Ich konnte gar nicht so schnell reagieren, wie ich schon von einer klauenbesetzten Hand in die Luft gehoben wurde.
„Woher hast du diesen Geruch?"
Was für eine seltsame Frage. Wonach roch ich denn. Wenn er damit den Geruch von Dämonenhirn meinte, hatte er ja gesehen woher ich den hatte. Unverständlich schaute ich ihm, soweit es mir möglich war, in die Augen. Diese waren wirklich die Extrawergantesten, die ich je gesehen hatte. Golden, wer hatte schon goldene Augen? Aber auch die Striche und der Halbmond in seinem Gesicht ließen nicht gerade darauf schließen, dass er gerne für einen Menschen gehalten werden wollte. Hatte Kagome, nicht mal von so einem Typ erzählt?
„Ich werde meine Frage nicht wiederholen, Weib."
Hätte seine Hand sich nicht in diesem Moment noch etwas fester um meine Kehle gelegt, hätte ich wahrscheinlich schwer geschluckt. Gut versuchen wir es mal mit Kommunikation.
„Mir ist nicht klar, was ihr meint?"
Natürlich sprach ich ihn mit der Höfflichkeitsform an. Was nicht minder darauf zurückzuführen war, dass seine Klauen schon fast meine Haut durchdrangen.
Er schaute mir eindringlich in die Augen und näherte sich mir Zentimeter für Zentimeter. Hätte nicht vor kurzem genannte Klauenhand meine Kehle umschlugen, hätte man wirklich in Betracht ziehen können, dass er vorhatte mich zu küssen. Was aber bei genauerer Betrachtung, nicht in Frage kam. Nach einer Minute, die mir wie eine Stunde vorkam, entfernte er sich wieder von mir. Genau in diesem Moment, erschien ein kleiner, grüner Gnom auf der Lichtung.
„Mein Herr, der Herrscher dieses Waldes ist geflohen, als ich ihm sagte wer nach ihm verlangte. Aber er kann nicht sehr…"
In diesem Moment trafen sich unsere Blicke. Okay, die goldenen Augen waren wohl doch nicht das Maß aller Dinge. Die Glubscher von dem kleinen waren einfach genial. Riesige, gelbe Augen mit schwarzen, schlitzartigen Popillen.
„Was tut ihr da mein Herr?"
Das wollte ich aber auch gerne mal wissen. Besonderes, weil sich langsam ein gewisser Sauerstoffmangel meldete. Just in diesem Moment wurde ich unsanft losgelassen und landete auf meinen vier Buchstaben. Ich verkniff mir einen empörten Schmerzensschrei und rappelte mich schnell wieder auf. Der Brutalo drehte sich zu dem grünen um.
„Ich werde mich später darum kümmern. Gehen wir!"
Bei diesem kurzen und einseitigen Dialog, wollte ich unbemerkt von dannen ziehen, als ich ein bedrohliches Knurren hinter mir vernahm. Wie der Unschuldsengel persönlich, drehte ich mich wieder um.
„Ist noch etwas?"
Ich hatte mein niedlichstes Lächeln aufgesetzt, was mir aber nach schon einer Sekunde wieder verging. Zufällig genau in dem Moment, als ich in seine Augen sah. Seltsam nicht wahr?
„Du wirst mich begleiten, Weib!"
„Wie bitte!"
Kam es mehrstimmig über die Lichtung. Was bildete er sich ein, das konnte er doch nicht einfach so tun. Aber ich war nicht der einigste Überrumpelte. Auch Grüny hatte wohl schwer etwas gegen meine Gesellschaft. Watschelnd lief er zu seinem Herrn. Mir fiel jetzt erst, der für ihn, viel zu große Stab auf. Hatte da jemand einen Komplex?
„Aber mein Herr, ich wurde mich natürlich nie einmischen, aber sie ist ein Mensch was wollt ihr den mit noch einem, außerdem…"
Der eiskalte Blick der ihm zugeworfen wurde, ließ ihn inne halten. Mit Schweißperlen auf der Stirn ließ er sich auf den Boden fallen. Der Gute hatte seine Diener aber wirklich perfekt im Griff. Wäre mir nicht in diesem Moment seine letzte Ansage wieder in den Sinn gekommen, hätte ich fast geschmunzelt. Aber wegen dem mehr als bizarren Befehl, hatte er bei mir alle Freundlichkeitspunkte verloren.
„Moment mal, wieso sollte ich dir folgen?"
Vergessen waren alle Anstandsregeln, bei diesem eingebildeten Individuum. Ich legte meinen bösesten Blick auf, was bei seinem gleichgültigen Gesicht mehr als schwer war.
„Weil ich es gesagt habe und nun komm, Weib."
Bedrohlich ließ er seine Finger knacken, was wohl eine unausgesprochene Drohung sein sollte. Aber im Moment interessierte mich das weniger. Er konnte doch nicht einfach so über mich bestimmen. Ich schloss für einen kurzen Moment meine Augen, dann öffnete ich sie wieder. Ohne ihn weiter anzusehen, drehte ich mich um.
„Nein, ich möchte nicht, aber danke für das Angebot. Bis irgendwann einmal."
Wieder hörte ich dieses Knurren, also der musste irgendetwas von einem Hund haben. Ich blieb nicht stehen, ich setzte meinen Weg einfach weiter fort.
„Jaken geh zum Lager."
Bei der schärfe seiner Stimme machte sich Jaken, ich wusste ja jetzt wie er hieß, schnell auf den Weg. Schon nach wenigen Sekunden, war ich wieder alleine mit Brutalo. Es wäre toll, wenn er sich mal vorgestellt hätte.
Ich war, nun ich weiß eigentlich nicht warum, einfach stehen geblieben. Nun stand ich mit dem Rücken zu ihm. Ich konnte mir gut denken, dass ich ihn wohl gerade schwer beleidigt hatte. Aber was fiel ihm auch ein, ich war doch keine Blume, die man einfach so mitnehmen kann, wenn sie einem gefiel. Ich hörte schon wieder das Knacken seiner Finger.
Im nächsten Moment, hatte er mich schon im Nacken gepackt. Hilflos hing ich in seinem festen Griff. Ich konnte jeden seiner schmalen Finger an meinem Hals spüren. Mein Blut dröhnte mir in den Ohren und ich nahm nicht weiter wahr, als seinen gleichmäßigen ruhigen Atem, so nah war er mir. Mit meinen Zehnspitzen konnte ich noch leicht auf dem Boden stehen.
„Ich werde dir das nur einmal sagen, also hör genau zu. Solltest du dich mir widersetzten, werde ich dich töten."
Zur Untermalung drückte er mit seiner Hand noch etwas fester zu. So das ich spürte wie einer seiner Krallen, ganz langsam einen winzigen Schnitt in meine Haut machte. Ein Tropfen Blut bannte sich seinen Weg meinen Ausschnitt herunter. Hätte ich gewusst, dass ich so blutrünstigen Wesen begegnen würde hätte ich mir sicher etwas nicht so aufreizendes angezogen.
Ich konnte seinen Blick in meinen Ausschnitt genau spüren. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken, als er genüsslich die Spur meines Blutes mit seiner Zunge wegleckte.
„Merk dir meine Warnung, du wirst keine zweite Chance bekommen."
Er hatte es direkt in mein Ohr geflüstert, was die Gänsehaut nur noch verstärkte.
Dennoch ließ er von mir ab. Wie schon das erste Mal fiel ich auf den Boden, was mal wieder ordentlich wehtat. Aber als er Anstallten machte zu gehen, sprang ich schnell auf und eilte ihm nach. Er konnte mir glauben, die Warnung würde ich meinen Lebtag nicht vergessen.
Nach wenigen Metern stieß auch dieses grüne Etwas wieder zu uns. Seine kleinen, stechenden gelben Augen waren auf mich gerichtet. Das ging mir zwar gewaltig auf die Nerven, aber was konnte ich schon tun. Meine Devise war ruhig sein und bei Gelegenheit die Beine in die Hand nehmen. Natürlich war das unrealistisch, aber in Notsituationen neigte man zu Wahnvorstellungen.
Das war doch alles zum heulen. Und ich hatte immer gedacht, ich hätte noch Zeit um mein Testament zu machen. Aber da hatte ich mich wohl geirrt.
Wir liefen weiter durch diesen malerischen Wald. Inzwischen war es Mittag geworden und nur der Schatten der dicht stehenden Bäume, bewarte uns vor den Strahlen der Sonne. Der „große Weiße" wusste wohl wohin er wollte, denn er ging zielstrebig seinen Weg. Ich wiederhole „seinen Weg", dieser führte nämlich durch ein dichtes Dornengestrüpp. Was ganz sicher kein normaler Weg war und leider zur Folge hatte, dass meine Beine in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Dennoch stellte es mich zufrieden, dass auch der kleine sichtlich Probleme mit dem Grünzeug hatte. Das hatte die freudige Folge, dass er sein Blick-Dauerfeuer aufgeben musste, um nicht an jedem Ast hängen zu bleiben. Wenigstens trug ich eine Jacke, auch noch blutige Arme wollte ich nicht haben.
Der Wald schien mir mit jedem Schritt weitläufiger zu werden. Ich könnte mir aber auch denken, dass unser stolzer Anführer extra für mich die Survivel-Route nahm. Nett nicht wahr? Am liebsten wäre ich einfach umgedreht und weggelaufen. Aber etwas tief in meinem Inneren sagte mir, dass es das Letzte wäre was ich täte.
Mit Erleichterung nahm ich das Abnehmen, der Kratzer verursachenden Büsche war. Da lohnte es sich sogar etwas das Tempo zu erhöhen. Schnell hatte ich auf unseren Führer angeschlossen. Als ich ihn musterte stellte ich mit Erstaunen fest, dass seine Kleidung nur minimalen Schaden hatte.
Gut meine war auch noch in Takt, aber ich lief hier ja nicht, als Klamottenhaufen rum. Dennoch hätte ich lieber etwas, längeres getragen. Aber wer hätte auch ahnen können, dass aus einem kleinen Spaziergang eine Odyssee werden könnte. Diese beiden werden noch für meinen unfreiwilligen Freiflug bezahlen.
Meine Gedankengänge wurden unterbrochen, als nun endlich der Waldrand ins Blickfeld kam. Deutlich war das Rauschen eines Flusses zuhören. Auch wehte mir der leichte Duft von Blumen in die Nase. Ich war drauf und dran sentimental zu werden, als mein Blick wieder auf unseren glorreichen Führer fiel. Bei seinem kalten, gefühllosen Blick, hatte ich schon Angst in den nächsten Sekunden zu Eis zu erstarren. Bevor mein Rücken wieder in einen Schauerzustand verfallen konnte, erklang eine freudige Kinderstimme.
„Sesshoumaru-sama, da seit ihr ja wieder. Ich habe euch so vermisst."
Freudig springend kam ein kleines Mädchen von vielleicht neun Jahren, auf uns zugelaufen. Was ging den hier ab?
