also erst mal tut es mir riesig leid, dass das so lange gedauert hat. meine betaleserin ist einfach nicht in die puschen gekommen, und dann hatte sies fertig, dann gab es probleme mit dem pc. und dann ist es verloren gegangen, sie hatte es aber nicht gespreichert und musste es noch mal nachschaun. bis jetzt ist sie damit auch immer noch nciht fertig, keine ahnung, warum das so lange dauert. ich setzte es jetzt trotzdem rein. immerhin ist es schon seit ungefähr zwei monaten fertig und ich finde das ist echt etwas viel zeit zum nachgucken. das nächste kap steht auch schon in den startlöchern, kommt also auch bald schon. noch mal total sorry, wird nicht wieder vorkommen.
Kapitel 15
„Irgendetwas läuft hier falsch", bemerkte Rowenna nun schon zum wiederholten Male. „Ich habe so ein ganz seltsames Gefühl, dass gleich etwas passieren wird."
„Ich glaube, so langsam habe ich es verstanden", seufzte Legolas, der neben ihr auf einem Mauervorsprung am Rand des Parks saß. „Fassen wir also zusammen: Du weißt, dass etwas geschehen wird, weißt aber nicht, was. Ich würde sagen, damit weißt du genauso viel wie fast alle hier. Versuch lieber, etwas Genaueres herauszufinden, bevor es zu spät ist."
Rowenna schirmte mir ihrer Hand ihre Augen gegen die grelle Mittagssonne ab. Sie hatte den grollenden Unterton aus seiner Stimme herausgehört. „Was ist denn plötzlich los mit dir?", fragte sie und baumelte mit den Beinen. Fast hätte man denken können, es wäre einfach ein schöner Tag im Düsterwald ohne irgendwelche Beschwerden, hinge nicht schon die ganze Zeit dieses bedrückende Flimmern in der Luft, dass die allgemeine Anspannung fast sichtbar machte.
„Ich habe schon einige Schlachten geschlagen, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt. Bis jetzt hatte mein Gegner immer Hände und Füße und griff mich mit einem Schwert oder Bogen an. Aber das hier…" Er hielt kurz inne. „… das hier macht mir Angst", fügte er dann leiser hinzu.
Sie wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Wie konnte sie ihm sagen, dass alles unter Kontrolle war, wenn dies doch nicht einmal im Entferntesten der Wahrheit entsprach? Sie konnte nicht einmal sagen, dass sie stark genug war oder dass sie es schaffen würde, denn sie wusste es nicht.
Kritisch beäugte er den Stand der aufgehenden Sonne. Dieser Tag war vielleicht der Wichtigste, an diesem Tag würde sich so vieles entscheiden, vielleicht würde sogar das Urteil über sein Schicksal fallen. Er senkte seinen Blick noch einmal auf das Buch vor sich, stand dann aber auf, um noch einmal aus dem Fenster zu schauen. Er hatte einen guten Blick auf den Park und konnte am Rande des Bildes, das sich ihm bot, den Prinzen und sie sehen. Sie, die am besten niemals geboren worden wäre, denn sie war der größte Widerhaken, der seinen Plan zum Scheitern bringen konnte. Doch auch sie würde ihm nicht widerstehen können, dem unüberwindbaren, süßen Drang… Er hatte sich etwas ganz besonderes für sie ausgedacht. Genauso, wie für alle anderen großen Widersacher. Das einfache Volk war einfach zu unterdrücken, wenn es erst sah, was mit denen geschah, die sich nicht in seine Herrschaft fügten.
Im Kopf hatte er die genaue Liste, in welcher Reihenfolge er es tun würde. Einen Punkt hatte er schon abgehakt; mit dem König von Gondor war er vorerst fertig. Sein Geist mochte wieder frei sein, doch niemand hatte bemerkt, dass er etwas dort gelassen hatte, etwas, dass bereits anfing, seine ersten Früchte zu tragen. Er hatte sich von einem Gefühl befreit, dass er fast sein ganzes Leben hindurch gespürt hatte, und nun hatte er diese Last diesem törichten Menschen aufgebürdet, der darunter noch vor dem nächsten Sonnenaufgang zerbrechen würde.
Es war so einfach, so simpel, und genau das machte es so genial. Eisig lächelnd wandte er sich ab und fuhr mit dem fort, was er begonnen hatte.
Noch immer saßen Rowenna und Legolas auf dem Mauervorsprung, doch mittlerweile herrschte eine recht kühle Atmosphäre zwischen ihnen. Die meiste Zeit schwiegen sie sich an, und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.
„Ich kann jetzt nicht mehr still hier herumsitzen. Ich werde gehen und sehen, wie es Aragorn geht."
Rowenna nickte, rührte sich aber sonst nicht weiter. Ihr kam gerade ein Gedanke, den sie weiter verfolgen musste und sie wollte sich nicht ablenken lassen. Die ganze Zeit musste sie an dieses seltsame Buch denken und an die Zahl, die auf dem Einband gestanden hatte. Was ist, wenn…
„Was machst du denn hier?"
Kaum, dass Legolas zu der einen Seite verschwunden war, tauchte Nûemyn an der anderen auf. „Hast du nicht andere Sachen zu tun, als hier zu sitzen und die Sonne zu genießen?" Schnell hatte sie sich neben der Freundin niedergelassen und zupfte nun an einem Band ihres Kleides, bis sie mit dessen Lage zufrieden war.
„Ich denke nach", brummte Rowenna. Warum musste sie immer dann gestört werden, wenn sie gerade eine brauchbare Idee hatte? Nun hatte sie es wieder vergessen. Schließlich schüttelte sie den Kopf und fragte dann: „Was tust du eigentlich hier? Hast du Pause oder so?"
Die Elbe lächelte viel sagend. „Weißt du, der König war doch recht dankbar, dass ich seinem Sohn das Leben gerettet habe, auch wenn der sich das nicht so gerne eingestehen wollte. Jedenfalls habe ich vorläufig Urlaub – mit den gleichen Gehalt, versteht sich." Wieder lachte sie. „Ich könnte mich daran gewöhnen. Ich habe bis vor einer Stunde geschlafen, und sonst stehe ich immer schon vor Sonnenaufgang auf."
Rowenna wusste nicht, was sie erwidern sollte, und so schwieg sie einfach. Die Sonne wärmte ihr Gesicht, doch eine leichte Gänsehaut legte sich über ihre Arme.
Mit schnellen, leisen Schritten bewegte sich Legolas zum Eingang des Palastes. Normalerweise betrat er ihn nur selten durch das Hauptportal, doch heute tat er es, da die nächste Hintertür viel weiter entfernt war. Er ging auf direktem Wege in den Trakt mit den Gästezimmern und hielt vor der Tür, hinter der Aragorn zurzeit wohnte. Er klopfte, und nachdem er das obligatorische „Herein" gehört hatte, trat er ein.
Gondors König sah noch immer etwas blass aus, doch man sah ihm auch an, dass es ihm schon deutlich besser ging als noch vor wenigen Stunden. Er saß auf einem der hölzernen, mit goldverziertem Überzug ausgestatteten Stühle und starrte mit leerem Blick vor sich hin. Er sah Legolas an und bedeutete ihm, sich zu setzen.
„Wie geht es dir?", fragte dieser und ließ sich auf dem angebotenen Stuhl nieder.
„Besser, denke ich. Danke der Nachfrage, auch wenn sie nur aus Höflichkeit erfolgt. Du kannst dir sicher nicht vorstellen, wie ich mich gefühlt habe."
Legolas holte Luft, um etwas zu erwidern, doch Aragorn fuhr fort: „Du hast immer jemanden, der dir hilft, bevor es zu spät ist. Natürlich hast du keine Vorstellung davon wie es ist, ganz auf sich allein gestellt zu sein. Der edle Herr Prinz hat seine Leute für alles und macht sich nicht die Hände schmutzig."
Legolas schwieg völlig verwirrt. Sofort rasten seine Gedanken zu Aragorns Verhalten in den letzten Tagen. War es möglich, dass Rowenna es nicht geschafft hatte, ihn von allem zu befreien und dass jetzt wieder der Feind durch ihn sprach? Instinktiv wich er einen Schritt zurück und spannt seinen Körper an. Er wusste nicht genau, auf was er wartete, doch er konnte sofort reagieren, falls es nötig sein sollte.
„Du brauchst gar nicht so erschrocken schauen", bemerkte sein Gegenüber nun sarkastisch. „Das ist es doch, was jeder denkt und sich nur nicht traut, es auszusprechen, weil er sonst dem Prinzen gegenüber in Ungnade fällt. Ja, renn nur zu deinem Vati und erzähl ihm davon, vielleicht wird er mich dann wieder einsperren. Lebe doch deine Unendlichkeit hier im sicheren Palast und lass dich verwöhnen und umsorgen. Du hast es ja nicht nötig, dich um etwas zu sorgen, denn du wirst eines Tages König und das Leben wird noch bequemer. Doch lass dich davon nicht täuschen, denn als König hat man es nicht so leicht, wie du vielleicht glaubst. Zumindest nicht, wenn man ein guter König sein will und ich frage mich wirklich, ob das für dich überhaupt eine Bedeutung hat. Was kümmert dich dein Volk, solange es arbeitet und es dir selbst gut geht?"
Legolas brachte vor Schreck und Erstaunen kein Wort heraus. Er stand nur da und starrte seinen Freund an; er konnte nicht glauben, was dieser ihm gerade vorgeworfen hatte. Schließlich konnte er nichts für seine Abstammung und er hatte sie niemals als Vorwand benutzt, um sich verwöhnen zu lassen oder sich vor einer Verantwortung zu drücken. Im Gegenteil hatte er es immer als seine Pflicht angesehen, seine Macht als Prinz einzusetzen, um seinem Volk zu helfen und auch im Ringkrieg hatte er keine Arbeit und keinen Kampf gescheut. Er verstand die Vorwürfe nicht denn er wusste, dass sie nicht ehrlich gemeint sein konnten. Seit er Aragorn kannte, hatten sie sich immer gut verstanden und Legolas konnte nicht glauben, dass das nur gespielt gewesen war. Doch wenn er seinem Freund jetzt in die Augen sah konnte er schwer glauben, dass dieser nicht meinte, was er sagte. Sein Gesicht war angespannt und verhärtet. Wortlos drehte sich Legolas um und stürmte auf den Flur, ohne noch ein Wort gesagt zu haben. Er war überfordert und brauchte jemanden, den er um Rat fragen konnte. Früher wäre er sofort zu Gandalf gegangen, doch nun fühlte er sich allein und verlassen. Er drosselte sein Tempo da er nicht wusste, wohin er sich wenden sollte.
Aus einem der Zimmer, an denen er vorbeikam, drangen aufgeregte Stimmen an sein Ohr. Er befand sich noch immer in Gästetrakt und stellte nach kurzem Überlegen fest, dass dies das Zimmer der Hobbits sein musste. Kurz entschlossen klopfte er und trat dann ein, ohne auf eine Antwort zu warten; er war nicht in der Stimmung für Höflichkeiten.
Als er in der Tür erschien, drehten sich drei kleine Gestalten erschrocken zu ihm um. „Was ist denn hier los?", fragte er, als er den hektischen Ausdruck auf ihren Gesichtern bemerkte.
„Äh.. nichts, alles in Ordnung", rief Merry etwas zu laut und zu spontan. Pippin und Frodo nickten zustimmend und versuchten, eine normale Miene aufzusetzen. Die drei Hobbits hatten sich um das ihnen viel zu große Bett aufgestellt und kneteten nun ungeduldig ihre Finger: Merry seine linken, Frodo seine rechten, und Pippin begnügte sich damit, unruhig mit den Beinen aufzustampfen.
„Wo ist Sam?", fragte Legolas beunruhigt und zog eine Augenbraue in die Höhe um den Hobbits zu signalisieren, dass sie ihn so leicht nicht abwimmeln konnten.
Wieder reagierte Merry als erster: „Äh… der ist in der Küche!"
Legolas' Blick fiel auf den Vorrat an Kuchen, Brot und Schinken, der sich auf dem Tisch auftürmte. Er schloss die Tür hinter sich und wollte näher an das Bett treten, wurde jedoch von Pippin aufgehalten, der auf ihn zustürmte und versuchte, sich in die Höhe zu stecken, was jedoch eher lächerlich als sinnvoll wirkte; immerhin reichte er dem Elb kaum bis zur Brust.
Ein wimmerndes Geräusch erklang vom Bett und zog sofort die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich. Merry und Frodo drehten sich erschrocken um und flüsterten aufgeregt, während Legolas einfach um Pippin herumging um herauszufinden, wer oder was das Geräusch verursacht hatte und vor allem, warum. Denn dass es von Sam kommen musste war offensichtlich, denn der würde unter keinen Umständen einen so voll beladenen Tisch in der Obhut seiner Hobbitfreunde lassen. Diese hatten mittlerweile eingesehen, dass es ihre Aktionen nichts nützten und machten Platz.
Legolas ging zum Fußende des Bettes und warf einen Blick auf Sam. Es dauerte einen Augenblick bis er registriert hatte, dass sowohl die Hand- als auch die Fußgelenke des Hobbits mit Stofffetzen umschlungen und an das Bettgestell gefesselt waren. Sams Blick irrte wild umher und er versuchte verzweifelt, sich loszureißen. Seine Wangen waren seltsam aufgebläht und erst beim zweiten Hinsehen erkannte Legolas, dass sie bis zum Anschlag gefüllt waren. Wahrscheinlich war es ihm nicht einmal möglich, ihren Inhalt zu schlucken.
„Was ist passiert?", fragte er die anderen drei Hobbits, die betreten um ihn herumstanden und auf ihre Schuhe starrten.
„Er war plötzlich so komisch", raffte sich Frodo schließlich zu einem Bericht auf. Er konnte gar nicht mehr aufhören zu essen." Er deutete auf eine leere Holzkiste von beträchtlichem Ausmaß. „Die war voll, und wir anderen haben nichts daraus genommen. Ich weiß wirklich nicht, was los ist, aber wir dachten, dass wir ihn unter Kontrolle…" Er brach ab. „Wir wollten euch nicht zur Last fallen, jetzt, wo ihr schon genug andere Sorgen habt."
Legolas fiel keine passende Antwort ein, und zum zweiten Mal innerhalb weniger Minuten war er von einer Situation überfordert. Er hatte zwar gelernt, mit Schwert oder Boden zu kämpfen, doch wie man sich bei solchen Problemen verhielt, das hatte ihm niemand beigebracht.
„Wartet hier", sagte er unnötigerweise zu den wie festgenagelt dastehenden Hobbits. „Ich komme gleich wieder." Betretene Blicke folgten ihm, als er den Raum verließ.
Er fühlte sich immer besser. Nach jeder Last, die er abwarf, hätte er in neues Jubelgeheul ausbrechen könne, so gut ging es ihm. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann es das letzte Mal so gewesen war, doch wenn das überhaupt schon einmal vorgekommen war, dann war es bereits sehr lange her. Dort, wo früher einmal all diese Lasten gewesen waren, war nun wieder Platz; der schmerzende Druck in seinem Kopf war wie weggeblasen. Doch noch war er nicht am Ziel, auch wenn er sich kaum vorstellen konnte, dass das hier nicht alles war, was er erreichen konnte. Noch bevor die Sonne das nächste Mal aufging, war es vollbracht.
Rowenna saß noch mit Nûemyn auf dem Mauervorsprung, als Legolas angelaufen kam. Er blieb vor ihr stehen. „Komm mit", forderte er sie auf. „Warum?", wollte sie wissen.
„Erzähle ich dir unterwegs."
Etwas in seiner Stimme ließ sie sofort aufstehen und ihm folgen. Sie merkte, dass es wirklich dringend war und ihr keine Zeit für irgendwelche Fragen ließ. Natürlich bewegten sich ihre Gedanken sofort Richtung Aragorn; immerhin war Legolas dort gerade gewesen. Sie konnte nicht Schritt halten und fing an zu laufen. „Jetzt kannst du mir aber sagen, worum es geht", keuchte sie, als sie ihn eingeholt hatte.
„Am besten siehst du es dir selbst an. Hier." Er betrat ohne anzuklopfen einen Raum zu ihrer Linken und zog sie mit sich hinein. Rowenna erkannte die Hobbits wieder, mit denen sie vor einigen Tagen schon Bekanntschaft geschlossen hatte; nun wirkten ihre sonst ständig heiteren Gesichter jedoch betreten und unschlüssig. Merry und Pippin standen am Bett; Frodo sah aus dem Fenster und drehte sich auch bei ihrer Ankunft nicht um. Ein würgendes Geräusch ließ ihn zusammenfahren und Rowenna zum Bett laufen. „Was ist passiert?", fragte sie, noch bevor sie es erreichte. Merry schilderte ihr, was Frodo vorher schon Legolas erzählt hatte und Rowenna runzelte verwundert die Stirn. Sie setzte sich auf die Bettkante neben den kräftig zappelnden Sam und versuchte, seinen Blick einzufangen. Doch es gelang ihr auch nach mehreren Anläufen nicht. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie überhaupt helfen konnte. Auch bei ihren früheren Begegnungen hatten die Hobbits nie einen Happen verachtet und sie konnte nicht ganz verstehen, wo genau hier das Problem lag, auch wenn sie sehen konnte, dass Sam sich nicht normal verhielt. Dann hat er sich halt überfressen. Soll ich jetzt bei jedem anfallenden Wehwehchen einspringen, das irgendjemand hat? Aber ich kann es ja zumindest einmal versuchen. Immerhin weiß ich ja nur, was ich jetzt sehe.
„Ihr müsst ihn festhalten", wies sie Legolas und die restlichen Hobbits an. „Wenn ich einen Kontakt zu ihm aufbauen soll, muss er mich ansehen."
Ihrer Aufforderung wurde sofort Folge geleistet. Merry, Pippin und Frodo versuchten, Arme und Beine unter Kontrolle zu halten, was sie ohne sie Fesseln wohl niemals geschafft hätten; auch so kämpften sie verbissen und Rowenna fragte sich unwillkürlich, was Sam wohl diese Kraft verlieh. Sie war immer mehr davon überzeugt, dass sie hier doch nicht fehl am Platz war. Legolas hielt Sams Kopf still, so dass dieser keine andere Wahl mehr hatte, als sie entweder anzuschauen oder die Augen zu schließen. Glücklicherweise entschied er sich dafür, sie feindselig anzustarren, sodass sie beginnen konnte. Wie sie es im Laufe der Zeit gelernt hatte, versetzte sie sich zuerst in eine leichte Trance und senkte dann langsam ihren Geist in seinen Kopf. Legolas konnte nur ihr angespanntes, konzentriertes Gesicht beobachten und versuchen daran abzulesen, was passierte. Doch natürlich bewegte es sich nicht, denn ohne seinen Geist war ein Körper zu keiner Regung fähig.
Als er sah, dass sich ihre Züge veränderten, ließ er den Kopf des Hobbits los und stand vom Bett auf. „Was ist passiert?", fragte er zum wiederholten Male an diesem Tag.
„Nichts", erwiderte sie leise und richtete sich zögerlich auf.
„Was meinst du mit ‚nichts'?"
„Genau das, was ich gesagt habe. Ich konnte nichts finden."
„Aber das kann doch nicht sein!", schaltete sich Frodo verzweifelt ein. „Das ist nicht Sam. Ich schwöre, so ist er nicht…"
Rowenna sah, dass er den Tränen nah war und glaubte es sogar in seinen Augenwinkeln glitzern zu sehen, bevor er sich wegdrehte und wieder aus dem Fenster starrte. Sie fühlte sich schrecklich, aber sie dachte daran, wie dieser kleine Mann sich fühlen musste, seinen besten Freund so zu sehen und dann auch noch zu hören, dass sie nichts Ungewöhnliches bemerkt hatte. Er hatte sicher fürchterliche Angst und das konnte sie gut verstehen.
„Vielleicht finde ich etwas, wenn ich es später noch einmal versuche. Vielleicht ist es jetzt einfach nur zu klein oder ich habe es übersehen", meinte sie halbherzig, doch sie wusste, dass sie wenig überzeugend klang, weil sie selbst nicht an ihre Worte glaubte.
„Aber was sollen wir denn jetzt tun?", fragte Pippin verzweifelt. „Sollen wir ihn hier bis ans Ende seiner Tage angebunden lassen?" Seine Augen, aus denen sonst der Schalk geblitzt hatte, sahen sie hilflos und bittend an. „Ich weiß es nicht." Sie bedauerte es so sehr, dass sie alle Hoffnungen zerstören musste. „Es tut mir leid", flüsterte sie. Dann ging sie zur Tür und verließ das Zimmer. Sie konnte es nicht mehr mit ansehen und hasste sich selbst dafür. Sie war gescheitert und konnte die Folgen nicht ertragen. Sie musste hier raus. Die Wände schienen näher zu rücken, um sie zwischen sich zu zerquetschen. Sie wusste, dass es nur Einbildung war, doch trotzdem drohte die Panik sie zu übermannen. Ihr erster Gedanke galt dem See, diesem stillen Ort, an dem sie zum ersten Mal in ihrem Leben wirklichen Frieden gefunden hatte. Sie sehnte sich danach, einfach dorthin zu gehen und all dies hier hinter sich zu lassen, doch dann schob sich das Bild Gandalfs vor ihre Augen. Er war gestorben, weil sie nicht da gewesen war, zumindest glaubte sie das. Natürlich war es auch möglich, dass sie gar nichts hätte tun können, doch sie hätte zumindest da sein und es versuchen müssen.
Gerade jetzt, wo so vieles geschah, konnte sie es unmöglich verantworten, dass sie wieder einmal nicht zu erreichen war. Ein unbestimmtes Gefühl sagte ihr, dass es dieser Tag war, der über ihr Schicksal und das so vieler anderer bestimmen sollte.
Sie lief orientierungslos durch die Gänge, auf der Suche nach einem Ausgang, möglichst einer Hintertür, denn sie wollte keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Plötzlich hielt sie inne. Sie hörte sich nähernde Stimmen und instinktiv versteckte sie sich hinter einer Ecke des Ganges. Sie kannte die Stimmen, konnte aber nicht genau angeben, woher. Immerhin hatte sie in den letzten Tagen so viele Personen kennen gelernt, dass sie sich unmöglich an alle erinnern konnte. Sie bewegte sich nicht, auch Angst, entdeckt zu werden. Sie wusste, dass es sich nicht gehörte, ein Gespräch zu belauschen, doch auf irgendeine Weise konnte sie nicht anders.
„Wie konntest du das nur tun? Ich bin sehr enttäuscht von dir, mein Sohn!"
„Aber Vater, ich habe nur ein paar Groschen beim Kartenspiel verloren."
„So fängt es immer an, bald hast du unser ganzes Vermögen verspielt!"
„Du weißt, dass das nicht stimmt, Vater! Erzähl mir nicht, dass du niemals Geld beim Spielen verloren hast."
„Sei nicht so frech, mein Junge. Du bringst mit deinem Verhalten Schande über unsere Familie!"
„Aber…"
„Kein ‚aber'! Man sollte wirklich denken, du würdest langsam wissen, wie man mit Geld umgeht, aber anscheinend bin ich wohl der einzig Vernünftige hier. Sie dir nur diese Behänge an!"
Rowenna konnte zwei Gestalten erkennen, die vor einem der vielen prunkvollen Wandbehänge stehen blieben.
„Was ist mit ihnen? Ich finde sie sehr schön."
„Natürlich sind sie schön. Aber was glaubst du, wie viel auch nur ein einzelner von ihnen gekostet hat? Es ist unglaublich, wie verschwenderisch man hier ist!"
„Ich kann mich daran erinnern, dass wir zuhause in Bruchtal selbst viele dieser Behänge haben."
Jetzt erkannte Rowenna einen der beiden Elben: Es war Elladan, dementsprechend musste der andere Elrond sein.
„Und wie werden sie alle verkaufen, wenn wir wieder dort sind. Und wir werden alle Gästezimmer entfernen."
„Aber wo sollen dann die Gäste schlafen?"
„Es werden keine Gäste mehr kommen. Sie sollen in ein Wirtshaus gehen und dort für ein Zimmer bezahlen. Wir können nicht ständig Leute aufnehmen, ihnen kostenlos ein Bett und Verpflegung bieten."
„Ich verstehe nicht ganz. Haben wir nicht mehr genug Geld?"
„Geld kann man niemals genug haben, mein Sohn, und das wirst du noch früh genug lernen. Ich möchte, dass du und dein Bruder euch eine Arbeit sucht und das Geld in die Familienkasse zahlt, die ich ab sofort strengstens verwalten werde. Ich möchte nicht, dass du wieder Geld für so sinnlose Taten vergeudest."
„Aber…"
„Das ist mein Ernst. Provoziere mich nicht, Elladan."
„Nein, Vater."
Rowenna sah, wie Elladan davonging und seinen Vater vor dem Behang stehen ließ. Sie überlegte sich, wie er sich wohl fühlen musste nach dem, was er gerade zu hören bekommen hatte. Sie konnte sich des Gedankens nicht verwehren, dass sich an diesem Tag alle merkwürdig verhielten, auch wenn sie nicht wusste, wie Elrond normalerweise war. Vielleicht lag es einfach an dem Gefühl, das in der Luft lag. Vielleicht wirkte sich diese Angespanntheit nur auf jeden anders aus.
Bevor sie sich auf den Weg nach draußen machte sah sie noch, wie Elrond einen der goldenen Kerzenhalter nahm, die auf einem kleinen Beistelltisch standen. Mit einer fließenden Bewegung ließ er ihn unter seinem weiten Mantel verschwinden. Nun ja, heute war wirklich ein merkwürdiger Tag.
Er hatte es fast geschafft. Er spürte eine Euphorie und Erregung, die ihn nicht ruhig sitzen ließ. Jetzt kam er zu einem Punkt, auf den er sich unter anderem am Meisten gefreut hatte. Dieses kleine Biest, das ihm immer dazwischen gefunkt hatte, sollte endlich bezahlen. Vor Freude rieb er sich die Hände und begann sofort mit allen nötigen Vorbereitungen. Er las die entsprechende Stelle im Buch noch einmal nach, doch er kannte den Text schon auswendig und hätte ihn sogar an einigen Stellen noch erweitern oder gar verbessern können.
Rowenna erreichte den Hinterausgang, der auf den Hof führte, auf dem sonst die Übungsstunden in Schwertkampf und Bogenschießen abgehalten wurden, der jetzt jedoch völlig leer war. Die Zielscheibe stand sorgfältig zusammengeklappt an einer Ecke, in einer anderen lag ein vergessenes Schwert. Sie setzte sich auf die Bank an der Hauswand und beobachtete einen ihr unbekannten Vogel, der von einem Ast zum nächsten flog und dabei unbekümmert sein Liedchen zwitscherte. Anscheinend hatte die Tierwelt noch nichts von der kommenden Bedrohung mitbekommen und es tat Rowenna gut, ein Lebewesen zu sehen, das nicht mit besorgter Miene herumlief.
„Da bist du ja."
Rowenna kam es vor, als hätte sie sich gerade erst gesetzt, doch es musste nun schon einige Minuten her sein. Legolas kam nicht wie sie zuvor durch die Tür, sondern über einen schmalen, ausgetretenen Pfad, der um den Palast herumführte.
„Wie geht es ihm?", fragte sie, ohne aufzublicken.
„Unverändert."
„Und wie geht es jetzt weiter?"
„Ich weiß es nicht. Merry, Pippin und Frodo passen weiter auf ihn auf, aber dass das keine Dauerlösung ist, weiß ich auch. Ich hoffe immer noch, dass sich uns die Lösung von selbst offenbart."
„Das hoffe ich natürlich auch, aber es ist nicht sehr wahrscheinlich. Heute ist so viel Seltsames passiert und ich weiß, dass das erst der Anfang ist."
„Ich möchte dir noch etwas erzählen", begann Legolas und seine Miene verdunkelte sich noch ein wenig mehr. „Ich war auch bei Aragorn, und…"
Er erzählte ihr in allen Einzelheiten, was sich ereignet hatte. Sie hörte einfach nur zu und unterbrach ihn nicht durch Zwischenfragen, denn er ließ nichts aus, sodass keine Frage offen blieb.
„Das ist leider nur eines von vielen Ereignissen. Ich glaube, dass wir kurz davor sind", sagte sie, als er geendet hatte.
„Was meinst du mit ‚davor'?"
„Ich glaube, oder vielleicht sollte ich lieber sagen, ich weiß, dass sich vieles, wenn nicht sogar alles heute entscheiden wird. Ich weiß, dass es verrückt klingt."
„Ich verstehe, was du meinst. Es liegt irgendwie in der Luft und ich glaube, wir alle spüren es."
Rowenna nickte nur zustimmend.
Dann plötzlich wurde ihr schwindelig und ein wenig übel. Ihr Blickfeld franste an den Seiten aus und wurde immer kleiner; sie fühlte, wie ihr die Augen zufielen. Verzweifelt versuchte sie, sich an die Realität zu ketten und dem Drang, einfach einzuschlafen, nicht nachzugeben, doch sie konnte nichts tun. Noch bevor ihr schlaffer Körper den Boden erreichen konnte, hatte sie das Bewusstsein verloren.
Als sie sich wieder in die Wirklichkeit zurückgekämpft hatte, lag sie auf ihrem Bett. Legolas saß auf der Kante und sah sie besorgt an.
„Es geht mir gut", sagte sie, bevor er fragen konnte. „Das war wahrscheinlich nur die Anspannung. Aber jetzt fühle ich mich wieder richtig gut", übertrieb sie, damit er sich keine Sorgen machte.
„Gut", meinte er schließlich zögernd, doch es war ihm ins Gesicht geschrieben, dass er ihr nicht glaubte.
„Wirklich", betonte sie noch einmal und schwang ihre Beine aus dem Bett. Sie hoffte, dass sie nicht allzu lange im Bett gelegen hatte, denn die Zeit lief unbarmherzig weiter und sie wusste nicht, wann wieder etwas geschah. Doch ein Blick aus dem Fenster sagte ihr, dass die Sonne noch immer hoch am Himmel stand.
„Ich gehe noch einmal und sehe nach Sam", entschied sie spontan. „Vielleicht kann ich jetzt mehr erreichen. Ich glaube es nicht, aber ich will es wenigstens versucht haben."
„Soll ich mitkommen?", bot er ihr an.
„Das kann auf jeden Fall nicht schaden. Du kannst wieder beim festhalten helfen."
Zusammen machten sie sich auf den Weg zum Zimmer der Hobbits, das nur wenige Meter von Rowennas entfernt war. Als sie eintraten, drehten sich die Anwesenden wieder erschrocken um, doch als sie erkannten, wer gekommen war, entspannten sie sich ein bisschen. Anscheinend hatten sie noch immer niemandem außer ihnen von ihrem Problem erzählt und wollten das in der nächsten Zeit auch nicht ändern.
Bei Sams Anblick zuckte Rowenna erschrocken zusammen. Eben hatte er zwar verrückt, aber doch gesund gewirkt; inzwischen hatten sich unter seinen Augen tiefe rote Ränder gebildet und Schaum hatte war vor seinen mittlerweile leeren Mund getreten. Es ist wirklich seltsam. Wenn man das Wort Krieg oder Schlacht hört, dann denkt man doch normalerweise an Schwerter und kämpfende Männer. Aber ich glaube immer mehr, dass das hier die wirkliche Schlacht ist. Aragorn ist plötzlich neidisch auf Legolas' Leben, Sam frisst sich zu Tode, Elrond ergreift Sparmaßnahmen, obwohl er gar keine Geldprobleme hat, zumindest nicht, soweit ich das beurteilen kann. Und der einzige Hinweis, den wir haben, ist ein mysteriöses Buch von dem wir nur wissen, dass es als Titel die Ziffer ‚7' trägt. Insgesamt ein bisschen wenig, um irgendetwas zu gewinnen.
„Willst du es jetzt noch einmal versuchen?", fragte Legolas sie, der ob Sams Anblick keine Miene verzog. Entweder war er schon darauf vorbereitet, oder er konnte seine Gefühle nur so gut unter Kontrolle halten, dass sie sie nicht sehen konnte.
„Ich versuche es noch einmal, aber ich sage gleich, dass ich keine großen Hoffnungen habe."
Sie setzte sich auf die Bettkante und musste trotz Sams schlechtem Zustand seiner Hand ausweichen, die wie wild nach ihr schlug.
Neid, Fresssucht, Geiz, und dazu die sieben…
„Legolas, wir müssen gehen!" Mit einem Mal war sie so überraschend aufgesprungen, dass sie mit dem erschrockenen Merry zusammenstieß, der hinter ihr stand. „Aber…"
„Ich weiß es."
Ohne ein weiteres Wort folgte er ihr und sie ließen drei verwirrte Hobbits zurück, die ihnen bedauernd nachsahen. Wieder war eine Hoffnung zerplatzt, wenn sie auch noch so klein gewesen war.
„Was weißt du?"
„Darüber sollten wir nicht hier reden, wo uns jeder hören kann. Komm mit in mein Zimmer."
Dort angekommen schloss sie sorgfältig die Tür hinter sich und ließ sich dann auf einen Stuhl fallen.
„Es sind die Sünden, die guten alten sieben Todsünden. Ich finde die Idee etwas abgegriffen, aber sie zeigt wohl die gewünschte Wirkung."
Legolas schwieg. Dann fragte er: „Wie kommen wir dagegen an?"
„Soweit ich weiß, muss man, wenn man betroffen ist, seine Sünde brechen, und ihre Wirkung ist aufgehoben. Aber wie das alles genau verläuft, weiß ich nicht."
„Na, das hört sich doch nicht so schwer an. Man muss also nur etwas tun, das nicht dieser Sünde entspricht, und der Zauber ist vorbei."
„Geh damit lieber nicht zu leichtfertig um, ich glaube, dass es nicht so einfach ist. Oder glaubst du, dass Sam eine freiwillige Fastenkur einlegen wird?"
„Aber er isst doch im Moment gar nicht, also müsste er doch bald wieder normal werden."
„Der Punkt ist aber, dass er dazu gezwungen wird. Er muss von selbst damit aufhören."
„Aber wie bringen wir ihn dazu?"
„Sam ist zurzeit nicht unser einziges Problem. Bis jetzt wissen wir außerdem noch von Aragorn und Elrond, aber es werden sieben sein." Sie erzählte von dem Gespräch, dass sie mit angehört hatte.
„Das wird ja immer komplizierter", seufzte Legolas. „Aber wenigstens scheinst du ein wenig Ahnung davon zu haben. Hier spricht man normalerweise nicht über Todsünden, wenn man kein schwarzer Magier ist. Deshalb ist das einzige, das ich weiß die Legende, dass die Welt untergehen wird, wenn sie alle aufeinander treffen."
„Ich bin froh, dass sie hier wenigstens überhaupt bekannt sind. Und diesen Aspekt kannte ich bisher noch nicht, aber es erscheint mir logisch. Wer immer dieser Angreifer ist, er will uns alle vernichten."
„Auch diese Frage kann ich beantworten: Es ist Sauron, der dunkle Herrscher, den wir besiegt geglaubt hatten. Gandalf hat kurz vor seinem Tod herausgefunden, dass er in einer anderen Welt weitergelebt und seine Kräfte wieder aufgebaut hat. Das ist der Grund, warum diese vielen Versammlungen und all das überhaupt stattgefunden haben. Ohne Gandalf wüssten wir vielleicht noch immer nicht, was mit uns passiert; es ist kein Wunder, dass er sterben musste." Eine unterschwellige Bitterkeit hatte sich in seine Stimme geschlichen.
„Aber er ist nicht umsonst gestorben", versuchte Rowenna ihn mit leiser Stimme zu trösten. „Wir werden dafür sorgen, dass er es nicht ist. Denn noch haben wir alle Chancen das fortzusetzen, was er begonnen hat. Und das ist es auch, worauf wir uns jetzt konzentrieren sollten. Wir wissen nicht, wie viel Zeit wir noch haben."
„Du hast Recht; und sie reicht bestimmt nicht aus, um in Selbstmitleid zu versinken. Also versuchen wir, einen Schritt weiter zu denken: Welche Sünden gibt es? Vielleicht können wir sogar herausfinden, wer betroffen ist. Immerhin haben wir ja schon drei entdeckt. Bleiben also noch Stolz, Zorn…" Er überlegte, kam aber zu keinem Ergebnis.
„Trägheit", vervollständigte Rowenna.
„Genau. Danach müssen wir also suchen. Meinst du es nützt etwas, wenn wir uns aufteilen und uns einmal umhören?"
„Ich weiß nicht. Immerhin wissen wir ja auch nicht, ob alle Betroffenen hier im Palast sind; sie könnten genauso gut über das ganze Land zerstreut sein."
„Du hast Recht. Aber was dann?"
Rowenna stand von ihrem Stuhl auf und ging zu Legolas herüber, der immer noch unschlüssig neben der geschlossenen Tür stand. Kurz entschlossen lehnte sie sich gegen ihn, als wolle sie sich nur ein wenig von all den Strapazen erholen. Sie schloss die Augen und hörte auf den weit entfernt scheinenden Schlag seines Herzens, während er ihr langsam den Rücken streichelte.
„Wir können hier nicht ewig so stehen bleiben", flüsterte er ihr nach einer Weile in die Haare, doch es schien nicht so, als wolle er sich als erster lösen.
„Ich weiß", seufzte Rowenna und sah zu ihm auf. Ihre Blicke trafen sich und sie blieb an seinen leuchtend blauen Augen hängen. Sie erinnerte sie an die unendlichen Tiefen des Ozeans und sie fragte sich, ob es hier überhaupt so etwas wie ein Meer gab. Keiner war bereit, seinen Blick abzuwenden, und so verging wieder eine Weile. Rowenna fühlte sich leicht, als ob sie die Bürde einfach für eine kleine Rast abgestellt hätte. Da war nur sie – und diese Augen, die sie unverwandt ansahen und ihr ein Gefühl von Sicherheit gaben. Kein Kampf, keine Probleme und kein Schein, den sie wahren musste.
„Wir sollten uns wirklich auf andere Dinge konzentrieren", murmelte sie noch halbherzig, bevor sie sich ein wenig auf Zehenspitzen stellte, um seine Lippen mit ihren erreichen zu können. Sie waren genau so weich und sanft, wie sie sie in Erinnerung hatte. Zuerst stand Legolas nur da; er hatte schon vor einer Weile aufgehört, ihren Rücken zu streicheln; doch dann erwiderte er ihren Kuss zögerlich. Anscheinend hatte er die Gedanken an den Kampf nicht so einfach verdrängen können wie sie, doch dann ließ er locker und sie konnte spüren, wie sich sein angespannter Körper ein wenig entspannte. Vielleicht war es genau das, was sie brauchten, um weiter machen zu können; vielleicht brachten sie es, um nicht von ihren Sorgen niedergedrückt zu werden.
Ohne es wirklich zu merken, ließen sie ihren Kuss tiefer werden; sie stolperten ein Stück, bis Rowenna die Wand hinter sich spürte. Dankbar für den zusätzlichen Halt lehnte sie sich an und spürte schon bald die Kälte der Steine durch ihr Kleid, was sie jedoch nicht weiter störte. In ihrem Körper spürte sie eine Hitze, mit der sie glaubte, das ganze Gebäude wärmen zu können. Sie zog Legolas ein wenig näher und ließ sich in seine Umarmung fallen.
Er konnte vor Freude über das gute Gelingen seines Planes kaum noch still sitzen bleiben. Doch er zwang sich dazu, denn es war nötig, um ihn zu vollenden. Nur dieses eine Mal noch, und er hatte es geschafft; dieser eine Zauber noch, und er hatte sich von allen sieben Sünden befreit. Sie waren es, die seinen Geist beschwert und seinen Körper schwach und angreifbar gemacht hatten, und nun war er frei. Stattdessen würden sie nun diejenigen zerfressen, die sich immun dagegen fühlten, sie würden nicht einmal bemerken, wie sie starben. Sie würden eine kurze Ekstase spüren, doch niemals die Erfüllung finden. Sie würden den Rest ihres erbärmlichen Lebens damit fristen nach dem zu suchen, was ihnen fehlte und nicht bemerken, wie verbohrt und töricht sie waren. Oh nein, er würde sie nicht direkt töten, er würde zusehen, wie sie dahinrafften, wie ihre Haltung bebückter wurde, wenn sie den Boden nach ihrem verlorenen Glück absuchten; wie sie von ihrem eigenen, gierigen Geist erdrückt wurden. All diese Attribute, die er einst in sich vereint hatte, um mit ihnen die Welt zu beherrschen hatte er nun freigelassen, damit sie selbst die Herrschaft übernahmen. Und wenn Mittelerde und alle anderen Gebiete bereinigt waren von diesem Gesinde, das sich Menschen oder Elben oder Zwerge nannte; sie würden alle gleich sein, sie wären alle verdammt; dann würde er zurückkehren und sich selbst an die Spitze dessen setzen, was er errichtet hatte.
Kein Sonnenstrahl sollte mehr die Erde berühren und Pflanzen hervor sprießen lassen, kein Licht würde mehr seine Augen blenden und kein Lebewesen würde sich mehr gegen ihn auflehnen. Sie würden angekrochen kommen und ihn um Gnade anflehen, wenn er wieder seinen Thron bestiegen hatte und mit Freuden dachte er daran, wie er sie quälen, wie er langsam ihre Kehlen aufschlitzen und sie in ihrem eigenen Blut ertrinken lassen würde.
Doch noch war er nicht dort und er verbat sich selbst Träumereien, bevor er seine Arbeit vollbracht hatte. Und so vertiefte er sich noch ein letztes Mal. Danach müsste er sich nur noch zurücklehnen und abwarten, dass die Welt ihn wieder auf seinen Thron hob.
