Kapitel 9

Am nächsten Morgen saß Cilia beim Frühstück und ihre Augen wanderten immer wieder zum Gryffindor Tisch. James sah irgendwie niedergeschlagen aus. Das nahm sie mit Verwunderung zur Kenntnis, schließlich waren alle anderen Gryffindors immer noch ausgelassen in ihrem Siegestaumel. Sie bemerkte, wie er immer wieder Lily anstarrte und sie bekam das Gefühl, dass ihm das selbst nicht einmal so wirklich bewusst war. Insgeheim fragte sie sich, ob Lily nicht vielleicht falsch von James dachte.

Gedankenverloren schob sie sich einen weitern Löffel Müsli in den Mund, als ihr der Blick eines blonden Jungen am Gryffindor Tisch auffiel, der sie beobachtete. Er hatte halblange Haare, die aussahen, als hätte er ihnen nach dem Aufstehen keinen zweiten Blick gegönnt. Aber es sah nicht ungepflegt, sondern auf eine merkwürdige Weise sehr gut aus. Sein markantes Gesicht verzog sich zu einem Lächeln, als er sah, dass sie seine Blicke bemerkt hatte. Unwillkürlich lächelte Cilia zurück.

Aber, wer war das nur? Er war ihr noch nie aufgefallen, er musste im 7ten Jahr sein, sonst hätte sie ihn sicher schon früher bemerkt.

Sie konzentrierte sich wieder auf ihr Essen und ging in Gedanken rasch ihren Stundenplan durch. Zaubertränke mit den Hufflepuffs, Zauberkunst mit Gryffindor, Verteidigung gegen die dunklen Künste, ebenfalls mit den Gryffindors.

Mittlerweile war die Halle schon so gut wie leer und sie schnappte sich ihre Schultasche um nicht zu spät zu ihrer Doppelstunde Zaubertränke zu kommen.

Als Sirius später das Klassenzimmer von McGonagall, einer sehr junge Professorin, die aber nichtsdestotrotz sehr streng war, betrat, viel sein Blick sofort auf Cilia, die schon in einer der hinteren Reihen Platz genommen hatte. Sie tuschelte aufgeregt mit Lily und er hörte ein leises Kichern von den beiden.

Warum zum Geier musste Mädchen immer kichern? Und warum machen sie das immer so geschickt, dass man auf jeden Fall wissen möchte, was denn um Himmels Willen so lustig sein soll?

Und überhaupt. Seit wann hatte dieses Ravenclaw Mädchen einen festen Platz in seinen Gedanken bekommen?

„Und? Was hat er gesagt?"

„Er hat sofort „Ja" gesagt und gemeint, er wäre froh, dass ich ihn gefragt habe."

Cilia kicherte. „James wird ausrasten!"

Lily nickt grinsend. „Oh ja, Travis Grant, Kapitän der Ravenclaw Mannschaft! Und ich gehe mit ihm zum Ball. Aber wie sieht's mit dir aus? Hast du auch schon jemanden gefragt?"

Cilia schüttelte den Kopf. „Nein, aber ich habe mir überlegt mit Bill zu gehen, er ist bei mir in Ravenclaw, ein Jahr über uns. Ich glaube, er hat noch niemanden und ich denke, er würde mit mir hingehen."

„Dann frag ihn besser bald, bevor er noch mit einer Anderen geht."

Cilia nickt leicht, doch sie war selbst nicht so überzeugt von dieser Idee. Als sie aufblickte trafen ihre Augen die von Sirius, der schräg vor ihr saß. Schnell wandte sie sich ab und schlug ihr Buch auf, um sich darin zu vertiefen.

Am Abend war Cilia auf dem Weg zur großen Halle. Der Flur war voller Schüler und sie musste vorsichtig sein um nicht dauern mit jemandem zusammenzustoßen

„Hey, Cilia! Warte doch mal!" Cilia drehte sich erstaunt um, da sie die Stimme, die sie rief nicht erkannt hatte. Sie sah wie sich der Junge vom Frühstück, der aus Gryffindor kam, durch die anderen Schüler zu ihr hindurchschlängelte und sie breit anlächelte. „Hey, ich bin Gregory… also Greg." Er hielt ihr seine Hand hin. Sie blickte zu ihm auf, er war tatsächlich ganz schön groß, und nahm erstaunt seine Hand. Woher kannte er ihren Namen? „Hi Greg, freut mich." Sie lächelte ihn ebenfalls an. „Also, ich weiß zwar, dass wir uns kaum kennen, aber ich wollte dich fragen, ob du Lust hast mit mir zum Winterball zu gehen? Und vielleicht können wir uns ja vorher noch etwas kennen lernen?" Cilia war erstaunt. Er klang aufrichtig interessiert. Sie fragte sich, wie sie reagieren sollte. Aber, warum sollte sie nicht zustimmen? Er sah gut aus und war ihr von Anfang an sehr sympathisch gewesen. Mit einem energischen gedanklichen Tritt verscheuchte sie das Bild eines großen gutaussehenden schwarzhaarigen Jungen aus ihren Gedanken. „Gerne. Würde mich freuen. Wir können uns ja am nächsten Hogsmead Wochenende treffen?" „Super, ich kann's kaum noch erwarten. Bis dann." Mit einem weiteren verschmitzten Lächeln war er wieder im Gewühl der anderen Schüler verschwunden.

Cilia setzte ihren Weg in die Große Halle fort. Sie war so in Gedanken, dass sie die Gestalt in der Nische, an der sie vorbeiging überhaupt nicht wahrnahm.

Sirius beobachtete, wie Greg davonging und Cilia ihren Weg ebenfalls wieder aufnahm. Er stand mit geballten Fäusten da und versuchte verzweifelt den Drang zu unterdrücken, Greg, mit dem er sich eigentlich prächtig verstand, die Nase ein wenig zurechtzurücken.

„Hey, Dsch… sch…. Schames… gib mir mal die Flasche…"

James versuchte die halbleere Flasche Feuerwhiskey zu fokussieren, die neben ihm auf dem Boden stand. Er versuchte seine Hand dazu zubringen, diese zu fassen. Er schwang seinen Arm mit viel Schwung in ihre Richtung und rutschte prompt von dem Sofa, auf dem er bis eben noch gelegen hatte. „Isch… ich kann nicht, Tatsche…"

Sirius beobachtete seinen Freund und fing an zu Kichern. Er lag auf einem Sessel, seinem Freund gegenüber, im Gemeinschaftsraum der Gryffindors, der um diese Uhrzeit schon vollkommen leer war.

Er zog seinen Zauberstab und richtete ihn auf das Objekt seiner Begierde. „Acschio… Acccio… Feruer…Feuerwhischkie…" Nichts passierte. Sirius betrachtete zweifelnd seinen Zauberstab und sah ein, das Feuerwhiskey ein wirklich schwieriges Wort war, das sein Zauberstab vielleicht nicht verstanden hatte.

„Accio… Flasche!" nuschelte er und tatsächlich erhob sich diese und bewegte sich auf ihn zu. Sirius grinste träumerisch und streckte seine Hand nach der Flasche aus, die ihm immer näher kam. Doch noch bevor er sie ergreifen konnte war sie an ihm vorbeigeschwirrt und an der Wand hinter ihm zerschollen.

Sirius wandte sich in seinem Sessel um und starrte auf den dunklen Fleck an der Wand. „Ups!" Hickste er und fing wieder an zu kichern. James betrachtete seinen Freund und dessen Missgeschick und fing ebenfalls an zu lachen. Langsam hievte er sich zurück in seinen Sessel und wurde wieder ernst.

„Sach mal, Tatsche, meinst du, Lululu… Lilily hascht mich?" James sah seinen Freund mit einem unglaublich traurigen Ausdruck in den Augen an. Er erinnerte an einen kleinen Hund, der einen mit rieseigen Augen ansah und man bekam das Gefühl, er würde sofort in Tränen ausbrechen, wenn man ihm sein Lieblingsspielzeug verweigerte.

Sirius hörte ebenfalls auf zu kichern und betrachtete James zweifelnd. „Isch weiß auch nich genau, Krone… Wer verschteht schon die Weiber?" Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Die wissen doch selbscht nich was so wolln…" setzte er hinzu.

In diesem Moment erschien Peter Pettigrew am Eingang zum Gemeinschaftsraum. Er hatte einen hellblauen Baumwollschlafanzug an und sah aus, als hätte er schon ein paar Stunden Schlaf hinter sich.

„Hey James, Sirius; Was macht ihr denn noch hier unten?"

„Peter! Komm, trink einen mit uns!" Rief James begeistert und griff nach der Flasche Feuerwhiskey, die gar nicht mehr neben ihm stand. Verwundert blickte er auf seine Hand, die ins leere Griff.

„Remus meint ich soll euch hochbringen. Wir haben morgen unterricht!"

„Och Peter! Sei doch nich immer so unglaublich… langweilig…" Nuschelte Sirius und sah aus wie ein beleidigtes Kind. „Wir haben hier doch viel Schpass, nich wahr Schames?"

„Allerdings!" Bestätigte James sofort.

Peter war hin- und hergerissen. Einerseits würde er sich auch gerne mit den beiden betrinken, aber er wusste auch, dass Remus Einwände nicht ganz unbegründet waren.

Peter sah die beiden verzweifelt an. „Es wäre wirklich besser, wenn ihr euch noch ein paar Stunden zum Schlafen hinlegt."

Sirius schob eine Unterlippe hervor, wandte sein Gesicht von Peter ab und starrte demonstrativ die Wand hinter ihm an.

James sah ebenso wenig begeistert von dieser Idee aus, war aber nicht mehr in einem Zustand, in dem er dazu im Stande war mit Peter zu diskutieren. Was ihm in nüchternem Zustand wohl wahrscheinlich generell absurd erschienen wäre.

„Komm Tatsche, wir gehen schlafen, sonst kriegen wir noch Ärger mit Mama-Moony."

Er stand auf, brauchte ein paar Sekunden um sein Gleichgewicht beizubehalten und wankte dann auf Sirius zu. Er nahm ihn am Arm und zog ihn vom Sofa. Sirius stolperte gegen James und sie fielen beinahe zu Boden. Arm in Arm schwankten sie die Stufen zum Schlafraum der Jungen hoch. Peter folgte ihnen rasch.

Hinter sich ließen sie zwei leere Flaschen Feuerwhiskey, ein paar Scherben und feuchte Flecken an der Wand und auf dem Boden.