofort zu deinem Posten zurück!", rief er aufgebracht doch Mariah rührte sich nicht.
"Ich weiß zwar nicht, was eben in dir vorging, aber bitte konzentriere dich! Du hast Cho doch ein gutes Spiel versprochen!", sagte sie. Ohne es sich erklären zu können, fühlte sich Harry auf einmal wieder besser. Sein Schwindelgefühl verschwand und er nickte.
"Oh nein! Kapitän Davies rast auf das Tor zu!", brüllte Jordan aufgeregt.
Mariah drehte sich erschrocken um. Sie sah sich suchend um und entdeckte Alicia Spinnet.
"Alicia, flieg mit Angelina und Katje zu den Ravenclawtoren!", befahl Mariah.
"Aber -", fing Alicia an.
"Vertraut mir!", bat Mariah. Alicia nickte, rief die Mädchen zusammen und flog mit ihnen zu den Toren.
"Und du holst dir endlich den Schnatz!", rief Mariah Harry noch zu, als sie eilig zu ihrem Posten zurückflog. Harry entdeckte den Schnatz genau sechs Meter vor ihm und jagte ihn erneut mit Cho.
Mariah flog so schnell, als wenn es um ihr Leben ginge. Wenn Cho jetzt den Schnatz fangen würde, würde Ravenclaw zwar auch ohne dieses Tor gewinnen, doch Mariah musste diesen Quaffel einfach davon abhalten ins Tor zu schießen! Roger Davies holte zum Wurf aus und schmetterte den Quaffel
auf das Tor zu. Mariah streckte ihren Arm aus, schlug den riesigen Ball zurück und ließ ihn quer über das gesamte Quidditchfeld auf die gegenüberliegenden Tore zurasen.
"Beim Barte Merlins, so etwas hat es hier ja noch nie gegeben! Dieses Mädchen hat vielleicht eine Kraft! Und Angelina fängt den Quaffel und setzt zum Wurf an! Oh je, da kommt ein Klatscher! Wow, abgewehrt von Fred – oder ... ist das George - ach ist ja auch schnuppe! Jedenfalls wirft Johnson uuuund ... TOOOR für Gryffindor!"
Obwohl Harry sehr erpicht darauf war, den Schnatz zu jagen, hatte er den grandiosen Schmetterwurf von Mariah gesehen und war sichtlich beeindruckt. Doch nun musste er sich auf den Schnatz konzentrieren. Mariah hatte den Quaffel nur sehr knapp aufgehalten und wenn die Ravenclaws jetzt doch ein Tor schaffen würden und Cho den Schnatz zuerst bekommen würde, müsste Gryffindor verlieren. Er beugte sich weiter nach vorne, um seinen Besen zu beschleunigen. Cho wurde ebenfalls schneller und flog nun direkt neben Harry. Der Schnatz war nur noch zwei Meter von ihnen entfernt.
"Beide Sucher sind dem Schnatz gleichnahe! Gott, ist das nervenzerfetzend! Auch die Ravenclaws versuchen erneut, ein Tor zu wagen! Oh nein, McKay wurde von einem Klatscher abgelenkt und der Quaffel ist drin! Hundertfünfzig zu zehn für Gryffindor! Jetzt geht es ums Ganze! Der Schnatz ist den Händen der Sucher bald ausgeliefert! Uuuuuuund - ach herrje, was ist denn das?"
Harry und Cho hatten ihre Hände nach dem Schnatz ausgestreckt und jeder hatte nun einen der goldenen Flügel im Griff. Verwundert sahen sich die beiden Sucher an.
"Das ist ja unbeschreiblich! Harry Potter und Cho Chang haben den Schnatz gleichzeitig gefangen! Also, so ein Spiel ist ja legendär! Somit steht es dreihundert zu hundertsechzig für Gryffindor! Gryffindor hat gesiegt!"
Ohrenbetäubende Jubelschreie hallten von den Gryffindors. Die Slytherins und Ravenclaws hingegen buhten, was das Zeug hielt. Mariah flog gutgelaunt zu Harry und Cho, die noch immer die Flügel des Schnatzes festhielten.
"Ihr ward super, ihr beiden! Das war ganz schön knapp!", sagte Mariah und grinste. Cho grinste zurück und sah Harry an.
"Danke, dass du dein eines Versprechen halten konntest, Glückwunsch!", sagte sie und flog zu ihren Mitspielern aus Ravenclaw. Mariah stutzte und wunderte sich, was Cho damit wohl gemeint haben könnte. Doch diese Gedanken wurden durch Harrys Stimme fortgewischt.
"Dein Schlag vorhin war einfach brilliant! Den Ravenclaws ist richtig die Spucke weggeblieben."
Mariah wurde rot und murmelte ein leises 'Danke'. Sie landeten kurz darauf und gingen unter großem Jubel zurück in ihr Umkleidezelt. Dort wurden sie bereits von allen Gryffindorschülern und von Laura freudig begrüßt.
"Ihr ward einfach großartig!", "Mann, war das ein Schlag!", "So werden wir Slytherin bestimmt schlagen!", hörte man aus der ganzen Horde. Sie gingen erst heraus, als Harry mit einer Trainingspfeife einen schrillen Ton erzeugte und die Gryffindors bat das Zelt zu verlassen, da sich das Team gerne umziehen wollte. Etwas beleidigt taten sie ihm den Gefallen.
Mariah saß auf ihrem Bett und bürstete sich die Haare. In denen war haufenweise Konfetti, den Fred und George erstmal über sie geschüttet hatten, weil sie so gut gespielt hatte. Als sie ihre Haare davon befreit hatte, zog sie sich noch schnell einen frischen roten Pullover und einen knielangen schwarzen Rock an. Die Tür des Schlafsaales ging auf und Hermione kam herein.
"Das Festessen beginnt gleich, kommst du?", fragte sie.
"Ja, ich komme", antwortete Mariah und holte ihren Schnatzanhänger hervor, der unter dem Kragen ihres Pullovers gerutscht war.
"Wow, ist der schön! Ist das ein Geburtstagsgeschenk von jemandem?", wollte Hermione wissen.
"Hm, von Harry."
Hermione wurde blass und ließ ein fast stummes Keuchen ertönen.
"Er hat es mir vor dem Quidditchspiel gegeben", erzählte Mariah und wurde gegen ihren Willen rot. Sie erinnerte sich auch wie sie Harry für dieses Geschenk 'gedankt' hatte. Sie überkam plötzlich eine Angst, dass Harry diesen Wangenkuss vielleicht als eklig empfunden haben könnte.
"Willst du da anwachsen?", rief Hermione nun viel barscher von der Tür aus. Mariah war ein bisschen überrascht von Hermiones plötzlichem lauten Ton, stand aber auf und ging mit ihr nach unten in den Gemeinschaftsraum. Dort warteten Harry und Ron auf sie und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zur Großen Halle. Als sie dort ankamen, öffnete Mariah ihren Mund vor Begeisterung.
Die ganze Halle war für Halloween extra festlich geschmückt worden. Von der Decke herab hingen hunderte von riesigen Kürbissen und hüllten die schwebenden Kerzen ein. Pechschwarze Fledermäuse flogen herum und rissen dem ein oder anderem Schüler das Essen aus der Hand. Das Fest hatte also gerade begonnen. Mariah entdeckte Laura, die schon am Gryffindortisch saß und setze sich mit den anderen zu ihr. Auf dem Tisch standen die besten Köstlichkeiten und die Freunde nahmen sich von jedem etwas. Nur Hermione aß kaum etwas und das machte Mariah und Laura stutzig. Ob sie vielleicht eine Diät hielt?
"Warum isst du nichts?", fragte Mariah schließlich.
"Wusstet ihr, dass hier Hauselfen dieses Essen zubereiten?", brachte Hermione als Gegenfrage.
"Ja, wir haben sogar - autsch!" Mariah hatte Laura soeben gegen das Schienbein getreten und sah sie böse an.
"Ähm, hab mir auf die Zunge gebissen! Ja, ich hab schon mal einen in unserem Gemeinschaftsraum gesehen, als ich mal früh aufgestanden bin!", antwortete Laura hastig. Beinahe wär ihr rausgerutscht, dass sie und Mariah einen der Hauselfen persönlich kannten.
"Isst du deshalb nichts?", fragte Mariah.
"Lass sie mal, sonst fängt sie wieder mit diesem Belferkram an", sagte Ron gelangweilt.
"Belfer?", fragten Mariah und Laura stutzig.
"Es heißt nicht Belfer! Es heißt B.Elfe.R. Bund für Elfenrechte!", zischte Hermione aufgebracht.
"Du kämpfst für Elfenrechte?", fragte Mariah mit gequältem Lächeln. Hermione nickte.
"Ja, vor allem gegen ihre schlechte Behandlung und für ihre Freiheit."
"Nimm's mir nicht übel, Hermione ", begann Laura, "aber ich glaube das nützt nichts. Es gibt schon Hauselfen, die frei sein und sich gegen ihre Herrscher zur Wehr setzen wollen, doch das sind gerademal eins von einer Million. Sie sind seit ihrer Geburt davon besessen zu arbeiten und werden von deinem kleinen Verein bestimmt nicht davon wachgerüttelt." Nun trat zwischen den Freunden ein großes Schweigen ein. Hermione wurde rot und senkte beleidigt ihren Kopf.
"Hast doch keine Ahnung", konnte Laura sie murmeln hören.
"Ist euch schon aufgefallen, dass Remus nicht da ist?", fragte Harry. Die anderen drehten sich zum Lehrertisch und entdeckten Professor Lupins leeren Platz.
"Heute ist doch Vollmond. Wahrscheinlich sitzt er in seinem Büro und führt seelenruhig die Verwandlung zum Werwolf durch", sagte Laura gedämpft. Harry, Ron und Hermione sahen sie überrascht an. Woher wusste Elisha davon, dass Remus Lupin ein Werwolf war?
"Ach, einige Slytherins haben mir davon erzählt!", nuschelte Laura nervös.
Harry sah besorgt nach oben zur der verzauberten Decke. Die Sterne leuchteten grell und keine einzige Wolke verdeckte den prallen Vollmond. Selbst mit Hilfe des Wolfsbann-Trankes würde dies keine gute Nacht für Remus werden.
Just in diesem Moment ertönte ein Nackenhaar erzitterndes, schauriges Heulen durch das ganze Schloss und ließ die Schüler und Lehrer zusammenzucken. Harry sah erschrocken zu Ron und Hermione. Die hatten die gleiche Gewissheit wie er. Das war eindeutig Remus gewesen, dessen Heulen sie noch von ihrem dritten Schuljahr in Erinnerung hatten. Viele Schüler schrien erschrocken auf. Anscheinend hatten sie auch begriffen, wer da soeben geheult hatte.
"RUHE!", rief Professor Dumbledore und wie gewünscht verstummten die Schüler.
"Bitte verfallt nicht in Panik, sucht eure Vertrauensschüler auf und kehrt in eure Gemeinschaftsräume zurück!", rief er. Die Schüler gehorchten und verließen in vier großen
Gruppen zügig die Halle.
Harry überlegte. War Remus wirklich außer Kontrolle geraten? War Sirius, der mit Sicherheit bei ihm war, in Gefahr? War irgendwas mit dem Wolfsbann-Trank schiefgelaufen? Er sah noch einmal verstohlen zum Lehrertisch und hoffte, auf Snapes Gesicht den Ausdruck von Vergnügen oder Genugtuung zu finden. Doch der sah ebenfalls sehr überrascht aus.
Harry lief mit den restlichen Gryffindors schnurstracks zum Portrait der fetten Dame in rosa. Als sie dort ankamen, gingen zwei Slytherinmädchen an ihnen vorbei und kicherten. Hermione drehte sich gereizt zu ihnen um.
"Geht in euren Gemeinschaftsraum!", befahl sie. Die Mädchen streckten ihr die Zunge raus und gingen an Mariah vorbei.
"War ein guter Schubs von dir. Hoffentlich wird sie von dem Werwolf ein wenig angeknabbert. Dann haben wir Draco wieder für uns. Ich weiß echt nicht, weshalb er seine ganze Aufmerksamkeit wegen dieser Blaine verschwendet hat", flüsterte die eine schadenfroh.
Mariahs Miene erstarrte. Hatten diese Mädchen Laura etwa was angetan? Lag sie jetzt wohlmöglich bewusstlos in irgendeinem Korridor? Mariah fackelte nicht lange und lief in die Richtung, aus der die Mädchen gekommen waren. Harry und Ron bemerkten dies.
"Wo will sie denn auf einmal hin?", fragte Ron.
"Keine Ahnung! Komm schnell hinterher!", sagte Harry und zog Ron mit sich mit.
"Autsch!", zischte Laura und hielt sich den Hinterkopf, wo sie eine dicke Beule fühlte. Sie blinzelte und fand sich in einem dunklen Korridor wieder. Langsam erinnerte sie sich. Sie war mit den Slytherins auf den Weg zum Gemeinschaftsraum gewesen und war von fremden Händen zur Seite geschubst worden. Ihr Hinterkopf war gegen die Wand geprallt und ihr war schwarz vor Augen geworden.
Das war bestimmt eine von diesen Malfoy-Kriecherinnen, dachte Laura wütend. Langsam stand sie auf. Sie taumelte leicht und lehnte sich an die kalte Steinwand.
Plötzlich ertönte ein gefährliches Knurren hinter ihr. Kalter Schweiß lief über Lauras Stirn und mit einem ängstlichen Schlucken drehte sie sich um.
Ein zotteliger, graubrauner Wolf stand vor ihr und knurrte sie an. Sein Fell stand ab und Speichel lief zwischen seinen gefletschten Zähne aus dem Maul. Laura lief ein paar Schritte rückwärts und stolperte zu Boden. Das Tier rannte auf sie zu und sprang. Doch Laura hob blitzschnell ihren Arm und ließ die Bestie mitten in der Luft erstarren. Plötzlich fielen ihre Augen in traumähnlicher Trance. Sie wurden heller und leuchteten. Auch ihre Haut schimmerte auf einmal taghell. Hellgrüne verschnörkelte Zeichen erschienen auf ihrem Gesicht und leuchteten ebenfalls. Der Wolf erwachte langsam aus der Erstarrung und sackte mit geschlossenen Augen zu Boden. Sein Kopf lag nun auf Lauras Schoß. Diese legte ihre Hände um diesen und in wenigen Sekunden verwandelte sich der Wolf wieder in Professor Lupin zurück.
In genau diesem Moment tauchten Professor Dumbledore und die restlichen Lehrer samt Sirius in der Hundeform am Ende des Korridors auf. Auch am anderen Ende des Ganges war Fußgetrappel zu hören und Laura entdeckte dort Mariah, Harry und Ron. Alle Beteiligten starrten überrascht auf Laura und Remus, dessen Kopf immer noch beweglos auf ihrem Schoß lag. Dumbledore kam langsam auf sie zu. Er und die anderen entdeckten gerade noch die seltsamen Zeichen auf Lauras Gesicht bevor diese verschwanden.
"Ist alles in Ordnung mit Ihnen?", fragte Dumbledore. Laura nickte.
"Was haben Sie hier zu suchen, McKay, Potter und Weasley?", fragte Professor McGonagall wütend.
"Äh ...", konnten Harry und Ron nur herausbringen. Sie wussten eigentlich gar nicht, weshalb sie mit Mariah hierher gerannt waren und diese schaute nur zu Laura und sagte gar nichts.
"Für jeden von Ihnen fünf Punkte Abzug für Gryffindor und jetzt ab zu Ihrem Gemeinschaftsraum,
aber dalli!" Harry und seine beiden Freunde gehorchten und verschwanden.
"Mobilcorpus!", sagte Dumbledore und ließ Remus' schlaffen Körper in der Luft schweben. Laura stand anmutig auf und bemerkte, wie sie von den restlichen Lehrern scharf beobachtet wurde. Vor allem Snape, Mrs Figg und Sirius konnten ihre misstrauischen Blicke nicht von ihr abwenden.
"Ich bitte Sie, morgen in meinem Büro zu erscheinen", sagte Dumbledore freundlich. Laura nickte.
"Gut, bitte gehen Sie zu Ihrem Gemeinschaftsraum zurück." Erneut nickte Laura und entfernte sich. Kurz bevor sie um die Ecke des Korridors ging, fühlte sie immer noch die Blicke der Erwachsenen, die wie Messer in ihren Rücken einstachen.
