Tut, mir leid, daß es so lange gedauert hat, aber im Augenblick komme ich leider nicht zum Schreiben. Ich hoffe, es wird in nächster Zeit wieder schneller gehen...
Hecate... Glückwunsch, daß du es bis hierher geschafft hast! *lach* War ja ein Marathon!
Aber nun...:
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Der Plan
Es war schon spät. Die Sonne hatte sich längst hinter den Mindolluin zurückgezogen und die Schleierwolken am Himmel in magentafarbenes Licht getaucht, als Dirkan nach einem anstrengenden Ritt die Weiße Stadt erreichte. Er hatte sich beeilt und war froh, das Stadttor noch vor Einbruch der Dunkelheit zu durchqueren. Jetzt mußte er nur noch Legolas finden. Und zwar schnell, denn den Erzählungen seiner Frau zufolge hing das Leben seiner Tochter davon ab.
Taina's Zustand hatte sich weiter verschlechtert, bevor er losgeritten war, und es schien, als ob die Zeit gegen sie arbeitete. Isarin hatte alles getan, um ihr Fieber zu senken, doch bis dahin ohne Erfolg. Und niemand wußte, wie lange sie noch durchhalten würde.
Nachdem er die Wachen und einige Tore passiert und sein Pferd in die Obhut der Stalljungen übergeben hatte, ging Dirkan auf direktem Weg zum Palast, um dort nach dem Elben zu suchen. Doch was er dort vorfand, war keinesweg, was er erwartet hatte. Denn schon beim Eintritt in das Gebäude vernahm er die Klänge von Musik und lautstarken Unterhaltungen. Etwas äußerst Ungewöhnliches, wie er fand. Es schien ein Fest im Gange zu sein, denn den Geräuschen nach zu urteilen, befanden sich viele Leute im Palast. Sicher gab der König einen Empfang, und da war es wahrscheinlich, daß Legolas ebenfalls dort war.
Als er den Festsaal erreichte, staunte er nicht schlecht über das Bild, das sich ihm darin bot: An einer reichlich gedeckten Tafel saßen und standen etwa dreißig Männer, tranken, aßen und unterhielten sich lautstark, und mittendrin sah er die beiden Hobbits Merry und Pippin. Doch so sehr er sich auch bemühte, er konnte weder von Legolas noch von Aragorn etwas erkennen.
Verwirrt sah er sich weiter um. Es erschien ihm nicht so, als ob dieses ein organisiertes Fest war, denn er sah keine Diener die Tische säumen, wie es normalerweise bei solchen Anlässen der Fall wäre. Im Gegenteil, alles wirkte unbeholfen und durcheinander. Doch die Anwesenden schien das nicht zu stören.
Dirkan trat langsam näher und suchte weiter nach Legolas. Und als er ihn nicht finden konnte, ging er auf Merry zu, der sich ihm in diesem Moment zuwandte.
"Dirkan!" sagte er überrascht. "Welch Freude, Euch hier zu sehen! Wie läuft es in Ithilien?"
"Werter Hobbit," begrüßte Dirkan das kleine Wesen vor ihm und verbeugte sich leicht. "ich habe schlechte Nachrichten. Doch zuvor..." er deutete auf die anderen, "was geht hier vor sich?"
Merry folgte seinem Blick und grinste. "Ach, das hier...? Nun, ein kleines Fest für unsere Freunde aus den Dörfern." erklärte er angeheitert. "Sie wollten den König sprechen und, nun ja,..."
"Wo ist der König?" fragte Dirkan verunsichert, denn allmählich kam ihm die Situation recht seltsam vor. "Und wo ist Legolas? Ich muß ihn sprechen. Dringend."
"Legolas?" wiederholte Merry überrascht. "Ich dachte, er ist bei euch!"
"Nein, er wollte mit Aragorn reden. Deshalb ist er hergekommen."
"Oh." Der Hobbit warf ihm einen fragenden Blick zu. "Hab ihn lange nicht gesehen. Ebensowenig Gimli..." Er schien zu überlegen, dann sagte er ernst. "Ich fürchte, wir haben ein größeres Problem, als wir gedacht haben."
"Ein Problem?" Dirkan fühlte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Das klang nach Ärger.
"Ja," nickte Merry unbehaglich und zog den Südländer weiter weg vom Geschehen. "Aragorn ist verschwunden." sagte er leise. "Und mit ihm offenbar auch Legolas und Gimli."
"Verschwunden..." wiederholte Dirkan beunruhigt. Wenn das wahr war, dann schwanden seine Hoffnungen, Taina helfen zu können, auf ein Minimum. "Seit wann?" brachte er heiser hervor, während er sich in Gedanken ausmalte, was passieren würde, sollte er weder Legolas noch Aragorn zu ihr bringen können.
"Seit zwei Tagen." sagte der Hobbit währenddessen. "Und niemand weiß, wohin sie gegangen sein könnten." Er musterte den großen Menschen neben sich und fragte dann plötzlich, "Aber Ihr sprecht von schlechten Nachrichten, Dirkan... was ist los?"
Dirkan fühlte, wie sich seine Kehle zuschnürte. "Taina ist sehr krank." sagte er ohne Umschweife. "Legolas muß sofort zu ihr kommen. Und am besten der König gleich mit. Wir brauchen seine Heilkunst."
"Krank?" wiederholte Merry entsetzt. "Was hat sie denn?"
Dirkan seufzte. "Die Krankheit aus dem Osten. Rote Punkte und hohes Fieber. Aber das Schlimmste ist..." Er zögerte, doch der auffordernde Blick des Hobbits ließ ihn fortfahren. "Sie ist schwanger..."
"Sie ist... - was?" Auf Merry's Gesicht zeigte sich ein Grinsen, das sofort wieder wich, als ihm die Auswirkungen der gerade gehörten Wort bewußt wurden.
"Dirkan!" stotterte er. "Soll das heißen... ich meine, kann sie, wird sie...?"
Dirkan nickte. "Niemand weiß es sicher, aber diese Krankheit ist unter diesen Umständen für beide lebensbedrohlich. Und daher muß ich Legolas und Aragorn finden."
"Ich verstehe." Merry verzog nachdenklich den Mund und blickte zu den anderen.
Auch Dirkan sah zu der Tafel, an der sich die Männer immer ausgelassener unterhielten und ihr Anliegen, das sie hergeführt hatte, längst vergessen zu haben schienen.
Was sollte er jetzt tun? Auf Legolas' Rückkehr warten, deren Zeitpunkt niemand vorhersagen konnte, oder den Heimweg antreten und hoffen, daß Taina die Krankheit auch ohne die Hilfe der beiden überstehen würde? Er wußte es nicht. Doch die Entscheidung wurde ihm abgenommen, als sich Merry ihm in diesem Moment wieder zuwandte.
"Fahrt nach Hause." sagte er ernst. "Eure Tochter braucht Euch jetzt. Ich werde es Aragorn und Legolas ausrichten, sobald sie wieder zurück sind. Darauf habt Ihr mein Wort."
Dirkan sah ihn an und neigte leicht den Kopf. "Ich danke Euch, werter Hobbit. Dann werde ich mich wieder auf den langen Weg nach Ithilien machen."
Merry nickte. "Ich hoffe, es wird sich alles zum Guten wenden."
"Das hoffe ich auch." Der große Südländer nahm die wenigen Sachen, die er mit sich geführt hatte, wieder auf und wandte sich zum Gehen. "Euch noch viel Glück mit dieser... Feier." sagte er stirnrunzelnd, bevor er sich verneigte und den Festsaal wieder verließ.
***
"Das muß es sein." Legolas zeigte auf die Häuser, die am Hang eines Berges standen und den Wohnsitz des Prinzen von Ithilien darstellten. "Dieses Anwesen gehört Faramir."
"Ah." Gimli warf einen Blick auf die kleinen Gebäude, die um ein größeres Haupthaus herum angeordnet waren, und verzog den Mund. "Nun gut, und da soll ich jetzt reingehen, ja?"
Legolas nickte. "Das ist unser Plan." Er lächelte seinem Zwergenfreund aufmunternd zu und begab sich dann wieder außer Sichtweite hinter den Stamm einer Buche.
"Also schön." murmelte Gimli, während er seine Axt verstaute und entschlossenen Schrittes losstiefelte, nicht ohne sich noch einmal kurz zu dem Elben umzudrehen. "Aber ich rate dir eins, Legolas," begann er drohend, "wenn du mich da hängenläßt, bin ich die längste Zeit dein Freund gewesen!"
"Wenn ich dich da hängenlasse," erwiderte der blonde Elb ernst, "bist du die längste Zeit der Freund von irgendjemandem gewesen!" Er versuchte zu lächeln, doch angesichts der gefährlichen Lage, in der sie sich befanden, mißlang ihm das kläglich.
Wenn er recht hatte, dann schickte er Gimli geradewegs in die Höhle des Löwen. Doch es war die einzige Möglichkeit, herauszufinden, was mit Aragorn geschehen war. Das wußte er, und der Zwerg wußte das ebenfalls.
Legolas seufzte leise, als seine Augen der gedrungenen Gestalt folgten, die sich nun wieder in Bewegung setzte. Er konnte sein leises Fluchen hören, spürte seine Unsicherheit über das Gelingen des Unterfangens, aber sie sahen keinen anderen Weg, als daß einer von ihnen sich Faramir stellen mußte, um den Aufenthaltsort des Königs in Erfahrung zu bringen. Der andere würde in sicherer Entfernung warten, um auf die wahrscheinlichen Schritte zu reagieren, die sich aus der Befragung ergeben würden.
Sie hatten lange darüber diskutiert, wer von ihnen zu dem Fürsten gehen sollte, doch es war schnell klar geworden, daß nur Legolas in der Lage war, jemandem lautlos, schnell und unauffällig zu folgen. Und jetzt wartete er darauf, daß Gimli das Haus erreichte, um Faramir seine Rolle als unwissender Zwerg vorzuspielen.
***
"Aragorn?" wiederholte Faramir überrascht. "Nein, ich hab ihn nicht gesehen. Warum? Wollte er herkommen?"
Gimli kniff bei diesen Worten die Augen zusammen und ihm lag bereits eine boshafte Erwiderung auf der Zunge, doch er schluckte sie herunter und nickte nur.
Dieser Mann machte ihn rasend! Wie konnte jemand nur so ruhig vor ihm stehen, ein Lächeln auf den Lippen, wenn der Rest seines blassen Gesichtes vor Kälte fast schon erfroren war? Kein Wort glaubte er von dem, was er dort hörte. Für Gimli war die Sache klar - Faramir hatte Aragorn. Und wenn er jetzt einen Fehler machte, würde er seinen königlichen Freund wohl nicht mehr wiedersehen.
Er überlegte lange, bevor er zu einer Entgegnung ansetzte. "Er hat sowas erwähnt." sagte er dann versucht ruhig und wartete gespannt, wie sein Gegenüber reagieren würde.
"Ja, das ist schon möglich." sinnierte Faramir nickend. "Sicher wegen der Reformen."
'Sicher wegen der Unruhen.' dachte Gimli mürrisch, doch er rang sich ein Lächeln ab. "Sicher."
"Tja, dann wird er wohl bald ankommen. Dann sollte ich beginnen, alles für einen Empfang vorzubereiten." Der Ton in Faramir's Stimme war dem Zwergen eine Spur zu siegessicher, doch genau das war ja seine Absicht gewesen. Ihn in Sicherheit wiegen, ihm aber dennoch klarmachen, daß Aragorn's Verschwinden bemerkt worden war. Und das hatte Faramir auf jeden Fall verstanden. Nun war es nur noch eine Frage der Zeit, wann er zu Aragorn gehen und dadurch Legolas zeigen würde, wo er den König versteckt hielt.
***
Wo blieb er nur?
Legolas lehnte den Kopf gegen die Buche und versuchte, die Gedanken zu verdrängen, sie sich immer wieder Eintritt in seinen Kopf verschafften, seit er hier saß und auf den Fürsten wartete. Gedanken, die ihn in diesem Moment nicht belasten durften, die ihn daran hindern könnten, seine Aufgabe zu erfüllen und Aragorn zu finden. Doch wenn Faramir nicht bald erschien und ihn wieder in die Realität zurückholte, würde er sich ihrer nicht länger erwehren können.
Er schloß die Augen und sog die kühle Luft ein. Und wieder sah er sie vor sich. Taina. Sie sah ihn an; mal traurig, mal lächelnd, mal wütend, mal ernst, und jedesmal spürte er einen Stich in seinem Herzen. Etwas hatte sich verändert. Tief in seinem Inneren hatte er einsehen müssen, daß sie ihm nie ganz gehören würde. Daß sie ihn jederzeit würde verlassen können, so sehr er sich auch um sie bemühte. Auch wenn er mit ihr reden und sich für sein Verhalten entschuldigen würde. Auch wenn er ihr sagte, daß er sie liebte. Etwas war jetzt anders.
Sein Blick wanderte zu Faramir's Anwesen. Er hatte versucht, es zu verdrängen. Den ganzen Ritt hierher hatte er seine Gedanken auf Aragorn gelenkt, auf sein Vorhaben, ihn zu finden, doch jetzt, während er hier wartete, holte ihn diese Gewißheit erbarmungslos wieder ein. Aber da war noch mehr. Ein Gefühl, das er nicht imstande war zu deuten, ergriff mehr und mehr Besitz von ihm. Ein ungutes Gefühl. Es nagte an ihm, und je mehr er es zu ignorieren suchte, desto stärker wurde es. Und es drängte ihn, so schnell wie möglich nach Ithilien in sein Haus zurückzukehren.
Er mußte mit ihr reden. Er mußte um das kämpfen, das er so mühevoll aufgebaut hatte. Und er mußte es tun, bevor es vielleicht zu spät war und Taina sich vollkommen von ihm abwendete.
Mit einem Ruck stand Legolas auf. Gimli war schon viel zu lange weg. Irgendetwas an ihrem Plan schien fehlgeschlagen zu sein. Er trat hinter der Buche hervor und blickte besorgt zu den Häusern. Alles war ruhig. Weder Faramir noch der Zwerg war zu sehen. Legolas zögerte. War ihm vielleicht etwas entgangen, während er sich mit seinen Gedanken getragen hatte? Oder gab es einen geheimen Fluchtweg aus dem Anwesen? Oder befand sich Aragorn sogar noch im Gebäude und war nicht an einem geheimen Ort weiter entfernt, wie er vermutet hatte? War das der Fall, dann hing das Leben des Königs vielleicht in diesem Moment nur noch an einem seidenen Faden...
Legolas verließ den Schutz der Bäume und schlich sich lautlos zu den Häusern. Seine leisen Schritte blieben vollkommen unbemerkt, als er sich zum Hauptanwesen vorarbeitete, und schließlich in sicherer Entfernung stehenblieb. Und dann, gerade als er sich die Rückfront des Gebäudes betrachten wollte, öffnete sich die Tür und Faramir kam heraus. Er schien es sehr eilig zu haben.
Legolas zögerte kein Sekunde und folgte ihm. Er folgte ihm zum nahegelegenen Hügel, einen schmalen Pfad entlang, bis er weiter oben einen kleinen Eingang ausmachen konnte, in dem der Fürst eilig verschwand. Das war also das Versteck.
Zufrieden drehte er sich um und blickte hinunter zu den Häusern. Jetzt mußte er nur noch Gimli holen.
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