Kapitel 19
Sirius befühlte den kleinen Verband an seinem Arm. Er zuckte leicht zusammen. Der Nagel hatte irgendetwas Magisches an sich gehabt, sodass Madam Lory die Wunde nicht komplett schließen konnte.
Zum Glück war sie nicht mehr besonders groß und er verlor nicht mehr unaufhörlich Blut. Er hatte tierisches Glück gehabt, dass er Madam Lory soweit beschwatzen konnte, dass sie ihn schon in dieser Nach wieder gehen ließ und dass sie nicht sofort zum Schulleiter gerannt war. Als er in den Krankenflügel gefallen war, den er gerade so noch erreicht hatte, war er noch so weit bei Bewusstsein, die Krankenschwester derart zu bezirzen, dass sie davon absah Alarm zu schlagen.
Sie davon zu überzeugen, dass er nicht im Krankenflügel bleiben musste, nachdem sie ihn behandelt hatte, hatte wesentlich länger gedauert.
Nun musste er am nächsten morgen wieder vorbei schauen, damit sie die Wunde weiter beobachten konnte. Er verfluchte sich immer noch, dass er in der heulenden Hütte nicht genug aufgepasst hatte. Hoffentlich ging es Remus gut.
Er umfasste seinen Oberarm. Der Schmerz war immer noch groß, aber er wollte nicht unnütz im Krankenflügel liegen. Er verzog das Gesicht. Hoffentlich hörte das bald auf.
Als er um die nächste Ecke bog, stieß er mit jemandem heftig zusammen. Beide landeten auf dem Bogen. Sirius hatte sich reflexartig mit dem Arm abgestützt um seinen Sturz zu federn. Der Schmerz fuhr ihm durch den Arm. Er keuchte auf.
„Autsch, verdammt!" hörte er die andere Person aufstöhnen. Rasch erhob er sich wieder und erkannte, dass es Cilia war, mit der er zusammengestoßen war.
Was wollte sie um diese Zeit auf dem Gang? Er streckte seine linke Hand aus, um ihr auf zu helfen.
„Sorry Prinzessin, aber mit dir habe ich um diese Uhrzeit tatsächlich nicht gerechnet."
Er lächelte sie charmant an, während er ihr aufhalf.
„Hast du dir weh getan?" fragte er sie besorgt.
„Geht schon", brummte Cilia. Auch sie hatte nicht mit seiner Anwesenheit gerechnet. „Danke. Aber was machst du denn um diese Uhrzeit hier draußen?"
„Missetaten begehen." Grinste er sie schelmisch an. „und du?" Fragte er sie mit hochgezogener Augenbraue.
„Ich? Ähm… Nichts.. Spazieren gehen… und so…" Zweifelnd blickte er sie an.
„Spazieren gehen, hmm?" Ein kleines Grinsen konnte er nicht verkneifen. Was verbarg sie vor ihm?
Cilia war das ein wenig peinlich. Sie hatte auf dem Astronomieturm gesessen und um ehrlich zu sein, genau über ihn nachgedacht. Das konnte sie doch nicht zu geben. Sie wandte sich ihm zu und umfasste eindringlich seinen Arm.
„Ist nicht so wichtig, aber du darfst niemandem verraten, dass du mich hier getroffen hast, Ich habe keine Lust schon wieder Strafarbeit…"
Sie stockte mitten im Satz, als sie sein leicht schmerzverzerrtes Gesicht sah.
„Was ist denn los? Hast du Schmerzen?"
Sirius atmete gepresst aus und zog ihre Hand von seinem Arm.
„Nein, nein, geht schon."
„Lüg mich nicht an, was ist los? Wo hast du dir wehgetan? Und wie? Lass mich mal sehen!" Schon hatte sie angefangen den Ärmel seines Umhangs nach oben zu rollen.
Über seine muskulösen Unterarme sah sie geflissentlich hinweg.
Sirius beobachtete sie, wie sie mit großen Augen und sorgenvoller Miene den Verband an seinem Arm betrachtete.
Der Schmerz schien wie vergessen.
Die Sorge stand ihr im Gesicht. Große Sorge sogar.
Behutsam betastete sie den Verband. Ihre Finger fühlten sich ganz sanft an. Wohltuend. Er umfasste ihre Finger und zog sie von seinem Arm. Ließ ihre Hand aber nicht los.
Sie blickte zu ihm auf.
Unendlich dunkle Augen.
Er grinste sie wissend an. Langsam trat er einen Schritt auf sie zu. Sie wich zurück. Er folgte ihr, bis sie mit dem Rücken an die Wand stieß.
Die ganze Zeit hatte er ihre Hand in seiner behalten. Jetzt näherte er sich mit der anderen Hand ihrem Gesicht. Er grinste sie schelmisch an.
„Du magst mich!" flüsterte er wissend.
Cilia versuchte seinem Blick auszuweichen. Sie wand sich innerlich.
Oh ja, sie mochte ihn! Aber sie konnte das nicht sagen! Er würde sie nur ausnutzen! Ganz bestimmt! Sie kam sich lächerlich vor. Wie konnte man sich in den schlimmsten Casanova der ganzen Schule verlieben? Ja, sie war verliebt. Niemals durfte er das erfahren. Er würde es sicher nur ausnutzen.
„Hmm? Wie kommst du denn darauf, Black." Fragte sie und versuchte ihrer Stimme einen festen Klang zu geben.
Sein Grinsen wurde breiter, als er merkte, wie sie versuchte seinem Blick auszuweichen. Er drängte sie noch weiter an die Wand.
„Du magst mich, Cilia! Gib es zu!" Sie wand sich als er sie mit seinem Körper gegen die Mauer drückte. Er war sehr sanft und trotzdem kam sie sich vor wie ein Kaninchen, das ihm in die Falle gegangen war.
„Gib es zu, du magst mich, kleine Prinzessin." Er hob ihr Kinn an und zwang sie, ihn anzublicken.
Sie versank. Hilflos wie eine ertrinkende versuchte sie sich aus seinem Blick zu retten. Sie hatte keine Chance.
„Vielleicht ein bisschen…" flüsterte sie atemlos.
Sirius streichelte ihre Wange sanft und schob seine andere Hand hinter ihren Rücken um sie noch fester an sich zu ziehen.
„Ich mag dich auch!" flüsterte er, bevor er seinen Mund auf ihren senkte.
So weich! Ihre Lippen waren so herrlich weich! Er hatte das Gefühl vor Begehren zergehen zu müssen. Er sehnte sich darnach, mit seiner Zunge in ihren Mund einzutauchen. Sie zu plündern und ganz alleine für sich zu behalten. Langsam ließ er seine hand an ihrem Rücken herab gleiten.
Ihr entglitt ein leises Stöhnen.
Ein sanftes Lächeln umspielte Sirius' Lippen, als er merkte, wie sie sich enger an ihn schmiegte.
Zitternd öffnete sie ihre Lippen und er begann ihren Mund mit seiner Zunge in besitz zu nehmen.
Sanft neckte er die ihre, um auf ihre Reaktion zu warten.
Langsam begann auch sie, ihn mit ihrer Zunge zu erkunden. Es war ein Kuss, wie sie ihn noch nie erlebt hatte.
Natürlich wurde sie schon öfters geküsst, aber niemals so. Es war ein Traum. Sie hatte das Gefühl zu Boden gleiten zu müssen, hielte er sie nicht fest.
Sie hatten beide die Augen geschlossen und fühlten nur. Sirius löste sich langsam von ihr um ihr wieder in die Augen sehen zu können.
Erst ein paar Sekunden nach ihm öffnete sie die ihren.
Er las darin Begierde, Zuneigung und Wärme.
Aber auch, Angst.
Wovor hatte sie Angst?
Er streichelte ihr sanft auf den Rücken. Sie stand da, ihre Hände lagen auf seinen Schultern. Sie wusste, dass sie verloren war.
Wie konnte sie sich jetzt noch selbst davon überzeugen, dass sie nichts für ihn empfand?
Jetzt konnte er ihr wehtun. Mehr noch, als zuvor schon.
Sie schloss die Augen, um ihre Tränen zurückzuhalten. Sie wollte nicht von ihm verletzt werden.
Sirius war erschüttert. Er hatte das Glitzern in ihren Augen gesehen, bevor sie sie wieder geschlossen hatte.
Was hatte er den falsch gemacht?
Sie hatte ihn doch ebenso geküsst, wie er sie.
„Was ist los, Prinzessin? Was habe ich getan, dass du weinen musst?" Sanft strich er ihr über das Haar, ließ sie aber nicht los.
Cilia schüttelte den Kopf.
„Nichts. Ist schon in Ordnung. Das ist allein meine Schuld."
Langsam löste sie sich aus seiner Umarmung.
„Mach dir keine Sorgen. Ich mache mir auch keine Hoffnungen. Ich verlange nichts von dir." Rasch drehte sie sich rum und rannte den Korridor entlang.
Sirius starrte ihr entsetzt hinterher. Was war das denn?
Wenn er sie richtig verstanden hatte, nahm sie an, er hätte sie nur zum Spaß geküsst! Obwohl es ihm nichts bedeutete. Wut kam in ihm auf. Hielt sie wirklich so wenig von ihm, dass sie so von ihm dachte?
Sie verlangte nichts von ihm?
Verdammt, er wollte aber, dass sie etwas von ihm verlangte!
Er wollte, dass sie ihn ganz für sich selbst haben wollte.
Er wollte, dass sie ihn nicht mehr von sich gehen ließe!
Er fragte sich, ob sie wirklich so von seinem Ruf eingenommen war, dass sie gar nicht an die Möglichkeit dachte, dass er sie wirklich sehr mochte.
Wie konnte er ihr nur zeigen, dass er sie wollte und keine Andere?
