10. Weiß wie Schnee

"Ah, endlich fertig!", sagte Laura zufrieden und legte ihre Bürste auf die Ablage des Waschbeckens. Sie sah in den Spiegel und freute sich über ihr vollendetes Werk. Sie hatte über eine Stunde im Bad gesessen, um sich für den Weihnachtsball vorzubereiten.

Ihre Haare hatte sie sich nach oben gesteckt und einige Strähnen hingen ihr an den Seiten ihres Gesichtes herunter. Außer einem zart rosa Lippenstift hatte sie zum Schminken nichts gebraucht. Trotzdem hätte man sie bestimmt nicht so schnell wiedererkannt.

Früher hatte sie Leute immer gehasst, die sich andauernd so aufbrezelten, doch jetzt fühlte sie sich so eigentlich sehr wohl. Besonders gemütlich war ihr eng anliegendes dunkelblaues Kleid, das hinten sehr lang war, aber trotzdem nicht schmutzig werden konnte.

Nun erhob Laura sich und ging in den Schlafsaal. Sie setzte sich auf ihr Bett und nahm eine große rote Tüte von ihrem Nachttisch. Sie kramte in dieser herum und holte einen Schokofrosch heraus. Diese Tüte voller Süßigkeiten hatten ihr Mariah und die anderen geschenkt. Laura hätte ihnen auch gerne etwas zu Weihnachten geschenkt, doch ihre Mutter hatte ihr gerademal soviel Geld hinterlassen, dass es gerade noch für Lauras und Mariahs Leben reichte.

Gott sei Dank hatte es Harry und seinen Freunden nichts ausgemacht.

Laura schaute aus einem der Kerkerfenster raus und lächelte während sie ihren Schokofrosch herunterschluckte.

Feiner Schnee rieselte vom Himmel. Schon seit einer Woche schneite es ununterbrochen. Heute und in den letzten Tagen war Laura mit ihren Freunden sehr oft draußen gewesen und hatte mit ihnen eine Schneeballschlacht gemacht. Laura liebte den Schnee. Für Druiden war er heilig, da er ein Symbol der Unschuld war.

Plötzlich ging die Tür des Schlafsaales auf und Draco kam herein. Er trug einen dunkelgrünen Umhang dessen Schnalle die Form einer Schlange hatte.

Für einen Augenblick musterte er sie mit einem seltsamen Funkeln in den Augen.

"Kommst du?", fragte er. Laura nickte zögernd und legte noch schnell ihren Hermelinumhang um ihre Schultern. Sie ging auf ihn zu und hakte sich bei ihm ein. Gemeinsam gingen sie die Treppe zu ihrem Gemeinschaftsraum runter. Dort waren mehrere Pärchen versammelt, die fast nur die Farben Grün und Schwarz trugen. Nur Pansy fiel mal wieder durch ihr rosa Rüschenkleid auf. Laura entfiel ein kleines Würgegeräusch, als sie dies sah.

"Da geb ich dir vollkommen Recht. War mir sehr peinlich, als ich mit ihr letztes Jahr zum Weihnachtsball gegangen bin", flüsterte Draco amüsiert.

"Wieso bist du dann überhaupt mit ihr hingegangen?", wollte Laura nur all zu gern wissen.

"Tja, um ehrlich zu sein, sie hat mich erpresst. Sie hat mich mal dabei erwischt, wie ich in der Bibliothek sehr interessiert ein Buch über Muggel gelesen habe. Wenn ich nicht mit ihr zum Ball gegangen wäre, hätte sie es meinem Vater erzählt."

Laura staunte nicht schlecht. Er, Draco Malfoy, hatte ein Buch über Muggel gelesen! Und auch noch mit Interesse! Der hatte sich wirklich um mehr als hundertachtzig Grad gedreht. Doch nun kam wieder der Ärger in ihr hoch. Sie selbst wurde von ihm ja auch gerade erpresst und war gezwungen mit ihm zum Weihnachtsball zu gehen.

"Du bist ja auch nicht besser als diese Ziege!", schnaubte sie verächtlich. Draco grinste. Sie hatte gar nicht so Unrecht.

"Ich weiß. Wollen wir nun los?", fragte er und zeigte zum Ausgang.

"Muss wohl", antwortete Laura nur und ließ sich von ihm aus dem Gemeinschaftsraum führen.

Zur selben Zeit war auch Mariah fertiggeworden. Sie saß mit mehreren Mädchen im Bad und kremte sich noch schnell ihr Gesicht mit einer Feuchtigkeitskreme ein. Ihre langen Haare waren

offen und einige Strähnen hatte sie mit dünnen, roten Bändern geflochten. Auch an diesem Abend trug sie wieder ihre goldene Schnatzkette.

"Hast du nicht ein bisschen übertrieben?"

Mariah schaute zur Seite und entdeckte, neben sich stehend, Hermione. Diese trug ein hellblaues, schulterfreies Kleid und ihre Haare hatte sie so zurechtgeschnitten, dass sie nicht mehr abstanden. Mariah bemerkte den seltsamen Blick, den ihr Hermione zuwarf und dass diese auf ihr rotes Kleid starrte. Na ja, dachte Mariah. Vielleicht hatte sie wirklich mit ihrem Outfit übertrieben, denn ihr Kleid hatte an der unteren linken Seite einen Seitenschnitt, der ihr linkes Bein fast bis zur Hüfte enthüllte.

"Pass auf, dass Harry dich nicht für ein Flittchen hält", flüsterte Hermione provozierend scharf. Mariah errötete heftig und sah ihrer Mitschülerin direkt in die haselnussbraunen Augen.

"Wieso sagst du das?", fragte Mariah zitternd.

"Dafür, dass ihr angeblich nur als Freunde zum Ball geht, ziehst du dich ganz schön aufreizend an", fügte Hermione noch hinzu.

"Sag mal, hast du vielleicht irgendein Problem damit, dass Harry mit mir zum Weihnachtsball geht?"

Statt zu antworten ging Hermione aus dem Waschraum. Da Mariah schon fertig war und eine Antwort von Hermione wollte, lief sie ihr hinterher.

"HEY, HIER SIND KEINE JUNGS ERLAUBT!", schrie Hermione auf einmal. Neugierig betrat Mariah den Mädchenschlafsaal und schaute sich um. Sie entdeckte Parvati Patil, die auf einem Stuhl saß. Vor ihr saß ein Junge mit dem Rücken zu ihr. Parvati hatte eine Schere in der Hand und schnippelte an den Haaren des Jungen herum. Als sie Hermiones Aufschrei wahrgenommen hatten, drehten sich beide erschrocken um.

"Was machst du denn hier, Harry?", fragte Hermione überrascht, nachdem sie ihn erkannt hatte.

"Ach, ich habe Parvati nur gebeten, mir die Haare zu schneiden, denn ich habe gehört, dass sie darin sehr begabt ist", antwortete er. "Bist du jetzt fertig?", fragte er Parvati. Sie nickte und strich die lockeren Haare von seinen Schultern. Harry bedankte sich bei ihr und erhob sich.

Erst jetzt bemerkten Mariah und Hermione, dass Harrys Haare viel ordentlicher waren. Sie waren nicht mehr durcheinander und standen auch nicht mehr ab. Damit sah er ja richtig niedlich aus.

Als Harry Mariah erblickte, klappte ihm die Kinnlade herunter. Sprachlos betrachtete er sie von oben bis unten und Mariah entging es nicht, dass sein Blick verdächtig lange an ihrem Seitenausschnitt haftete.

"Boah, Mariah! Du ... siehst toll aus!", konnte er nur sagen. Mariah errötete.

"Danke, du aber auch", gab sie grinsend zu. Nun war es Harry, der rot wurde.

"Dein neuer Haarschnitt steht dir gut."

Harry brauchte ein paar Sekunden, um zu bemerken, dass dies von Hermione gekommen war.

"Oh danke, du hast dir auch die Haare geschnitten, stimmt's?", fragte er. Hermione nickte lächelnd.

"Wollen wir nun los, Harry?", fragte Mariah und nahm ihren weinroten Umhang von ihrem Bett. Harry nickte und griff ebenfalls nach seinem grünen Umhang, der über der Stuhllehne hing. Zusammen verließen sie den Schlafsaal. Enttäuscht sah Hermione ihnen hinterher.

"Was findet er nur so toll an ihr?", wollte sie von Parvati wissen.

"Na ja, sie sieht gut aus, mag Quidditch, hat viel Humor und trägt ein superheißes Kleid, dem kein männliches Hormon der Welt widerstehen kann", antwortete diese unwirsch. Hermione seufzte und sah deprimiert zu Boden. So genau hatte sie es nun auch nicht hören wollen.

"Ich geh auch schon mal, Ron wartet auf mich", sagte sie und legte sich ihren aquamarinblauen Umhang über die nackten Schultern und verschwand aus dem Raum. Im Gemeinschaftsraum blieb sie erschrocken stehen.

"Was zum ...", doch weiter kam sie einfach nicht.

Fast alle Gryffindorjungs starrten Mariah an. Einige von ihnen klopften Harry grinsend auf die Schulter und gratulierten ihm zu seiner schönen Begleitung.

Das war zu viel für Hermione. Sie bemerkte nicht einmal, dass auch sie gerade von einigen Jungs

betrachtet wurde.

"Hey, du siehst schön aus", sagte eine bekannte Stimme neben ihr. Hermione drehte sich zu dieser Person und lächelte.

"Danke, Ron. Du hast dich ja auch ganz schön in Schale geschmissen", gab sie zu und betrachtete ihren Begleiter in seinem dunkelblauen Umhang. Er lächelte verlegen.

"Mariah ist ja auch ein richtiger Hingucker", stellte Ron fest. Hermione nickte grimmig.

"Lass dich dadurch nicht einschüchtern, gehen wir lieber", sagte er und bot ihr seinen Arm an. Hermione hakte sich bei ihm ein und gemeinsam verließen sie mit den restlichen Pärchen den Gemeinschaftsraum.

Die Schüler liefen wie eine Parade durch die Gänge bis sie in der Eingangshalle ankamen und auf das Öffnen der riesigen Türen der Großen Halle warteten.

"Kneif mich mal einer", sagte Harry plötzlich. Mariah, Ron und Hermione sahen ihn verwundert an und folgten seinem Blick. Sie entdeckten Laura bzw. Elisha, die den Arm von Draco mit ihrem verhakte.

"Sie geht mit Malfoy!", murmelte Ron entgeistert.

Mariah war wohl die Einzige, die das völlig kalt ließ.

"Du hast es ja gewusst, nicht?", wurde sie von Harry gefragt und nickte.

"Und du lässt das einfach so durchgehen? Hallo, Mariah! Deine beste Freundin hat Malfoy zum Partner!", sagte Ron, als ob Mariah dies nicht kapieren würde.

"Ich weiß, dass das Malfoy ist! Ich habe noch keine Identitätskrise!", zischte sie ärgerlich. Missmutig betrachtete sie die beiden Slytherins. Laura tat dies ja nur, damit Malfoy seine Klappe hielt. Doch Mariah kam der zerfressende Gedanke, dass da noch was anderes dahintersteckte.

Endlich ging die Tür der Großen Halle auf und die Schüler stürmten herein. Genau wie letztes Jahr war die Halle weihnachtlich geschmückt und feiner Schnee fiel von der verzauberten Decke herab. Schöne Tische und Stühle standen an den Seiten und vorne am Lehrertisch hatte sich Professor Dumbledore erhoben.

"Willkommen zu unserem Weihnachtsball! Bevor wir mit dem Tanzen beginnen, werden wir erstmal unser Festmahl genießen! Guten Appetit!", rief er gutgelaunt in die Menge.

Die Schüler verstreuten sich und einige Sekunden später hatte jeder einen Stuhl ergattert. Das Essen war an diesem Abend einfach einmalig. Die Hauselfen hatten sich wirklich selbst übertroffen.

Nach genau einer halben Stunde betraten die Schwestern des Schicksals die Halle und stellten sich mit ihren Instrumenten vor dem Lehrertisch auf. Sie fingen kurz darauf an zu spielen und sofort gingen die meisten Pärchen auf die Tanzfläche.

"Ich frage mich, wo Ginny ist. Ich habe sie heute kaum gesehen", sagte Ron besorgt. Mariah schaute sich um. Stimmt! Weder Ginny noch Dean waren zu sehen. Ob den beiden die 'Offenbarung' wohl doch zu riskant war?

"Schenkst du mir diesen Tanz?", fragte Ron Hermione und streckte ihr seine Hand entgegen. Sie zögerte zuerst, nahm diese dann aber doch und verschwand mit Ron in der Schülermenge.

"Läuft doch ganz gut zwischen den beiden", meinte Harry. Mariah nickte und schlug ihre Beine übereinander. Plötzlich wurde Harry knallrot und wandte seinen Blick von ihr ab. Mariah sah ihn stutzig an.

"Was ist denn?", fragte sie.

"D-deine Beine ...", stotterte er. Mariah runzelte die Stirn und ließ ihren Blick zu ihren Beinen gleiten. Sie erschrak und errötete ebenfalls heftig. Da sie ihr linkes Bein auf das andere gelegt hatte, war ihr Kleid leicht verrutscht und ihr gesamter Oberschenkel war nun sehr gut zu sehen. Ruckartig stellte sie ihre Beine so hin, dass sie beide wieder vom Kleid bedeckt waren. Mariah sah verlegen zu Harry. Ein peinliches Schweigen trat ein.

"Äh ... sorry", konnte Mariah nur hervorbringen. Harrys Gesicht war immer noch ziegelrot.

Gott, ist das peinlich, dachte Mariah verzweifelt. Warum hatte sie nur ihre Beine übereinander geschlagen? Na gut, früher hatte sie bei ihrem Adoptivvater immer so sitzen müssen, weil er es gemocht hatte, aber das war doch schon lange her! Nervös spielte sie mit ihrer Schnatzkette.

Beim Barte Merlins, sie hat vielleicht schöne Beine, ging es Harry währenddessen durch den Kopf. Gott, was dachte er da nur? Sie war doch seine beste Freundin! Aber eben ... da hatte er sie zum ersten Mal als eine junge Frau und nicht als kumpelhafte Freundin gesehen. Irgendwie erinnerte ihn diese Szene hier an damals im Fuchsbau, wo Hermione mit diesem knappen Nachthemd in Rons Zimmer gekommen war. Doch dies hatte ihn nur wenig interessiert im Gegensatz zu Ron. Bei Mariah war jedoch alles anders. Schon damals, als er sie zum ersten Mal im Quidditchladen gesehen hatte, hatte er sie wunderschön gefunden. Die beiden hatten sich von Anfang an perfekt verstanden und Streitereien gab es eigentlich nie. Plötzlich wurde er durch Mariahs Stimme aus seinen Gedanken gerissen.

"Äh sag mal, wie stehst du eigentlich zu Hermione?", fragte sie ohne ihn anzusehen. Harry betrachtete sie verdutzt. Was sollte das denn jetzt?

"Na ja, sie gehört seit ich hier nach Hogwarts gehe zu meinen besten Freunden. Wieso fragst du?"

"Ach nur so! Ich glaube nämlich, sie hat was dagegen, dass du mich zum Weihnachtsball eingeladen hast."

"Ach was, wahrscheinlich ist sie nur ein wenig eingeschnappt, weil ich wegen deiner damaligen Nachtwanderung auf deiner Seite stand", sagte er unwirsch. Mariahs Blick spiegelte Ungläubigkeit. Sie fühlte, dass dies nicht wirklich der wahre Grund sein konnte.

"Wollen wir es auch mal versuchen?", fragte sie Harry unerwartet und nickte zur Tanzfläche. Harry schaute sie entgeistert an.

"Äh ... muss das sein?", fragte er und rückte mit seinem Stuhl weiter nach hinten. Mariah stand auf und packte ihn am Arm.

"Ja, muss es! Du hast mich eingeladen, also drück dich jetzt nicht!", sagte sie energisch und zog ihn von seinem Stuhl.

"Ich kann das doch gar nicht!", quengelte er und versuchte, sich loszureißen.

"Ach natürlich! Wenn Parvati noch laufen kann, wird es ja wohl nicht so schlimm gewesen sein!", konterte sie. Harry stöhnte genervt auf. Parvati hatte also überall herumposaunt, wie sie es gefunden hatte, mit ihm zum Weihnachtsball zu gehen. Mit Sicherheit wusste nun jedes Mädchen von Hogwarts davon. Da ihm zu seinem Unglück keine Ausrede mehr einfiel, ließ er sich von Mariah auf die Tanzfläche zerren. Sie wandte sich ihm zu, nahm seine Hand und legte ihre linke auf seine Schulter. Harry legte seine rechte Hand zögerlich auf ihre Hüfte. Er sah unsicher in ihre Augen. Sie erwiderte dies mit einem Grinsen. Plötzlich schlug die Musik zu einem romantischen Lied mit leichtem Schwung um. Reflexartig bewegten sich die beiden Freunde zu dieser Melodie. Sie, vor allem Mariah, führten viele elegante und schnelle Drehungen durch. Einige Paare beendeten sogar ihren eigenen Tanz um den beiden Gryffindors zuzusehen.

Harry hatte langsam so richtig Spaß daran mit Mariah zu tanzen. Auch sie lächelte die ganze Zeit und sah ihm während des Tanzes fast immer in die smaragdgrünen Augen. Durch dieses Lächeln hatte Harry irgendwie das Gefühl, dass sein Herz dem Schmelzen nah war. Was machte sie an diesem Abend nur mit ihm?

Nach über acht Minuten war die Musik zu Ende und voller Erschöpfung beendeten Harry und Mariah ihren Tanz.

"Puuh, na siehst du? War doch nicht so schlimm, wie du gedacht hast, oder?", fragte sie ihn keuchend. Harry nickte und erst jetzt bemerkte er, dass fast alle Schüler und Lehrer die beiden voller Interesse anstarrten. Sofort entdeckte Harry Remus, der ihn vielsagend angrinste. Er war schon seit einigen Wochen aus dem Krankenflügel raus. Harry stöhnte innerlich. Er musste sich an Sirius Anschuldigungen nach dem damaligen Wettfliegen erinnern. Seitdem hatten die beiden selten miteinander gesprochen. Harry war einfach sehr wütend darüber gewesen, dass Sirius ihm auf so unverschämte Art hinterherspionierte und sich auch noch in die Freundschaft mit Mariah einmischte.

Etwas peinlich berührt durch diese ungewollte Aufmerksamkeit gingen Harry und Mariah an ihren Mitschülern vorbei und setzten sich zurück an ihren Tisch.

"Hast du bemerkt, dass die uns die ganze Zeit zugeschaut haben?", fragte Mariah Harry.

"Nö. Boah, hab ich einen Durst! Soll ich dir auch ein Butterbier mitbringen?" Mariah nickte dankend und sah Harry hinterher, der zum Tisch mit dem Butterbierfass ging.

"Na, neidisch?"

Laura zuckte zusammen. Sie war gerade so in Gedanken gewesen da sie Mariah und Harry beim Tanzen beobachtet hatte. Sie brauchte erst einige Sekunden, um zu registrieren, dass diese Worte von Draco gekommen waren.

"Äh, wie bitte?", fragte sie verwirrt. Draco grinste.

"Es sah so aus, als ob du auch gerne tanzen möchtest", sagte er amüsiert.

"Vielleicht, aber mit dir ganz bestimmt nicht!", antwortete sie schnippisch.

"Vergiss nicht, dass wir eine Vereinbarung haben", wurde sie von Draco scharf erinnert.

"Vom Tanzen inklusive war aber nie die Rede gewesen!", protestierte sie empört.

"Na gut, bitte entschuldige mich. Ich gehe mal kurz zu unserem Hauslehrer, um mich ein bisschen mit ihm zu unterhalten."

"Also gut, aber wehe, wenn ich deine Finger dort entdecke, wo sie nicht hingehören", warnte sie ihn. Sie stand auf und ging mit eleganten Schritten auf die Tanzfläche. Draco grinste erneut zufrieden und folgte ihr. Dieses Mal spielten die Schwestern des Schicksals ein keltisches Lied, das am Anfang sehr ernst und traurig klang.

Passt ja perfekt, dachte Laura zweideutig. Sie und Draco stellten sich in Pose und begannen ihren Tanz. Ihre Gesichter waren ernst und ohne jede erkennbare Emotion. Während des Tanzes schweifte Lauras Blick kurz zum Lehrertisch. Sie erblickte ihren Vater und zog überrascht eine Augenbraue hoch. Snape starrte die beiden Slytherins wütend an und fixierte vor allem Draco sehr scharf. Dieser Blick war vielleicht mörderisch! Nur warum sollte Snape ausgerechnet seinen Lieblingsschüler so anstarren? Laura hätte ja verstanden, wenn dieser Blick nur ihr gewidmet wäre, aber Draco! Urplötzlich trafen sich die Blicke von Laura und Snape. Anstatt wie damals am ersten September, wandte Snape seinen Blick nicht von ihr ab, sondern sah ihr misstrauisch und beschwörend in die Augen. Laura wurde leicht blass und drehte ihren Kopf in die entgegengesetzte Richtung. Draco sah sie verwundert an, da er bemerkt hatte, dass sie eben sehr angespannt gewirkt hatte.

"Alles in Ordnung?", fragte er mit leichter Sorge in der Stimme.

"Hm", murmelte Laura mit einem Nicken. Doch Draco gab sich mit dieser Antwort nicht zufrieden und schaute ebenfalls zum Lehrertisch. Auch er traf Snapes Blick, hielt dem aber stand. Nun wusste Draco warum Laura auf einmal so nervös war und setzte sich plötzlich in den Kopf, Snape ein wenig zu ärgern. Völlig unerwartet zog er Laura näher an sich ran. Sie sah überrascht zu ihm hoch. Als er sie angrinste, verstand sie, was er damit bezweckte und grinste ebenfalls. In den nächsten Minuten tanzten sie sehr eng aneinander. Beim letzten Ablauf der Melodie beugte sich Laura elegant nach hinten und Draco hielt sie sanft an der Hüfte fest. Laura störte dies, trotz ihrer Warnung, seltsamerweise nicht. Nachdem sie ihren Tanz beendet hatten, schauten beide zu Snape. Der sah inzwischen miesepetrig auf seinen Teller und zerquetschte gerade eine Kartoffel mit seiner Gabel. Schadenfroh grinsten die beiden Slytherins und setzten sich wieder auf ihre Stühle.

Mariah hatte diese Aktion beobachtet und musste bei dem Anblick von Snapes griesgrämigem Gesicht herzhaft kichern.

Harry, der im selben Augenblick mit zwei Butterbieren zurückkam, bemerkte dies.

"Was ist denn so lustig? Ich möchte auch mitlachen."

"Ach nichts!", antwortete Mariah und trank einen kleinen Schluck von ihrem Butterbier. Plötzlich setzte sich Hermione zu ihnen und fächelte sich mit ihrer Hand Luft zu.

"Bist ja ganz schön aus der Puste. Wo hast du denn Ron gelassen?", wurde sie von Harry gefragt.

"Das wüsste ich auch gerne. Wir wollten uns gerade wieder zu euch setzen, da hat er plötzlich völlig entgeistert zum Eingang geschaut und ist aus der Halle gerannt", erzählte sie und starrte sehnsüchtig auf die Butterbiere von Harry und Mariah. Die beiden schauten sich inzwischen irritiert an. Plötzlich kam Mariah ein Gedanke.

"Oh, oh ...", murmelte sie beunruhigt. Harry sah sie fragend an.

"Äh, entschuldigt mich mal bitte kurz. Hermione, du kannst mein Butterbier ruhig haben, du liegst mit dem Kopf ja schon auf der Tischplatte", nuschelte Mariah in Rekordschnelle und rannte aus der Halle.

Ron rannte eilig durch die Gänge. Das, was er vorhin gesehen hatte, war bestimmt keine Einbildung gewesen. Als er mit Hermione wieder zu Harry und Mariah gehen wollte, hatte er seine kleine Schwester Ginny Händchen haltend mit Dean Thomas vor der Großen Halle gesehen. Hatten die beiden etwa was miteinander? Er bog gerade in den nächsten Gang, als er plötzlich abrupt stehen blieb. In diesem Gang waren Dean und Ginny, die mit ihrem Rücken an einer Steinsäule lehnte. Sie trug ein, mit Perlen geschmücktes, gelbes Kleid. Ihre Haare waren mit roten Blüten verziert und hingen in einem geflochtenen Zopf über ihrer linken Schulter. Direkt vor ihr stand Dean, der einen blauen Umhang trug. Ihre Gesichter kamen sich immer näher und Ginny schloss ihre Augen.

Wütend stampfte Ron auf das Pärchen zu und riss Dean am Kragen von Ginny weg. Diese öffnete erschrocken ihre Augen.

"WAS FÄLLT DIR EIGENTLICH EIN, GINNY SO NAHE ZU KOMMEN?", brüllte Ron Dean direkt ins Gesicht.

"Ron, bitte lass ihn los!", bat Ginny ihren Bruder und zerrte an seinem Arm. Ron sah sie verständnislos an.

"Ginny, ich bin ja froh, dass du Harry nicht mehr hinterherläufst. Aber dass du dich gleich dem Nächstbesten an den Hals wirfst, hätt ich nicht von dir gedacht", sagte er. Ginny sah ihn ungläubig an, holte aus und gab ihrem Bruder eine saftige Ohrfeige. Dadurch war Ron gezwungen Dean loszulassen und sich an die brennende Wange zu fassen.

"SAG MAL, SPINNST DU! ICH LIEBE DEAN WIRKLICH UND WERFE MICH IHM NICHT AN DEN HALS!", schrie Ginny Ron an. Dean starrte sie überrascht an. Sie hatte ihm schon vor einiger Zeit gestanden, dass sie ihn mochte. Doch, dass sie ihn ernsthaft liebte, hatte sie noch nie ausgesprochen.

"Ginny ...", begann Ron doch sie unterbrach ihn.

"Ich-ich bin nicht mehr deine kleine Ginny, für die du immer den Babysitter spielen musst! Ich bin bereits vierzehn und kann auf mich selbst aufpassen! Ich werde mich deinetwegen bestimmt nicht von Dean trennen, damit du es weißt", sagte sie, nahm Deans Hand und verließ mit ihm den Korridor. Ron blieb einfach nur stehen und rieb sich seine schmerzende Wange. Er erschrak, als er eine Hand auf seiner Schulter spürte und drehte sich um. Hinter ihm stand Mariah.

"Geht's?", fragte sie ihn besorgt. Ron, immer noch etwas überrascht, nickte wehmütig.

"Hast du alles gesehen?", murmelte er.

"Ja. Davon gewusst habe ich aber schon seit einigen Wochen." Ron sah sie erschrocken und empört zugleich an.

"Ich habe ihr geschworen, nichts zu verraten", sagte Mariah zu ihrer eigenen Verteidigung. Ron betrachtete sie immer noch scharf, bevor er seinen Blick wieder senkte.

"Was hast du eigentlich dagegen, dass sie mit Dean zusammen ist?", wollte Mariah wissen.

"Gegen Dean habe ich ja eigentlich nichts. Aber weißt du ... Ginny und ich haben uns immer sehr nahe gestanden. Immer wenn wir Probleme hatten, haben wir uns sofort gegenseitig geholfen und getröstet. Doch als sie sich in Harry verliebt hatte, entfernte sie sich immer mehr von mir. Ich wusste sofort, dass es zwischen den beiden nie mehr geben würde als Freundschaft und wartete fast vier Jahre lang ab, bis Ginny Harry endlich aufgeben würde. Am Anfang des fünften Schuljahres

schien sich diese Hoffnung endlich zu erfüllen, doch statt wieder zueinander zufinden, entzweiten wir uns nur noch mehr. Und jetzt ... scheint sich schon wieder jemand für Harry entschieden zu haben, der mir sehr am Herzen liegt", erzählte er trocken.

Mariah überlegte kurz, bis ihr die unglaubliche Erkenntnis kam.

"I-ist hier etwa von Hermione die Rede?" Ron nickte.

"Aber ... das heißt ja, dass sie in Harry verliebt ist!" Ron nickte erneut und trat vor Wut gegen die Steinsäule, an der sich Ginny noch vor einigen Minuten angelehnt hatte.

"JA, UND DAS SCHON SEIT ENDE DES VIERTEN SCHULJAHRES!", raunte er. Mariah musste dadurch leicht zusammenzucken. Ron beachtete dies nicht und fuhr fort.

"Als Harry damals während der dritten Aufgabe des Trimagischen Tunieres verschwunden war, hatte sich Hermione nicht mehr eingekriegt und war in Tränen ausgebrochen. Und während er die letzten Schultage im Krankenflügel verbrachte, hat sie mir gestanden, dass sie sich in ihn verliebt hat. Das ... war ein Schock für mich."

Mariah sah ihn bedauernd an. Was musste das für ein Gefühl sein, wenn sich alle Menschen, die man liebt, von einem abwenden und sich für den eigenen besten Freund entscheiden?

"Harry scheint das alles gar nicht wahrzunehmen", stellte sie fest.

"Genau deswegen bin ich ja nicht wütend auf ihn. Blöderweise versucht er, Hermione und mich zu verkuppeln. Ich hoffe nur, dass sie ihm bald ihre Gefühle gesteht", sagte Ron. Mariah sah ihn stirnrunzelnd an.

"Hä, wieso das denn? Wenn du Pech hast, erwidert er ihre Gefühle vielleicht."

"Ich dachte, du kennst Harry. Ich weiß, er empfindet nur Freundschaft für sie und würde es auch nie weiterkommen lassen", sagte Ron voller Überzeugung.

"Ich hätte es schon längst merken müssen. Deshalb war Hermione in letzter Zeit so komisch zu

mir - weil ich mich so gut mit Harry verstehe!", sagte Mariah und schlug sich gegen die Stirn. Ron musste dadurch grinsen.

"Du begreifst aber schnell!", lachte er. Mariah gab ihm einen Stoß in die Seite.

"Sag Harry aber bitte nicht, dass Hermione in ihn verliebt ist, ja? Sonst würde er sich meinetwegen nur Vorwürfe machen", bat sie der Rotschopf. Mariah nickte.

"Wirst du Ginny und Dean nun deinen Segen geben?", fragte sie ihn.

"Ja, aber zuerst möchte ich mit Dean reden ... und mich bei Ginny wegen vorhin entschuldigen", sagte er leise. Mariah bemerkte, dass Rons Wange immer noch sehr gerötet war. Sie hob ihre Hand und legte sie darauf. Ron sah überrascht zu ihr und fühlte, dass ihre Hand eiskalt wurde und der Schmerz auf seiner Wange nachließ. Mariah zog ihre Hand wieder zurück und grinste. Ron tastete nach seiner Wange, die nun überhaupt nicht mehr schmerzte.

"Danke", sagte er zu ihr. Sie lächelte. Zusammen gingen sie in die Große Halle zurück und setzten sich zu Harry und Hermione, die den beiden ebenfalls noch ein Butterbier besorgt hatten.

"Wo ward ihr denn?", wollte Harry wissen.

"Na ja, ich habe gerade erfahren, dass meine Schwester mit Dean Thomas zusammen ist", antwortete Ron. Harry verschluckte sich an seinem Butterbier und Hermione stieß sich mit ihrem rechten Fuß an einem der Tischbeine.

"Was?"

"Ja, ich wollte es ja auch erst nicht glauben", sagte Ron grinsend. Harry kriegte seine Luftröhre wieder frei und sah ahnend zu Mariah.

"Bestimmt hast du mal wieder davon gewusst und bist ihm vorhin nachgelaufen, um Schlimmeres zu verhindern."

"Gut geraten", antwortete Mariah und grinste genauso wie Ron.

"ARGH!", zischte Harry plötzlich und schlug sich gegen die Stirn. Seine Freunde wendeten ihm ihre Gesichter zu.

"Was hast du?", fragte Mariah ihren besten Freund.

"Schmerzen!", keuchte er.

"Ist es immer noch nicht besser?", kam es von Hermione. "Er hat schon seit ihr verschwunden seid

höllische Kopf- und Narbenschmerzen", erklärte sie, da Ron und Mariah sie fragend ansahen.

"Du solltest lieber ins Bett oder in den Krankenflügel gehen", schlug Ron vor und half Harry beim Aufstehen.

"Ich begleite ihn lieber", sagte Mariah und nahm Harry bei der Hand. Zusammen verließen beide die Große Halle.

"Potter scheint nicht mehr ganz so fit zu sein", sagte Draco amüsiert. Da er keine Antwort von Laura erhielt, drehte er sich zu ihr. Sie sah auch nicht gerade gut aus. Sie hielt krampfhaft ihren linken Unterarm fest und zitterte leicht.

"Was ist? Hast du Schmerzen?" Laura nickte.

"D-der Dunkle Lord ruft uns", antwortete sie stockend. Dracos Gesicht nahm den Ausdruck von leichtem Schock an. Er sah zum Lehrertisch und bemerkte, dass Snape ebenfalls so aussah, als ob er Schmerzen hätte.

"Komm, ich bring dich in den Gemeinschaftsraum. Nicht, dass du mir hier umfällst", sagte er und zog sie behutsam von ihrem Stuhl weg.

"Heißt das, dass du mich für heute gehen lässt?"

"Davon träumst du wohl", gab er zurück. Laura schnaubte verärgert und machte sich mit ihm auf den Weg zu ihrem Gemeinschaftsraum. Unterwegs wurde der Schmerz in ihrem Arm so unerträglich, dass sie anfing zu taumeln. Draco hielt sie noch rechtzeitig fest und hob sie so hoch, dass er sie nun auf beiden Händen trug.

"Hey, lass mich runter!", befahl sie ihm.

"Wenn du in diesem Zustand gerne zum Gemeinschaftsraum krabbeln willst", konterte er. Darauf konnte Laura nichts erwidern.

"Du bist wirklich komisch. Meistens bist du ein richtiges Ekel, doch in letzter Zeit bist du immer so anders", flüsterte sie langsam.

"Tja, ich kann eben gut schauspielern", behauptete Draco und zog sie mit einem Ruck weiter zu sich hoch, da sie beinahe aus seinen Händen gerutscht wäre.

"Von welcher Seite her meinst du das?", wollte sie wissen.

"Such es dir ruhig aus." Wegen dieser Antwort musste Laura unbewusst lächeln. Nach zirka acht Minuten betrat Draco mit ihr den Gemeinschaftsraum der Slytherins. Er trug sie die Treppe zum Jungenschlafsaal hoch und setzte sie behutsam auf ihr Bett ab.

"Danke", sagte sie zu ihm. Seltsamerweise setzte sich Draco direkt neben sie.

"So, also erzähl es mir", sagte er und sah sie eindringlich an.

"Äh, was meinst du?", fragte Laura völlig irritiert.

"Ich möchte gerne wissen, warum du die Todesser verraten hast. Wenn ich schon für dich und Riddle die Klappe halte, dann möchte ich doch wenigstens wissen, warum ihr abgehauen seid", antwortete er ernst. Laura starrte ihn ungläubig an. Ausgerechnet ihm sollte sie ihre Gründe erzählen?

"Hmm ... na gut, wenn du mich dann endlich in Ruhe lässt ..."

Mariah musste Harry schon bald stützen, damit er nicht zusammenklappte. Sie waren noch ein Stockwerk von ihrem Gemeinschaftsraum entfernt.

"Harry, ich versteh das nicht. Vorhin ging es dir doch noch richtig gut - AUTSCH!" Mariah kniff ihre Augen vor Schmerz zu. Sie spürte, dass ihr Mal höllisch ziepte und brannte.

"Was ist?", keuchte Harry, dem mittlerweile der Schweiß über die Stirn lief.

"Ni-nichts! Komm, wir haben's gleich geschafft", sagte sie und ging mit ihm weiter. Plötzlich rutschte Harrys Arm von ihrer Schulter und er fiel ohne eine weitere Bewegung zu Boden. Mariah

starrte entgeistert zu ihm herunter.

"HARRY! Oh Gott, hörst du mich?", rief sie, beugte sich zu ihm runter und erschrak erneut, als sie nach seiner Stirn tastete. Er hatte hohes Fieber! Sie musste ihn unbedingt zum Gemeinschaftsraum bringen, dachte sie panisch. Wegen ihrem schmerzenden Arm hatte sie nämlich nicht genug Kraft, um ihn noch in den Krankenflügel zu befördern. Sie wollte gerade einen Schwebezauber aussprechen, als plötzlich ein kleiner Junge um die Ecke kam. Es war Daniel Fudge.

"Was ist denn hier los?", fragte er Mariah, beugte sich zu Harry runter und tastete nach dessen Stirn.

"Seine Stirn glüht ja! Soll ich dir helfen ihn in den Krankenflügel zu bringen?", fragte Daniel.

"Nein, lass mal, ich bring ihn sowieso nur zum Gemeinschaftsraum. Dort werde ich mich dann um ihn kümmern", sagte sie abwimmelnd. Daniel nickte, stand auf und verließ den Korridor. Mariah fiel in dem Augenblick ein, dass sie Daniel ja noch nie richtig hatte sprechen hören. Seine Stimme hatte sich so erwachsen angehört, aber auch irgendwie niedlich. Doch für so was hatte sie jetzt keine Zeit!

"Mobilcorpus!", murmelte sie und nun schwebte Harry neben ihr. Sie nahm ihn erneut an der Hand und zog ihn so zum Portrait der fetten Dame.

Rückblick am 10. Juli 1995:

CRASCH!

Laura zuckte zusammen und rannte in die Küche. Dort hockte ihre Mutter auf dem Boden und hob die Scherben eines ehemaligen Tellers auf. Laura beugte sich herunter, um ihr beim Aufsammeln zu helfen.

"Mum, das ist heute schon der fünfte Teller! Ich habe keine Lust in Zukunft vom Boden zu essen!"

"Entschuldigung, ich bin heute nur sehr müde", sagte Lara. Laura glaubte ihr nicht so recht, sagte aber nichts.

"Am besten geh ich schnell zu dem Muggelmarkt in der Nähe und besorge uns ein paar neue Teller", sagte sie und griff nach ihrem schwarzen Reiseumhang. Völlig unerwartet wurde sie von hinten von ihrer Mutter festgehalten.

"NEIN! Bitte geh nicht nach draußen!", flehte Lara.

"Mum, ich weiß, ich soll auf der Hut vor den Todessern sein, aber der Muggelmarkt ist doch praktisch nebenan", versuchte Laura sie zu besänftigen. Doch Lara verstärkte ihren Griff noch mehr.

"Nein, wenn du jetzt rausgehst ... dann ..."

"Was dann? Was ist heute nur mit dir los?", wollte Laura unbedingt wissen. Plötzlich klopfte jemand gegen die Tür. Lara fuhr erschrocken zusammen. Sie packte Laura an den Schultern und drehte sie zu sich.

"Laura, ich bitte dich! Du musst mit Mariah so schnell wie möglich nach Hogwarts!" Das Klopfen an der Tür wurde lauter.

"Wa-warum?", fragte Laura vollkommen konfus.

"Geht dorthin und sucht einen Weg den Dunklen Lord endgültig zu besiegen!" Nun wurde das Klopfen so stark, dass die Tür darunter erzitterte.

"Schnell, versteck dich im Schlafzimmer! Und egal was du hörst, sei um alles in der Welt leise und überlebe!" Laura bekam es langsam mit der Angst zu tun.

"Aber ...", fing sie an.

"VERSTECK DICH!", befahl Lara. Laura gehorchte und rannte ins Schlafzimmer ihrer Mutter. Gerade als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, krachte es. So wie es sich anhörte, hatte der 'Besucher' die Tür eingeschlagen. Laura hielt den Atem an.

"Es ist ganz schön unhöflich seinem Gast nicht die Tür zu öffnen." Laura erbleichte. Diese kalte Stimme gehörte Lucius Malfoy. Was wollte der schon wieder hier?

"Es ist sichtlich noch unhöflicher anderen Leuten die Tür aufzubrechen! Außerdem bist du kein

Gast!", gab Lara wütend zurück.

"Oho, wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich nicht mehr solche großen Töne spucken", sagte er bedrohlich leise.

"Ah, also bist du es wirklich, der diesen Auftrag an mir ausführen soll."

"Könnte sein. Du bist heute ja sehr selbstbewusst. Denkst wohl, dass Severus hier gleich reinschneit und dich rettet, oder was?" Diesmal schwieg Lara.

"Tse tse, du wartest also immer noch auf ihn, auf diesen Verräter. Wo ist eigentlich deine süße Tochter?" Laura zuckte zusammen. Was wollte Lucius von ihr?

"Keine Ahnung", antwortete Lara trocken.

"Ach komm, ich bin mir sicher, du weißt es. Tu mir doch noch den Gefallen und gib mir das, was mir zusteht."

"Dir zusteht! Pah, da muss ich ja glockenhell lachen! Du wirst Laura niemals bekommen!"

"Oh doch, Lara. Ich werde sie bekommen. Du wirst mir ja bald nicht mehr im Wege stehen."

"Du vergisst eins, sie ist auch ein Teil von Severus! Deswegen wird sie für dich immer unerreichbar sein!"

"SCHWEIG!", schrie Lucius.

"Du wirst sie lieben und hassen, umarmen und töten wollen! Irgendwann steht sie dir im Kampf gegenüber und dann wirst du dies einsehen!", sagte Lara und wurde mit jedem Wort lauter.

"AVADA KEDAVRA!" Ein lautes Sirren erklang, giftgrüne Lichtstrahlen schienen durch die Türritzen des Nebenraumes und eine Person viel stumm zu Boden.

Laura wagte es nicht, sich zu bewegen, nicht einmal zu zittern. Sie hatte Angst zu erfahren, wer da soeben zu Boden gefallen war. Langsam erhob sie sich und öffnete die Tür. Nun wusste sie es. Auf dem kalten Boden lag ihre Mutter. Diese bewegte sich nicht mehr, atmete nicht mehr, lebte nicht mehr. Über ihr gebeugt stand Lucius Malfoy mit erhobenem Zauberstab. Er sah auf und entdeckte Laura. Eine Zeit des Schweigens trat ein. Laura war gerade noch imstande zu überlegen. Sie musste überleben, überleben, um der Bitte ihrer Mutter zu folgen.

"Vielen Dank, ich dachte schon, ich müsste mir an ihr die Hände schmutzig machen", sagte sie kalt und starrte auf die Leiche, die nun vor ihren Füßen lag. Lucius musterte sie überrascht.

"Ich wollte sie ebenfalls um die Ecke bringen. Ich hätte es auch gerne früher getan, doch sie sollte mir ja noch die besten Druidenzauber beibringen", fügte sie ohne Hemmung hinzu.

"Du bist also auf unserer Seite?", fragte Lucius misstrauisch. Laura nickte, ohne von der Leiche ihrer Mutter aufzusehen. Plötzlich kam Lucius auf sie zu, packte ihr Kinn und drückte ihren Kopf so hoch, dass sie ihm in die Augen sehen musste. Laura versuchte, ihre Angst vor ihm so gut wie möglich zu verbergen. Lucius war ihrem Gesicht nur wenige Zentimeter entfernt und sah direkt in ihre dunkelgrünen Augen.

"Hmm ... du hast eindeutig die Augen deiner Mutter ... doch diesen dunklen Blick ... hast du von ihm. Deine Augen sind undefinierbar, doch man sieht dir an, dass du die dunklen Künste anwenden möchtest. Deshalb muss ich dir wohl glauben", flüsterte er und ließ sie los. Sie rieb sich vorsichtig das Kinn.

"Was für eine überraschende Wendung. In drei Tagen ist das nächste Treffen. Ich erwarte dich und die anderen Todesser in Malfoy Manor", sagte er. Laura nickte mit einem bösen Grinsen. Lucius lächelte kalt und verließ das Haus.

Laura schaute lange auf die Stelle, wo er gestanden hatte. Plötzlich zitterten ihre Mundwinkel. Stumme Tränen liefen über ihre Wangen. Ihre Knie knickten ein. Sie sank zu Boden und hockte nun vor dem toten Körper ihrer Mutter.

"Es ... tut ... mir so Leid ...", murmelte sie und drückte ihre Mutter ganz fest an sich.

"ES TUT MIR SO LEID! DAS EBEN WAR GELOGEN! ALLES GELOGEN!", schrie sie und schluchzte in Laras lange, schwarze Haare. Endlos viele Tränen vergoss sie. Zwei volle Tage lang saß sie einfach nur dort, presste ihre Mutter fest an sich ... und weinte...

Ende vom Rückblick!

Draco saß einfach nur stumm da und starrte vor sich hin. Er musste erstmal alles verkraften, was ihm dieses Mädchen soeben erzählt hatte. Er selbst wusste, dass sein Vater schon viele Menschen getötet hatte. Doch es aus der Sicht einer anderen Person zu hören ... war einfach unbeschreiblich.

"Was ist? Du sagst ja gar nichts", murmelte Laura. Draco hob seinen Blick und betrachtete sie.

"Ja, dein Vater hat meine Mutter auf dem Gewissen." Nun sah sie ihm ins Gesicht.

"Deshalb ... deshalb hasse ich dich und deine gesamte Familie. Du wolltest das wohl nur alles hören, damit du mich angeblich besser verstehen würdest. Aber du wirst mich niemals verstehen. Für dich ist das Wort Liebe doch nur ein Fremdwort. Wie solltest du dann jemanden verstehen, der den liebsten Menschen in seinem Leben verloren hat?"

Diese Worte klangen für Draco, als ob sie ihm diese gerade ins Ohr geschrien hätte. Plötzlich packte er sie hart an den Oberarmen.

"FASS MICH NICHT AN!", schrie sie und versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien. Doch er umfasste mit der einen Hand ihr Gesicht, zog sie zu sich und küsste sie.

Zu Tode erschrocken riss Laura ihre Augen auf. Ihr Mund war vor Schreck leicht geöffnet und so konnte seine Zunge darin hinein wandern. Laura wehrte sich und versuchte, ihn wegzudrücken. Doch je mehr sie dies versuchte, desto mehr vertiefte er den Kuss. Langsam gab sie es auf sich zu wehren. Diese zuerst kalten Lippen auf den ihrigen wurden immer wärmer und hüllten ihr trauerndes Herz nun in vollkommender Geborgenheit und Wärme ein. Zärtlich strich Dracos Zunge an ihrer und zu ihrer eigenen und seiner Überraschung fing sie scheu an auf diese Zärtlichkeiten einzugehen und den Kuss zu erwidern.

Dracos Herz machte einen Hüpfer und er drückte sie fest an sich. Seine Hand wanderte zu ihren schwarzen Haaren und löste so den Haarknoten. Ihre Haare fielen offen über ihre Schultern. Sie wiederum legte ihre Hände auf seine Brust, wodurch Draco auf einmal zusammenzuckte und sich von ihr löste. Laura brauchte einige Sekunden um ihre Augen, die sie während des Kusses geschlossen hatte, wieder zu öffnen. Sprachlos starrte sie den blonden Jungen vor ihr an und konnte noch gar nicht richtig glauben, was da soeben passiert war. Auf einmal legte Draco seine Arme um sie und drückte sie erneut fest an sich. Hatte er etwa immer noch nicht genug?

"Was ... ich dir jetzt erzähle ... habe ich noch nie jemand anderem erzählt. Ich werde es dir nur einmal sagen, also ... hör mir bitte ohne Unterbrechung zu", bat er sie ohne seine Umarmung zu lockern. Laura sagte nichts und wartete neugierig darauf, was sie jetzt wohl hören würde.

"Vie-vielleicht hast du ja Recht. Wahrscheinlich kann ich dich wirklich nicht verstehen. Denn die Person, die mir immer am wichtigsten war, lebt. Aber ich hatte immer Angst, dass dies bald nicht mehr der Fall sein würde. Ob du mir glaubst oder nicht, ich habe meinen Vater mein ganzes Leben lang verabscheut. Auch er brachte mir nie familiäre Gefühle entgegen. Einmal sagte er zu mir, ich wäre nur geboren worden, um sein Erbe anzutreten und der schwarzen Magie zu dienen. Ich war von dieser Magie schon fasziniert, wollte ihr aber nicht dienen. Deshalb sträubte ich mich und wurde zur Strafe von meinem Vater andauernd eingesperrt, verflucht und geschlagen. Er wollte mich auf diese Weise auch härten. Auch meine Mutter blieb von seinen Misshandlungen nicht verschont. Doch anstatt ihn zu verlassen, blieb sie und ließ alles über sich ergehen. Ich vermute sie hat dies aus Angst oder aus blinder Liebe getan. Eines Nachts brachte er das Fass zum Überlaufen. Ich war damals acht Jahre alt. Er kam betrunken nach Hause, stürmte ins Schlafzimmer und verprügelte und vergewaltigte meine Mutter. Danach kam er in mein Zimmer. Er zog seinen Gehstock mit dem Schlangenkopf hervor, schlug damit auf mich ein und rammte es mir schließlich mitten in die Brust."

Draco stoppte kurz und ließ Laura los. Sie starrte ihn mit aufgerissenen Augen an. Plötzlich befreite sich Draco von seinem Umhang und knöpfte langsam seine Robe auf. Laura erschrak. Was hatte er nun vor?

"Das hier ... ist davon übrig geblieben", flüsterte er und streifte seine Robe von seiner Brust. Laura entfiel ein spitzer Schrei. Auf Dracos Brust war eine riesige Narbe. Die Haut drumherum war stark gerötet.

"Wie-wie hast du das überlebt?", fragte sie ihn entsetzt.

"Einige Hauselfen haben mich noch schnell ins St. Mungo-Hospital gebracht. Dort wurde ich noch ganz knapp gerettet. Mein Vater wurde am nächsten Tag ins Ministerium gerufen und zur Rede gestellt. Er behauptete mir diese Verletzungen nicht zugefügt zu haben. Stattdessen brachte er einen der Hauselfen, die mich gerettet hatten, mit. Ihn verdächtigte mein Vater und das Ministerium war natürlich derselben Ansicht. Kurz darauf wurde der Hauself hingerichtet und die Geschichte war gegessen. Als ich nach Hogwarts kam, dachte ich, es würde alles besser werden. Doch ich hatte mich getäuscht. Überall liefen Schlammblüter, Muggelfreunde und Aurorensprösslinge herum. Mein Vater hatte es mir ins Gedächtnis eingehämmert, diese wie Dreck zu behandeln. Ich war gezwungen dies zu tun und mein Hass auf Potter machte mir dies auch sehr leicht. Denn weißt du, er und ich, wir sind uns sehr ähnlich. Ich habe herausgefunden, dass er bei Muggeln aufgewachsen ist und dort auch nur geschändet wurde. Doch in Hogwarts wurde er verehrt wie ein Heiliger und konnte wirklich alles. Und ich, ich war in Kürze als der fiese Slytherinbengel Draco Malfoy bekannt. Zu allem Überfluss wollte mein Vater auch noch, dass ich Potter in allem übertrumpfe. Somit kam ich ins Quidditchteam und versuchte alles Mögliche, damit er und seine Freunde von der Schule fliegen würden. Tja, leider waren sie mir immer einen Schritt voraus. Jetzt ... wo der Dunkle Lord zurück ist, werde ich wohl bald seinem Todesserring beitreten müssen."

"Wieso hast du nicht wenigstens die Lehrer um Hilfe gebeten?", fragte Laura.

Draco lächelte spöttisch.

"Was hätte das bitte genützt? Erstens, sie hätten mir sicher nicht geglaubt und zweitens hätten sie bestimmt meinen Vater informiert. Der hätte mich dann in null Komma nichts umgebracht. Hier in Slytherin gehören fast alle dem Dunklen Lord an und aus den anderen Häusern vertraut mir sowieso keiner." Nun schwieg er und knöpfte seine Robe wieder zu. Laura fühlte sich, als ob ein riesiger Kloß in ihrem Hals stecken würde. Draco war also sein Leben lang dazu gezwungen worden so ein Ekel zu sein. Ihr ging vor allem der Anblick von seiner Narbe nicht mehr aus dem Kopf.

"Jetzt verstehe ich einiges. Aber ... wieso hast du mich vorhin geküsst und erzählst mir das alles?", fragte sie mit rotem Gesicht. Draco schwieg und starrte ins Leere. Nach über einer Minute sah er auf und schaute in ihre Augen.

"Weil ich dich liebe."

Harry hörte ein bösartiges Kichern. Er blinzelte und öffnete seine Augen. Er hob seinen Kopf und erstarrte. Um ihn herum stand eine Horde von Todessern und lachte ihn aus. Harry suchte nach einer Chance zu fliehen, doch es war aussichtslos. Plötzlich ertönte ein hohes Lachen und Harry drehte sich erschrocken um. Vor ihm stand sein Erzfeind ... Lord Voldemort. Dieser schaute irre grinsend auf den Jungen herab. Erst jetzt bemerkte Harry, dass neben dem schwarzen Magier eine weitere Person stand. Voldemort hatte seinen Arm um diese Person gelegt. Er fasste nach deren Kapuze und begann sie herunterzuziehen...

"HARRY! HÖRST DU MICH?"

Harry riss seine Augen auf. Er schloss diese sofort wieder, da ihn ein Kaminfeuer blendete. Er öffnete seine Augen erneut. Über ihm gebeugt war Mariah und Harry begriff, dass er mit seinem Kopf auf ihrem Schoß lag. Auf seiner schmerzenden Stirn fühlte er ein nasses, kühles Handtuch.

"Wie geht es dir, Harry?", fragte Mariah besorgt. Harry setzte sich langsam auf und nahm das Tuch von seiner Stirn.

"Wo bin ich?", fragte er.

"Im Gemeinschaftsraum. Du bist unterwegs zusammengebrochen", erklärte sie ihm.

"Ja, ich erinnere mich. Meine Narbe hat gebrannt wie Feuer und ich glaubte, mein Kopf würde gleich explodieren", murmelte er geistesabwesend.

"Hast du eben ... von Voldemort geträumt?", fragte sie vorsichtig.

Harry schaute wütend drein und nickte.

"Am besten gehst du jetzt ins Bett. Wenn du willst, kannst du mir morgen alles in Ruhe erzählen",

sagte sie lächelnd. Harry sah sie an.

Schon wieder hatte er dieses warme kribbelnde Gefühl in seinem Herz.

"Danke."

"Gern geschehen. Hast du noch Fieber?", fragte sie und legte ihre Hand auf seine Stirn.

Sofort schoss Harry das Blut ins Gesicht und ein heftiges Schwindelgefühl drohte ihm erneut zur Ohnmacht zu verhelfen.

"Mein Gott, dein Gesicht glüht ja richtig!", stellte Mariah erschrocken fest. Völlig unerwartet griff Harry nach ihrem Handgelenk. Langsam zog er ihre Hand von seiner Stirn nach unten und drückte seine Lippen zart gegen ihre Handfläche. Mariah war vollkommen erschrocken und starrte ihn sprachlos an. Harry lächelte und legte ihre Hand nun an seine Wange. Nun wusste Mariah nicht mehr, was sie tat. Sie streichelte seine Wange und er schloss kurz genießerisch die Augen.

Dann sahen sich beide an. Smaragdgrün traf auf Eisgrau. Beide Gesichter kamen sich immer näher und Mariah konnte ihr Spiegelbild in Harrys Brillengläsern erkennen. Ihre Gesichter waren nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt, doch beide überwindeten diese rasch und ihre Lippen fanden sich zu einem süßen und zärtlichen Kuss. Ihre Münder umschlossen sich sanft und liebevoll. Es war, als wären zwei verschollene Puzzlestücke zusammengesetzt worden.

Mariahs Hand, die zuvor seine Wange gestreichelt hatte, war nun auf seiner Schulter. Er hob wiederum seine rechte Hand und strich mit dieser durch ihre weichen Haare.

Harry hatte das Gefühl, er würde wahnsinnig werden. Mariahs Lippen brannten wie Feuer auf den seinigen. Dieses Gefühl wollte er sein Leben lang spüren. Er wurde mutiger, indem er sanft über ihre warmen, weichen Lippen leckte und so um Einlass bat. In diesem Moment löste sich Mariah hastig von ihm und stieß ihn von sich, als ob er ein gefährlicher Parasit wär. Irritiert sah er sie an. Mariah war rot bis zur Unendlichkeit und sie zitterte am ganzen Leib.

"Ha-Harry, ich - ich wollte das nicht - ich -", stotterte sie daher, legte ihre rechte Hand auf den Mund und fing an zu weinen. Harry hob seine rechte Hand um ihr die Tränen wegzuwischen, doch sie schlug seine Hand weg.

"Es ... es tut mir Leid!", nuschelte sie, stand auf und rannte nach oben in ihren Schlafsaal. Harry schaute ihr nur sprachlos hinterher. Noch zehn Minuten lang saß er einfach nur da und dachte nur über eines nach. Warum hatte er sich auf einen Kuss mit Mariah eingelassen? Dieser Kuss ... nun ... war sein erster überhaupt gewesen. Einfach unbeschreiblich!

Plötzlich hörte er, wie jemand durch das Portraitloch kam. Es war Ron, der einen roten Handabdruck auf seiner Wange hatte.

"Hi Harry, wie geht's dir?", fragte dieser.

"Äh ... gut. Woher hast du das denn?", fragte Harry und zeigte auf Rons Wange.

"Oh das? Äh, das ist ein persönliches Autogramm von Hermione. Schick, nicht?"

"Wie? Hermione hat dich geohrfeigt?"

"Ja, so könnte man es auch nennen."

"Hast du sie etwa schon wieder wegen ihrer Hausaufgabe von letzter Woche, bei der sie nur eine Zwei bekommen hat, gehänselt?"

"Ha, ha! Nein, ich habe sie auf dem Weg hierher auf die Wange geküsst."

"Hä? Nur deswegen?", fragte Harry ungläubig.

"Ja, nur deswegen. Danach ist sie abgehauen. Ist sie hier schon reingekommen?"

"Äh, ich glaube nicht", antwortete Harry nervös. Bei der 'Beschäftigung' vorhin hätte er auf so was sowieso nicht geachtet.

"Wo ist denn Mariah? Schon im Bett?", wollte Ron wissen.

"JA!", sagte Harry hastiger als er wollte. Ron sah ihn stutzig an.

"Du scheinst mir sehr nervös zu sein. Ist irgendwas passiert?"

"Äh nein, ich bin nur sehr fertig wegen der Schmerzen von vorhin. Aber jetzt geht's wieder", versicherte Harry.

"Aha, na dann lass uns mal ins Bett gehen", schlug Ron vor und drückte das nasse Handtuch, das Harry vorhin zur Kühlung seiner stechenden Narbe benutzt hatte, gegen seine Wange. Zusammen

gingen die beiden Gryffindors nach oben und legten sich samt Festumhang auf ihre Betten. Kurz darauf fielen sie ins Land der Träume.

"Laura! Bitte mach die Tür auf!" Draco hämmerte gerade gegen die Tür einer Klokabine im Waschraum. Nachdem er Laura seine Liebe gestanden hatte, war sie in den Waschraum gerannt und hatte sich in eine der Kabinen eingeschlossen. Da sie die Tür mit einem guten Schließzauber belegt hatte, konnte Draco diese mit Alohomora nicht öffnen.

"Laura, ich meine es ernst! Ich habe mich in dich verliebt!", rief er.

"HÖR AUF!", schrie sie gequält. Sie wollte und konnte diese Worte nicht mehr hören.

"Was soll ich tun damit du mir glaubst?", fragte er verzweifelt.

"Warum hast du dich ausgerechnet in mich verliebt?", wollte sie plötzlich von ihm wissen. Aus Überraschung schwieg Draco kurz.

"Ich ... zuerst fand ich dich einfach nur wunderschön, doch dann gefiel es mir, dass du so selbstbewusst und anders bist als die anderen Mädchen. Dann machtest du mich neugierig, weil ich schon ahnte, dass du bestimmt nicht aus Amerika kommst. Und damals in der Eulerei, da warst du mir so nahe wie es sonst nur meine Mutter war. Schon seit Jahren höre ich diese Schmerzensschreie, die ich als kleiner Junge wegen meines Vaters rausgelassen habe. Diese Schreie waren plötzlich verstummt, als ich dich umarmt habe. Auch mein Herz lief außer Kontrolle und ich konnte bis heute meine Blicke und Gedanken einfach nicht von dir abwenden. Glaubst du mir jetzt, dass ich dich liebe?", fragte er sie. Da sie keine Antwort gab, lehnte er sich mit dem Rücken an die Kabinentür, rutschte herunter und blieb dort sitzen. Draco war einfach zu erschöpft und so fertig mit den Nerven, dass er seine Augen schloss und einschlief. Auch Laura, die nichtmal mehr in der Lage war, an irgendwas zu denken, sank in sich zusammen und schlief ebenfalls ein.